Vertrag zwischen Deutschland und Luxemburg, betreffend die Herstellung einer Eisenbahn von St. Vith nach Ulflingen

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Titel: Vertrag zwischen Deutschland und Luxemburg, betreffend die Herstellung einer Eisenbahn von St. Vith nach Ulflingen.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1884, Nr. 18, Seite 66
Fassung vom: 21. Juli 1883
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 4. Juli 1884
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(Nr. 1550.) Vertrag zwischen Deutschland und Luxemburg, betreffend die Herstellung einer Eisenbahn von St. Vith nach Ulflingen. Vom 21. Juli 1883.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, im Namen des Deutschen Reichs, und Seine Majestät der König der Niederlande, Großherzog von Luxemburg, von dem Wunsche geleitet, die Eisenbahnverbindungen zwischen Deutschland und dem Großherzogthum Luxemburg zu vermehren, haben behufs einer hierüber zu treffenden Vereinbarung zu Bevollmächtigten ernannt:

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen:
Allerhöchstihren Geheimen Legationsrath Paul Reichardt,
Allerhöchstihren Geheimen Regierungsrath Dr. juris Paul Micke;
Seine Majestät der König der Niederlande, Großherzog von Luxemburg:
Allerhöchstihren Geschäftsträger Dr. juris Paul Eyschen,

welche, unter Vorbehalt der Ratifikation, folgenden Vertrag abgeschlossen haben:

Artikel I.

Die Hohen vertragschließenden Regierungen erklären sich gegenseitig bereit, die Herstellung einer Eisenbahn von St. Vith in der Richtung auf Ulflingen zum Anschluß an die Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahn zuzulassen und zu fördern.

Artikel II.

Die Königlich preußische Regierung beabsichtigt, die in ihrem Gebiete belegene Strecke der im Artikel I bezeichneten Eisenbahn für eigene Rechnung auszuführen, sobald sie die gesetzliche Ermächtigung hierzu erhalten haben wird; sie wird alsdann der Großherzoglich luxemburgischen Regierung hiervon Mittheilung machen und zugleich den Zeitpunkt bezeichnen, bis zu welchem die betriebsfähige Herstellung der preußischen Strecke bewirkt sein wird. Die Großherzoglich luxemburgische Regierung verpflichtet sich, den Bau des in ihrem Staatsgebiete belegenen Theiles der St. Vith–Ulflingener Bahn ihrerseits der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahngesellschaft zu übertragen und dafür zu sorgen, daß die Vollendung des Baues und die Eröffnung des Betriebes zu demselben Zeitpunkte stattfindet, zu welchem die preußische Strecke ausgebaut und in Betrieb gesetzt sein wird.

Artikel III.

Die spezielle Feststellung der Bahnlinie, wie des gesammten Bauplanes und der einzelnen Bauentwürfe der im Artikel I genannten Bahn bleibt jeder der beiden Regierungen für ihr Gebiet vorbehalten.
Der Punkt, wo die beiderseitige Landesgrenze von der in Rede stehenden Bahn überschritten wird, soll auf Grund der von den betreffenden Eisenbahnverwaltungen auszuarbeitenden Projekte, nöthigenfalls durch beiderseits dieserhalb abzuordnende technische Kommissarien näher bestimmt werden.
Für die Bahn ist zunächst nur ein durchgehendes Geleise vorgesehen. Bei dem Eintritt des Bedürfnisses werden die Hohen Regierungen – jede für den [67] innerhalb ihres Gebietes belegenen Theil der Bahn – die Herstellung des zweiten Geleises anordnen.
Die Spurweite der Geleise soll in Uebereinstimmung mit den anschließenden Bahnen 1,435 Meter im Lichten der Schienen betragen. Auch im übrigen sollen die Konstruktionsverhältnisse der nach diesem Vertrage anzulegenden Eisenbahn und deren Betriebsmittel dergestalt nach gleichen Grundsätzen festgestellt werden, daß die Lokomotiven, Personen- und Güterwagen die anschließenden Bahnen ohne Hinderniß durchlaufen können.
Im Interesse der Sicherheit und Gleichförmigkeit des Eisenbahnbetriebes wird die Großherzoglich luxemburgische Regierung für den in ihrem Staatsgebiete liegenden Theil der Bahn das Betriebsreglement, das Bahn-Polizeireglement und die Signalordnung, welche für die Verlängerung der Bahn nach St. Vith Anwendung finden, in Kraft treten lassen, soweit nicht die betreffenden Vorschriften den Gesetzen des Großherzogthums etwa entgegenstehen.

Artikel IV.

Die Hohen vertragschließenden Regierungen werden gemeinsam so viel als möglich darauf hinwirken, daß Ankunft und Abgang der Züge auf den Endstationen der Bahn mit Abgang und Ankunft der direktesten Züge der anschließenden Eisenbahnlinien beider Länder in Zusammenhang gebracht werden.
Sie behalten sich die Bestimmung der geringsten Zahl der zur Beförderung von Personen dienenden Züge vor, und sind darüber einig, daß täglich in keinem Falle weniger als drei solcher Züge in jeder Richtung verkehren sollen.

Artikel V.

Die Angehörigen des einen Landes, welche im Gebiete des anderen Landes etwa angestellt werden, scheiden dadurch aus dem Unterthanenverbande ihres Heimathlandes nicht aus, sind aber den Gesetzen des Landes, in welchen sie angestellt sind, unterworfen.

Artikel VI.

Die bezüglich der Handhabung der Paß- und Fremdenpolizei bei dem Reiseverkehr auf Eisenbahnen zwischen beiden Hohen Regierungen schon bestehenden oder noch zu treffenden Abkommen sollen auch auf die in Rede stehende Eisenbahnverbindung Anwendung finden.

Artikel VII.

Zu Zwecken des Postdienstes soll der Bauunternehmer der im Großherzogthum Luxemburg belegenen Strecke zu denselben Leistungen verpflichtet werden, welche für die Eisenbahnen im deutschen Reichspostgebiete durch das Reichsgesetz vom 20. Dezember 1875 vorgeschrieben sind oder künftig etwa anderweit gesetzlich angeordnet werden.
Ueber die Benutzung der Bahn zur Postbeförderung aus dem Gebiete der einen in das Gebiet der anderen vertragschließenden Hohen Regierung werden die beiderseitigen Postverwaltungen sich verständigen.

Artikel VIII.

Die Hohen vertragschließenden Regierungen genehmigen die Anlegung eines für den Eisenbahndienst bestimmten elektromagnetischen Telegraphen längs dieser [68] Bahn; auch kann ein elektromagnetischer Telegraph für den internationalen und öffentlichen Verkehr längs dieser Bahn durch die Hohen vertragschließenden Regierungen und zwar durch eine jede für ihr Gebiet hergestellt werden.

Artikel IX.

Der Betriebswechsel auf der den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Eisenbahn findet für den Fall, daß der Betrieb auf derselben von der Königlich preußischen Eisenbahnverwaltung geleitet wird, auf der Station Ulflingen, für den Fall dagegen, daß der Betrieb von der Kaiserlich deutschen Eisenbahnverwaltung geführt wird, auf der Station St. Vith statt.
Ueber die näheren Bedingungen der Betriebsüberlassung bleibt eine Verständigung der betreffenden Eisenbahnverwaltungen vorbehalten.
Beim Mangel eines Einverständnisses haben sich dieselben den zwischen den beiden Hohen vertragschließenden Regierungen zu vereinbarenden Anordnungen zu fügen.

Artikel X.

Gegenwärtiger Vertrag soll ratifizirt und die Auswechselung der darüber auszufertigenden Ratifikations-Urkunden sobald als thunlich in Berlin bewirkt werden.
Dessen zu Urkunde haben die Bevollmächtigten denselben unterzeichnet und besiegelt.
So geschehen zu Berlin, den 21. Juli 1883.
(L. S.) Paul Reichardt. (L. S.) Paul Eyschen.
(L. S.) Dr. juris Paul Micke.  

Vorstehender Vertrag ist ratifizirt worden und die Auswechselung der Ratifikations-Urkunden hat stattgefunden.