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Zedler:Reim

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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REI LITIGIOSAE EXCEPTIO

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Reimann

Band: 31 (1742), Spalte: 235–236. (Scan)

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Reim, kommt her von Riemen, das ist, mit Riemen binden, weil durch den Reim die Rede gleichsam gebunden wird, wie denn eine gebundene Rede heisset, die in Reimen gestellet ist. Es ist aber der Reim in der Deutschen Poesie der Ausgang eines Verses, welcher mit dem Ausgange eines andern Verses in dem Klange, obgleich nicht in den Buchstaben und Sylben übereinkömmt. Es giebt aber derselben zweyerley Gattungen, nemlich ein einsylbiger, steigender oder männlicher Reim, welcher auf die letzte Spylbe in einem Verse ankömmt, z. E.

Gott ist unsers Lebens Heyl, unsre feste Zuversicht,
Unser Trost und starcker Schutz, unser Stern und helles Licht. Omeis

Und denn auch ein zweysylbiger, fallender oder weiblicher, welcher auf die letzten beyden Sylben in den Wörtern ankommt, z. E.

An der Hunde hincken
An der Hure wincken
An der Weiber weinen
An der Narren meynen
An der Kramer schwöhren
Darf sich niemand kehren. Omeis

Ferner sind die Reime entweder reine oder unreine. Ein reiner Reim ist, welcher nach der Aussprache eines Landes richtig mit dem andern Worte, so sich mit ihm reimen soll, übereinkömmt, z. E.

Der wohnet überall, der nach der Tugend ringt,
Wenn gleich der tolle Neid ihn hier und da verdringt. Flemm.

Ein unreiner Reim ist, welcher nicht accurat in der Aussprache übereinkömmt, z. E.

Alles was wir sehen
Muß dereinst vergehen.

Zu einem reinen und guten Reim wird erfordert, daß der Laut des Vocalis oder selblautenden Buchstabens einerley sey. Also reimt sich nicht, sonst mit Gunst, Kost mit Lust, List mit wüst, u.s.w. auch nicht Most mit Trost, weil das eine lang, das andere kurtz ausgesprochen wird; und in den zweysylbigen, erwärmen mit erbarmen, gönnen mit Sonnen, Sünden mit Wunden. Ferner müssen die Consonanten in der Mitte und am Ende der Reimsylben gleich seyn: Doch werden in den einsylbigen die Consonanten, so eine Verwandschafft mit einander haben, zugelassen. Also reimt sich Feld mit Welt, Noth [236] mit Tod; es reimt sich aber nicht Klang mit Danck, und in den zweysylbigen, Felder mit Zelter, sitzen mit Füssen: auch nicht wenn in dem einen ein einfacher, im andern ein doppelter Consonans ist, als blasen und fassen, reissen und weisen. Endlich müssen die vor dem Reim-Vocal hergehende Consonanten niemahls einerley seyn. Also auf ab reimet sich Stab, Grab, u.s.w. aber nicht schabab, herab etc. und in den zweysylbigen reimet man wohl liegen, fliegen, kriegen, siegen, aber nicht kriegen mit bekriegen, siegen mit obsiegen. In der Lateinischen Poesie haben die Reime keine statt, und sind nur in den mittlern Zeiten bey dem Verfall der Wissenschafften aufgekommen, da sonderlich die Versus Leonini, so neben dem gewöhnlichen Masse der Füsse auch den Reim in der Mitte so wohl als am Ende beobachtet, vor künstlich gehalten worden, dergleichen die folgende sind;

Si dat oluscula menfa minuscula, pace quieta
Ne pete grandia lautaque prandia, lite repieta.

Ein frommer Mönch, Bernhardus Morlanensis hat ein gantz Buch solcher Reimen de Contemtu mundi geschrieben.