Vor dem Stadtthor
[220] Vor dem Stadtthor. (Zu dem Bilde S. 217.) Frühlingswehen! Vereint mit dem jungen Grün, dem ersten Blütenduft und dem milden goldenen Sonnenschein, übt es einen unwiderstehlichen Zauber auf Menschenherzen aus. Besonders freudig begrüßt der Städter den Einzug des Lenzes. Es hält ihn nicht mehr in den dumpfen Mauern der Stadt. Hinaus muß er ins Freie, den Frühling in Feld und Au in voller Pracht zu schauen! Nicht nur in der Neuzeit ist dieser Drang vorhanden; er lenkte schon die Schritte unserer Vorfahren vor die Thore der Stadt. So sind auch aus der altertümlichen Stadt an der Seeküste die Patrizier, deren Tracht auf das siebzehnte Jahrhundert hindeutet, hinausgewandert vor die Festungsmauern, um draußen im Freien den Lenz zu genießen. Und sie wurden dabei von denselben Stimmungen bewegt wie wir Kinder des neunzehnten Jahrhunderts es bei ähnlichen Anlässen auch heute werden. Mögen sich die Trachten, Lebensgewohnheiten und Sitten ändern, im Fühlen und Empfinden, im Herzen und Gemüt ist der Mensch im Laufe der Zeiten sich gleich geblieben! Frühlingswehen draußen in der Natur weckte und weckt auch immer aufs neue frohen Frühling im Herzen!