Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Carl Theod. Ant. Maria, Reichsfreiherr v. Dalberg

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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Carl Theod. Ant. Maria, Reichsfreiherr v. Dalberg
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 77–78
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Carl Theod. Ant. Maria, Reichsfreiherr v. Dalberg.
Geb. d. 8. Febr. 1744, gest. d. 10. Febr. 1817.


Sprößling eines altberühmten Geschlechts, das in Worms schon in der Zeiten Frühe seßhaft war, und Namen voll Glanzes aufzeigte, denn: „Ist kein Dalberg da?“ rief fragend der Herold bei den Krönungen deutscher Kaiser, damit ein solcher hervortrete, und vor dem Kaiser den ersten Ritterschlag empfange.

C. Th. A. M. von Dalberg war der Sohn des kurfürstlich mainzischen Geheimen Rathes und Statthalters von Worms, Freiherrn v. Dalberg, Burggrafen von Friedberg, und wurde auf dessen Besitzung Hernsheim ohnweit Worms geboren. Die gediegene Erziehung, welche er unter des einsichtsvollen Vaters unmittelbarer Mitleitung erhielt, lenkte den hochbegabten Sohn dem geistlichen Stande zu, in welchem sich die Aussicht zu Glanz und hohen Stellen glückverheißend eröffnete.

Der junge Dalberg wurde aufgeschworen im Erzstift Mainz, und in den Hochstiftern Worms und Würzburg, deren Domicellar, hernach Capitular- oder Domherr er dann wurde. Seine Studien begann er in Heidelberg und vollendete sie in Göttingen, widmete sich jedoch weniger dem ausschließlichen Dienst der Kirche, sondern betrat die Laufbahn des höheren Staatsmannes und erfaßte das ganze Gebiet der Wissenschaften mit regem Eifer, ebenso die Wissenschaft des schönen mit Begeisterung und Jünglingswärme. Er war ein edler Geist, ein hervorragender Charakter. Auf jeder der hohen Ehrenstellen, zu denen sein Schicksal ihn berief, behauptete er sich würdevoll, menschenfreundlich, das Elend mildernd, das Gute mächtig fördernd, die Künste stützend und schützend.

In den Staatsdienst bei dem Kurfürsten Friedrich Carl Joseph von Mainz eingetreten, sah sich der Freiherr von Dalberg im Jahre 1772 als wirklichen Geheimen Rath zum Statthalter von Erfurt – damals noch die „treue Tochterstadt von Mainz“, wie Erfurt auf alten Siegeln, Münzen und Fahnen sich nannte – erhoben, und gründete sich dort durch sein Walten nie ersterbende Segnungen. Nach allen Richtungen hin wirkte sein Geist fördernd und anregend, auch über das Gebiet seiner Statthalterschaft hinaus. Im nahen Weimar, wohin er zunächst Wieland empfohlen hatte, befreundete sich Dalberg mit den dort lebenden Heroen der [Ξ] deutschen Poesie und Literatur; den geistreichen Höfen von Weimar und Gotha stand er freundlich nahe; er besuchte wiederholt Schnepfenthal, schätzte den wackern Gründer dieses berühmten Philantropins, Salzmann, und ermunterte den damals dort als Lehrer wirkenden, aufstrebenden Naturforscher J. M. Bechstein durch ehrende Briefe.

Wo er irgend es vermochte, zeigte Dalberg sich fördernd, aufmunternd, anregend, in Wissenschaften und Künsten nicht allein, auch in gewerblichen Thätigkeiten; nichts menschliches war ihm fremd, er selbst war ein großer und guter Mensch, sein Herz war voll Duldung, Liebe und Milde, daher neigte sich ihm auch Kaiser Josephs Herz voll reinen Vertrauens zu, nur war die Zeit und die in ihr waltende Politik noch nicht reif für die Segnungen, welche die edelsten Fürstenherzen so gern für die Menschheit herbeigeführt hätten.

Höhere Pflichten riefen Dalberg von Erfurt ab, er wurde selbst 1787 Coadjutor und dann Kurfürst von Mainz, wie Coadjutor von Worms, später, 1788, auch Coadjutor von Constanz mit der Bestimmung zum Nachfolger des dortigen Erzbischofs – ja er wurde sogar Bischof in partidus – man ernannte ihn in Bamberg zum Erzbischof von Tarsus, einer türkischen Stadt von 30,000 Einwohnern, mit einem griechischen Bischof, ohne noch anderer geistlchen Ehren und Würden zu gedenken, mit denen er, einer der hervorragendsten Prälaten seiner Zeit, ausgezeichnet wurde. Als Fürstbischof von Constanz trat Dalberg 1799 wirklich ein, doch behauptete er nur drei Jahre den Sitz dieses Bisthums, weil er sich als Kurfürst von Mainz und Reichs-Erzkanzler 1802 nach Mainz begeben mußte.

Bei den vielen und mannichfaltigen Geschäften seiner geistlichen hohen Würden und Aemter blieb v. Dalberg dennoch immer den Wissenschaften getreu, und verfaßte eine nicht kleine Anzahl anerkannter Schriften, deren erste: „Betrachtungen über das Universum“, sechs Auflagen erlebte. Die politischen Verhältnisse im ersten Lustrum des jetzigen Jahrhunderts brachten Dalberg um den Kurhut, dagegen wurde er mit freilich magern Entschädigungen durch die Einkünfte der Bisthümer Regensburg und Wetzlar 1806 zum Fürsten Primas des Rheinbundes ernannt, später, 1810, wurde er auch Fürst von Fulda und Graf von Hanau, und von Napoleon mit dem Titel eines Großherzogs von Frankfurt beehrt. Das alles wog den ungleich höheren Rang eines Kurfürsten von Mainz nicht auf, es waren französische Flicklappen auf den zerrissenen Purpurtalar des alten deutschen Reichsglanzes.

Im Jahre 1813 verzichtete der deutschgesinnte große Mann freiwillig und gern auf seinen damaligen Fürstenrang zu Gunsten des Prinzen Eugen Napoleon, verzichtete auf die Gunst der Mächtigen und ging nach Regensburg, als dessen Erzbischof er sein schönes, der Menschheit und dem Wohlthun geweihtes Leben sanft beschloß, aber oft sogar der ihm zugesicherten Mittel standesgemäßen Unterhaltes entbehren mußte. Dort, im Dome zu Regensburg steht Dalberg’s Denkmal von cararischem Marmor, welches sein Neffe Emmerich Joseph, Reichsfreiherr von Dalberg, Herzog und Pair von Frankreich, ihm 1824 errichten ließ, aber unvergänglicher als Marmor ehrt die Geschichte das Andenken des Unvergeßlichen.