Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Hans Joachim von Ziethen

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Hans Joachim von Ziethen
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 399–400
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
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Hans Joachim von Ziethen.
Geb. d. 18. Mai 1699, gest. d. 26. Jan. 1786.


Wie ein makelloses Denkmal aus Erzguß steht der alte Ziethen im Bewußtsein der deutschen Nation, ein Heldenbild von unverwüstlicher Dauer, voll Urkräftigkeit und fortlebiger Frische. Geboren zu Wustrau, einem Gute seiner Aeltern in der Grafschaft Ruppin, bestimmte der junge von Ziethen sich früh dem Dienst der vaterländischen Waffen, und trat schon im vierzehnten Jahre ein – fand aber leider nicht den gehofften Fortschritt in der begonnenen Laufbahn, sah sich vielmehr zurückgesetzt und bewogen, wieder zur Heimath zurückzukehren. Die Kriegsgöttin schien ihm nicht zu winken, denn nachdem Ziethen im Jahre 1726 abermals in das Heer getreten war, wo er als Oberlieutenant beim Dragonerregiment Wuthenow befehligte, sah er sich in schlimme Händel verwickelt, denen die harte Strafe auf dem Fuße folgte: ein Jahr Festungshaft und dann sogar Cassation. Wieder verflossen vier Jahre, bis endlich Ziethen bei einer neuerrichteten Husarencompagnie Eintritt fand, mit der er dann als Rittmeister 1735 unter General Baronay den ersten Feldzug gegen Frankreich mitmachte. Später fand Ziethen Gelegenheit, sich im ersten schlesischen Kriege auszuzeichnen, es war im Gefecht bei Rothschloß; er wurde zum Obrist ernannt, und statt der Husarencompagnie befehligte Ziethen nun als Chef ein Husarenregiment, das unter ihm sich die schönsten Siegeslorbeern pflückte. Im zweiten schlesischen Kriege wurde Ziethen Generalmajor und ging nun eine Zeitlang ruhmvollen Siegesgang. Mitten durch die österreichische Armee führte er sein Regiment nach Jägerndorf, hatte den wesentlichsten Antheil am berühmten Siege bei Hohenfriedberg am 4. Jun. 1745, den sein König mit 70,000 Mann gegen 95,000 Oesterreichs errang, und wobei 3000 gefallene Preußen und 15000 Oesterreichs das blutige Schlachtfeld bedeckten – besiegte nicht minder den Feind im Gefecht bei Hennersdorf am 23. Nov. 1745, empfing aber in demselben eine Wunde. Ungleich tiefere Wunden schlugen dem tapfern Kriegeshelden Unglücksfälle, die ihn Schlag auf Schlag trafen. Ziethen verlor eine geliebte Gattin, verlor den einzigen Sohn durch den Tod, wurde bei seinem König verläumdet und von diesem zurückgesetzt, bis der Ausbruch [Ξ] des siebenjährigen Krieges den durch Schmerz geprüften und gestählten Mann wieder auf das Feld der Ehre rief, nachdem der König ihm seine Gnade aufs neue zugewendet. Ziethen befehligte jetzt als Generallieutenant, empfing den schwarzen Adlerorden zum Lohne seiner Tapferkeit im Gefecht bei Reichenbach, gab den Ausschlag in den Schlachten bei Prag wie bei Leuthen, warf dort das Nadastische Corps zurück und half den preußischen Waffen zum Siege, wie er nicht minder in Verfolgung des fliehenden Feindes die größte Umsicht bewies. Einen nach Ollmütz bestimmten Transportzug von 3000 Wagen deckte Ziethen mit 5000 Mann, und trotzdem, daß er von dem an Heldenmuth ihm ebenbürtigen Laudon mit einer fünfmal so starken Uebermacht angegriffen wurde, rettete er einen nicht geringen Theil jener Wagen. Bei der Schlacht von Liegnitz warf er sich der österreichischen Hauptmacht entgegen und nöthigte Laudon mit zu dem berühmten Rückzug, von welchem der große Kriegsherr, König Friedrich II., selbst äußerte: »Von Laudon muß man retiriren lernen.« Ziethen wurde gleich nach diesem Siege zum General der Kavallerie des preußischen Heeres ernannt, und als er in der Schlacht bei Torgau dem großen Fabius Cunctator des siebenjährigen Krieges, Feldmarschall von Daun, den schon in Händen habenden Sieg entriß, flog aufs neue der Ruhm des alten Husaren über alle Zungen. Als endlich der Friede von Hubertusburg 1763 abgeschlossen wurde und der siebenjährige Krieg endete, war Ziethen schon ein Mann von 64 Jahren, blieb aber auch in der ihm fortan vergönnten Ruhe noch voll Kriegslust, und hätte, als er 79 Jahre zählte, gern noch den Krieg in Baiern, wegen der bairischen Erbfolge, mitgemacht, doch der König gab dieß nicht zu. 87 Lebensjahre waren dem in Wahrheit alten Ziethen vergönnt. Er starb in Berlin und wurde mit hohen militairischen Ehren bestattet. Mehr als ein Denkmal ward ihm errichtet, auch am neuesten Denkmal seines Königs und Freundes ist seine Heldengestalt in lebensgroßer Treue zu erblicken, aber weiter als der Monumente Pracht glänzt das Denkmal des greisen Helden im Herzen des deutschen Volkes.