Zedler:Sonnen-Oster-Tantz
Sonnen-Oster-Tantz, Tripudium solis. Es hat das gemeine, und in natürlichen Dingen unwissende Volck schon von langen Zeiten geglaubet, daß, wenn die Sonne an dem Oster Tage aufgehe, so thue sie in die Höhe drey Freuden-Sprünge, welche Bewegung sie der Sonnen-Oster-Tantz nennen, daher es auch geschiehet, daß an einigen Orten das Volck am Oster-Tage vor der Sonnen-Aufgang hinausläufft und die Sonne tantzen sehen will. Ja es ift nicht einmahl dabey geblieben, sondern es haben es so gar einige in die Predigt- oder auch in die Gebet-Bücher gesetzet, und damit eine grosse Fest-Andacht erwecken wollen; allein es ist eine pure Einbildung, und die gantze Fabel rühret daher. Es hat die Sonne im Frühling bey ihren Aufgang wie einen Schwindel, nicht als wäre solcher in dem Cörper, der Sonnen selbst, sondern weil um selbige Zeit die Erde aufgehet, so ist die Luft voller Dämpffe, zumahlen auf dem Gesichts-Creyß, und weil diese Dämpffe immer in steter Bewegung sind, also, wo man die aufgehende Sonne durch solche Dämpffe ansiehet, so lässet es, als ob die Sonne selbst hin und wieder gienge, und daraus hat der gemeine Mann diese Sprünge ersehen, damit dieses Fest ja auch nicht ohne Aberglauben wäre. Da doch dergleichen Bewegung der Sonne nicht nur auf den Oster-Tag, sondern auch vor und nach Ostern, wenn es helle Wetter ist, und zwar nicht nur Morgends, sondern auch Abends, wenn die Sonne wieder zum Horizont kommt, bemercket wird. Und eben durch dergleichen Bewegung hält man bey Sonnen-Finsternissen davor, ob zittere die Sonne, und widerstrebe gleichsam der Verfinsterung, da doch solches gieichermassen von der Luft herrühret. Es kan der Sachen Gewißheit durch folgendes Exempel bestädiget werden. Sehen wir bey hellen Mittage durch ein brennend Feuer in die Sonne, so kommt sie uns vor, wie wenn sie zitterte, und sich bewege, aus keiner andern Ursache, als weil das Feuer durch seine Wärme, und die von selbigen hervorsteigenden Dünste die Luft Theile, durch welche wir die Sonne ansehen, beweget, und zittern machet; dahero die Thorheit offenbahr, als wenn GOtt ein sichtbares Zeichen des Oster-Tages am Himmel gesetzet habe.