Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche/Kapitel XXXVIII

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XXXVII. Glocken Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche (1880) von Edmund Veckenstedt
XXXVIII. Versunkene Wagen
XXXIX. Versunkene Orte
Die Bedeutung der Doppellinie erläutert Veckenstedt im Vorwort auf Seite V folgendermaßen: „Die Sagen und Märchen der deutschredenden Wenden finden sich in jedem Abschnitte nach dem Zeichen, welches zwei parallele Striche bilden.“ Ferner führt er auf Seite X den Grund der Kennzeichnung an: „Nicht unwillkommen wird, hoffe ich, der Forschung die Art sein, wie ich die reine Sorbentradition von derjenigen Ueberlieferung geschieden habe, welche zwar auf wendischer Grundlage ruht, aber eben weil sie einem Geschlecht deutschredender Menschen entnommen ist, vielleicht eine oder die andere Modification erlitten hat.“
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XXXVIII.
Versunkene Wagen.

1.

Dicht bei der Stelle, wo jetzt die Madlower Kirche steht, ist früher ein tiefer Pfuhl gewesen. In diesem Pfuhl soll sich ein Wagen befinden. Der Wagen soll aber auf folgende Weise in den Pfuhl hineingerathen sein: Es kam einst ein Fuhrmann des Weges gefahren. Da wurden ihm die Pferde scheu, so dass er sie nicht zu halten vermochte, und rannten mit dem Wagen in den Pfuhl. Der Pfuhl war so tief, dass der Fuhrmann mit dem ganzen Gespann in demselben versank. Trotzdem man später den Pfuhl trocken gelegt und den Boden umgearbeitet hat, ist von dem Wagen nichts zum Vorschein gekommen.

Branitz.     
2.

Früher führte ein Weg von Göritz nach Vetschau durch den sogenannten Stradower Grund. Es giebt Leute in Stradow, welche erzählen, dass aus diesem Grunde oftmals zur Nachtzeit eine Kutsche, mit schwarzen Pferden, welche aber alle ohne Köpfe waren, bespannt, angefahren gekommen ist. Die Leute haben oft, wenn ihnen die Kutsche begegnet ist, ausweichen müssen, um das Gespann vorbei zu lassen. Wenn sie in einem solchen Falle nicht gleich bei Seite getreten sind, so sind sie so heftig zur Erde geworfen worden, dass ihnen alle Glieder im Leibe weh gethan haben.

Die Kutsche soll deshalb aus dem Stradower Grunde kommen, weil einst eine solche darin zur Nachtzeit versunken ist.

Stradow.     





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3.

Einst fuhr eine Gräfin aus Cottbus nach ihrem Gute. Hinter Sandow kam die Kutsche an den sogenannten Dol. Plötzlich sah der Kutscher in der Ferne viele Lichter. Er fuhr darauf zu, allein die Lichter waren Irrlichter. Da gerieth er mit seinem Gespann in einen Sumpf, in welchem Menschen, Wagen und Pferde versanken. Niemand hat den Wagen oder die Leichen der Gräfin und ihres Kutschers wieder an das Tageslicht bringen können, denn der Dol ist grundlos. So viel Asche und sonstigen Unrath die Leute in den Dol hineingeworfen haben, nichts vermag ihn auszufüllen.

Sandow.     
4.

Hinter dem Schlosse zu Alt-Döbern befindet sich ein grosser Teich, welcher der Salzsee heisst. Der See soll davon seinen Namen erhalten haben, dass einst in der Nacht ein Fuhrmann mit einem Wagen voll Salz hineingefahren und darin ertrunken ist. Weder Fuhrmann noch Wagen oder Pferd sind je wieder zum Vorschein gekommen.

Alt-Döbern.     



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