Topographia Sueviae: Hailbronn

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Topographia Germaniae
Hailbronn (heute: Heilbronn)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1643, S. 88–90.
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[T28]
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Hailbronn.

Es ligt diese ReichsStatt am Necker / vnd hat den Nahmen von dem gesunden Bronnen daselbst / zu welchem vor Zeiten ein grosser Zulauff der Krancken gewesen / deren etliche vom Trincken desselben / etliche durchs Baden sollen seyn gesundt worden. War vorhin ein Dorff / hernach ein Marckt / vnnd endlich eine Statt / Anno 1082. oder 1085. oder 1129. wie man vnderschiedlich schreibet / wiewol es glaublicher / daß sie erst vnter Käyser Friderico II. Anno 1240. vngefähr mit Mawren vmbgeben / vnnd zu einer ReichsStatt gemacht worden sey. Sie ligt gar anmüthig, vnd hat / wegen deß fruchtbaren Bodens / vnd vielen köstlichen Weinwachses / eine stattliche Gelegenheit. Hat von Stättlein nichts / aber 4. Dörffer / nämlich / Flein / da ein köstlicher / vnd berühmbter Wein wächßt / Böckingen // allda ein stattlicher TreydBoden / Necker-Gartach / so der Fisch halber berühmbt / vnnd Franckenbach / so stattliche Jagten / vnnd Vogelfang hat. Man findet allhie mehr / als zweyhundert BrunnenAdern; der obgedachte berümbte Brunn aber / so allhie vnter der Hauptkirchen S. Kiliani stehet / thut mit 7. Röhren sehr starck vnd herrlich fliessen; an deme diese Verß zu lesen:

Fonte salutifero bullanteis undiq; venae;
Monstrant eterni munera sancta Dei.
[WS 1]

Ein anderer hat diese Reimen davon gemacht:

Ein liebes Kind / ein schöner Nam /
Schicken sich recht / vnd wol zusamm /
Drumb dann auch die hiesige Statt /
Ein so sehr schönen Namen hat /
Daß solche Hailbrunn wird genant /
Von gutem Wasser wolbekandt /
Dieweil allda durch sieben Rohr /
Zunächst bey der Kirch springet hervor /
Ein köstlich Brunn lieblich vnd gsund /
Der frisch erquicket Zung vnd Mund.

Hat zwo vornehme Mühlen / deren eine dreyzehen Stein treibet. Item / drey vornehme Thor / ein steinerne Brücken vber den Necker / so die Stattmawer / vnd gegen über ligend NeckerGestad / gegen Abendwärts / conjungiret / vnnd auff der einen Seiten bevestiget ist / vnd allda an dem Gran die Schif außgeladen werden. Die Häuser / so wol offentliche / als eygene / seyn schön / wiewol in Eroberung dieser Statt in Anno 1634. durch stätwährendes Fewer eynwerffen / hundert vnnd sechtzig Fürst / wie mans nennet / eyngeäschert worden / vnd verdorben / auch ein Schüler von einer Stückkugel getroffen / vmb sein Leben kommen ist. Es hat da saubere Gassen / einen weiten Marckt / vnd ein ansehenliches Rathhauß / mit einem schönen künstlichen Vhrwerck / so zum Theil dem Straßburgischen verglichen wirdt. Hat ein Carmeliten Kloster / so vor der Zeit nicht allein schön / sondern auch gar reich gewesen / dahin ein grosse Wallfahrt zu einem hültzernen Marienbild war / welches Anno 1525. die auffrührische Bawren / mit der Kirchen / abgebrochen / vnd verwüstet haben. Ligt an dem Zwinger der Statt / allda an der Wand ein Thorwart gemahlet stehet; welcher einen Botten in grün / als ein Jäger bekleydet / vnd einen Hasen an dem Spieß hangend / tragen sihet; deme er hineyn zu gehen wincket. Auff der andern Seiten ersihet er einen vom Alter dapffern Mann / so auff Philosophisch bekleydet / vnd mit einem langen vnd grawen Bart / ein Buch haltend / auffziehet / deme er mit der andern Hand den Weg fortweiset / vnd gleichsam trohet. Vber welchem deß Ovidii Verß stehet:

[89]

Si nihil attuleris, ibis, Homere, forâs.[WS 2]

Bey den nächsten KriegsZeiten / sampt dem CarmeliterCloster / hinweg kommen.

Es ist auch / wie man berichtet / noch ein Nonnenkloster S. Clarae Ordens allhie: Vnd wird gesagt: Daß der schöne Kirchenthurn / seiner Kunst halber / sehenswärth seye. Der Rath ist der Augspurgischen Confession zugethan. Ihr der Statt Monatlich einfacher Reichs-Anschlag ist zweyhundert vnnd acht Gülden. Vnd zum Vnderhalt deß Cammer-Gerichts / jährlich / einhundert / achtzig drey Gülden. Deroselben Privilegium setzet Wehnerus tom. 6. Symphor. cap. 7. p. 190. Es seyn allhie viel Zusammenkünfften / vnd Täg gehalten worden; auch allerley da fürgelauffen. Aber / weiln die alte Schrifften / mit dem Rathhauß / verbronnen / so haben Munsterus, vnnd Reusnerus, von dannen nicht viel haben können. Das findet man / daß Anno 1388. diese Statt von etlichen ReichsFürsten belägert / erobert / vnnd ausser der Geistlichen Güter / geplündert; die folgends aber / als der Feind kaum abgezogen war / auch von den Bürgern hinweg genommen worden seyn / damit es die Geistliche nicht besser / als sie / hätten / wie in Tomo sexto Theatri Urbium stehet; wiewol Crusius saget: Es sey damals die Statt vergebens belägert worden; Folgends aber habe die Pestilentz auff die sechszehenhundert Menschen hinweg genommen.

Anno 1408. hat der Schwäbische Adel einen Thurnier allhie gehalten / deme vil Fürsten / Graffen / Freyherren / etc. beygewohnt haben.

Anno 1497. ist bey obgedachtem Dorff Böckingen / in einem See / der berühmbte Hecht / so zweyhundert sieben vnnd sechszig Jahr sich in demselbigen gehalten / gefangen worden.

Anno 1525. haben die auffrührische Bawren diese Statt eyngenommen / vnnd mit dem ausser der Statt gelegenem Carmeliten Kloster / wie oben stehet / so vbel gehauset.

Vmb das Ende deß 1631. Jahrs / ist sie von den Schwedischen belägert / vnd erobert: Vnnd darauff Anno 1634. durch die Käyserische / nach dem obangedeuter Brandschaden vorgangen gewesen / wider / auch durch Accord / eyngenommen worden.

Anno 1645. ward Hailbronn / durch die Frantzosen / vnnd Weymarischen / von fernen geängstigt. So versuchten Anno 1546. die Schwedischen auch nicht mit Ernst etwas auff die Statt. Folgends ward sie / vermög deß zu Vlm getroffenen Armistitii, von Chur-Bäyern / den Frantzosen / vnnd dann auff getroffenen General Reichs-Frieden / ChurPfaltz / an statt Franckenthal / zubesetzen vberlassen. Als aber endlichen die Spanischen besagtes Franckenthal quittirten / so zog das ChurPfältzische Volck auch wider auß Hailbronn. Gegen dem Odenwald / vnd ein halbe Meil von Weinsperg / ligt ein Wart- oder Wachthurn / darob den gantzen Tag ein Wächter / auß der Statt Hailbronn seyn muß. Der Knopff kan vom Thurn / an einer eisenen Stangen / hoch vber sich gezogen / oder hernider gelassen werden. Stehet zwar den gantzen Tag in der Höhe / ausser wann etwan Reuter kommen / so muß der Wächter den Knopff hernider lassen / damit der auff dem KirchThurn in der Statt Hailbronn solches sehen / vnd durch TrompetenSchall / es sey zu Kriegs- oder Fridens-Zeiten / die Reuter anzeygen könne. Von 11. biß 12. Vhr / wirdt der Knopff auch herab gelassen / damit die WeingartsLeuth sich mit dem Essen wissen darnach zu richten / vnnd vmb 12. Vhr / wenn der Knopff wider hinauff gehet / jhr Arbeit anzutretten. Vnd kan man sich weit im Vmbkreyß dessen bedienen: Wie dann vmb diese Gegend der beste NeckerWein wächst. In der Anno 1650. gedruckten Design. oder Specificatione Restituendor. in tribus mensibus, stehet also: Hailbronn cont. Closter Nessel / wegen deß Juris Advocatiae, vnd davon dependirender jurium: Item cont. Clöster Schönthal / vnnd Käyßhaim / wegen einführender newer Bedienten / in jhre in der Statt habende Burgerliche Höfe.

Von hier rechnet man nach Speyer sieben Meil / als nach Sintzheim / da es vnter Wegens Hügel gibt / drey / vnd von hinnen durch das Holtz Lußhart / so Speyrisch / vnnd vber der Hartz / zimblich eben Land vier Meil. Auß Reusnero de Urbib. Imper. Munsteri [90] Cosmograph. Crusii Annalib. Suevic. den Autoribus d. 6. Tomi Theatri Urb. Dresseri Urbib. Germ. Christ. Lehmann Chron. Spir. Herrn M. Gotthardi Leschenbrandt / Pfarrherrs allhie / vom Geistlichen Heylbronn / Anno 1631. in 4. gedruckt / vnd den Relationibus, etc.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Aus dem heilbringenden Quell/Brunnen entsprudelnde Wasser (wörtlich: Ader; Plural), zeigt die heiligen Gaben des ewigen Gottes.
  2. Ovid: Ars Amandi 2,280: Wenn du nichts gebracht hat, wirst du, Homer, hinausgehen.