Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Athanasius Kircher

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Athanasius Kircher
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 213–214
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
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Athanasius Kircher.
Geb. d. 2. Mai 1602, gest. d. 30. Oct. 1680.


Forscher von großem Ruf auf den Gebieten der Mathematik und Physik, Sprache und Alterthumskunde, mit Erfindergeist begabt wie wenige, voll unermüdlichen Fleißes, voll Gründlichkeit und Eifer. Das kleine jetzt Sachsen-Weimarische, früher Fuldaische Städtchen Geisa ließ diesen berühmten Gelehrten das Licht erblicken. Seine Jugend war eine Kette von Gefahren, die ihn das Schicksal alle überwinden ließ, und von Wanderungen. Kircher’s Vater war Amtmann in Haselstein gewesen und leitete den ersten Unterricht seines Knaben selbst, dann sandte er ihn in das Jesuitencollegium zu Fulda. In dieser Zeit gerieth Athanasius unter ein Mühlrad und war fast verloren; ein anderes mal galoppirte eine ganze Heerde Pferde über ihn hinweg. Die Schule hatte in dem aufgeweckten Geiste Neigung erregt, in den Orden zu treten, und er führte schon 1618 diesen Entschluß aus. Er kam nach Paderborn, nach Münster, nach Cöln, endete in letzter Stadt seine philosophischen Studien und ging dann auf Befehl seiner Obern nach Coblenz, dort im Griechischen sich zu vervollkommnen. Allein manchen war der strebende und frische Geist Kircher’s unbequem, er fand statt Anerkennung und Aufmunterung nur Haß und Verfolgung. Daher wandte er sich nach Heiligenstadt, und ging von da, dem Kurfürsten von Mainz vortheilhaft empfohlen, in dessen Residenz, wo er vier Jahre lang theologischen Studien oblag, dann nach Speier und von Speier nach Würzburg sich begab, wo er als Professor der Philosophie und Mathematik, der Naturstudien, der alten Sprachen und der Theologie an der Hochschule wirksam war. Aber auch von hier vertrieben ihn die Wirren des dreißigjährigen Krieges und die Zwischenregierung der protestantischen Sachsenherzoge Bernhard des Großen und Ernst des Frommen in dem von ihnen eroberten Würzburg. So kehrte Kircher noch einmal nach Speier zurück, bis ihn ein Befehl der Ordensobern nach dem altberühmten Avignon, dem französischen Rom, sandte. Dort machte er Bekanntschaft mit dem hochgelehrten Peirescius, dem bedeutendsten Kenner des Alterthumes, der auf Kircher den lebhaftesten erregendsten Einfluß ausübte. Dieser war es auch, welcher verhinderte, daß Kircher den an ihn ergangenen Ruf eines Mathematikus [Ξ] des römischen Kaisers annahm, sondern dessen Sendung nach Rom bewirkte. Auf dem Wege dahin bedrohte ein gefährlicher Sturm sein Leben. Auch in Rom, wo er als Lehrer der Mathematik wirkte, blieb Kircher nicht ohne Neid und Verfolgung, doch entging er glücklich allen Gefahren und vertiefte sich in die Studien des ägyptischen Alterthums und der Hieroglyphe. Auf diesem Gebiet wird ihm ebenso sehr Scharfsinn und glückliche Lösungsgabe nachgerühmt, als er andererseits der Leichtgläubigkeit und Selbsttäuschung geziehen worden ist, wie ihm denn auch manche absichtliche Täuschung durch andere widerfahren sein sott. Es ist aber auf keinem Felde der Wissenschaft bis auf den heutigen Tag die Leichtgläubigkeit sosehr vorherrschend, als auf dem der ägyptischen Alterthumskunde. Daher darf es nicht verwundern, wenn auch der gescheite Kircher im Zaubernetz der Einbildungskraft bisweilen gefangen ward, und es schmälert nicht sein Verdienst. Von seinen Schriften, die alle in lateinischer Sprache erschienen, sind viele noch immer anziehend und wichtig, so die Musurgia und die Phonurgia für Musik- und Instrumentenkunde, seine ars magna lucis et umbrae, sein Mundus subterraneus, – Magnes – Turris Babel, Oedipus aegyptiacus u. a. Berühmt und bedeutsam bleibt Kircher für alle Zeiten als Erfinder mehrerer wichtiger physikalischer Instrumente, eines Brennspiegels, dem er eine Monographie widmete, eines Zauberspiegels, eines nach ihm genannten künstlichen Springbrunnens, welcher Vorbild und Vorgänger des Heronsbrunnens wurde, der Zauberlaterne, deren Wirkungen von einem Jahrhundert in das andere hinüber Jugend und Alter erfreuen, der Aeols- oder Windharfe, welche – später verbessert – noch immer an schönen Sommertagen durch ihre Accorde und Harmonienströme viele Menschen entzückt. Seinen Namen trägt das von ihm begründete reiche und wichtige Museum des Jesuitencollegiums in Rom.

Hochbetagt, geehrt und gefeiert starb Athanasius Kircher zu Rom und sein Name blieb auch in Deutschland, seinem Vaterlande, unvergessen. Vieles hat er ahnungsvoll in seinen Schriften ausgesprochen, was die spätere Wissenschaft als Wahrheit erkannte, und namentlich ist dieß auf dem Gebiete der Physik der Fall, für welches seine dahin einschlagenden Schriften in mancher Beziehung noch als Quellenschriften gelten.