Zimmerische Chronik/Band 3/Kapitel 8

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Wie herr Gotfridt Wernher freiherr zu Zimbern der stat Rotweil zwai schöne dörfer vor Waldt verkauft hat, nemlich Windzagel und Homesingen, auch sonst von seinem übelhausen und von andern sachen.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 3. S. 103–109
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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Wie herr Gotfridt Wernher freiherr zu Zimbern der stat Rotweil zwai schöne dörfer vor Waldt verkauft hat, nemlich Windzagel und Homesingen, auch sonst
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von seinem übelhausen und von andern sachen.
Es ist diser zeit des nachteiligen und übel hausens in dem zimbrischen geschlecht noch kain ende gewest, es hat der ein da, der ander dort von dem stammen hinweg
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verkauft, das zu besorgen, zu ewigen zeiten nimmer mehr meg darzu gebracht werden, und ist sich sonderlichen in dem hoch zu verwundern, das herr Gottfridt Wernher, der zuvor seim brueder, herr Johannsen Wernhern, vilmals verwisen, das er die flecken Zimbern, Villingen und Dalhausen denen
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von Rotweil kaufsweis zugestellt, und er selbs hat sich nit enthalten künden, sonder ist gleichfals in sollichs laster gefallen; dann er hat der statt Rotweil die herrlichen dörfer Hochmessingen und Winzlow, sampt dem weir daselbs, ohne alle vorgende not oder auch ainiche erhebliche ursach zu
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kaufen geben. Der kaufschilling umb baide dörfer ist gewesen ein tausendt achthundert guldin hauptguets. In solchem verkaufen, das beschehen ist anno 1535, hat herr Gotfridt Wernher kein oberkeit, kein frefel, kein manschaft oder nichs dergleichen angeschlagen, auch ime oder seinen
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nachkommen kein vorkauf vorbehalten, sonder allain die gülten in aim solichen kleinfüegen wert, als ob er hiemit sein magneficenz erzaigen hett wellen, das er der dörfer oder des werts nit mehr wellte. An der bezallung haben die von Rotweil das hautguet gegen andern, denen herr
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Gottfridt Wernher gezinset, weiter zu vergülten angenomen, und hat im über fünfzig guldin hauptguets ungefärlich nit herauß gebürt. Dasselbig gelt hat er der statt auch geschenkt, damit er doch sein liberalitett gegen gemainer statt genug erwisse. Wie nachtailig aber solch verkaufen oder verschwenden diser herrlichen und wolgelegner güetere dem

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haus Zimbern gewesen, das mag leuchtlichen ußer dem genomen werden, das die von Rotweil die umb sovil tausendt guldin, als sie hundert darumb erkauft, nit widerum hingeben; zu dem, was den stetten wurt, von inen nit
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widerumb zu pringen ist. Diser unnutzen leut in den geschlechtern hat man vor jaren vil gefunden, under denen sonderlich pfalzgraf Gottfridt von Tübingen ein fürnem man gewest und seines übelhausens halb wol bekannt ist. Derselbig gewann ain sollichen unwillen zu seinen ligenden güetern,
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das er sich entschloß, derselbigen keine zu behalten, sucht auch alle mittel, das er deren megte abkommen. Darumb hab[1] er dem grafen von Würtemberg [690] alles übergeben und zu Tübingen sei zum thor hinaußgeritten; do hab er sich umbgekert und ganz frölich zu seinen dienern gesagt,
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nun frew er sich von ganzem herzen, das er doch ain mal des wusts seie abkommen. Das war ain stim mehr ains ochsen oder eins maulthiers, dann eines mentschen. Aber dem von Würtemberg war es ain ebne sach, der het wol leiden megen, das alle seine nachpurn disen sinn hetten
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gehapt. Diser pfalzgraf von Tübingen het ein grefin von Freiburg zu einem gemahl, hieß Clara. Die het im die herrschaft Liechteneck im Breisgew zugebracht, und da sollich heiratguet nit gewesen oder das er das auch hett dürfen angreifen oder hingeben, wie das ander, ich glaub,
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er het in großer armuet sterben müeßen. Ain wunder unnutzer man ist er gewesen, der im herzen gehapt, solliche nutzliche und herrliche güeter von seinem stammen und nammen hinweg zu geben und sich dessen so herzlichen zu erfrewen. Daher herr Rudolf von Ehingen, ritter,
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mehrmals zu grave Conradten von Tübingen gesagt: »O herr, ir hapt ain aberanhern gehapt, grave Getzen, fürwar er hieß Götz und war auch ain götz.« Von ime kamen dise iezigen graven von Tübingen, so noch in leben, und ist[2] er der letst gewest, der sich ain pfalzgraven von Tübingen
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geschriben hat[3].

Aber das ich widerum uf unsere zimbrische sachen kom, so ist zu wissen, das herr Gotfridt Wernher von Zimbern sich der zeit umb die jar 1537 und 1538 und auch hernach vil zu Rotweil erhalten. Do hat er ain haus gegen


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dem rathhaus über vorm bronnen erkauft und das ußen und inen schön malen lassen, und so er alda gewesen, zu zeiten ain monat oder lenger, hat er ain freie dafel gehalten, in somma, es ist cöstlich zugangen, und sein die Rotweiler
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küechlin-bratwurst ganz statlichen umb in gewesen. Die haben im guete wort geben, biß sie die dörfer und das gelt von ime bekommen. Den lohn oder den dank aber, den er letstlichen von inen darvon gebracht, laß ich bleiben. Under ander, die im also deglichs zu hof geritten, war ainer,
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hieß Georg Wil, war von der Scheer pürtig und in der jugendt ain kriegsman gewesen, het nachgends zu Rotweil ein reich weib und ain substitutenstandt in der canzlei überkommen. Derselbig musicirt mit im, welches doch letstlich vil Rotweiler, nachdem es insonderhait ain grobs volk ist,
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übel verdrossen, under denen nit der wenigst bei inen im kartenspill, der alt Conrat Spretter, ein groß misfal gehapt. Wann er pfeifen, lautenschlagen, singen oder uf den regalen schlagen gehört, hat er gesagt: »Wem soll doch das pfifflen und das golen? meine herren solten das nit zulassen! es
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kan vor disem pfifflen niemands nochdann nüt hören«, wie es dann solcher unverstendiger und ungewanderter leut noch mehr alda het. Sonst hat herr Gottfridt Wernher ein guete sach zu Rotweil gehapt, dann das böst federwilpret, auch die bösten fisch und alles guets gefügel und andere
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schleckbissle warden im zu haus gepracht. Das konte im sein hauswürt, Hainrich Schweizer, war vorhin ein hofgerichtsbott gewesen, wol zu wegen bringen. Derselbig het ain frawen, die fürbündtig kochen kundt. Von diser Greta Schweizerna sagt man, das sie gern wein und sonderlichen
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nur den bösten, wie dann gemainlich der gueten köchinen brauch, hab getrunken. Uf ain zeit, als sie abermals sich wol beweinet und in der nacht ir saugendt kindt ußer der wiegen genommen und saugen wellen, ist sie so trunken gewesen, das sie das jung kindt undersich übersich hat
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gekert, also sein ir des kinds füeß für die brust kommen. Wie nun das kündt mit beiden füeßen goglet, do hat sie nit anders denken kinden, dann das kind hab zwen kepf überkommen, derhalben hat sie iren man, den Hainrichen, eilends geweckt und mit großer verwunderung ime anzaigt,
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wie ir kündt so unversehenlich zwen [691] kepf hab bekommen. Der man grif nach dem kündt und befandt wol, das sein weib voll war; derhalben, wiewol er übel mit ir


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zu pass, iedoch muest er ir solchen excess von wegen des kinds übersehen, damit es im nit ergieng, wie einest aim[4] Mösskircher, zu dem sein weib sagt: »Kum her, mein Hainrich, und leg dich herüber! laß dich streichen!« Uf ain
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andere zeit hat sie abermals sich beweinet, das sie nachts uf eim heimlichen ort entschlaffen. Der man und andere haben sie lang in die nacht gesucht und ir gewart, als ob sie villeucht zu iren nachpuren eim gangen wer. Zu letst hat man sie ohn alle geferdt am selbigen ort gefunden hart
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schlafen. Wie sie nun geweckt worden und sie ire megt haben von dannen zu bet füeren wellen, hat sie mermals gesagt: »Ach, lasen mich mit friden und das arm kündt saugen!« dann sie nit anders gewist, das sie sauge das kündt, oder hat ir villeucht also getraumpt. Also wie ir
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man, der Hainrich Schweizer, das vernommen, hat er sie die ganz nacht an selbigem ort sitzen lassen. Morgens früe ist sie erwacht, und als ir der wein in dem hirn verrochen, ist sie wider an ir arbait gangen; dann so sie daselbsten nicht gewichen, seß sie noch alda und saugete das kind.
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Herr Gotfridt Wernher hat sonst in der weil, als er noch dergestalt geen Rotweil wandlet, wie oblaut, ain vertrag mit den vier dörfern Waltmessingen, Beffendorf, Altoberndorf und Bochingen, so von alter her zu Oberndorf der statt gehörig, ufgericht, dergestalt, nachdem sie ainer
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herrschaft schuldig gewesen, zu den weihern oder denen gebewen zu fronen, do hat er inen für sich und seine erben die fron nachgelassen, also das sie järlichs für die fron vierzig guldin in münz geben sollen; ist im 1539 jar beschehen. Zu was grosem nachtail und schaden solcher contract biß
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hieher der herrschaft vor Waldt geraicht, auch was abbruch solchs den gebewen noch raichen mag, das wurt mit der zeit noch bösser vermerkt und verstanden werden, seitmals er, herr Gotfridt Wernher, im selbs oder seinen erben kein abkünden vorbehalten hat. Er hat auch dieselbige zeit
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grave Carln von Zollern das herrlich dorf Ablach, an der Ablach gelegen, in einem sollichem liederlichen, geringen anschlag verkaufen wellen, das sich darab zu verwundern ist, welches auch gewisslichen beschehen und sein fortgang het bekommen, woverr das nit von seinem eltern brueder
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bei graf Carln were abgebetten und abgestellt worden. Ich


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geschweig, das er derzeit und auch hernach gern gesehen, das sein elter brueder das schloß Falkenstain an der Tonow seim dochterman, graf Josen Niclasen von Zollern, auch Seedorf das dorf der stat Rotweil zu kaufen het geben;
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mer Hülzingen das dorf, in der Höre gelegen, Hannsen von Schellenberg oder herr Hanns Jacoben von Landow, wie obgesagt. Zu dem allem er getrewlichen gerathen und domals wol het leiden megen, das es nur vom stammen und nammen hin und hinweg wer kommen. Der allmechtig
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verleiche hinfüro sein gnad, damit die nachkommen kein solchen reprobum sensum, das ist ain solchen verkerten sinn und verstandt überkommen! * [1225] Er hat sich auch understanden, das dorf Althain Bilgrin von Hewdorf zu verkaufen, und war der
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anschlag gemacht mit aim sollichen liederlichen werd, das dem edelman solch dorf zum halben tail wer geschenkt worden. Aber es warden dise ungetrewe, schedliche fürnemen domals alle bim haus Österreich hindertriben und in ain verzug gebracht, also ist sollich dorf, Got lob! beim
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geschlecht erhalten worden. * * [1553] Es hat eben müßen verton sein, da hat nichts für geholfen. Allain ist in solchem unfal zu beclagen, das so schene, herliche güter so ellenclichen verton worden und niemands von gefründen kain er oder lieb darbei beschehen.
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Man findt, das ein truchseß von Walpurg[5], her . . . , das dorf Ottelschwang dem gotzhaus Schusenriedt zu kaufen geben; solch erlest gelt hat er verbadet und sich damit bekannt gemacht und erlich verthon. Der teufl gesegne ime das bad! Aber do ist man umb die güter und das gelt
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kommen, waist schier niemands darvon zu sagen; ein sonder straff Gottes! Es ist aber dem alten sprichwort nachgangen, das die alten gesagt, da sie von eim vertonen, unnutzen mentschen und der nichts behelt, melden wellen: »Und hettest des Mettelis gut, so müßt es doch alles verthon
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sein.« Dieselbigen Mettelin[6] haben sich von Rappenstain geschriben und vor jaren große güter im Turgew und auch


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in unsern landen besessen, das sie nur die reichen Möttelin sein genempt worden und irer überschwenklichen reichtum halber (für burgersleut) obgehert sprichwort von inen entstanden. Aber wie es uf allem ertrich mit dem zeitlichen
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zugehet, das ist den Möttelin auch begegnet. Es sein ungeradt, unnutze leut under inen gewest, die haben die güter ains nach dem ander ganz liederlich verthon. Zu Ravanspurg haben sie ain aigens thor in der statt gehapt, sein aber schier die nachkommen gar nahe umb alle ire güter
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und gerechtigkaiten verschalten, doran sie doch selbs die meist schuld tragen. * In obbemeltem 1539 jar hat sich ain sorgcliche sach mit aim lecherlichen ußgang zu Mösskirch begeben; dann in selbigem jar, als vil sorgclicher und gefärlicher wetter
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im sommer zu Mösskirch sich ereugt, do hat uf ain zeit bei nacht das wetter in alten spittel geschlagen, und als der stral seltzam und abenteurlich im haus umbher gefaren, ist er letstlich zu eim kranken spitaler, genannt der alt Klenker, ins bet kommen. Dem hat er das har an
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heimlichen orten allerdings, als ob es beschoren wer worden, hingesengt, und wiewol der arm man gar nahe biß uf den todt von disem kalten stral ist erschreckt worden, nochdann hat sich der stral gleich darnach verloren, das niemands gewist, wohin er kommen, und ist also [692] dise grose
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gefar ohne weitern schaden, weder des armen mans, oder auch des spittels, zergangen. Das ist also in obbemeltem jar warhaftigclichen beschehen. Das aber das wetter oder der stral sollichs so wunderbarlich vermege, dessen ist nit ain kleine anzaig, das in anno 15 . . zu Wolfegk das wetter
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helles dags in Mathissen von Burgows, des obervogts, gemach eingeschlagen. Wie es nun seltzamlich in der stuben in beisein des Burgowers umbher terminirt, do hat es letstlich seiner rapir eins, so hünder aim cästle gehangen, in der schaiden wunderbarlichen, als obs ain blei were,
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geschmelzet, wie das noch zu sehen ist und zu Zimbern im schloß zu langwiriger gedechtnus in der wundercammer behalten wurt. Der schaiden ist an selbigem verletzten ort wenig beschehen, nit anderer gestalt, als ob die schaiden an der ainen schneiden zerstoßen were, aber alles silber
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am gefeß ist herab geschmolzen; und do der Burgower nit ohne geferdt die fenster geöffnet, het er dunsts halb ersticken müesen.


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[109] [1509] Das aber das wetter vom himel sollichs vermöge, das beschaint sich wol an dem, wie es vor jaren uf Daxpurg in sollichem fal zugangen. Do waren grave Emmich von Leiningen und seine söne ains mals bei ainandern;
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wie sie aber ob tisch sasen, schlecht das wetter unversehenlich zu inen in das gemach. Es gieng der straich so stark an, sampt dem dunst, der sie gar nahe het ersteckt, das der ain hie, der ander dort lage, und warden ains tails under inen [1510] übel getroffen, gleichwol niemands starb.
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Aber grave Engelhart dem behenget das wetter den ainen schenkel oder huffen, das er alle tage seines lebens hernach hank, iedoch verquantet ers so gut, als möglich, und macht vorn frembden leuten ain besslin darauf, das menigclich sein lachen mußt. *
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  1. hab] hs. gab.
  2. ist] hs. is.
  3. hat] über ihn s. Schmid a. a. o. 364—388.
  4. aim] hs. ain.
  5. truchseß von Walpurg] nach der Beschreibung des Oberamts Waldsee s. 206 verkauften die kinder der Sophie von Stubenberg, geb. von Röttenstein, Otterswang an das kloster Schussenried, im jare 1420.
  6. Mettelin] über diese Ravensburger familie s. Eben, Versuch einer Geschichte der Stadt Ravensburg I, 516 ff. anm., wo das sprichwort angeführt wird. »Er thut, wie wenn er Möttelins Gut hätte.«