Wilhelm Löhes Leben (Band 2)/Nr. 1. Die Petition an die Generalsynode von 1849

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Wilhelm Löhes Leben (Band 2)
Nr. 2. Die Eingabe der theologischen Fakultät in Erlangen »
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Nr. 1.
Die Petition an die Generalsynode von 1849.
Hochwürdige Generalsynode!
Antrag, die Wahrung des Bekenntnisses und Einführung desselben in seine Rechte innerhalb der lutherischen Kirche Bayerns betreffend.
 In der allerhöchsten Verordnung d. d. Nymphenburg 18. Okt. 1848, betr. die protestantischen Generalsynoden diesseit des Rheins § 4, ist es als Erfordernis zur passiven Wahlfähigkeit aufgestellt, daß der zu Wählende „einen christlich sittlichen Wandel führe, und seine kirchliche Gesinnung durch Teilnahme am öffentlichen Gottesdienste und am heiligen Abendmahl an den Tag lege.“ Bekenntnistreue ist als Erfordernis nicht genannt, obwohl sie sich in unsern Umständen nicht, mehr als die drei genannten Erfordernisse, von selbst versteht und deshalb gleich ihnen, ja an deren Spitze genannt sein sollte. Bei der innern Zerrissenheit unserer protestantischen Landeskirche kann daher ein Zweifel aufgeworfen werden, ob wohl allenthalben bei den Wahlen auf Bekenntnistreue gesehen worden sei, und die Vermutung, daß Männer von ganz verschiedenen Glaubensansichten sich bei dieser Synode zu gemeinsamen Beratungen und Beschlüssen zusammengefunden haben könnten, kann nicht als eine völlig ungegründete und unbescheidene angesehen werden. Von diesem Bedenken bewogen und in Anbetracht der Gefahr, welche von einer im Glauben und Bekenntnis nicht einigen Generalsynode| wenn sie eine solche wäre (insonderheit von der so wichtigen heurigen), kommen könnte, haben es die ehrerbietigst Unterzeichneten, beides, für ihr Recht und ihre Pflicht erachtet, an die Hochwürdige Generalsynode die Bitte zu stellen: „daß von ihr das Versäumte gut gemacht, und in corpore ein unumwundenes, rückhaltloses Bekenntnis zu den gesamten Symbolen der lutherischen Kirche, und zwar so gegeben werde, wie es in der lutherischen Kirche herkömmlich ist, nämlich „nach dem rechtverstandenen quia, nicht quatenus, sowie, daß von der „Generalsynode selbst für die Zukunft auf Einsetzung der Bekenntnistreue als ersten Erfordernisses zur Wählbarkeit gedrungen werde.“

 Die Unterzeichneten fühlen sich zu dieser Bitte in ihrem Gewissen gedrungen, und dürfen sie in keiner Weise unterdrücken. Sie dürfen aber auch nicht verhehlen, daß der obgenannte Mangel der neuen Wahlordnung nicht die einzige Veranlassung für sie ist, bei der Hochwürdigen Generalsynode ihres Teils auf Anerkennung des notwendigen Erfordernisses der Bekenntnistreue zu dringen. Sie haben in der bisherigen Verfassung und Praxis der lutherischen Landeskirche Bayerns noch so manche aus dem Mangel der Bekenntnistreue entsprungene Übelstände gefunden, daß sie gewissenshalber mit einem Bekenntnis zu den Symbolen in thesi keineswegs zufrieden sein könnten, sondern ihren obigen Antrag auf Abstellung der durch Gesetz oder Observanz bestehenden bekenntniswidrigen Mißbräuche ausdehnen müssen.

 Sie erlauben sich daher, mehrere Beschwerden sofort anzuführen, und auf diese eine Reihe von einzelnen Anträgen folgen zu lassen, welche den Beschwerden entsprechen und mit dem ersten allgemeinen Antrag im innigsten Zusammenhang stehen.

 Unsere Beschwerden sind folgende:

 1) Die erste betrifft den Summepiskopat.

 Wir leben in einem konstitutionellen Staate, in welchem der Fürst alles, auch was er in kirchlichen Dingen anordnet, unter Kontrasignatur eines dem Landtage verantwortlichen Ministers ausgehen lassen muß. Wenn nun aber der verantwortliche Minister oder die Majorität des Landtags, der ja möglicherweise auch gar keine protestantischen oder| protestantisch gesinnten Mitglieder haben könnte, unsrer Kirche abhold wäre, welche Garantie wäre da für unsre kirchliche Selbständigkeit gegeben, die wir doch nach Art. IV, § 17 der Grundrechte der Deutschen für uns in Anspruch nehmen müssen.

 Wollte man aber sagen, daß der Fürst als summus episcopus der Kontrasignatur seiner Minister enthoben werden und an seine Stelle ein der Generalsynode verantwortliches Konsistorium treten sollte; welche Garantie hätte dann umgekehrt der Staat dafür, daß keinerlei kirchliche Beeinflussung auf den summus episcopus als Oberhaupt des Staates, in welchem doch alle kirchlichen Gemeinschaften gleiche Rechte haben sollen, statt fände?

 Im ersten Falle fehlen der Kirche, im zweiten dem Staate die Garantieen. Die Kirche wäre aber noch um so schlimmer daran, als durch die Grundrechte das Schutzrecht, also auch die Schutzpflicht aufgehoben ist, die protestantische Kirche also jedem Angriff eines römisch-katholischen Ministers oder eines unchristlichen Landtags preisgegeben wäre.

 Jedoch von alledem sehen wir hier zunächst ab, weil es seitab von dem konfessionellen Standpunkt liegt, welchen wir in dieser Petition einnehmen. Das aber finden wir allem konfessionellen Standpunkt widersprechend, daß der Summepiskopat in den Händen eines, wenn auch noch so ausgezeichneten, anders gläubigen Christen ruhe, der, je mehr er ist, was er zu sein bekennt, desto weniger die Pflichten oberhirtlicher Fürsorge für eine von seinem Glauben abweichende Herde versehen und erfüllen kann.

 2) Nach dem Edikt über die innern kirchlichen Angelegenheiten, dem II. Anhang zur Verfassungsurkunde § 2, b ist das Kirchenkollegium, durch welches die Staatsgewalt ihr Episkopat ausübt, ein gemischtes, in gewissem Sinne uniertes. „Das Oberkonsistorium besteht a) aus einem Präsidenten des protestantischen Glaubensbekenntnisses, b) aus vier geistlichen Oberkonsistorialräten, unter welchen einer der reformierten Religion ist etc.“ Und doch kann kein lutherisches Kollegium die reformierte, kein reformiertes die lutherische Kirche| regieren, und ein gemischtes gibt keiner von beiden Kirchen, die unter ihm stehen sollen, ein Vertrauen. Es wird immer eine solche Zusammensetzung des obersten Rates eines Episkopus vom Übel sein. Gegenwärtig sitzt zwar im königlichen Oberkonsistorium kein reformierter Rat, aber es besteht doch noch immer der oben citierte Paragraph, und abgesehen davon, daß es ein gleichfalls nicht erträgliches Übel ist, wenn gegenwärtig die reformierte Kirche Bayerns von einem lutherischen Oberkonsistorium regiert wird, dürfte es auch unter den zum Teil uniert gesinnten Reformierten des Landes nicht an solchen fehlen, welche auf verfassungsmäßige Wiederbesetzung der leeren Ratsstelle dringen werden.

 3) Da nach § 11 des erwähnten Edikts zu den Vorrechten des Oberkonsistoriums und der Konsistorien gehört, Prüfung, Ordination und Anstellung der protestantischen Geistlichen beider Konfessionen zu besorgen; so kann es bei der unierten Gestalt des obersten Kollegiums nicht bloß vorkommen, sondern es kam bisher auch wirklich vor, daß lutherische Konsistorialen reformierte, und reformierte Consistorialen lutherische Kandidaten prüften, was jedenfalls dem Ernste und der Würde, so wie der Wahrhaftigkeit einer solchen Prüfung Eintrag thun konnte und mußte;

 es konnte ferner vorkommen und kam auch vor, daß lutherische Konsistorialen zusammen mit reformierten, reformierte Konsistorialen mit lutherischen Pfarrern geprüfte Kandidaten von beiderlei Kirchen ordinierten, was eben so wenig recht sein kann, als es recht ist, wenn der anglikanische Bischof von Jerusalem lutherische Missionare ordinieren will, eine Sache, die großes Aufsehen gemacht und verdienten Widerspruch gefunden hat;

 es kam vor, und kann immer leicht vorkommen, daß lutherische Konsistorialen mit lutherischen Ministerien zusammen reformierte Kandidaten ordinieren, was dann wiederum Unrecht nach beiden Seiten hin genannt werden muß;

 es kam und kommt auch noch vor, daß lutherische Pfarrer in reformierten, reformierte Pfarrer in lutherischen Gemeinden das Amt| verwalten, was eine starke Vermutung erregen kann, daß nicht allein unser Kirchenregiment, sondern auch die lutherische und reformierte Kirche Bayerns selbst uniert gesinnt seien, und außerdem viele Mitglieder der beiden Kirchen zur Indifferenzierung ihres Glaubens führen mußte und auch geführt hat;

 es kam und kommt vor, daß lutherische Pfarrer gemischte Gemeinden bedienen und von dem Kirchenregiment der lutherischen Kirche Bayerns und seinen Organen dazu angewiesen werden, so daß also unter Kenntnis, ja Gutheißung dieses Kirchenregiments den Lutherischen das Abendmahl lutherisch, den Reformierten reformiert von einem und demselben Altare gereicht wird; eine Sache, welche nicht anders, als mit tiefster Betrübnis von treuen Gliedern der lutherischen, wie der reformierten Kirche betrachtet werden kann.

 4) Mit dem Bestehen eines unierten Kirchenregiments, sowie mit dem Mangel an der nötigen Bekenntnistreue hängt es auch zusammen, daß:

a) bei den Ordinationen weder die Lutheraner, noch die Reformierten auf ihre Symbole verpflichtet werden;
b) daß infolge des nicht bloß reformierte und lutherische Lehren, sondern auch von den gemeinsamen Lehren beider Kirchen abweichende, allen Glauben verleugnende verderbliche Lehren und Schwärmereien aller Art auf den Kanzeln gepredigt und verbreitet und hiedurch unter dem Volke jene merkwürdige Verwirrung der Gewissen und jener Leichtsinn in Glaubenssachen verursacht und gefördert wurde, unter dem alle kirchlich gesinnten Pfarrer und Christen so sehr leiden. Es geschah dies, ohne daß das Kirchenregiment die Kraft finden konnte, durchgreifend und genügend einzuschreiten, und bei den Visitationen auf Besserung und Belehrung, oder aber auf Beseitigung der Irrlehrer hinzuzielen, so hinzuzielen, daß vor allem Gottes lauteres Wort den Gemeinden in seiner Wichtigkeit gezeigt und in seiner Fülle erhalten worden wäre.|
c) Mit den anfangs dieser Nummer genannten Übeln hängt es auch zusammen, daß selbst in der Verwaltung des heiligen Abendmahls unierte und reformierte Distributionsformeln geduldet, und auf diese Weise das teuerste Gut der pilgernden Gemeinde, der Leib und das Blut des Herrn verhüllt, und in Frage und Zweifel gestellt wurde, ohne daß, selbst nach kundgewordenen Fällen, ein abänderndes Gebot gegeben oder eine durchgreifende Anordnung getroffen worden wäre. Nicht zu erwähnen, wie manche die Gewissen berührende und verwirrende Ungleichheiten in der Konsekration des Sakramentes vorkommen und vorkommen können, so lange nicht bestimmte konfessionelle Weisungen ergehen.
d) Hieher gehört auch, daß Lutheraner und Reformierte gegenseitig zu einander zum Sakramente giengen und wohl auch noch gehen, ohne daß sie wußten und wissen, was hiemit geschieht, ohne daß Belehrung und Verbot ergieng, obschon die lutherischen Theologen von jeher dagegen gesprochen haben.

 5) Mit dieser ganzen Stellung des Kirchenregiments und dem auffallenden Mangel konfessioneller Entschiedenheit hängt es auch zusammen, daß in den liturgischen Schriften der bayerischen Kirche auf das Bekenntnis die nötige Rücksicht nicht genommen wurde. Der Agendenentwurf und das bisherige Gesangbuch geben hiezu kräftigen Beleg. Namentlich ist in dem letzteren nicht bloß das wenige poetisch Schöne von einer Menge poetisch-schwacher Lieder bedeckt, sondern es wird auch mit dem Wahren in gefährlicher Mischung der Gemeinde viel Unwahres, Falsches, Verderbliches eingesungen. Und doch ist dies Buch bis zur Stunde nicht bloß erlaubt, sondern sogar streng geboten, so daß die Gemeinden, welche nach besserem greifen wollten, aus Uniformitätsgründen zu dem Schlechten zurückgewiesen werden würden.

 6) Eine andere Folge der unierten Gestaltung des Kirchenregiments und der konfessionellen Unentschiedenheit im allgemeinen ist das Bestehen eines bayerischen Centralvereins für protestantische Missionen verschiedener Konfessionen. Derselbe Geist, welcher allenthalben in unsern Tagen durchs gemeinsame Werke zu unieren sucht, und allenthalben traurige| Verwirrung verbreitet hat, spricht sich auch in der Zusammensetzung und dem Wirken dieses die ganze bayerische Kirche umfassenden Vereins aus.

 7) Im engsten Zusammenhang mit der gerügten Laxheit im Bekenntnis steht die allgemein verbreitete Laxheit im Leben, und aus diesem doppelten Übel stammt die fast durchgreifende Zuchtlosigkeit in betreff des Bekenntnisses, der Lehre und des Lebens, wie sie unsre Landeskirche so schwer verschuldet hat. Die größte ja fast unerträgliche Gewissensbeschwernis treuerer Seelsorger, das gründlichste Ärgernis vieler, gerade besserer Gemeindeglieder hat hier seinen Ursprung.

 8) Gleichfalls zusammenhängend mit konfessioneller Laxheit und dem lutherischen locus de ministerio in so ferne zu nahe tretend, als es Befugnisse, die nur dem schriftgemäßen, geweihten Presbyterium der Gemeinden eignen, gewählten Vertretern der Gemeinden mitteilen will, und mitteilt, ist das Institut weltlicher Kirchenvorstände, welches hie und da besteht, und für weitere Kreise leicht vorgeschlagen werden könnte. So wie die weltlichen Kirchenvorstände die ihnen gegebenen oder zugedachten Befugnisse nur gebrauchen wollen, ist das heilige Amt gehemmt, gebunden und gelähmt, wie man des außerhalb unsres engeren Vaterlandes Bayern hinreichende und überflüssige Erfahrung gemacht hat.

 9) Endlich finden wir es auch zusammenhängend mit der Geringschätzung des Bekenntnisses, daß man einerseits auf Uniformierung und strenge Abgrenzung der Landeskirche in liturgischen und andern äußerlichen Dingen mit aller Sorgfalt und bei weitem mehr als auf Bekenntnistreue gesehen hat, andererseits innerhalb der engen Landes d. i. Kirchengrenzen zufrieden, es ganz und gar versäumt hat, Kirchengemeinschaft und engere Verbindung mit andern lutherischen Kirchen und Gemeinschaften anzubahnen. Ebendamit hat man nicht bloß versäumt, auf die einfachste, genügendste Weise eine deutsche Nationalkirche herzustellen, sondern der weitere Gedanke eine Einigkeit und Vereinigung aller lutherischen Kirchen des Erdbodens ist durch jene Versäumnis gleichfalls| brach und segenslos geblieben. Hiemit hat die lutherische Landeskirche Bayerns ihrer eigenen Katholizität vergessen.

 Wir geben es der Hochwürdigen Synode anheim, zu beurteilen, ob wir vielleicht in einem oder dem andern Punkte zuviel gesagt haben; aber wir glauben, daß wir nichts gesagt haben, was nicht der Hauptsache nach zugestanden werden müßte. Daher beantragen wir im Einklang mit unsrem ersten allgemeinen Antrag und als wesentliche Folgen desselben:


1.

 Daß die Hochwürdige Generalsynode auf die Vorteile des königl. Summepiskopats verzichte und an Sr. Majestät, unsern König, die Bitte stelle, Seinerseits auf das Episkopat Verzicht zu leisten;


2.

 Daß dieselbe gemäß den Grundrechten der Deutschen IV, § 17 sich für Selbstregierung der lutherischen und reformierten Kirche, also auch für Trennung ihres Kirchenregiments ausspreche und auf geeignete Weise verwende, da mit der Trennung des Kirchenregiments alle oben beklagten Übel in Prüfung, Ordination und Anstellung der Pfarrer, sowie in Besetzung der Pfarreien von selbst aufhören;


3.

 Daß namentlich auch bei dem diesjährigen Landtag, ohne dessen Zustimmung das Edikt über die kirchlichen Angelegenheiten nicht geändert werden kann, in betreff der vorigen Nummern 1 und 2, diejenigen Schritte geschehen, welche zum Ziele führen;


4.

 Daß a) alle lutherischen Geistlichen bei ihrer Ordination, alle Religionslehrer bei ihrer Amtseinführung auf sämtliche lutherische Symbole mit quia, nicht quatenus verpflichtet werden;

 b) daß bei den Visitationen fortan streng auf Bekenntnistreue der Pfarrer und Religionslehrer gesehen, die Abweichenden belehrt, ermahnt, gewarnt und bei beharrlichem Widerstande vom Amte entfernt werden;

 c) daß die richtige lutherische Verwaltung des heiligen Sakraments| besonders bei der Konsekration und Distribution hergestellt und Abweichungen den Pfarrern der lutherischen Gemeinden verboten werden;

 d) daß die lutherischen Pfarrer angewiesen werden, keine reformierten Gemeindeglieder zum heiligen Abendmahl anzunehmen und diejenigen Gemeindeglieder lutherischen Bekenntnisses zu belehren, zu ermahnen, und nötigenfalls zu weiterem Verfahren anzuzeigen, welche bei reformierten Gemeinden das heilige Abendmahl nehmen;


5.

 Daß endlich einmal das bisherige Gesangbuch abgethan und Erlaubnis gegeben werde, bis zum Erscheinen eines Gesangbuchs, welches sich selbst empfiehlt und Bahn macht, anerkannt orthodoxe, neuere oder ältere Liedersammlungen, namentlich das kleine Raumersche Gesangbuch, dessen Liederzahl für die meisten Gemeinden und ihre Bedürfnisse hinreicht, wie in der Schule, so auch in der Kirche zu gebrauchen;


6.

 Daß sich die Hochwürdige Generalsynode für lutherische Mission und für lutherische, d. i. gesonderte Missionsvereine, welche nach den deutschen Grundrechten Art. VI. § 29 erlaubt sein müssen, aussprechen möge;


7.

 Daß die drohende Institution weltlicher Kirchenvorstände von der Hochwürdigen Generalsynode desavouiert und dafür die Diakonie nach Sinn und Vorbild der heiligen Schrift neuen Testaments empfohlen und, wo möglich, eingeführt werde, da diese den Gemeinden alle Vorteile gewähren kann, welche man von weltlichen Kirchenvorständen hofft, ohne die Nachteile, mit welchen diese das heilige Amt bedrohen, fürchten zu lassen.


8.
 Daß den Pfarrern verboten werde, fernerhin offenbar ungläubigen, dem Bekenntnis beharrlich widersprechenden, in Lastern und groben Sünden lebenden Gemeindegliedern das heilige Abendmahl eher zu reichen, als sie absolviert werden konnten, d. i. bevor der Unglaube| und die Sünde erkannt und Zeichen der Reue gegeben sind; daß ihnen aber auch aufgegeben werde, von einem jeden Fall der kirchlichen Aufsichtsbehörde eingehende, rechtfertigende Anzeige zu erstatten, und zur Verantwortung bereit zu sein.


9.

 Daß rücksichtlich der Liturgie und anderer äußerlichen Dinge diejenige Freiheit gegeben werde, welche dem Princip der christlichen Freiheit in allem, was Menschensatzung heißt, entspricht, und welche gestattet, Erfahrungen zu machen und eine Einigkeit der Überzeugung anzubahnen;


10.

 Daß Kirchengemeinschaft mit allen den Gemeinden angestrebt und ausgewirkt werde, welche mit uns auf gemeinsamem Grunde des Bekenntnisses ruhen, und das Bekenntnis nicht bloß in thesi, sondern, fern vom heuchlerischen Schein, auch in praxi haben.




 Die Unterzeichneten wissen ganz wohl, wie sehr die gestellten Anträge dem gegenwärtigen Bestande der bayerischen Landeskirche widersprechen; sie sind aber auch der festen Überzeugung, daß es ganz in den Mitteln und der Macht der Hochwürdigen Synode liegt, die Abstellung der Übelstände zu erwirken, und einen Zustand der Kirche herbeizuführen, welcher, unsres teuren Bekenntnisses würdig, das Erbe der Reformatoren ergreifen und der Kirche, ja der Welt zum Segen werden könne.

 Nach so geschehener Reinigung der Kirche würde der barmherzige Gott seine treuen Bekenner gewiß auch zum langentbehrten Segen derjenigen Verfassung führen, welcher an Festigkeit und Freiheit keine andere gleicht, welche im Neuen Testamente gezeigt ist und sich, so weit man ihr irgendwo treu war, durch Jahrhunderte bewährt hat. Ohne Abthuung der beklagten Übel und Herstellung eines bekenntnismäßigen Zustandes der Kirche ist keine Verfassung von großem Wert, und man würde auch nimmermehr zu derjenigen gelangen, welche zugleich dem| göttlichen Wort und den wahren Bedürfnissen der Zeit am meisten entspricht.

 Die Unterzeichneten haben hiemit ihr Gewissen und dessen Not der Hochwürdigen Generalsynode eröffnet, und harren sehnsuchtsvoll, daß diese Petition so aufgenommen werde, wie es dem treuen Willen und Streben derer entspricht, die sie überreichen, und am besten zur Beruhigung ihrer Gewissen dienen kann, für welche eine Fortdauer der gegenwärtigen Zustände in Wahrheit unerträglich sein würde.

 Den 21. Januar 1849.

Verehrungsvoll verharren
Einer Hochwürdigen Generalsynode
gehorsamste etc.





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