Zum Inhalt springen

Was sich für ein junges Mädchen schickt

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: H.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Was sich für ein junges Mädchen schickt
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 482
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[482] Was sich für ein junges Mädchen schickt und was nicht, das ist zu allen Zeiten von der Sitte mit besonders engen und scharfgezogenen Grenzen umschrieben worden. Aber keineswegs waren diese Grenzen immer dieselben. Im Gegentheil, manches wird heute erlaubt, was vor hundert Jahren verpönt wurde, und manches heute verurtheilt, woran noch die Urgroßeltern keinen Anstand nahmen. Ein köstliches Bild aus diesem Wandel der Zeiten geben uns die schriftlichen Vermahnungen, [483] welche eine Frau von Quitzow auf dem Krankenbette gewissermaßen als ein Vermächtniß an ihre beiden abwesenden Töchter „Anne Künecke“ und „Gödecke Christine“ richtete. Der Brief stammt aus dem 17. Jahrhundert, ist in niederdeutscher Sprache geschrieben und von Ed. Bodemann in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen herausgegeben worden.

Vor allem sollen die Töchter gottesfürchtig sein, fleißig beten und in die Kirche gehen. In der Kirche sollen sie ja nicht nach den Leuten, sondern allein nach dem Pastor sehen. Wenn sie bei Freunden und Verwandten sind, sollen sie sich ernsthaftig halten, damit sie in keine böse Nachrede gerathen. Wenn die Junggesellen kommen, sollen sie sich nicht blicken lassen, bis daß man zu Tisch gehe. Geben diese ihnen dann die Hand, so sollen sie die Gesellen ja nicht ansehen, bei Tische sich in kein Gespräch einlassen, wenn sie gegessen haben, stracks aufstehen und in ihre Kammer gehen. Auf Hochzeiten sollten sie ja nicht „unsuberlick“ mit den Junggesellen sprechen, zu welchem Zwecke ihnen empfohlen wird, auf alle Anreden zu antworten: „ja“ und „nee“, „ick weit et nich“, „dat mag wol sin“; bei Leibe aber sollen sie nicht lachen.

Vieles Essen bei Tische galt für plump; die Mutter räth ihren Mädchen daher, vorher in der Kammer etwas zu genießen, damit sie bei Tische desto besser und ehrbarer sitzen können. Trinken sollen sie ja nicht; werde ihnen zugetrunken, so sollen sie sagen: „Ick hebbe kenen döst“; auf wiederholte Aufforderung: „Ick mag ja nich trinken, dat höre jy woll“. Hätten sie dennoch Durst, so sollten sie eine andere Jungfer bitten, daß sie ihnen zu trinken gebe und aus deren Glas ein bißchen nippen. „Aber trinket ja keinem Junggesellen zu und sehet euch beileibe nicht auf dem Tische um, schlaget eure Augen nieder, sehet in eine Ecke und haltet euern Kopf stille und rühret den beileibe nicht.“ Wenn sich ein Junggeselle zu ihnen setzte und mit ihnen vertraulich plaudern wollte, so durften sie keine Antwort geben; ließ er nicht ab, so ward ihm die Antwort: „Latet mick ongeschoren, ich verstahe nich, wat jy segget.“ Schälte er ihnen einen Apfel oder eine Birne, so geziemte es sich, die Frucht liegen zu lassen und nicht zu essen.

Beim Tanzen sollten die jungen Fräulein ihre Herren nicht anblicken, ihnen die Hand nicht reichen, sondern diese unter die Schürze verstecken und natürlich kein Wort sprechen. Wurden die jungen Herren wärmer und brachten Liebeserklärungen vor, so sollten die Töchterchen thun, als wenn sie dieselben nicht hörten; ließen jene nicht nach, so hatten sie zu sagen: „Ob jy mick leif hebbet oder nich, dat eene is mick sau vel alß dat andere,“ und dann zu drohen, „ick will juwe wörde nich mehr hören, oder ich will upstahn un wech gahn.“ Die letztere Drohung sollten sie auch ausführen, sich hinter den Rücken der Hausfrau flüchten und den Junggesellen den Rücken kehren, wenn diese noch anzüglicher würden. Wollten sie aber gar einen Kuß, so sollten sie die frechen Kerle „up dey schnuten schlaen“.

In Komödien sollen sie nicht mitspielen, sich nicht heimbegleiten lassen, zu Hause fleißig nähen und spinnen „un seihet by leive nich na den junckgesellen up der straten.“ So aber einer mit ehrlichen Absichten komme, so sollen sie ihn an die Frau Base weisen, daß er mit ihr spreche; selbst jedoch dürfen sie weder mit ihm sprechen, noch ihn anschauen. Selbst wenn sie verlobt seien, sollen sie ihren Bräutigam nicht anblicken, ihm aus dem Weg gehen und mit ihm nicht plaudern, sondern ihn an Vettern oder Basen weisen. (Ob das Fräulein Braut seiner Mutter hierin wohl folgte?) Sprach der Bräutigam die Brant an, so sollte sie sagen: „Latet mick doch mit freden; ick will nich eiher mit jück tau daun hebben, bet dat et tid is un dey pape (Pastor) darover west ist.“ Ist aber der große Tag angebrochen, so empfiehlt die Mutter: „Stellet jück fien erbar an un schlaget juwe ogen vor jück nedder, dat dey lüe keine arge gedancken krigen.“

Nochmals ermahnt dann die Mutter ihre Töchter, ehrbar, sittig und tugendsam zu sein und keinen Junggesellen in die Arme oder bei der Hand zu nehmen. „Dat will ick von jück geholen hebben, mine leiven döchter Anne Künecke un Gödecke Christine, dat höre jy woll.“ H. B.