Zedler:Mantua, ein Hertzogthum

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
korrigiert
<<<Vorheriger

Mantua, eine Wahrsagerin

Nächster>>>

Mantua, eine Italiänische Stadt in der Lombardey

Band: 19 (1739), Spalte: 1114–1117. (Scan)

[[| in Wikisource]]
in der Wikipedia
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für WP  
Literatur
* {{Zedler Online|19|Mantua, ein Hertzogthum|1114|1117}}
Weblinks
{{Wikisource|Zedler:Mantua, ein Hertzogthum|Mantua, ein Hertzogthum|Artikel in [[Johann Heinrich Zedler|Zedlers’]] [[Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste|Universal-Lexicon]] (1739)}}


Mantua, ein Hertzogthum im Obern-Theil von Italien, in der sogenannten Lombardey, und ein Lehn des Deutschen Reiches.

Es gräntzet an das Gebiethe [1115] von Ferrara, gegen Mittag an das Hertzogthum Mirandola, an das Modenesische und an die Landschafften Novellara, Guastalla und Bozzuolo; gegen Abend an das Cremonesische; ingleichen an das Gebiethe der Fürsten von Sabioneda und von Bozzuolo; gegen Mitternacht an das Brescianische und Veronesische, ingleichen an die Fürstenthümer Castiglione und Solforino. Die gantze Länge von Abend bis gegen Morgen trägt ungefehr 11 bis 12; die Breite aber von Mitternacht bis gegen Mittag 7 oder 8 Deutsche Meilen aus. Die vornehmsten Flüsse darinnen sind der Po, der Oglio, der Mincio, der Crostola und die Secchia. Ausser diesen sind auch der Chiso und Tartaro bekannt. Diese machen den Boden überaus fruchtbar, so, daß man die schönsten Feld- und Garten-Früchte im Uberflusse hat; iedoch aber kan man dessen ohngeachtet aus dem Lande nichts entbehren, oder Geld daraus von den Fremden lösen. Es fänget diese Fruchtbarkeit fast eine Tage-Reise von den hohen Alpen an, allda eine grosse Ebene, und nichts darinne wegen des herrlichen Bodens ungebauet lieget. Zur Rechten fleußt der Po durch das gantze Land, und bringet demselben grossen Nutzen, zuweilen auch grossen Schaden. Absonderlich geräth der Flachs so wohl, daß man ihn in andere Landschafften starck verführen kan; Der Wein aber kommt selten zu seiner vollkommenen Reiffe, weil der Po sich allzubald ergiesset. Die Pferde, welche in diesem Lande fallen, werden den Neapolitanischen gleich geachtet.

Es wohnen viel Juden in diesem Lande, welche eine grosse Auflage erlegen müssen. Die übrigen Einwohner sollen von den Juden eine sonderbare Liebe und Geschicklichkeit zu der Hebräischen Sprache; dabey aber auch eine allzu große Liebe zu ihrem eigenen Nutzen, und eine unanständige Kargheit, sowohl in Bewirthung der Fremden, als auch ihrer eigenen guten Freunde, an sich genommen haben. In ihrer Kleidung sollen sie mehrentheils etwas einfältig oder kindisch seyn, und dabey nicht allemal in Acht nehmen, was die männliche Person erfodert. Dem Frauenzimmer giebt man Schuld, daß sie behertzt, und doch dabey gegen diejenigen, so mit ihnen einen freundlichen Umgang hätten, ziemlich spröde wären. Was die Städte dieses Hertzogthums anlanget, so sind ausser der Residentz Mantua noch Borgoforte, Caneto, Gazzalo, Goito, Gonzaga, Luzzara, Marmirolo, Redoldesco, Rancoferato, Tor d'Oglio, Viadano und Ustiano zu mercken.

Anfänglich haben die Thuscier, nach diesem die Gallier, und nach ihnen die Römer dieses Land beherrschet. Diesen haben sie die Gothen und Longobarden entrissen, bis endlich in dem 8. Jahrhundert nach CHristi Geburt Carl der Grosse selbige unter seine Bothmäßigkeit gebracht.

Wie Mantua endlich an Ludewig Gonzaga gekommen sey, das findet man im folgenden Artickel. Von diesem Ludewig Gonzaga nun stammen alle Besitzer des Hertzogthums her, so viel ihrer innerhalb 380 Jahren regieret haben, und das Gonzagische Haus soll seinen Ursprung von dem Geblüte der Carolingischen Kayser haben, wie einige Geschicht-Schreiber behaupten wollen. Die Besitzer der Stadt Mantua wurden erstlich Hauptleute, darnach Marggrafen, und endlich Hertzoge genennet. Die Hauptleute haben in folgender Ordnung von 1328 bis 1433, nemlich 105 Jahr, regieret. [1116]

1) Ludewig I. Gonzaga, von 1328 bis 1360,
2) Guido Gonzaga, von 1360 bis 1369,
3) Ludewig II, von 1369 bis 1382,
4) Frantz der I, von 1382 bis 1407,
5) Johann Frantz, von 1407 bis 1433, als in welchem Jahre er vom Kayser Sigismund, als er in Italien war, mit dem Titel eines Marggrafens begnadiget ward, und regiert er als Marggraf noch bis 1444. Er theilte das Land unter seine 4 Söhne, Ludwig, Carl, Alexander, und Johann, von welchen aber der erste sein Geschlechte fortgepflantzet, und bis 1478 als Marggraf zu Mantua regieret.

Nach ihm regierten

Friedrich der I, von 1478 bis 1484.
Frantz der II, von 1484 bis 1519, und
Friedrich Gonzaga der II, von 1519 bis 1530,

da wurde er zu der Zeit, als zwischen Carln dem V. und Frantz dem I. Krieg war, und er auf des Kaysers Seite stund, zum ersten Hertzoge zu Mantua ernennet, und brachte durch die Heyrath einer Monferratischen Printzeßin auch das Marggrafthum Monferrat an sich, welches unter dem Artickel Monferrat weitläufftiger nachzusehen ist. Nach ihm herrschen als Hertzoge zu Mantua und Marggrafen zu Monferrat,

Frantz der III, von 1540 bis 1550.
Wilhelm, von 1550 bis 1587, welcher im Jahr 1573 von dem Kayser Maximilian II. annoch den Titel eines Hertzogs von Monferrat erhielte.
Vincentz der I, von 1587 bis 1611.
Frantz der IV, von 1611 bis 1612.
Ferdinand, von 1612 bis 1626.
Vincentz der II, von 1626 bis 1627.
Carl der I von Nevers, als der nächste Anverwandte des Gonzagischen Hauses, führte mit dem Kayser Ferdinand dem II. lange Krieg, weil er ihm als einem Frantzösischen Vasallen die Investitur versagte, bis 1630 zu Regenspurg ein Vergleich aufgerichtet ward, darinnen der Kayser dem Hertzog von Nevers endlich die Investitur versprochen hatte. Hierauf ward Friede gemacht, und er regierte von 1631 bis 1637, (S. von ihm einen besondern Artickel im V. Bande p.1104. u.f.) da ihm nachstehende Hertzoge aus dem Hause Nevers in der Regierung gefolget sind:
Carl der II, starb 6 Jahr vor seines Vaters Carls des II, Tode; S. im V. Bande, p.1105.
Carl der III, von 1637 bis 1665; S. im V. Bande p.1105. u.ff.
Carl der IV, von 1665 bis 1708. (S. im V. Bande p.1108. u.f.)

und mit dem endigte sich die Regierung der Hertzoge von Mantua, welche in 3 appanagirte Linien, nemlich: 1) in das Haus Guastalla, 2) Sabioneda, und 3) Castiglione eingetheilet sind. Denn weil gedachter Carl IV. bey dem Spanischen Succeßions-Kriege die Frantzosische Parthey hielte, wurde er von dem Kayser Joseph am 20 Junius 1708 in die Acht erkläret, und da er den 5 Julius darauf ohne Erben mit Tode abgegangen, hat der Kayser seine Länder im Besitz behalten, und Montferrat trug der Hertzog von Savoyen zur Ausbeute darvon. Beydes ward durch die Friedens-Schlüsse zu Utrecht 1712 und Baden 1713 feste gestellet. Seine beweglichen und Allodial-Güther aber sind von demjenigen Raths-Collegio [1117] der Republick Venedig, welches in 40 Personen bestanden, im Jahr 1710 dem Hertzog von Guastalla abgesprochen, und dem Hertzoge von Lothringen zuerkannt worden.

Übrigens hat der 1729 verstorbene Hertzog von Guastalla, Anton Ferdinand, als nächster Agnat vom Hause Gonzaga, sowol bey der letzten Kayser-Wahl sich an das Churfürstliche Collegium, als auch bey dem Rastadt- und Badischen Frieden an die Cron Franckreich addressiret, auch es so weit gebracht, daß Ihro Kayserl. Majestät vom Churfürstl. Collegio, durch ein nachdrückliches Interceßions-Schreiben, die Sache bestens recommandiret worden. Ingleichen ist in beyden Friedens-Schlüssen Artic. 31. des Hertzogs von Guastalla, und daß der Kayser ihm zu seinem Rechte verhelffen möchte, Erwähnung geschehen.

Der Kayser hat es also besessen, und durch Heinrichen, einen gebohrnen Landgrafen von Hessen-Darmstadt, regieren lassen. In dem Kriege 1734 bemächtigten sich die Frantzosen und Savoyarden des grösten Theils dieses Hertzogthums, und besetzten die vornehmsten darinnen gelegenen Städte. Die Hauptstadt Mantua aber, von welcher folgender Artickel handelt, traueten sie sich nicht anzugreiffen und einzunehmen. Archontol. Cosmic. Hübn. Hist. III. Th. Joh. Ehrenfr. Zschackwitzens Rechts-Anspr. p.663.

Das Mantuanische Wappen ist in einem besondern Artickel beschrieben worden. Siehe auch Gonzaga und Mantua, die Stadt.