Zedler:Orangische Succeßions-Sache

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Band: 25 (1740), Spalte: 1727–1730. (Scan)

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Orangische Succeßions-Sache. Nach dem Tode des Königs Wilhelms funden sich ihrer 2, die vor Haupt- und Universal-Erben angesehen seyn wolten, der König von Preußen, und Printz Johann Wilhelm Friso von Nassau-Dietz. Der letztere beruffte sich auf des letzt verstorbenen Königs Testament, indem er zum Universal-Erben eingesetzt, und die General-Staaten zu Vollstreckern desselben verordnet worden. Der König in Preußen hingegen hatte vor sich das Testament seines mütterlichen Groß-Vaters, Printz Heinrich Friedrichs von Oranien, in welchem er seine erstgebohrne Tochter Louise, des Königs Mutter, und ihre Erben, seinem einigen Sohne Wilhelmen II und dessen Erben substituirt. Dieses Testamant könne durch König Wilhelms Verordnung nicht aufgehoben werden, weil es nichts anders als eine Fortsetzung des fideicommissi sey, welches durch Renati I von Chalon Testament eingeführet, und von der Zeit an beständig in der Familie erhalten worden. Dieses Testament Renati war 1544 den 20 Jun. in dem Kayserl. Lager zu Richemond auf Kayserl. Bewilligung gemacht, und von Carln V, wie auch in einigen Friedens-Schlüssen bestätiget worden, und hielt in sich, daß dessen Vaters Bruders Sohn, Wilhelm der Grosse, und seine Erben folgen solten, und zwar erstlich die nächsten männlichen, in deren Entstehung aber auch die weiblichen Erben; und wenn auch keine weibliche Erben mehr vorhanden, solte alsdenn erst die Folge an erst gedachten Wilhelms des grossen Bruder Johannem und dessen [1728] männliche und weibliche Descendenten kommen. Nun aber stammte der König von Wilhelmen dem Grossen dem ältern Bruder, die übrigen Nassauischen Fürsten aber von Johann II, dem jüngern Bruder her. Wilhelm der Grosse hatte dieses Testament bekräfftiget, und dessen Gemahlin Anne von Egmond, Gräfin von Bühren, habe durch ihr 1554 gemachtes Testament das Fideicommiß mit ihren Gütern vermehret, indem sie ihren Kindern ihren Gemahl, und diesem die Kinder, so er aus der andern Ehe erzeugen würde, substituirt, mit der Bedingung, daß wenn 2 Söhne anderer Ehe vorhanden, der andere davon ihre gantze Erbschafft haben solte. Dieser andere Sohn nun war Friedrich Heinrich, welcher seinem Bruder Moritzen den usumfructum der mütterlichen Verlassenschafft gutwillig überlassen, weil er ohnedem dessen Universal-Erbe war, auf den die väterliche und mütterliche Verlassenschafft des Fideicommiß kommen müste. Gegen dieses Fideicommiß nun könnten die Testamente der 2 ältern und ohne Erben gestorbenen Brüder Printz Friedrich Heinrichs, Philipp Wilhelms und Moritzens, von denen so fort, und das schon gedachte König Wilhelms eben deswegen nicht gelten, weil sie selbsten die Erbschafft, nicht anders von ihrem respective Vater u. Ur-Groß-Vater Wilhelmen, und dessen Vetter Renato, als mit diesem darauf hafftenden Fideicommiß empfangen. Vielmehr müste es bey dem anfangs gedachten Testament Printz Friedrich Heinrichs bleiben, so er 1640 den 30 Jenner im Haag mit allen requisitis errichtet, und gleichfalls die General-Staaten zu dessen Executorn verordnet; in welchem er zu Folge obgedachten Fideicommißi seinem einigen Sohne Wilhelmen II und dessen männ- und weiblichen Erben, die mit König Wilhelmen ausgestorben, seine erstgebohrne Tochter Louise, König Friedrichs in Preußen Mutter, und ihre Erben substituirt. Diesem zu folge müste Königs Wilhelms Testament nur von solchen Dingen verstanden werden, worinn er Macht zu disponiren gehabt, nicht aber von der Universal-Succeßion in seinen Landen, und dieses um so viel mehr, da gedachter König bey seinen Lebzeiten das Testament Carls II in Spanien vor ungültig gehalten, weil es andere an ihrem jure quaesito hindern wolte; und über diß noch wenig Tage vor seinem Ende den König in Preußen seiner besondern Liebe in einem Hand-Brieff versichert. Aus dem angeführten kan man auch guten theils die Gründe der Fürsten von Nassau abnehmen. Nemlich Joh. Wilhelm Friso zu Nassau Dietz (dessen Prätension nach seinem 1711 erfolgten Tode die hinterlassene Wittwe im Namen ihres unmündigen Printzen getrieben) beruft sich nur auf die klaren Worte des offt gedachten Testaments König Wilhelms, welche keine Restriction litten, sondern auch auf die 1625 den 13 April gemachte Verordnung Printz Moritzens, des andern Sohns Wilhelms des Grossen, der nach Abgang der männlichen (nicht aber weiblichen) Linie seines Bruders Printz Friedrich Heinrichs, dem 3 Sohn Graf Johann von Nassau, Ernst Casimirn zu Dietz, seinem Ur-Groß-Vater und dessen männliche Erben die Universal-Succeßion aufgetragen. Er wolte also von [1729] keinem Fideicommisso familiae nichts wissen, und wenn eines gewesen, wäre es durch die Transaction der drey Söhne Wilhelms des Grossen 1609 aufgehoben worden. Fürst Wilhelm Hyacinth zu Nassau-Siegen hingegen agnoscirte ein Fideicommissum familiae; aber nur dergestalt, daß nach Abgang des männlichen, ohnerwartet des weiblichen Stammes des Hauses Oranien, sobald das Haus Nassau, und in solchem der älteste männliche Descendent, der ältesten Linie folgen müste, und berieff sich auf das 1618 den 20 Februar errichtete Testament Philipp Wilhelms, des erstgebohrnen Sohnes Wilhelms des Grossen, welcher das alte Fideicommiß auf solche Art erneuert, welches zum wenigsten von denjenigen Gütern gelten müste, so in dem vorgedachten Theilungs-Tractat, 1609 demselben zugefallen, insonderheit dasjenige, was seine Mutter Anne von Egmond und Büren dem Vater Wilhelm dem Grossen zugebracht. Der König von Preussen hatte unterdessen schon 1702, ehe des Königs in Engeland Testament geöffnet worden, die Grafschafften Meurs und Lingen, nicht allein vermöge seines Erb-Folge-Rechts, sondern auch als zugehörige Stücke, jenes von Cleve, und dieses von Tecklenburg, in Besitz genommen, und Meurs 1706 von dem Kayser in den Fürsten-Stand erhöhen lassen. Die Holländer aber sind unterdessen vergebens bemüht gewesen, die prätendirenden aus einander zu setzen. König Friedrich that unterschiedene Reisen nach dem Haag, und da 1711 Johann Wilhelm Friso von der Armee sich einer Unterredung wegen auch dahin begeben wolte, muste er darüber, wie an seinem Ort gemeldet worden, das Leben lassen. Im Jahr 1730 ist der Streit zwischen dieses Herrn hinterlassenen Printzen, Wilhelm Karl Heinrichen und dem König von Preussen, Friedrich Wilhelmen noch nicht entschieden gewesen. Das eigentlich sogenannte Fürstenthum Orange selbst hat Franckreich in dem Ryswickischen Frieden zwar König Wilhelmen wieder eingeräumet, nachgehends aber wieder eingezogen; In dem Utrechtischen Frieden hat Preussen sein Recht darauf abgetreten, Nassau aber das seinige sich protestando vorbehalten. Die Preußischen Rechte sind in folgenden Schrifften ausgeführt: information sommaire touchant le droit incontestable de S. Maj. le Roi de Prusse, à la Succession de son grand Pere le Prince Frederic Henri &c. 1701. Disquisitio de Juribus regiae majestatis Borussiae in comitatus Meurssensem & Lingensem 1703. beydes befindlich in Lünigs Grundfeste Europäischer Potentaten gerechtsame P.I. n. 52 & 53. In dem andern Theil dieses Wercks stehet unter n. 83. eine Frantzösische Deduction des Rechts Wilhelm Hyacinths in Nassau-Siegen 1703. Dieser Fürst hat auch eine Schrifft wider Preussen herausgehen lassen, unter dem Titul vis non jus, und n. 84. eine lateinische Vorstellung der Ansprüche der Nassau-Dietzischen Waysen an Franckreich wegen dieser Erb-Folge, so dem Friedens-Congreß zu Utrecht 1713 überlieffert worden. Was im puncto des Meursischen [1730] Fürstenthums und von Preussen deßfalls vergebens gesuchten Voti vorgegangen, stehet beysammen in der Europ. Staats-Cantzley P. 12. c. 5. und P. 16. c. 3.