Topographia Sueviae: Rattolffszell

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Topographia Germaniae
Rattolffszell (heute: Radolfzell am Bodensee)
<<<Vorheriger
Rastatt
Nächster>>>
Ravenspurg
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1643, S. 155–156.
siehe auch Beschreibung zu Güttingen, heute Radolfzeller Stadtteil.
Radolfzell am Bodensee in Wikisource
Radolfzell am Bodensee in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[T43]
[155]
Rattolffszell / Cella Ratolfi.

Oder Zell am Bodensee / soll jhren Vrsprung vnd Namen von Rattoffo, oder Ratolfo, einem Bischoff von Dietrichsbern / oder Verona, haben / welcher erstlich ein Zell vnd Wohnung an diesem Ort gebawet / Anno 875. gestorben / vnnd allhie begraben worden ist. Das Kloster Reichenaw hat solchen Ort eine Zeitlang beherrschet / hernach aber ist er an das Hauß Osterreich kommen / deme es noch der Zeit gehörig. Dann obwoln die Würtenbergischen solche Statt Anno 1632. eyngenommen / vnd biß nach der Nördlinger Schlacht behalten / so haben sie doch dieselbe hernach selbsten verlassen: Nach welcher Zeit sie mehrers fortificiert worden ist; sonderlich / weil sie von der Besatzung auf dem nahend gelegenen vesten Schloß Dwiel / oder HohenDwiel / nicht geringer Gefahr sich zubesorgen hat.

Es ligt aber jetztgemelte Vestung / so wegen deß hohen Lagers ins gemein Hohen Dwiel / Lateinisch / Duellium, genandt wirdt / im Hegöw / vnnd also auch noch in Schwaben / anderthalb Meilen von Schafhausen / nicht weit vom Rhein / vnd dem BodenSee / in einer lustigen / an Wein vnd Korn fruchtbaren Lands Gelegenheit. Ist vber die [156] massen vest / weil der sehr harte Felß ledig / vnnd allein in so vber grosser Höhe im Felde auffsteigt / da so nahe darbey kein einiger Berg / der jhme möchte Schaden bringen / also / daß er weder mit steigen / schiessen / oder vntergraben / durchauß nicht kan gewältiget werden / vnd also vber die natürliche Befestigung dieses Platzes es sich zuverwundern ist; sonderlich auch / weiln an disem Berg / Korn / auch trefflich guter roter vnnd weisser Wein erbawet wird, vnd auch allda ein guter Vorrath an Baw- vnd Brennholtz ist. Es hatte vor Zeiten in diesem Schloß / so etwan der Hertzogen in Schwaben Residentz gewesen / ein Kloster / so folgends vom Käyser Henrico II. nach Stein am Rhein versetzt worden ist. Hat auch etwan den Hertzogen von Zäringen gehört / vnd solches Schloß Abbt Vlrich von S. Gallen dem Hertzogen Berchtoldo von Zäringen / zun Zeiten Käysers Henrici IV. entzogen / vnd eine Zeitlang behalten. Folgendts ist es an die von Klingenberg kommen / vnnd hat Hertzog Vlrich von Würtemberg dasselbe An. 1520. da er vmb all sein Land kommen / vnd im Exilio war / einer Klingenbergischen Wittib abgekaufft / von welcher Zeit an solches bey Würtenberg von seinem Lande allein vberblieben ist. Es ist diß Schloß nicht allein mit vilen schönen Fürstlichen Zimmern / vnd nothwendigen Gemachen / wie auch guten Cisternen / vnnd Schöpffbrunnen / Keller / vnd Stallungen; sondern auch mit Pasteyen / Wählen / vnd starcken Wehren / zum Vberfluß versehen. Die Zeughäuser / Rüst-Kammer / vnd dergleichen / seyn auch wol stafiert / welches der jetzige Krieg / vnnd die benachbarte Orth / zuerkennen geben / vnd bezeugen können. Hat zwar An. 1639. im Junio / am Vorhoff Schaden gelitten / vnd ist der Vestung selbsten im Julio / vnnd Augusto / durch die Oesterreich-Tyrolische insonderheit / starck zugesetzt / aber / ausser gedachten Vorhoffs / nichts außgerichtet worden / darüber die Schlösser Hohenhüffen / Blumberg / vnnd Roseneck / eingeäschert worden. Die Bäyerische Armee ist erst im Herbst-Monat davon abgezogen / darauff dann die Vestung blocquirt gehalten worden ist. Welches An. 41. wider geschehen / aber die Belagerung abermals vergebens abgangen / ward auch die Vmbsinglung auff Ankunfft deß Entsatzes / im Jenner An. 42. mit Confusion auffgehebt / vnd allerhandt Sachen hinderlassen. Folgendts hat Herr Commendant auff der Vestung / sich mit H. Johann Bartholomaeo Schäffern / General-Commissario, vnd Chur-Bäyerischen HoffKriegs-Rath in einen Vergleich einlassen wollen; ist aber nichts darauß / sondern die Vestung mit fünff Hauptschantzen / vnder dem Obristen Meyland / biß auff das Treffen bey Freyburg / abermals / von den Chur-Bäyrischen / blocquirt gehalten worden / da dann im Jahr 44. man wider vnverricht abgezogen ist; wie hievon in tomo 4. & 5. deß Theatri Europaei, vmbständlich zu lesen. Stumpfius in der Schweitzer Chronick von Zell; Munsterus in Cosmogr. Crusius in Annal. Suevic. Autor deß Hertzogs Friederichs von Würtenberg Reysen / Acta Publica, Relationes, etc.

Nach der Zeit ist sie noch mehrers fortificirt, vnnd vom H. Obristen Conrad von Widerhold / als gewesten Commendanten auff solcher / mit einer schönen newen Kirchen / gezieret worden.