Zopfrittergesellschaft
[892] Zopfrittergesellschaft. Der Zopf stammt nicht erst aus dem vorigen Jahrhundert, in welchem er einer ganzen Zeitperiode seinen Namen verlieh – schon viel früher gab es männliche Zöpfe, die sich aber von den späteren dadurch unterscheiden, daß sie nicht allgemein Mode waren, sondern nur von einer bestimmten Anzahl Männer, von den Angehörigen einer bestimmten Gesellschaftsklasse als Abzeichen getragen wurden. Im 14. Jahrhundert ward von dem Herzog Albrecht III. von Oesterreich, der von 1365 bis 1395 regierte und den Beinamen „mit dem Zopfe“ trägt, eine ritterliche Gesellschaft gegründet, deren Mitglieder als Ordensabzeichen einen hinten im Genick hängenden Zopf trugen; derselbe befand sich in einer Hülle, die, wenn die Ordensangehörigen bürgerliche Tracht trugen, aus Stoff, theilweise mit Metall beschlagen, bestand, während sie ganz aus Metall gefertigt war, wenn die Ritter in Rüstung erschienen. Auf alten Wandgemälden des Klosters Königsfelden in der Schweiz, auf alten Glasgemälden und in alten Handschriften finden sich Zopfritter mit ihrem Abzeichen dargestellt; in Original hat sich eine Zopfhülle dieses Ordens nicht erhalten.
Ueber die eigentliche Bedeutung des Zopfes als Ordensabzeichen gehen die Ansichten auseinander. Nach einer Nachricht soll eine schöne Dame sich ihres Haarschmuckes beraubt und ihn dem Herzog gegeben haben; von andern wird behauptet, daß der Herzog selbst sich sein Haar zu einem Zopfe habe wachsen und flechten lassen; nach einer dritten Darstellung soll er, als er aus dem gelobten Lande heimkam, seine Gemahlin Beatrix, Tochter des Burggrafeu von Nürnberg, in ihrer Kemenate überrascht und ihr, ehe sie sich dessen versah, den Zopf abgeschnitten haben. Im Jahre 1377 unternahm der Herzog eine Preußenfahrt, auf welcher er sich die Ritterwürde erwarb. Mit diesem Zuge und dem erhaltenen Ritterschlage dürfte die Stiftung der Zopfgesellschaft vielleicht in Zusammenhang stehen Viele Mitglieder der Gesellschaft sind mit Erzherzog Leopold von Oesterreich 1386 in der Schlacht bei Sempach gefallen und zusammen im Kloster Königsfelden begraben worden. Lange hat der Orden wohl nicht geblüht, denn die Nachrichten über ihn fließen im 15. Jahrhundert spärlicher als im vorhergehenden.
Zu Anfang des 17. Jahrhunderts findet man auf Bildnissen von Fürsten und Herren aus dieser Zeit die Köpfe mit einem kleinen Zöpfchen versehen, das, aus den natürlichen Haaren geflochten, vor dem linken Ohre von den Schläfen etwa bis zum Halse herabhing; Es ward am Ende durch ein seidenes Schleifchen manchmal auch mit Perlen und Juwelen, Andenken ihrer Damen (Faveurs), geziert. Es ist dieser Zopf vielleicht ebenfalls ein Gesellschaftsabzeichen, da er nur bei hohen Herren, allerdings auch bei den Gigerln jener Zeit, den Alamodeherren, vorkommt, während er, wenn er Mode gewesen wäre, sicher recht bald in alle Kreise Eingang gefunden hätte, wie dies dann im 18. Jahrhundert geschah. Jetzt soll es Männer mit Zöpfen nicht mehr geben; mit sichtbaren wohl sicher nicht, aber diejenigen, die nicht gesehen, sondern nur empfunden werden, dürften wohl kaum jemals alle werden.