Ueber den Dampf als ein Mittel zur Elektricitäts-Erregung, und über die sonderbare Wirkung eines Dampfstrahls auf eine Kugel

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Textdaten
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Autor: William George Armstrong
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Titel: Ueber den Dampf als ein Mittel zur Elektricitäts-Erregung, und über die sonderbare Wirkung eines Dampfstrahls auf eine Kugel
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band LX
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
Auflage:
Entstehungsdatum: 1842
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel: On the Efficacy of Steam as a means of producing Electricity, and on a curious Action of a Jet of Steam upon a Ball
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Philosophical magazine and journal of science. Ser. III Vol. XXII, p. 1-5. Google
Quelle: Scans auf Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[348]
II. Ueber den Dampf als ein Mittel zur Elektricitäts-Erregung, und über die sonderbare Wirkung eines Dampfstrahls auf eine Kugel;
von W. G. Armstrong.
(Philosoph. Magaz. Ser. III Vol. XXII p. 1.)


Die Versuche, die ich seit meiner letzten Mittheilung angestellt, haben den Schluß, zu welchen ich damals gelangt, vollkommen bestätigt, nämlich, daß die Elektricitäts-Erregung dort stattfindet, wo der Dampf eine Reibung erfährt. Durch Verbesserung der Ausströmungsweise des Dampfs habe ich die Wirksamkeit desselben so erstaunlich erhöht, daß es sich fragt, ob jemals eine Elektrisirmaschine construirt worden sey, die so viel Elektricität entwickelt als mein Dampfkessel (electrical boiler). Jedenfalls besitzt dieser Kessel über sieben Mal mehr Kraft als eine vortreffliche Maschine mit einer Platte von drei Fuß Durchmesser bei 70maliger Umdrehung in einer Minute. Der Vergleich wurde mittelst eines Entladungs-Elektrometers gemacht; Folgendes wird eine Idee von der von beiden Erregern gelieferten Elektricitätsmenge geben.

Die Flasche des Elektrometers faßte nahe Gallone, und ihre belegte Oberfläche, beide Seiten gerechnet, hielt 198 Quadratzoll. Der gegenseitige Abstand der Elektrometerkugeln betrug ein Drittelzoll.

Anzahl der Entladungen in der Minute, wenn das Instrument mit dem ersten Conductor der Maschine verbunden war:

=29.0

Anzahl der Entladungen in der Minute, bei Verknüpfung mit dem isolirten Dampfkessel:

=220.

[349] Bei Verknüpfung des Elektrometers mit dem Dampfkessel erfolgten die Entladungen so außerordentlich rasch, daß es schwierig war, sie mit Genauigkeit zu zählen; doch ist die angegebene Zahl nicht übertrieben.

Als Dampfkessel diente ein gebrauchter Eisencylinder mit runden Enden, von 3,5 Fuß Länge und 1,5 Fuß im Durchmesser. Er ruhte auf einem eisernen Rahmen, welcher das Feuer enthielt, und der ganze Apparat stand, zur Isolation, auf Glasfüßen. Die Vorrichtung zum Heizen war unglücklicherweise sehr unvollkommen, und daher konnte der Kessel auf längere Zeit nicht so viel Dampf liefern, als zur Hervorbringung der angegebenen Effecte nöthig ist. Eine kurze Pause reichte jedoch hin, die erforderliche Spannkraft wieder herzustellen und den Kessel wirksam zu machen.

Es ist bequemer und zweckmäßiger die Elektricität von dem Kessel zu sammeln als von der Dampfwolke; allein um die höchsten Wirkungen von dem Kessel zu erhalten, muß die Elektricität des Dampfs mittelst geeigneter Leiter in den Erdboden geleitet werden.

Ungeachtet, bei starker Spannung, durch den Staub und die Ausdünstungen des Feuers, so wie durch die eckigen Vorsprünge des Apparates, eine ungeheure Menge Elektricität entweicht, kann ich doch 12 Zoll lange Funken in rascher Folge aus den zugerundeten Enden des Kessels hervorziehen; und wahrscheinlich würden noch weit längere Funken erhalten werden, wenn man mit dem Apparat eine hervorstehende Kugel von gehörigen Dimensionen verbände.

Ich finde es wesentlich für eine starke Elektricitäts-Entwicklung, daß dem Dampf etwas Wasser beigemischt sey, obwohl dieß, aus einer Ursache, die nicht erklärt zu werden braucht, nicht der Fall zu seyn schien bei den Versuchen, die ich früher mit einem Dampferzeuger aus Kanonenmetall anstellte.

Ein Stück hartes Holz, wie Ebenholz (or partridge [350] wood), ist, meiner bisherigen Erfahrung nach, das beste Material für den Entladungskanal; allein die gegenwärtigen kräftigen Wirkungen erhielt ich besonders, wenn ich vor dem Holzkanal eine Messingkappe von eigenthümlicher Construction anbrachte. Das Holzstück, welches den Ausgangskanal bildet, ist, der zweckmäßigen Befestigung halber, in Form eines Pfropfens anzuwenden; die erwähnte Messingkappe wird an dem dünneren Ende des Pfropfens befestigt. Man sieht sie abgebildet in Taf. I Fig. 7, welche einen Längendurchschnitt des Pflocks in voller Größe darstellt, und sowohl den Kanal in dem Holz als die innere Einrichtung der Kappe zeigt. Der Pfeil giebt die Richtung des durchströmenden Dampfes an, erstlich in einem in Messing gemachten, Seitenschlitz oder Sägenschnitt von etwa Zoll Breite, dann in einem runden Loch von etwa Zoll Weite in der Mitte der Kappe, und endlich in dem Holzkanal, aus welchem er in die Luft entweicht. Der Kanal in dem Holz ist cylindrisch und etwas weiter als das runde Loch in dem Messing. Fig. 8 Taf. I ist ein Hahn mit einer Dille zur Aufnahme des Pflocks, welcher oben durch eine Schraubenmutter fest niedergeschraubt wird.

Taf. I Fig. 7

Taf. I Fig. 8

Verschiedene Hähne von dieser Einrichtung, jeder versehen mit einem solchen Holzpfropfen, wie eben beschrieben, wurden eingeschraubt in ein eisernes Gefäß, das mit dem Kessel verbunden war, und in welchem sich, durch Verdichtung, die nöthige, vom Dampfe fortzuführende Menge von Feuchtigkeit ablagerte. Der Dampf wurde bei einem Druck von etwa 70 Pfund auf den Quadratzoll angewandt und horizontal in einem divergirenden Strahl entladen. Jeder Strahl giebt ganz eben so viel Elektricität als eine gute Elektrisirmaschine von gewöhnlichen Dimensionen; und wenn man erwägt, daß ein Kessel von gleicher Verdampfungskraft wie eine Locomotive hunderte solcher Strahlen zu liefern im Stande wäre, so kann man sich eine Idee machen von der ungeheuren [351] Elektricitätsmenge, die mittelst des Dampfes zu erregen wäre.

Obwohl es vollkommen klar ist, daß die Elektricität in dem Ausgangskanal erregt wird, wo der Dampf eine heftige Reibung erfährt, so ist doch die von mir beschriebene Ausströmungsweise weder durch eine besonders heftige Reibung noch durch eine besondere Größe der vom Dampf geriebenen Fläche ausgezeichnet. Ich fühle daher große Schwierigkeit, die außerordentliche Wirksamkeit derselben durch die Annahme zu erklären, daß Reibung allein die Ursache der Elektricitäts-Erregung sey.

Im Laufe meiner Versuche habe ich am Dampfstrahl eine sehr sonderbare Wirkung beobachtet, welche meines Wissens noch nicht beschrieben worden. ist. Wenn eine Kugel in einen aufrechten Strahl von starkgespanntem Dampf getaucht wird, so bleibt sie, ohne anderweitige Unterstützung, in demselben schweben, und wenn man sie mittelst einer daran angebrachten Schnur seitwärts zu ziehen sucht, so findet man, daß dazu eine ganz fühlbare Kraft erforderlich ist. Noch auffallender wird der Versuch, wenn man den Strahl schief in die Höhe gehen läßt; dann nimmt die Kugel eine von der Röhrenmündung entferntere Lage an, bleibt aber in derselben, ungeachtet die Schwerkraft jetzt einen Winkel mit dem Dampfstrahl macht. Eine Hohlkugel von dünnem Messing oder Kupfer, zwei bis drei Zoll im Durchmesser, entspricht dem Zweck sehr gut, wenn der Dampf aus einer Oeffnung von nicht weniger als 0,05 Quadratzoll Flächenraum hervorschießt.

In dem wohl bekannten Versuch, wo eine Kugel von einem Wasserstrahl getragen wird, ruht dieselbe bloß in der Vertiefung, welche das Wasser beim Uebergang aus der aufsteigenden in die niederfallende Bewegung bildet. Dieß ist etwas ganz anderes als das Schwebenbleiben mitten in dem Dampfstrom.