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Zedler:Müller (Johann) ein Diaconus an der Nicolai-Kirche in Leipzig

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Müller (Johann) ein vornehmer Rechtsgelehrter

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Müller (Johann) aus Dreßden und Scholar des Ferandi

Band: 22 (1739), Spalte: 229–230. (Scan)

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Müller (Johann) ein Diaconus an der Nicolai-Kirche in Leipzig. Er ward zu Themar im Hennebergischen von sehr geringen Eltern gebohren, angesehen der Vater ein Gerber gewesen. Die Armuth seiner Eltern und deren frühzeitiger Tod zwang ihn, daß er bloß der Gnade andere Leute leben, auch mehrentheils sein Brod vor den Thüren suchen muste. Diese seine schlechte Umstände bewogen endlich den Bischof der Grafschaft Henneberg Joachim Zehner zum Mitleiden, daß er ihm, zumahl weil er bey ihm einen guten Verstand spürete, ohne Entgelt einen Platz in dem unter seiner Ephorie stehenden Gräflich Hennebergischen Gymnasio illustri nebst freyem Tische gab. In diesem Gymnasio brachte nun unser Müller völlige 6 Jahre zu, und besuchte mit besonderem Fleisse die Lectionen der am besagten Gymnasio blühenden berühmten Lehrer Seber und Sorgers. Im Jahr 1610 verwechselte er dieses Gymnasium mit der Universität zu Leipzig, alwo er auf Vermittelung des berühmten und wohlverdienten Gottes-Gelehrten, auch Superintendenten daselbst Vincentz Schmucks, seines Lands-Mannes, von einem mildthätigen Bürger Thomas Heusten dem ältern, ein Stipendium von 500 Gülden auf 5 Jahre erhielt, durch welche Freygebigkeit er dergestalt zum Studiren aufgemuntert wurde, daß er im Jahr 1614 mit grossem Ruhm Baccalaureus in der Philosophie werden konte. Im Jahr 1617, als dem Jubel-Jahre der Protestantischen Kirche, gieng er nach Wittenberg, allwo ihm die Unterrichtung der Kinder des daselbst blühenden Gottes-Gelehrten Doctor Meisners anvertrauet, er auch durch Beyhülfe seines grossen Gönners August Buchners, damaligen Decanus der Philosophischen Facultät, die Magister-Würde erhielt. Hiernächst wurde er auf Vermittelung des gleichfalls damahls lebenden vornehmen Theologen Herrn von Hoe zum Diaconat nach Glogau in Schlesien berufen. Diesem ihm anvertraueten Amte stunde er 8 Jahr lang mit unermüdetem Fleisse und ausnehmender Sorgfalt vor. Als nun hierauf wieder auf Anstiften der Catholischen Geistlichkeit die Protestanten in den Schlesischen und anderen Kayserlichen Landen eine harte Verfolgung ausstehen musten, suchete man zwar unsern Johann Müller durch die herrlichsten Versprechungen zu Verwerfung des Lutherischen und Annehmung des Catholischen Glaubens zu vermögen; alleine er blieb standhafftig, und hielte es fürträglicher zu seyn, lieber alles zu verlassen, als seinen Glauben zu verändern. Er kam derohalben in der höchsten Armuth mit Frau und Kindern nach Dreßden, und hielte sich daselbst bis ins vierte Jahr auf, da er endlich wiederum eine Pfarre bey Bitterfeld, und [230] das Jahr darauf die Ephorie des Bitterfeldischen Districts erhielt. Kaum hatte er daselbst sich von seinem ausgestandenen Ungemach in etwas wieder erholet, und seine Haushaltung einiger massen in Ordnung gebracht, als er schon wiederum wo nicht schwerere dennoch härtere Unglücks-Fälle erfahren muste, allermassen er von den herum streifenden Soldaten gäntzlich ausgeplündert, und mit Weib und Kindern hungrig und bloß nach Dessau zu fliehen gezwungen wurde, auf welcher Flucht seine Eheliebste Justina, gebohrne Schneiderin, Georg Schneiders Bürgers und Handels-Manns zu Glogau eheleibliche Tochter, mit welcher er bereits 15 Jahr im vergnügten Ehestande gelebet, und mit ihr 5 Kinder gezeuget hatte, von denen aber nur noch 2 am Leben waren, durch den Tod entrissen wurde. Endlich berief ihn E. E. Rath der Stadt Leipzig im Jahr 1639 zum Diaconus an der Nicolai Kirche daselbst, welchem Amte er 9 Jahr lang mit gleichfalls unermüdeter Sorgfalt vorgestanden ist. Er verheyrathete sich auch alda zum andern mahle mit Jungfer Anna Maria, Wolfgang Andreä Bürgers und Gast-gebers zu Leipzig ehlichen Tochter, mit welcher er bis an sein Ende in vergnügter Ehe gelebet hat. Dieses erfolgte im Jahr 1648 im Monat Mertz. Götze Elog. Germanor. Theologor. p. 195. u. f.