Vorstellung der ganzen Fürther Judenschaft und aller Jüdischen Einwohner in Franken an den Fränkischen Kreisconvent, dictirt Nürnberg den 17ten Febr. 1792
Hochansehnliche Kreis-Versammlung!
Die in dem 9ten Berathungs-Puncte aufgeworfene Frage: wie ist der sittliche und bürgerliche Zustand der Juden im Fränkischen Kreise zu verbessern? legt abermahl den ruhmwürdigsten Beweis von der allumfassenden Sorgfalt und Menschenliebe des Hochfürstl. Fränkischen Kreis-Auschreib-Amts der Welt vor Augen.
Wir und alle Jüdischen Einwohner vom Fränkischen Kreise insbesondere fühlen den hohen Werth dieser großen Fürstenwürdigen Aufmerksamkeit auf uns zu tief in unsern Herzen, als daß der ehrfurchtsvolleste Dank gegen Höchstdasselbe in uns und unsern Nachkommen je verlöschen könnte. Wir sind auch voll Vertrauen und voll freudiger Hoffnung auf einen guten Erfolg, da die nähere Berathung dieses wichtigen Gegenstandes, einer hochlöblichen Kreis-Versammlung überlassen ist, Hochwelche| zum Glück für uns und den ganzen Fränkischen Kreis, nach den allgemeinen Stimmen, aus den weisesten, einsichtsvollesten, menschenfreundlichsten und thätigsten Staatsmännern besteht.Diese wahrhafte Schilderung unserer eingeschränkten und drückenden Lage ist schon von vielen christlichen Regenten, Philosophen und Staats-Männern mit Wärme anerkannt worden und nöthigt uns, unsere fortwürige Erhaltung nur dem Gott, der aller Menschen Vater ist, und dem unsere sparsame und eingezogene Lebensart, so wie unsere Emsigkeit und Genügsamkeit an kleinem Profit bekannt ist, zu verdanken.
Sollte nun auch bey manchen unter uns der Ruf des Gewissens von der Stimme der Noth erstickt werden; so glauben wir doch, daß, wenn uns der volle Schwung der Industrie, die das Erbgut aller Menschen ist, erlaubt würde, auch alle unrechtmäßigen Mittel zum Lebens-Unterhalt aufgegeben, und nur diejenigen genützt werden würden, welche die Ehrlichkeit laut gestehen darf.
Wir wollen es nicht wagen, die wohlthätigen Folgen für uns und die ganze Menschheit zu| berechnen, die aus einer weisen Mäßigung und Erleichterung unsers harten Schicksals entstehen müßten. Wir sind aber überzeugt, daß politischer nun schon so viele Jahrhunderte angedauerter Druck, Geist und Herz verderben, und daß vorzüglich nur durch Aufhebung oder Milderung desselben der sittliche und bürgerliche Zustand eines Volks nach und nach verbessert werden kann. Wir preisen uns glücklich, daß wir den Zeitpunct endlich erlebt haben, wo die Judenschaft selbst von weisen christlichen Fürsten und Ständen wieder als Menschen mit Liebe angesehen und behandelt wird, und wir hoffen dereinst vor dem Thron des Gottes, den auch wir im Staub und in der Asche anbeten, und der alle Menschen, die Recht thun, liebt, noch denjenigen Menschenfreunden einen feurigen Dank zu bringen, welche die Erleichterung und Verbesserung unsers sittlichen und bürgerlichen Zustandes auf dieser Erde mit Wärme umfaßt, und mit Weisheit und Thätigkeit befördert haben.Der Klugheit und Menschenliebe einer hochansehnlichen Kreis-Versammlung stellen wir nun unser Schicksal lediglich vertrauungsvoll anheim mit der ehrfurchtsvollen Versicherung, daß unsere heise Dankbarkeit so wenig, als diejenige tiefste Ehrerbietung je in unsern Herzen erlöschen soll, womit wir uns unterschreiben, als
Einer hochansehnlichen Kreis-Versammlung,
Fürth, den 14ten Febr. 1792. |
unterthänigst gehorsamste im Namen der ganzen jü- dischen Gemeine in Fürth und aller jüdischen Ein- wohner in Franken, Wolf Neuburger. |