Wilhelm von Humboldt an Georg Forster (8. Februar 1790)

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Textdaten
Autor: Wilhelm von Humboldt
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Titel: Briefe von Wilhelm v. Humboldt an Georg Forster
Untertitel:
aus: Wilhelm von Humboldt’s gesammelte Werke. Erster Band. S. 289–290.
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1790
Erscheinungsdatum: 1841
Verlag: G. Reimer
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Den 8. Februar 1790.

Der Heyne’sche Ausspruch, womit Sie Ihren Brief anfangen, ist ganz der meinige; nur würde ich ihn anders ausdrücken. Jeder Mensch muß in das Große und Ganze wirken, nur was dies Große und Ganze genannt wird, darin liegt, meinem Gefühl nach, so viel Täuschung. Mir heißt in das Große und Ganze wirken, auf den Charakter der Menschheit wirken, und darauf wirkt jeder, so bald er auf sich und bloß auf sich wirkt.

Wäre es allen Menschen völlig eigen, nur ihre Individualität ausbilden zu wollen, nichts so heilig zu ehren, als die Individualität des Andern; wollte Jeder nie mehr in Andere übertragen, nie mehr aus Andern nehmen, als von selbst aus ihm in Andere, und aus Andern in ihn übergeht; so wäre die höchste Moral, die consequenteste Theorie des Naturrechts, der Erziehung und der Gesetzgebung den Herzen der Menschen einverleibt. Man sey nur groß und [290] viel, so werden die Menschen es sehn und nutzen; man habe nur viel zu geben, so werden die Menschen es genießen und der Genuß wird Vater neuer Kraft seyn. Wenn unter uns so wenig geschieht, so ist es nicht, weil unsre Lagen und Verhältnisse uns hinderten zu wirken, sondern weil sie uns hindern zu werden und zu seyn. Ich tadle die nicht, welche über Eingeschränktheit des Wirkungskreises klagen. Leider haben die meisten Menschen nur Talent, und das bedarf der äußeren Verhältnisse, um sich zu zeigen und nützlich zu werden. Aber der wahrhaft große d. i. wahrhaft intellectuell und moralisch ausgebildete Mann wirkt schon dadurch allein mehr als alle andere, daß ein solcher Mann einmal unter den Menschen ist, oder gewesen ist.