Ueber einige im Kreise der Kohlenzinkkette beobachteten Lichterscheinungen

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Annalen der Physik und Chemie
Band LXIII, Heft 12, Seite 576–592
Wilhelm Theodor Oscar Casselmann
Ueber einige im Kreise der Kohlenzinkkette beobachteten Lichterscheinungen
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[576]
IX. Ueber einige im Kreise der Kohlenzinkkette beobachteten Lichterscheinungen; von W. Th. Casselmann.
[Aus dessen Inaugural-Dissertation: Ueber die galvanische Kohlenzinkkette etc. (Marburg 1843), als Zusatz zu S. 476 des vorigen Hefts.]

Schließt man eine vielpaarige galvanische Säule durch zwei sich berührende Kohlenspitzen, so beginnen die Berührungspunkte zu glühen, und werden die Spitzen dann von einander entfernt, so zeigt sich zwischen ihnen ein äußerst intensiver Lichtbogen, der schon sehr häufig beobachtet, aber bisher noch nicht Gegenstand genauerer Untersuchungen gewesen ist.

Er hat zwei fast weiß glühende Punkte, von denen der größte Theil seiner Leuchtkraft auszugehen scheint, zu Anfangspunkten, welche ursprünglich mit den Berührungsstellen zusammenfallen, später aber nach einem complicirten Gesetze, worüber weiterhin mehr, ihre Stellung verändern. Er bildet von da aus einen cylindrischen [577] oder ellipsoïdischen (oberseits convexen und nach der Mitte hin verdickten) Bogen, dessen äußere Begränzungsfläche ebenfalls ein höchst intensives Licht aussendet, während der innere Theil nicht leuchtend zu seyn scheint.

So lange er sich zeigt, sieht man deutlich Kohlenpartikel von der als Anode[1] dienenden Kohle zur Kathode übergeführt werden, und in jener eine Vertiefung, auf dieser eine Erhabenheit entstehen, welcher Umstand vermuthen läßt, daß der Lichtglanz durch äußerst kleine glänzende Kohlentheilchen bewirkt wird, die in großer Anzahl vom Strome mit fortgerissen werden. Ueberläßt man die Kohlen sich selbst, so wird, da stets etwas Kohle verbrennt, ihre Entfernung von einander immer größer, und der Lichtbogen immer gestreckter, so daß er zuletzt aus zwei konischen Flammen zu bestehen scheint, die an ihren Anfangspunkten am stärksten, und in ihrer Vereinigung am schwächsten leuchten. Wird endlich die Entfernung so groß, daß der Strom die leitenden Kohlentheilchen nicht mehr von der einen Kohle zur andern hinüber zu bewegen vermag, so erlischt die Flamme. Die stete Bewegung der Kohlentheilchen, so wie die durch dieselbe erhitzte Luft bewirken, daß die äußere Begränzung des Lichtbogens in keinem Falle schroff abgeschnitten, sondern in eine schwächer leuchtende Atmosphäre zu verlaufen scheint, die nach oben sich weiter ausdehnt als nach unten.

Bildet rohe Kohle, so zubereitet wie die negativen Erregerplatten der Säule selbst, die beiden Lichterzeuger, so zeigt sich der Bogen nur so lange zwischen ihnen, als sie nicht über 5mm von einander entfernt sind [2]; die [578] Flamme selbst ist unruhig und von einem knisternden Geräusch begleitet. Werden aber zwei Kohlenspitzen vorher in verschiedene Lösungen, zum Beispiel von salpetersaurem Strontian, Borsäure etc., eingetaucht, stark geglüht, so zeigt sich, nach vorgängiger Berührung, ein sehr ruhiger, je nach der angewandten Substanz verschieden gefärbter Lichtbogen, der selbst bei einer Entfernung von 7 bis 8mm nicht erlischt, und von keinem bemerkbaren Geräusch begleitet ist.

Interessant ist es, die Leuchtkraft des Lichts dieses Flammenbogens mit der anderer Lichtquellen zu vergleichen; ich habe daher im Vergleich zu der Lichtintensität einer gewöhnlichen Stearinkerze die der Lichtbogen gemessen, welche rohe und in Lösungen von salpetersaurer Strontianerde, Aetzkali, salpetersaurem Kupferoxyd, Chlorzink, Kochsalz, Borsäure, Borax und schwefelsaurem Natron eingetauchte Kohlen erzeugten. Die Kupfer-, Borsäure- und Strontian-Flammen zeigten beziehungsweise eine bläuliche, grünliche und rothe, die anderen eine mehr oder weniger gelbe Färbung.

Die bisher üblichen Methoden der Lichtmessung sind zur Vergleichung zweier sehr verschieden intensiver und verschieden gefärbter Lichter vollkommen unbrauchbar, weil die verschiedenen Farben stets durchaus falsche Besultate bedingen; ich wandte daher ein vom Hrn. Prof. Bunsen zu diesem Zweck eigends construirtes Photometer als Meßinstrument an, bei welchem jene Fehlerquelle nur in höchst geringem Maaße zu befürchten ist[3].

Sein wesentlichster Theil ist ein Stückchen feines Papier von rechteckiger Form, 4 bis 5mm breit und 10 bis 12mm lang, Welches zwischen zwei andere quadratische Stückchen desselben Papiers von etwa 6 bis 7 Quadratcentm. Größe gelegt wird. Letztere werden wieder zwischen zwei mattgeschliffene Glasplatten von derselben Größe gelegt.

In dem unteren Theil der einen Seitenwand eines [579] rings verschlossenen prismatischen Holzkastens befindet sich eine kreisrunde Oeffnung von 2 bis 3 Centimeter Durchmesser, hinter welche jene zusammengeschichteten Platten so gelegt und durch hölzerne Querleisten festgeklemmt werden, daß das kleinste Papierstückchen in der Mitte des Kreises sich befindet. Wo die Axe des Kastens den Boden und die Decke trifft, werden ebenfalls kreisrunde Löcher eingeschnitten, und die ganze Vorrichtung auf eine möglichst gleichförmig brennende Benkler’sche Lampe so aufgesetzt, daß der Glascylinder derselben durch diese Löcher geht, und die Flamme mit dem Papierstückchen in einer und derselben horizontalen Linie liegt.

In einem vollkommen verdunkeltem Zimmer erblickt man dann nur die Oeffnung dieses Instruments transparent erleuchtet, und zwar so, daß das kleine Papierstückchen in der Mitte dunkler gegen seine Umgebung erscheint. Zur bequemen Bezeichnung will ich ersteres , letztere und die Lampenflamme nennen.

Nähert man nun in einer Linie mit und von vorn gegen ein zweites Licht , so bemerkt man zuerst keine auffallende Veränderung in dem Unterschiede der Beleuchtung von und . Ist jedoch das Licht an so nahe gerückt, daß seine Wirkung darauf die von übertrifft, so erscheint gegen heller. Zwischen beiden Zuständen liegt einer in der Mitte, in welchem beide gleich hell sind, und die Entfernung von , in der diesen Zustand hervorruft, ist das, was durch das Instrument zunächst bestimmt werden soll.

Wenn und nicht Licht von einerlei Farbe ausstrahlen, so sind auch und , jedoch nur in äußerst geringem Grade, verschieden gefärbt. Dennoch hält es auch in diesem Fall nicht schwer, die Größe von genau zu bestimmen. Experimentirt man nämlich in der Art, daß gegen bald über genähert, bald darüber entfernt, und dadurch gegen abwechselnd, bald [580] evident heller, bald evident dunkler erscheint, so kann man in immer engere und engere Gränzen einschließen; und nimmt man vielleicht noch gewisse Merkmale zu Hülfe, z. B. die beginnende Verdunklung eines Theils von , etwa der Ränder, der oberen oder unteren Hälfte etc., so gelangt man bald zu der nöthigen Uebung, um fast absolut genau bestimmen zu können. Bedingt ein anderes Licht den Zustand gleicher Beleuchtung von und aus der Entfernung , so verhalten sich die Gesammtintensitäten von und wie .

Zur schätzenden Vergleichung des Lichts der erwähnten Flammenbogen mit dem einer gewöhnlichen Stearinkerze ist dieses Instrument vollkommen ausreichend, weil bei ihr selbst ein Fehler von 1 bis 2 Zollen nicht in Betracht kommen kann. Wollte man jedoch absolut genaue Messungen mit ihm vornehmen, so müßte man natürlich eine stets gleichmäßig brennende Flamme statt anwenden. In jedem Falle giebt es aber genauere Resultate als die Methoden von Rumford und Ritchie, weil die der letzteren durch Farbenverschiedenheit bedeutend unsicher werden.

Um die Genauigkeit dieses neuen Lichtmaaßes mit dem Rumford’schen zu vergleichen, stellte ich folgende Versuche an:

1) Es wurde das für eine gewöhnliche Stearinkerze 20 Mal hinter einander bestimmt, und daraus nach der Methode der kleinsten Quadrate[4] der mittlere Fehler , den man bei einer solchen Anzahl von Beobachtungen für jede einzelne, und der , den man für das Mittel fürchten muß, beide in Zollen berechnet.

[581]

Größe von
in Zollen.
Abweichung
vom Mittel.
Größe von
in Zollen.
Abweichung
vom Mittel.
5,25 −0,0825 5,10 +0,0675
5,40 −0,2325 5,00 +0,1675
5,00 +0,1675 5,10 +0,0675
5,30 −0,1325 5,10 +0,0675
5,20 −0,0325 5,00 +0,1675
5,00 +0,1675 5,20 −0,0325
5,20 −0,0325 5,20 −0,0325
5,10 +0,0675 5,30 −0,1325
5,25 −0,0825 5,25 +0,0825
5,20 −0,0325 5,20 −0,0325

Mittel =5″,1675 ; m=0″,11524 ; μ=0″,02577.

2) Die Lampe von dem aufgesetzten Kasten befreit, erleuchtete aus einer Entfernung von 8″,5 einen 0″,75 dicken cylindrischen Holzstab, der seinen Schatten auf eine 4″,6 von ihm entfernte weiße Fläche warf. Es wurde eine Stearinkerze so aufgestellt, daß der durch sie bewirkte zweite Schatten des Holzstabes dicht neben den ersten fiel, und demselben genau gleich erschien. Der erste Schatten hatte eine gelbliche, der zweite eine bläuliche Färbung. Die Entfernung der Stearinkerze von dem Stabe wurde gemessen und die Beobachtung 20 Mal wiederholt. Wie man sieht, weichen die Beobachtungen mehr von einander ab, wie die obigen, weshalb sich nach derselben Rechnungsmethode ein größerer zu befürchtender Fehler ergiebt, sowohl für die einzelne Beobachtungen als für das gezogene Mittel.

Größe von
in Zollen.
Abweichung
vom Mittel
Größe von
in Zollen.
Abweichung
vom Mittel.
5,5 −0,355 5,5 −0,355
5,1 +0,045 4,8 +0,345
5,1 +0,045 5,4 −0,255
4,8 +0,345 5,0 +0,145
5,1 +0,045 5,6 −0,455
5,1 +0,045 5,0 +0,145

[582]

Einzelne Beobach-
tung in Zollen.
Abweichung
vom Mittel
Einzelne Beobach-
tung in Zollen.
Abweichung
vom Mittel.
4,9 +0,245 5,4 −0,255
5,5 −0,355 5,2 −0,055
5,0 +0,145 4,9 +0,245
5,0 +0,145 5,0 +0,145

Mittel =5″,145 ; m=0″,26794 ; μ=0″,059912.

Es sollte durch jede der beiden Beobachtungen eine gewisse Größe ausgemittelt und berechnet werden, welche von beiden am genauesten beobachtet worden sey. Da aber der Zustand der beiden Lichter nicht stets genau derselbe blieb, so wurde schon dadurch ein Fehler bedingt, und in der That sehen wir die Fehler eines jeden der beiden Versuche in gewisse Gruppen zerfallen, welche sich dadurch auszeichnen, daß in ihnen lauter Abweichungen vom Mittel, mit demselben Vorzeichen, untereinanderstehen, und daß in ihnen ein Wechsel der Vorzeichen seltner statt hat. Die Beobachtungen wurden in der Ordnung angestellt, in welcher sie hier stehen, weshalb diese Gruppirung deutlich auf einen Wechsel in dem Zustand der Lichter hinweist. Dieser Wechsel kann aber bei dem ersten Versuche nicht anders gewesen seyn, als beim zweiten, da beide unter denselben Umständen angestellt wurden, und die Differenz in den entstandenen Irrthümern muß daher in einer geringeren Sicherheit der zweiten Methode ihren Grund haben.

Bei den Versuchen über die Lichtintensität des galvanischen Flammenbogens wurde das Photometer auf einem langen Brette so aufgestellt, daß jener mit und in einer horizontalen Linie lag, und die Entfernung , in welcher und gleiche Beleuchtung zeigten, an einer auf dieses Brett aufgetragenen Skale gemessen, deren Nullpunkt senkrecht unter dem Flammenbogen lag. Während dieser unten näher anzuführenden Versuche wurde zwischendurch öfters die Entfernung bestimmt, in welcher eine Stearinkerze und in den Zustand [583] gleicher Beleuchtung versetzte, die ich hier und in der Tabelle nennen will. Begreiflicherweise konnten diese letzteren Versuche keine vollkommene Uebereinstimmung geben, weil sowohl die Lampenflamme, wie die Stearinkerze sich änderte. Da jedoch diese Aenderungen die Kerze sicher mehr betrafen als die Lampenflamme, so glaube ich ein nur in den Gränzen weniger Zolle unsicheres Resultat mitzutheilen (was bei der Größe der resultirenden Zahlen von keinem Belange seyn kann), wenn ich sämmtliche Versuche in einzelne Parthien theile, und für jede Parthie den vorgängigen Zwischenversuch mit der Kerze als Einheit der Rechnung zum Grunde lege.

Die Versuche in der ersten Tabelle wurden mit einer Säule von 44, die in der zweiten mit einer von 34 Paaren angestellt, welche schon längere Zeit in Gebrauch gewesen war.

Den bei weitem größten Theil seiner Leuchtkraft verdankt der Lichtbogen seinen kreisförmigen glühenden Anfangspunkten, welche ungefähr 1,5 bis 2,0 Quadratmillimeter groß seyn mögen. Es läßt sich jedoch ihre Größe leben so wenig, wie die einer Stearinkerzenflamme ausmitteln, und daher das Verhältniß der absoluten Intensität jener Lichter nicht in genauen Zahlen darstellen. Die Zahlen der Tabelle unter der Ueberschrift: „Intensität,“ geben nur an, wie viele Mal das Licht, welches von der um Vieles größeren Kerzenflamme ausstrahlte; nicht aber, um wie viel das Licht eines Punktes der beiden Kreise das eines Punktes der Kerze an Intensität übertraf. Schätzt man jedoch die Länge einer gewöhnlichen Stearinkerzenflamme auf etwa 30 Millim. ihren größten Durchmesser auf 5 Millim., und betrachtet man sie als einen vollkommenen Cylinder, so ist ihre leuchtende Oberfläche etwa 470 Quadratmillim. groß. Nimmt man nun die Größe eines leuchtenden Kohlenpunkts, um runde Zahlen zu haben, zu 2 Quadratmillim., [584] die des erleuchtenden Theils der Kerzenflamme zu 200 Quadratmillim., so würde die nach den Versuchen berechnete Intensität des galvanischen Lichts noch 100 Mal größer seyn als sie die folgende Tafel angiebt, und das Maximum der durch diese Flammenbogen erhaltenen Lichtintensität die einer Kerzenflamme um 117130 übertreffen.

Da das Licht des Flammenbogens sich während seiner ganzen Dauer nicht gleich bleibt, sondern mit der größeren Entfernung der Pole von einander weniger intensiv wird, so wurden vorzüglich die Maxima und Minima desselben durch die Größe von zu bestimmen gesucht. Letzteres fällt immer kurz vor das Verlöschen. Die Berechnungen der Stromstärken wurden gleichzeitig an der Tangentenbussole vorgenommen. Zugleich war eine Vorrichtung getroffen, daß die Kette plötzlich geöffnet werden konnte, ohne daß die Kohlenspitzen von einander entfernt zu werden brauchten. Dadurch war ich im Stande, die zu einem bestimmten Flammenbogen gehörende Entfernung der Kohlenspitzen mit einem Zirkel zu messen, welche für jeden Versuch in der vierten Spalte sich findet. Es versteht sich wohl von selbst, daß hier nicht absolute Maxima, die immer mit einer unendlich kleinen Entfernung der Kohlenspitzen zusammenfallen müßten, sondern nur die beobachteten Maxima verstanden werden sollen.

[585]


in Zollen
Entfernung
der Kohlen-
spitzen.
Millimeter.
Stromstärke[5]. Licht-
Intensität.
.
Rohe Kohle












9,5
Max. 290,3 unmeßbar 090,504 0,923
Min. 112,8 4,50 065,275 0139,4
Kohle, getränkt mit salpeters. Strontian
Max. 174,8 0,75 094,037 0334,7
Max. 175,3 0,75 101,540 0336,6
Max. 179,3 0,50 113,900 0353,0
Min. 158,3 6,75 083,938 0274,0
Kohle, getränkt mit Aetzkali
Max. 117,3 2,50 095,910 0150,0
Min. 069,3 8,00 078,000 0075,1
Kohle, getränkt mit salpeters. Kupferoxyd












8,0
Max. 155,3 1,00 071,300 0376,8
Min. 102,3 6,00 070,045 0163,5
Kohle, getränkt mit Zinkchlorid
Max. 199,8 1,00 076,596 0623,8
Max. 199,8 1,00 076,596 0623,8
Min. 100,8 5,00 064,141 0159,1
Kohle, getränkt mit Borax und Schwefelsäure
Max. 273,8 1,50 067,611 1171,3
Max. 273,8 1,50 067,611 1171,3
Min. 120,9 5,00 060,887 0165,4

Diese Versuche beweisen, daß bei Anwendung[WS 5] derselben Substanz das Maximum der Licht-Intensität mit dem Minimum der Entfernung der Kohlenspitzen, also mit dem Minimo der Länge des Flammenbogens, zusammenfällt, und geben Andeutung, daß wahrscheinlich Licht-Intensität und Stromstärke in einem ähnlichen Verhältnisse stehen. Von der letzten Behauptung macht die Beobachtung mit der Kupferkohle eine Ausnahme, während [586] alle anderen damit übereinstimmen. Diese Ausnahme hat wahrscheinlich in der leichten Beweglichkeit sowohl des ganzen Bogens, als auch der glühenden Anfangspunkte ihren Grund, welche, durch eine magnetische Eigenschaft des Bogens bedingt, in gewissen Stellungen auffallender als in anderen hervortritt, und ihn wahrscheinlich bestimmte, den Photometer nicht immer sein ganzes Licht zuzukehren. Da möglichenfalls bei den übrigen Versuchen dieselbe Fehlerquelle wirksam gewesen seyn konnte, und es nicht weiter nöthig schien, Maaßbestimmungen der Entfernungen der Kohlenspitzen anzustellen, so wurde bei den Versuchen der folgenden Tabelle dem Flammenbogen durch die Richtkraft eines Magneten eine feste Stellung ertheilt, während der ganzen Dauer des Flammenbogens die Kette geschlossen gelassen, und das für verschiedene Stadien seiner Leuchtkraft zugleich mit der Stromstärke bestimmt. Die Versuche mit einer von schwefelsaurem Natron erfüllten Kohle, welche nach dem Eintränken in die Lösung absichtlich nicht geglüht war, wurden mit drei verschiedenen, die anderen nur mit einem Flammenbogen gemacht. Die Inhalte der einzelnen Spalten der Tabelle werden aus den Ueberschriften hinlänglich verständlich seyn.

Kohle mit
in Zollen.
Licht-
Intensität.
Stromstärke.
in Zollen.
Borsäure


105,5 197,8 39,614


7,5
119,5 253,8 49,317
129,5 298,1 54,808
Borax

107,5 205,4 45,976

7,5
116,5 241,3 47,593
Schwe-
felsaures I
Natron



100,5 236,6 36,726


6,5
116,5 321,2 42,702
130,0 400,0 44,289

[587]

Kohle mit
in Zollen.
Licht-
Intensität.
Stromstärke.
in Zollen.
Schwefelsaures Natron II








100,0 177,7 36,725








7,5
100,0 177,7 36,725
107,0 203,5 39,644
115,0 234,5 45,976
139,0 346,0 49,317
154,0 421,0 52,921
155,0 427,0 54,808
161,0 460,8 56,761
III




123,5 211,0 35,314




8,5
136,5 221,4 36,725
141,0 275,1 38,169
155,0 332,5 51,060

Hieraus folgt, daß mit der zunehmenden Stromstärke auch die Leuchtkraft des Lichtbogens zunimmt. Da nun seine Leuchtkraft zunimmt, wenn seine Länge abnimmt, so leistet er einen desto geringeren Widerstand, je kürzer er ist, und stimmt in dieser Eigenschaft mit jedem anderen Leiter überein; je kürzer er übrigens ist, desto constanter ist die Leuchtkraft und die Stromstärke.

Das Licht des Bogens eignet sich vollkommen gut zum Daguerreotypiren. Hr. Prof. Bunsen nahm während der eben erwähnten Versuche bei einer Stromstärke von 27° 30′=30,667 ein Lichtbild eines Kupferstiches auf, welcher vom Flammenbogen 9 Zoll entfernt war. Die Silberplatte war nach Gutdünken jodirt, dann 20 Secunden lang über Bromdämpfen in einem dunklen Raum gehalten und 2½ Minute lang dem einwirkenden Lichte ausgesetzt worden. Am anderen Tage‚ mittags zwischen 12 und 1 Uhr lieferte die 2 Minuten lange Einwirkung des Tageslichts bei rings bedecktem Himmel im Freien auf einer eben so präparirten Silberplatte ein weniger vollkommenes Bild desselben Gegenstandes.

Wenn das Licht des Bogens, durch ein convexes Glas concentrirt, auf einer weißen Fläche aufgefangen [588] wurde, zeigten sich zwei in derselben Stellung wie die Anfangspunkte des Bogens zu einander stehende Lichtkreise. Einen hieher gehörigen Versuch, bei welchem das angewandte Glas polarisirende Eigenschaften hatte, will ich näher beschreiben. Die Kohlenspitzen standen in senkrechter Stellung über einander, die Anode oben, die Kathode unten; beide ebenfalls senkrecht über einander stehende Bilder hatten in der Mitte einen dunklen Punkt, darum ein weißes Kreuz mit kurzen Armen. Die Fläche des einen war lilla, der Rand nach Innen zu gelb, nach Außen lebhafter roth gefärbt; das ganze untere, welches von schiefen, durch das Glas fallenden Strahlen erzeugt, und daher weniger vollkommen ausgeprägt wurde, war gelblich, hatte aber um das Kreuz herum auf seiner ganzen Fläche einen bläulichgrauen Anflug, und eben so wie das obere, einen gelben inneren und rothen äußeren Rand. Bei Erlöschen des Lichtbogens blieb das untere Bild noch einige Zeit sichtbar, während zu gleicher Zeit die Kohle der Anode noch glühte. Die Bilder wurden daher bloß von den glühenden Anfangspunkten des Bogens erzeugt, und der Raum der auffangenden Fläche zwischen ihnen zeigte keine weitere Beleuchtung als der andere Theil auch. Ein anderes Brennglas bewirkte bloß die Abbildung zweier weißer leuchtender Kreise. Die Polarisationserscheinung hatte also ihren Grund lediglich in dem angewandten Glase gehabt.

Magnetische Eigenschaften des Lichtbogens.

Durch die Bewegung der erhitzten Luft wird der Lichtbogen bestimmt, stets eine nach oben gewölbte Biegung anzunehmen, die nur durch Attractionskräfte in eine entgegengesetzte verwandelt werden kann. In seiner Stellung zum Horizont zeigt der Bogen aber eine auffallende Verschiedenheit, indem er von dem galvanischen Strome, den man sich am Aequator um die Erde [589] (unter allen Magnetnadeln) von Osten nach Westen herumgehend denken kann, bald angezogen, bald abgestoßen wird. Denkt man sich die erzeugenden Kohlenspitzen horizontal liegend und durch die glühenden Anfangspunkte des Lichtbogens eine senkrechte Ebene, so liegt der höchste Punkt des Bogens nie in dieser Ebene, sondern mehr oder weniger weit auf der einen Seite, davon entfernt. Wenn man die Kohlenspitzen in verschiedenen Stellungen einen Lichtbogen bewirken läßt, so bemerkt man bald eine auffallende Regelmäßigkeit in diesen Abweichungen. Ich habe darüber einige Versuche angestellt, in der Art, daß ich die Kohlenspitzen in die Klemmen meines Polhalters einschrob, beide Arme dieses Instruments stets ganz in derselben Horizontalebene hielt, die Klemmen mit den Polen einer vielpaarigen Säule in Verbindung brachte, und die Abwechslungen in der Richtung des Stroms durch die Stellung des Tisches erzeugte, auf welchem der ganze Apparat feststand. Die folgende tabellarische Uebersicht, in welcher sich die Bezeichnungen N., O., S. und W. auf den magnetischen Meridian beziehen, enthält die genau übereinstimmenden Resultate zweier Versuchsreihen.

Richtung des Stromes Abweichung des Bogenscheitels aus der

Verticalebene

von N. nach S. 000 nach O. 000
- NW. - SO. 000 - NO. 000
- W. - O. 000 - N. 000
- SW. - NO. 000 - NW. 000
- S. - N. 000 - W. 000
- SO. - NW. 000 - SW. 000
- O. - W. 000 - S. 000
- NO. - SW. 000 - SO. 000

Wie man sieht, stimmen diese sämmtlichen Erscheinungen mit der Theorie überein, wonach parallele und gleichgerichtete Ströme sich anziehen, parallele und entgegengesetzte [590] sich abstoßen; und zwei sich kreuzende sich anziehen, wenn beide nach dem Convergenzpunkt hin oder von ihm fortlaufen, in den übrigen Fällen sich abstoßen, – sobald man nur jenen erwähnten Erdstrom mit dem in Rede stehenden combinirt. Die Symmetrie des Bogens wird bei diesen Ablenkungen nicht gestört, was ohne Zweifel darin seinen Grund hat, daß der Lichtbogen selbst als Theil desselben Stroms von beiden Kohlenspitzen in gleichem Maaße abgestoßen wird.

Leider konnte ich bis jetzt über kein passendes Instrument disponiren, um die Richtung des Flammenbogens zu untersuchen, wenn die Kohlenspitzen in senkrechten oder verschiedenen anderen Stellungen zum Horizont stehen. Ich habe zwar versucht durch zweckmäßige Richtung der Arme der Polhalter solche Stellungen hervorzubringen, habe aber zu abweichende Resultate erhalten, als daß Schlüsse daraus gezogen werden könnten. Es wirken natürlich auf dem Lichtbogen alle Molecüle des Reophors, von dem er ein Theil ist, anziehend oder abstoßend. Liegt der Bogen, zu den übrigen Theilen symmetrisch, so lassen sich diese in zwei Abtheilungen bringen, deren Wirkungen sich neutralisiren; liegt er aber nicht symmetrisch, so wird stets die Wirkung einer Abtheilung vorherrschen und die Ablenkung zum Theil von sich abhängig machen. Es war nur in den oben angeführten Versuchen möglich, den Armen der Polhalter eine solche symmetrische Stellung zu geben.

Aus einzelnen Beobachtungen läßt sich schließen, daß das Verhalten des Bogens in diesen Modificationen interessante Resultate liefern werde, und ich hoffe bald noch Gelegenheit zu haben, dieselben mit zweckmäßigen Vorrichtungen erforschen zu können. Bisweilen beobachtet man eine genaue ellipsoïdische Form des Lichtbogens, bisweilen ein Rotiren desselben, mit oder ohne seine glühenden Anfangspunkte in einer bestimmten Richtung. Diese einzelnen Beobachtungen entbehren aber [591] bis jetzt noch des erwünschten Zusammenhanges mit einander.

Außer diesem Verhalten des Lichtbogens gegen den terrestrischen Magnetismus ist noch besonders das gegen künstliche Magnete charakteristisch, über welches ich ebenfalls einige Versuche angestellt habe.

Während der Strom senkrecht zum magnetischen Meridian in horizontaler Richtung von Osten nach Westen ging, also ursprünglich der Bogen eine südliche Ablenkung zeigte, wurde ein Magnetstab in horizontaler Richtung unter und über, in senkrechter rechts und links von dem Strom in einer Entfernung von 2 bis 3 Zollen, so gehalten, daß seine Axe in die Ebene des magnetischen Meridians fiel. Die dadurch hervorgebrachten Ablenkungen, welche die folgende Tafel zeigt, setzen der Erklärung keine Schwierigkeit entgegen. Der Lichtbogen wurde von dem Magnet angezogen, wenn letzterer in einer Stellung sich befand, in welche eine bewegliche Magnetnadel durch den Strom gebracht worden wäre, abgestoßen dagegen, wenn er sich in der entgegengesetzten befand. Die zweite Spalte der Tabelle zeigt die Richtung an, nach welcher der Nordpol des Magneten während der Versuche stand.

Stellung des
Magneten zum
Lichtbogen.
Richtung des
Nordpols d.
Magnet.
Ablenkung des Flammenbogens aus seiner
ursprünglichen Stellung.
1) Nördlich


2) Südlich


3) Ueber

4) Nördlich
5) Unter

6) Südlich
7) Ueber

8) Nördlich

Nach Süden


 - oben


 - Norden

 - unten
 - Norden

 - unten
 - Süden

 - oben

Nach Süden, weit mehr als ursprünglich

 und mit der Wölbung nach unten.
Nach Süden, etwas mehr nach unten als
 ursprünglich, und etwas weniger als in
 No. 1.
Etwas weniger nach Süden als ursprüng-
 lich.
Etwas nach Norden.
Nach Norden, mit der Wölbung nach
 oben.
Weiter nach Norden als in No. 5.
Noch weiter nach Norden als in No. 6
 mit der Wölbung nach unten.
Nach Süden, mit der Wölbung nach un-
 ten.

[592] Wurde ein Hufeisemnagnet dem Flammenbogen von der Seite her so genähert, daß sein Nordpol über, sein Südpol unter dem Strome stand, und alsdann mit dem Nordpol voran um den Strom so bewegt, daß derselbe stets zwischen den beiden Polen blieb, so wurde der Bogen bei jeder Stellung des Magneten in das Hufeisen hineingezogen; nach Verwechslung der Pole des Magneten und Wiederholung desselben Experiments neigte der Bogen sich aus dem Hufeisen.

Wird ein Stahlstab statt eines Kohlenpols als Elektrode angewandt, so entsteht zwischen ihm und der anderen Kohle ein ähnlicher Flammenbogen, welcher, wenn der Stahlstab magnetisch ist, um diesen herum rotirt.

Die Richtung des Stroms war bei meinen Versuchen über diesen Gegenstand von Westen nach Osten, in horizontaler Richtung senkrecht zum magnetischen Meridian.

1) Der Magnetstab war mit seinem Nordpol in die eine Klemme des beweglichen Polhalters im Osten eingespannt, so daß sein Südpol der Kohlenspitze gegenüberstand, und der Strom in ihm vom Südpol zum Nordpol ging. Die Rotation des Bogens geschah von Norden unten herum nach Süden.

2) Wo eben der Nordpol eingespannt war, wurde der Südpol eingespannt, so daß jetzt im Magneten der Strom vom Nordpol zum Südpol ging. – Der Bogen rotirte im entgegengesetzten Sinn.

3) Kohlenspitze und Magnetstab wurden umgewechselt, der letztere mit seinem Nordpol im Westen eingespannt, so daß der Strom in ihm vom Nordpol zum Südpol und von da zur Kohle ging. – Die Rotation war wie in No. 1.

4) Die Pole des Magneten wurden abermals umgekehrt, so daß der Strom von seinem Südpol zu seinem Nordpol und von da zur Kohle ging. – Der Bogen rotirte wie in No. 2. [593] Wäre der Flammenbogen unbeweglich, der Magnet dagegen beweglich gewesen, so würde jener denjenigen Pol von diesem, mit dem er in Berührung stand, nach irgend einer Richtung abgelenkt haben, und zwar, da der Flammenbogen nach oben ausgebogen war, und seine glühenden Anfangspunkte sich auf dem Magneten und der Kohle möglichst weit nach oben begeben hatten, er selbst also gleichsam über dem Magnete schwebte, den Südpol des Magneten in No. 1 und 3 nach Süden, den Nordpol in No. 2 und 4 nach Norden. Da aber der Magnetstab unbeweglich und der Lichtbogen beweglich war, so mußte dieser in entgegengesetzter Richtung rotiren.

Es verhält sich demgemäß der Flammenbogen, sowohl was den Widerstand, den der cursirende Strom in ihm findet, als auch sein attractorisches Verhältniß zu magnetischen Kräften betrifft, genau so wie jeder andere feste Leiter der galvanischen Elektricität.

  1. Poggendorf’s Annalen, Bd. 33 S. 303[WS 1].
  2. Diese Maaßangaben beziehen sich natürlich nur auf eine Säule von der Stärke der angewandten. – [Die Zubereitung der zu diesen Versuchen angewandten Bunsen’schen Kohle findet sich beschrieben in dies. Annal. Bd. 55 S. 265[WS 2]. P.]
  3. Kurz beschrieben schon in d. Annal. Bd. 60 S. 403[WS 3].
  4. Gerling: Die Ausgleichungsrechnung der practischen Geometrie, S. 38 bis 42.
  5. Die Messung der Stromstärke geschah nach der vom Professor W. Weber in diesen Annalen, Bd. 55 S. 27[WS 4] beschriebenen Methode.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. M. Faraday: Siebente Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 109, Joh. Ambr. Barth, Leipzig 1834, S. 301–331
  2. R. W. Bunsen: Ueber Bereitung einer das Platin in der Grove’schen Kelle ersetzenden Kohle. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 131, Joh. Ambr. Barth, Leipzig 1842, S. 265–276 Quellen
  3. R. W. Bunsen: Bunsen’s verbesserte Kohlenbatterie und einige Versuche mit derselben. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 136, Joh. Ambr. Barth, Leipzig 1843, S. 402–405
  4. W. E. Weber: Messung starker galvanischer Ströme nach absolutem Maaße. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 131, Joh. Ambr. Barth, Leipzig 1842, S. 27–32 Quellen
  5. Vorlage: Awendung