Woher das Sprichwort kommt: Wer Wittgen fängt, kann auf der Dresdner Brücke jagen!

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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Woher das Sprichwort kommt: Wer Wittgen fängt, kann auf der Dresdner Brücke jagen!
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 111-112
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Quelle: Google-USA* und Commons
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118) Woher das Sprichwort kommt: Wer Wittgen fängt, kann auf der Dresdner Brücke jagen!
Peccenstein, Theatr. Sax. Th. I. S. 97.

Es ist noch nicht gar zu lange her, daß die Böhmischen Wälder durch ihre Räuberbanden berüchtigt waren; allein vor alten Zeiten, als noch das Faustrecht herrschte, da war es um Vieles schlimmer, es gab der Raubschlösser gar viele am Böhmischen Gebirge, und eins der allerverrufensten war das, welches der Raubritter Wittich oder Wittgen auf einem starken Felsen in der Nähe der jetzigen Bergstadt Glashütte, so damals noch völlige Wildniß war, an dem Wasser der Müglitz erbaut hatte. Der hatte so viele böse Buben um sich versammelt und das Land Meißen dermaßen unsicher gemacht, daß die Markgrafen, so damals bereits das Landgrafenthum Thüringen innegehabt, öffentlich verkündigen ließen, wer ihnen diesen Räuber lebendig oder todt überantworten würde, dem solle eine jede irgend mögliche Bitte erfüllt werden. Derowegen hat sich der Räuber in nicht geringer Gefahr befunden und sich schier keine Stunde seines Lebens mehr sicher geglaubt, also den Plan gefaßt, Weingold III. von Bärenstein auf Schloß Lochau, der ihm am nächsten und auch sonst seiner Rechtschaffenheit wegen verhaßt war, durch Hinterlist aus dem Wege zu räumen, verhoffend, daß er durch dieses Beispiel Andere abschrecken würde, sich an ihm zu vergreifen. Er hat sich also des Morgens in der Frühe mit einigen Begleitern in die Nähe des Schlosses Lochau begeben und eine Unterredung mit dem Ritter von Bärenstein begehrt, und als dieser, nichts Böses ahnend, vor’s Schloß getreten, dreimal mit der Armbrust nach ihm geschossen, ihn aber immer gefehlt. Da hat der von Bärenstein, genugsam gewitzigt, wessen er sich von dem Räuber zu versehen habe, in der Eile so viele als er konnte von den Seinen zusammengerafft und ist dem Wittig gefolgt, hat ihm, als er ihn eingeholt, erst seine Untreue vorgehalten, dann aber denselben muthig angegriffen, und obgleich dieser sich tapfer zu Wehre gestellt, [112] ihn doch nach längerem Kampfe niedergeworfen und erlegt, dann aber sein Raubschloß eingenommen und gebrochen, wovon der Ort, wo es gestanden, noch heute Wittigs Schloß heißt und man über dem Rittersitze Reinhardsgrimma, so damals denen von Karras gehört hat, das Kreuz, welches man an der Stelle, wo der Räuber gefallen war, aufrichtete, bis in’s 17. Jahrhundert hinein gezeigt hat. Als nun aber diese That des tapfern Ritters landkundig worden und bis vor die Markgrafen gekommen, da haben sie den von Bärenstein aufgefordert, sich eine Gnade auszubitten, was es auch sei; der tapfere Ritter hat aber mit wahrhaft adeligem Gemüthe geantwortet, wie daß er zu dieser That sich nicht durch Hoffnung auf Geld oder andere Gaben habe bewegen lassen, sondern seinem Vaterlande zu dienen und sich selbst zu schützen gemeint, doch da seine Herren, die Markgrafen, solches einer Belohnung werth achteten, so begehre er blos, daß, wenn er auf seinem Grund und Boden einen Hirsch oder anderes Wild hetze, er demselben folgen, es fangen und wegführen dürfe, möge es selbst bis auf die steinerne Elbbrücke zu Dresden laufen. Das haben ihm die Markgrafen, seine edle Gesinnung höchlich bewundernd, auch gewährt, und wiewohl die Urkunde darüber hernach durch Brand vernichtet ward, ward doch dieses Privilegium alljährlich auf Schloß Bärenstein von den Leuten, wenn man dieses Ortes Gedinge hielt, also in die Rüge eingebracht[1].


  1. Etwas verschieden, und mit mehr poetischer Auffassung, ist die Sage erzählt v. C. Winter in der Constitut. Zeitung 1852. 17. bis 19. Juni.