Zwanglose Blätter/Vom Bücher- und Zeitungstische/Meine Sonntage

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Titel: Meine Sonntage
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aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 348 b
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Beilage Zwanglose Blätter, Nr. 6
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[348 b] „Meine Sonntage. Rückblicke und Erinnerungen. Herausgegeben von Clelie Betemann.“ (Leipzig, Ambrosius Abel.) Ein wahrhaft herzerquickendes Buch! Noch selten haben wir die Erzählung der Schicksale an sich nicht als etwas ganz Besonderes hingestellter Personen und der Entwlckelung durchaus nicht überraschender Verhältnisse so sinnig eingeleitet und durchgeführt und so bescheiden und wie sich von selbst ergebend auf die Erziehung zum Edlen hinstrebend gefunden. Die alte Tante dieses Buchs ist eine Seelenverwandte jener alten Coburger Tante, deren „Altfränkische Bilder und Geschichten“ aus ihrem Erinnerungsschatz wir im Jahrg. 1882 der „Gartenlaube“ (S. 818) gepriesen haben, nur daß diese uns ein Stück wahrer Lebensgeschichte und jene eine Geschichte aus dem wahren Leben erzählt. Ein Geschwisterpaar, Friedrich und Therese, haben, früh verwaist, erst beide die Lehrlaufbahn betreten, er als Hauslehrer, sie als Gouvernante; beide sind in innige Beziehungen zu ihren edlen Herrschaften gekommen, Friedrich hat einen kurzen Liebesfrühling erlebt, den der Tod endete; die Heilstätte für sein Leid ist das Pfarrhaus in einem armen Walddorfe, dorthin folgt ihm die Schwester, um „Jungfer Pastor“ und endlich die „Stricktante“ für alle Dorfkinder zu werden. Trotz ihrer bescheidenen Mittel nehmen sie zwei noch Aermere in ihr Haus auf: das „Heinerle“ und seine Großmutter. Heinrich wird der Liebling, das Kind der Geschwister. Sie lassen ihn sogar studiren; er wird ein tüchtiger Arzt. Als solcher geht er 1870 mit in den Krieg, und wir erfreuen uns hier derselben Begeisterung dieser Tante für die Heldenthaten der deutschen Heere, wie die Coburger Tante uns durch lhre Begeisterung für den Befreiungskrieg entzückt hat. Heinrich wird der Lebensretter eines hohen Officiers, welcher der Gatte der ehemaligen Schülerin und nun treuen Freundin seiner Schwester ist. Zwischen der Tochter desselben und dem jungen Arzte spinnt sich ein Herzensfaden fest, – die Schranke des Standesunterschieds bannt beide, bis der Vater selbst es rühmt, daß eine Prinzessin die Gattin des Dr. Esmarch geworden. Die Schranke fällt und der Jubel der Tochter: „Er liebt mich! Er begehrt mich! Er lebt für mich!“ deutet auf das schöne Ende der Erzählung hin.

Aber wie erzählt dies die Tante! „Wenn die Abendstunden des Sonntags kommen“, wird ihr Herz von wohlthuenden Gefühlen sanfter Rückerinnerung durchzogen – und da schreibt sie nieder, was von den Bildern des vergangenen Lebens ihr inneres Auge schaut. Aber – „ich habe zu lange ein Pfarrhaus bewohnt“, sagt sie, „um nicht vertraut geworden zu sein mit den Bezeichnungen der Sonntage, – denen die Anfangsworte der alljährlich wiederkehrenden Psalmen und Episteln ihre Namen gegeben. Von jeher habe ich mit meinen Gedanken und Ueberlegungen nicht ungern angeknüpft an diese – Stichworte.“ So ist es ihr nun auch beim Schreiben ergangen – und so theilt sich von selbst die ganze Erzählung in die zweiundfünfzig Sonntage des Jahres ein. Am Sonntag Misericordias Domini hat sie das „Heinerle“ zuerst gesehen und sich seiner erbarmt, – am Sonntag Jubilate freut sie sich des Tags, wo sie ihn und die Großmutter im Pfarrhause aufnahm etc. Wer goldne Worte lesen will, schlage S. 236 den Sonntag Judica auf! – Mit dem Ostersonntage schließt der Jahreslauf und die Geschichte. Unser Schluß aber lautet: Wer sich an einem solchen Buche nicht zu erfreuen vermag, für den ist es eben nicht geschrieben.