Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Joachim II., Kurfürst zu Brandenburg

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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Joachim II., Kurfürst zu Brandenburg
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 193–194
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Joachim II., Kurfürst zu Brandenburg.
Geb. d. 9. Jan. 1505, gest. d. 3. Jan. 1571.


Unter den ruhmreichen Fürsten des Brandenburgischen Hauses aus dem Zollernstamme nimmt Joachim II. eine der bedeutendsten Stellen ein, denn er wurde der Reformator seines Landes und zeichnete sich aus durch eine milde, friedenliebende und versöhnliche Gesinnung, wie durch vortreffliche Eigenschaften seines Charakters. Er wurde seinem Vater Joachim I., Nestor genannt wegen dessen Weisheit und wissenschaftlicher Kenntniß, als erster Prinz geboren. Der Vater war ein ganz entschiedener Gegner der Reformation und gab in dieser Gesinnung dem Sohne kein gutes Beispiel. So gelehrt er war, so streng und unduldsam war derselbe; nach einer Seite hin suchte er Wissenschaft und Kenntniß zu verbreiten, nach anderer hin strebte er dem Lichte der Aufklärung entgegen. Er begründete 1506 die Universität Frankfurt a. d. O. und vertrieb 1510 die Juden. Seine Gemahlin, Kurfürstin Elisabeth, geborene Prinzessin von Dänemark, welche sich der neuen evangelischen Lehre zugeneigt und das Abendmahl unter beiderlei Gestalt empfangen hatte, ließ er auf ihrem Zimmer bewachen und dachte ihr die Strafe der Einmauerung zu; sie entkam mit Mühe durch die Flucht. Der Kurprinz hing der Mutter und deren Lehren an, neigte sich ebenfalls dem Lutherthume zu (er hatte Luther einmal selbst in Wittenberg predigen hören), obschon er von dem strengen Vater und von dem berühmten Oheim, dem Kurfürsten und Erzbischof Albrecht zu Mainz, viel darüber zu leiden hatte. Er erwarb sich durch seine Tapferkeit den Beinamen Hector, vermählte sich 1524 mit Magdalena, der Tochter Herzog Georg des Bärtigen zu Sachsen, der ebenfalls durchaus antievangelisch gesinnt war, und als Joachim II. diese Gemahlin 1534 durch den Tod verlor, schritt er zu einer zweiten Vermählung mit Hedwig, der Tochter König Sigismund I. von Polen. Auch der neue Schwiegervater sah keineswegs die reformatorische Neigung seines fürstlichen Eidams gern, vermochte aber auch nicht, diese zu hindern oder ihr Schranken zu setzen; denn ehe noch Joachim’s II. Vermählung am 1. Sept. 1535 zu Krakau erfolgte, war am 11. Juli desselben Jahres der alte Kurfürst gestorben und Siegmund’s Schwiegersohn Regent der [Ξ] Mark Brandenburg und Kurfürst. Letzteren hatte bereits Landgraf Philipp von Hessen in seinem Beileidsschreiben ernstlich zum Festhalten an der gewonnenen Ueberzeugung ermahnt, und auf Leute hingedeutet, namentlich auf einen, den der Kurfürst wohl wissen werde, »die alles versuchen würden, ihn von der evangelischen Wahrheit abzuwenden«. Er solle sich nicht zu einer leeren Schelle machen lassen. Dieß that denn nun auch der junge Kurfürst in Wahrheit nicht, sondern er bot Herz und Hand der Sache, die er für eine gute und heilsame erkannte; er suchte im Jahre 1538 durch Verwendung an den Kurfürsten zu Sachsen den Reichsfrieden zu vermitteln, um mit vereinter Macht Deutschland gegen die stets in feindlich drohender Stellung beharrenden Türken kräftig schützen zu können, allein nur mit großen Schwierigkeiten wurde hierin ein leidiger Vergleich zu Stande gebracht. Mittlerweile hatte bereits der Bruder des Kurfürsten, Johann, Markgraf zu Küstrin, in den seiner Regierung unterstellten Landestheilen, bestehend aus der neuen Mark, dem schlesischen Herzogthume Crossen, einem Theil der Lausitz und mehreren Herrschaften, mit Glück und mit Beseitigung einzelner Widerstände die Reformation eingeführt, und so trat nun auch Joachim II. am 1. Nov. des Jahres 1539 der evangelischen Lehre öffentlich bei, und empfing in zahlreicher Versammlung seiner Edlen in der Collegiatkirche zu Köln an der Spree aus der Hand des Bischofs zu Brandenburg, Matthias von Jagou, das heilige Abendmahl in beiderlei Gestalt. Dieses hohe fürstliche Beispiel fand im ganzen Lande Beifall, denn das Volk hatte es lebhaft ersehnt, und folgte ihm auf das freudigste nach. Eine Kirchenordnung wurde nun für das Kurfürstenthum entworfen, welcher zum Theil die des Markgrafen Georg des Frommen von Brandenburg-Ansbach zum Grunde gelegt ward. Anfangs war der Kurfürst für die Beibehaltung der meisten katholischen Ceremonien, Luther aber belehrte ihn in dieser Hinsicht eines bessern. Die Bisthümer wurden eingezogen und die Klöster in Stadtschulen verwandelt. Während Kurfürst Joachim II. das Wohl seines Landes in aller Weise zu fördern suchte, entbrannte der schmalkaldische Krieg, an welchem der Kurfürst, wie sehr er auch mit dem Kurfürsten zu Sachsen und mit dem Landgrafen zu Hessen befreundet war, und wie treu er es mit der Sache der Reformation meinte, keinen Theil nahm, weil er noch an eine Versöhnung der streitenden Religionsparteien glaubte, ja auf eine solche hoffte, welche freilich ein blutiger Religionskrieg weder anbahnen, noch vermitteln konnte. Nach dem unglücklichen Ausgang des Krieges verwendete sich Joachim II. mit aller Freundestreue für die gefangenen Fürsten, insonderheit für den Landgrafen, zu wiederholten malen, schickte deshalb theils allein, theils in Gemeinschaft mit Kurfürst Moritz zu Sachsen Gesandte an den Kaiser, und sah es mit Freuden, daß Moritz für die Sache der bedrängten evangelischen Kirche endlich in die Schranken trat und sein nicht würdiges Bündniß mit dem Kaiser brach. Das Interim hatte Kurfürst Joachim II. angenommen, weil er hoffte, es werde durch dasselbe der beabsichtigte Religionsfriede erzielt werden; da dieß nicht der Fall war, so hörte es auf, im Lande des Kurfürsten eine Bedeutung zu haben, denn die evangelische Lehre ward nun in demselben nicht nach dem Interim, sondern nach Luther’s Wort fest begründet.

Weniger Ruhm, als durch die Einführung der Reformation in seinen Landen, ärntete Kurfürst Joachim II. in dem 1542 auf das Geheiß des Kaisers gegen die Türken unternommenen Feldzug, an dem mehrere deutsche Reichsfürsten in Person Theil nahmen, auch zum Theil durch große Tapferkeit sich auszeichneten; aber durch die Niederlage vor Pesth wurde das Kriegsherr zum Rückzug genöthigt, und trug von diesem Feldzug keine Lorbeeren davon. In der Regierung seines Landes, das durch die Mitbelehnung über das Herzogthum Preußen – welche der Kurfürst durch seinen Schwager Sigismund August, König von Polen, erlangte – die Anwartschaft auf nicht unbedeutende Vergrößerung erhielt, führte der Kurfürst manche Verbesserung ein. Er ließ durch den Kanzler Distelmeyer das Kammergericht neu organisiren, durch den italienischen Baumeister Giromela die wichtige Festung Spandau erbauen und suchte auch das Finanzwesen zu heben, obschon sein glänzender Hofhalt sich nicht mit den Sparsystemen der Finanzkunst vertragen wollte, und noch dazu ein jüdischer Spekulant das Vertrauen seine Gebieters in ähnlicher Weise täuschte, wie Ephraim in Sachsen, Süß in Würtemberg und andere anderswo.

Joachim II. erzeugte 10 Kinder; sein sparsamer und friedfertiger ältester Sohn und Nachfolger Kurfürst Johann Georg I., der die Finanzmänner unter seines Vaters Dienern hart ansah, brachte den etwas zerrütteten Hof- und Staatshaushalt wieder in Ordnung.