Zur Diätetik für Lungenkranke

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Autor: Carl Ernst Bock
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Titel: Zur Diätetik für Lungenkranke
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 39–41
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[39]
Zur Diätetik für Lungenkranke.
Für die in und mit Staub Arbeitenden.

Daß eine große Menge von Arbeitern, die bei ihrer Beschäftigung mit Staub und überhaupt mit Schmutz aller Art verunreinigte Luft einathmen (wie Schleifer, Bildhauer, Porcellandreher, Cigarrenarbeiter, Maurer, Gypsarbeiter, Müller und Bäcker, Tischler, Kürschner u. s. w.), an Lungenschwindsucht, und zwar in einem noch ziemlich frühen Alter, stirbt, ist eine allbekannte Thatsache. Solche Arbeiter werden aber ganz besonders dann von der Lungenschwindsucht heimgesucht, wenn sie von schwindsüchtigen Eltern gezeugt und mit einem schwächlichen, schlecht genährten Körper in ihren Beruf eintreten; wenn sie ferner außer ihrer Arbeitszeit verabsäumen in guter reiner Luft zu athmen und in trockener, sonniger Wohnung zu wohnen; wenn sie Ausschweifungen aller Art begehen und nicht auf eine kräftigende Kost halten.

Die eingeathmete unreine, staubige Luft erzeugt jedoch, wie es scheint, die Lungenschwindsucht nicht in gesunden, sondern in schon in ihren Spitzen erkrankten Lungen und ruft hier, in Folge der Reizung und Blutüberfüllung in den Lungenäderchen, eine neue Ablagerung (einen sogenannten Nachschub) von Schwindsuchtsmasse hervor. Es existirt nun aber leider bei sehr vielen, vorzugsweise in kümmerlichen Verhältnissen aufgewachsenen Personen schon eine (von den meisten Aerzten übersehene) Erkrankung der Lungenspitzen bei ihrem Eintritt in ihren Beruf, und deshalb bilden sich auch bei so vielen Staubarbeitern, wenn sie ihre Lungen nicht vor dem Staube gehörig schützen, tödtliche Schwindsuchtsnachschübe aus. – Personen, welche mit noch ganz gesunden Lungen das staubige Gewerbe ergreifen, werden später zwar auch lungenkrank, aber nicht von Lungenschwindsucht ergriffen, sondern erleiden in Folge häufig auftretender Katarrhe mit Husten eine Erweiterung der Lungenbläschen (Emphysem) und werden dadurch asthmatisch (engbrüstig).

Jedenfalls ist das fortwährende Einathmen einer mit Staub geschwängerten Luft für die Athmungswerkzeuge von sehr großem Nachtheile; ganz besonders gefährlich ist dieses Staubeinathmen aber für Solche, welche von schwächlicher Constitution und mit schon kranken Lungenspitzen versehen sind. Demnach sollten alle im Staube Arbeitenden so vernünftig sein und den Staub von ihren Lungen abzuhalten suchen. Solche Personen aber, deren Lungenspitzen nicht ganz gesund sind und deren Eltern an Lungenschwindsucht leiden oder daran schon gestorben sind, sollten ganz und gar von einem Berufe absehen, bei welchem sie Staub einzuathmen gezwungen sind.

Um den Staub von seinem Eindringen (wenigstens in größeren Massen) in den Athmungsapparat abzuhalten, braucht der Arbeiter während seiner Arbeit sich nur einer Mund und Nase verdeckenden Maske zu bedienen (siehe die Abbildungen), welche das Athmen nicht beeinträchtigt und den Staub nicht durch sich hindurchläßt. Eine solche Maske kann er sich aber mit wenig geglühtem und biegbarem Drahte und einem kleinen Stückchen dünnen Zeuges (am besten eine doppelte Lage von Camelott), also mit sehr wenig Mühe und Kosten, selbst verfertigen. Aber dazu ist er, wie Verfasser aus Erfahrung weiß, zu faul und eitel-unverständig. Jammern und wehklagen kann er, wenn ihn seine Schwindsucht hingeworfen und an des Grabes Rand gebracht hat, auch für schweres Geld einfältige Geheimmittel kaufen und sich nichtsnutzigen Curen unterziehen, das thut er, aber seinem und seiner Angehörigen Elende und seinem vorzeitigen Tode vorzubeugen, [40] dazu ist er[WS 1] nicht zu bringen. Respiratoren sind für ärmere Arbeiter zu theuer.

Der Vorschlag des Verfassers geht deshalb dahin, daß Besitzer von Fabriken, in denen es viel Staub giebt, ihren dummen, leichtsinnigen Arbeitern jene billige Mund-Nasen-Maske auf ihre Kosten anfertigen lassen und sie zum Vorbinden geradezu zwingen. Wer aber von den Arbeitern diese Maske nicht tragen will, der sollte weder in eine Kranken- noch in eine Leichencasse aufgenommen werden.

Hiernach ist also die erste Pflicht eines Staubarbeiters, wenn er nicht subtiler Selbstmörder sein will, die, daß er den Staub von seiner Lunge abhält. Sodann muß er aber auch außer seiner Arbeitszeit eine reine Luft einzuathmen und zwar während des Bewegens im Freien recht tief einzuathmen sich bestreben, zweckmäßig und, soweit es natürlich seine Mittel erlauben, kräftig essen und trinken (besonders Milch), Excesse in der Liebe und in Spirituosen vermeiden und auf eine trockene, sonnige Wohnung halten.

Wo immer Verdacht auf Lungenspitzen-Erkrankung vorhanden ist, und nicht etwa blos bei Staubarbeitern, sondern bei Personen jeden Standes, da gilt es die noch gesunde Lunge vor neuer Ablagerung von Schwindsuchtsmasse zu wahren, und dies ist dadurch zu ermöglichen, daß Alles vermieden wird, was den Blutzufluß zur Lunge widernatürlich steigert. Deshalb ist für Schwindsuchtscandidaten das erste Gesetz: stets eine reine (nicht durch Staub, Rauch, reizende Gase verunreinigte), nicht zu kalte und rauhe Luft einzuathmen (sich des Respirators zu bedienen); sodann aber sich vor Allem zu hüten, was beschleunigtes Athmen und stärkeres, schnelleres Herzklopfen veranlaßt. Dazu gehören besonders auch übermäßige Körperanstrengungen und die unglückselige Kaltwasserwirthschaft.[1]

Den lungenkranken Arbeiter, der in der Regel zu allen unsinnigen Curarten mehr geneigt ist, als zu einem naturgemäßen Verhalten, warnen wir besonders vor Geheimmitteln, die ihm nur das Geld aus der Tasche stehlen. Wenn er aber so dumm ist, daß er durchaus sympathetische Curen oder Homöopathie gegen sein Lungenleiden in Anwendung bringen will, so hat Verf. dann dagegen nichts, wenn die oben angegebenen diätetischen Regeln daneben streng beobachtet werden. – Unter den Geheimmitteln[2] sind am verbreitetsten’:

1. Die Lieber’schen (oder Blankenheimer) Kräuter. Sie bestehen, trotzdem, daß ein k. k. Hofrath der Entdecker dieses angeblich ausgezeichneten Heilmittels ist, aus nichts Anderem als aus der kleingeschnittenen Lippenblumenpflanze Galeopsis grandiflora oder gelben Hanfnessel. Preis 1 bis 1½ Thlr., Werth einige Groschen. – 2. Essentia antiphysica von Lobethal (Arzt in Breslau), unfehlbares Mittel zur Heilung der Lungenschwindsucht, welches 3 Gulden kostet und höchstens 6 Kreuzer Werth hat, ist nichts weiter als eine von den gewöhnlichen Verunreinigungen (schwefelsaurem Natron, Chlorcalcium und Chlormagnesium) stark begleitete Kochsalzauflösung, der noch eine Spur alkalischen Jodmetalls zugesetzt ist. Hr. Lobethal behauptet, daß außer diesen Salzen noch von einer Pflanzentinctur eine so kleine Dose in seiner Essenz vorhanden sei, daß dieselbe durch keine chemische Analyse ermittelt werden könne. Schwindel! nichts als Schwindel! – 3. Schneeberger Kräuter-Allop ist nichts als Frauenhaarsyrup und wird leider nicht nur von Apothekern (Wilhelm in Neukirchen und Büttner in Gloggnitz) vertrieben, sondern es erhielt dieser Schwindel auch Anerkennungsmedaillen (von der k. k. Landwirthschaftsgesellschaft in Wien und Londoner Ausstellung). – 4. Heilkräuter-Extract von Morawitz, bei beginnender Lungentuberculose, angeblich aus 16 der vorzüglichsten Kräuter und Wurzeln der steierischen Hochalpen bereitet, ist nichts weiter als gereinigter Honig mit Spuren von Auszügen aus Bittersüßstengeln, Mohnkapseln und einigen bittern Kräutern; Preis 1 Thlr., Werth 3 Sgr. – 5. Schweizer Kräutersaft von Goldberger in Berlin, gegen Kehlkopfs- und Lungenleiden, ist nichts als Pomeranzenblüthensyrup mit einem Auszuge der bittern unreifen Pomeranzen und einer höchst geringen Menge einer grünlichen Farbe; Preis 1 Fl. 12 kr., Werth kaum 15 kr. – 6. Steierischer Kräutersaft von Purgleitner, für Brustleidende, ist nichts weiter als Kartoffelstärke-Syrup. – 7. Pate pectorale von George in Epinal, mit vielem Pomp ausgeschrieenes Mittel gegen Hals- und Brustleiden, sind Täfelchen aus arabischem Gummi, Zucker, Süßholzwurzel und Wasser, mit etwas Morphin; Preis einer Schachtel 28 kr., Werth 8 kr. – 8. Weißer Brustsyrup von Mayer in Breslau, ist nichts weiter als Zuckersyrup, dem bisweilen etwas Rettigsaft beigemischt ist. Die Flasche kostet 2 Thlr. und ist kaum 15 Ngr. werth. – 9. Wundersaft von Koch in Berlin, auch concentrirter Nahrungssaft genannt, soll sterbende Menschen wieder kräftigen können, und ist nichts als eine Lösung von Zucker in Wasser mit einigen Tropfen Rettigsaft. Das Glas kostet 15 Sgr. und ist 2 Sgr. werth. – 10. Brustsyrup von Dr. Moth, ist eine Mischung aus Althäsyrup, Marubium-Extract, Oxymel scilliticum, Mandelwasser (Aq. amygdal. conc.), Fenchelwasser und ätherischem Spiritus. – 11. Kräuter-Bonbons von Koch in Heiligenbeil (d. i. Goldberger in Berlin), bestehen aus Zucker, Auszuge der bitteren Pomeranzen und violetter Lackfarbe; Preis 18 kr., Werth kaum 6 kr. – 12. Brustpulver von Beliol in Paris, gegen chronische Brustleiden, ist ein Gemenge von Milchzucker (75 Th.), arabischem Gummi (20 Th.) und Seiguettesalz (5 Th); Preis 10 Fr., Werth ½ Fr. – 13. Fenchel-Honig-Extract von Eggers in Breslau, ausgezeichnetes Mittel bei Brustleiden und auch gegen den Bandwurm, ist ein mit etwas Fenchelwasser versetzter gereinigter Honig, Preis 10 Sgr., Werth kaum 1 Sgr. – 14. Fichtennadel-Brustzucker von Morgenthau in Mannheim, besteht aus mit einem Opiumauszuge bereiteter und mit dem ätherischen Oele der Fichtennadel parfümirter Bonbonmasse. – 15. Kräuter-Brust-Syrup, von Dietze in Grimma, ist eine Lösung von schlechtem Farinazucker in Eibischtheeaufguß; Preis ½ Thlr., Werth 2 Sgr. – 16. Kräuter-Malz-Brustsaft von Heß, ist Kartoffelstärkesyrup mit etwas Lakritzensaft; Preis 5 Sgr., Werth kaum 1 Sgr. – 17. Alpenkräuter-Brust-Teig des Apothekers Grablowitz in Graz, besteht aus kleinen Kuchen, die aus arabischem Gummi, Zucker, Lakritzenextract, Crocus und Eibischabkochung bereitet sind. – 18. Mexicanisches Mehl von B. del Rio, unfehlbares Nahrungsmittel bei Lungensucht, ist Maismehl mit etwa 6 Procent metallischem Quecksilber; Preis 4 Frk., Werth fast keiner. – 19. David’s Thee, ein erprobtes Volksheilmittel bei Brustleiden, ist ein Gemisch aus Tausendgüldenkraut, Ysop, wohlriechendem Kälberkropf (Scandix odorata), weißem Andorn, Schafgarbenblüthen, isländischem Moos und Cardobenedictenkraut. Ein Paket von etwa 3 Loth dieses nichtsnutzigen Zeuges kostet 20 kr. – 20. Mayer’s Kräuter-Extract, gegen Lungenleiden, ist ein ebenbürtiger Genosse des Mayer’schen Brustsyrups, d. h. er ist ein Schwindel sonder Gleichen. Es besteht aus Honig, welcher mit einer starken Abkochung von Cichorienkaffee und vielleicht auch gerösteten Möhren versetzt ist. Eine Flasche mit 10½ Loth dieser ekelhaft süß schmeckenden Mischung kostet 10 Sgr. und ist kaum 2 Sgr. werth.

Naturgemäße Heilung der Schwindsucht ohne jede innerliche Medicin, aber gegen Einsendung von 2 Thlrn. pr. Adr. W. 25. Poste restante Heidelberg. Man erhält zwei Mittel: ein äußerlich anzuwendendes, zum Einreiben in die Brust, und dieses besteht aus zwei Unzen stinkendem Thieröl; und ein inneres, bei starkem Husten davon dreimal einen Theelöffel zu nehmen; ist eine Mischung aus Mandelöl, Opiumtinctur, Citronensaft und Mohnkopfsyrup. – Die Revalenta arabica von Du Barry in London, neuerlich auch unter dem Namen „Revalesciere“, nichts als Mehl von Hülsenfrüchten, wird ebenfalls als unübertreffliches Heilmittel gegen Lungenschwindsucht empfohlen. Das ein Pfund enthaltende Paket kostet 2 Fl. und ist kaum 12 Kreuzer werth.

Sympathetische Curen gegen Auszehrung (Schwindsucht). Zuvörderst darf man Kinder nicht mit einem alten Besen oder einer Ruthe schlagen, die aus einem alten Besen gemacht ist, sonst bekommen sie die Auszehrung. 1. Sauge bei abnehmendem Monde an den Brüsten eines Weibes, welches einen Knaben gebar, und iß jedes Mal ein Stückchen Zucker darauf. – 2. Man hänge dem Kranken ein Stück Holz von einem Sarge, worauf eine Kindbetterin mit dem Rückgrate verfault ist, an den Hals. – 3. Man gehe einmal, wenn der Mond neu, und einmal, wenn er alt, vor die Stadt an einen Ort, wo man wenigstens drei Kirchenspitzen übersieht, sehe in den Mond, mache dreimal das Kreuz und spreche: „O Herr Jesu Christ, ich bitte dich durch deine fünf Wunden, gieb mir wieder Mark und Bein, Fleisch und Blut.“ – 4. Der Kranke gehe bei Sonnenuntergang mit einem alten Weibe zu einem Hollunderstrauch, wo sie einander gegenüber niederknieen und mit gefalteten Händen ein Vaterunser beten. Sodann legt das alte Weib die Hände des Kranken auf ihren Kopf, blickt gegen den Himmel, seufzt tief und betet zu den Sternen. Jetzt geht der Kranke nach Haus und kann sicher sein, daß er genesen wird. – 5. Ein Schwindsüchtiger muß vor Sonnenaufgang seinen eitrigen Auswurf auf eine zum Theil von dem Stamme gelöste Hollunderrinde speien, aber an derselben Stelle eine seichte Grube in’s Holz schneiden, damit der Auswurf Platz drinnen hat. Die Rinde werde dann hierauf wieder sorgfältig an den Stamm gebunden, wie sie vordem war, damit sie wieder anheile. – 6. Man lasse den Kranken während der vierzehn Tage vom Vollmond bis zum Neumond ein ihm um Gottes willen geschenktes Hemd tragen, welches, wenn der Kranke ein Mann ist, von einer Frau sein muß und umgekehrt. Auch [41] muß der Geber des Hemdes mit dem Kranken an ein und demselben Tage geboren sein. Nach Ablauf dieser vierzehn Tage wird das Hemd stillschweigend ausgezogen und vor Sonnenaufgang in einen Ameisenhaufen vergraben. Natürlich muß der Kranke bei dieser Cur sehr vorsichtig sein und ja nicht etwa beim An- und Ausziehen des Hemdes oder beim Gange nach dem Ameisenhaufen sprechen.

Fragen wir nun die Homöopathie über die Schwindsucht (Auszehrung, Lungensucht), ja da werden außer vielen anderen Mitteln so viel Hauptmittel dagegen (wie: Kalk, weiße Zaunrübe, Eisen, Jod, kohlensaures Kali, Quecksilber, Phosphor, Blei und Schwefel) in einer Weise empfohlen, daß ein Schwindsüchtiger geradezu ein Selbstmörder ist, wenn er sich nicht homöopathisch curiren läßt. Merkwürdig ist’s nur, daß solche Kranke schließlich fast stets zu einer andern, manchmal noch viel dümmeren und nebenbei auch noch schädlicheren Heilmethode (z. B. zur Kaltwassercur) übergehen, oder daß sie, wenn die Noth am größten ist, von ihren homöopathischen Heilkünstlern in ein südliches Klima geschickt werden. Geradezu spaßhaft ist die homöopathische Behandlung des die Lungenschwindsucht begleitenden Hustens und Auswurfs. Denn in Müller’s Haus- und Familienarzte werden anempfohlen: Bei trockenem Husten acht verschiedene Mittel, bei krampfhaftem Husten fünf verschiedene Mittel, andere Mittel bei Brechhusten, lockerem Husten, bei Abend-, Nacht- und Frühhusten, bei Husten, welcher durch Bewegung, Sprechen, Essen, im Freien, im Liegen erregt wird, bei Bell-, Dick-, Kitzel-, heiserem, pfeifendem oder krächzendem Husten, bei Husten mit schleimigem, blutigem, eitrigem, übelriechendem, wässerigem, zähem, grünlichem, grauem, salzigem, bitterem, süßlichem, fauligem, saurem Auswurfe. Hirschel hat auch noch einige andere Hauptmittel als Müller, z. B, Kohle, China, Jod, Bärlapp, Salpetersäure und Kieselerde. Arthur Lutze richtet sich natürlich bei Darreichung seiner Arzneien danach, ob die Lungenschwindsucht auf der rechten oder aus der linken Seite der Brust sitzt; für die linke Lunge hat er Kalk, China, Jod, Quecksilber und Schwefel, für die rechte besonders Blei. Giebt es denn wirklich noch größeren Unsinn?

Bock
  1. Ein Laie in Frankfurt a. M. hält diesen diätetischen Rath deshalb für einen nicht guten, weil er selbst „bei Bergsteigen und kalten Douchen seine Gesundheit wieder erlangte.“ Eine schöne Logik das! Abgesehen davon, ob dieser Herr wirklich lungenschwindsüchtig war, ist den Aerzten längst bekannt, daß bei dem allergrößten Heilunsinn und trotz Bergesteigens und kalter Douchen nicht blos einzelne Lungenschwindsüchtige, sondern auch manche andere Kranke, natürlich immer nur mit Hülfe der Naturheilungsprocesse, doch auf einige Zeit gesundeten. Den meisten Kranken bekommt aber solcher Unsinn schlecht, ist also vom Arzte nicht zu empfehlen, und Herr R. S. möge sich an den Verfasser erinnern, wenn er in Folge seines Verhaltens einmal einen gefährlichen Lungenschwindsuchtsnachschub erleidet.
  2. Einer der Ersten, welche in öffentlichen Blättern gegen den Geheimmittelschwindel auftraten, war Herr Karl Ruß, dessen Familienbuch: „Naturwissenschaftliche Blicke in’s tägliche Leben“ (Breslau bei Trewendt) nicht genug empfohlen werden kann.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: i ster