Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Ludwig Bechstein
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 229–230
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[Ξ]


Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau.
Geb. d. 3. Juli 1676, gest. d. 8. April 1747.


Der alte Dessauer! Dies ist der Name, unter welchem das Andenken an den hochberühmten Kriegshelden askanischen Stammes unvergänglich im Volke lebt.

Fürst Leopold wurde zu Dessau geboren, und von seinem Vater, dem in hohem Ansehen stehenden Fürsten Johann Georg II., königlich preußischem Generalfeldmarschall und Gouverneur von Berlin mehr zu staatsmännischer Ausbildung bestimmt, als zum Krieger, da ihn seine Geburt auf den Thron berief, und die Sorge für eines Landes Wohlfahrt über der Freude am Glanz und Schmuck eines Heeres steht. Aber den jungen Erbprinzen freute nun einmal dieser Glanz und Schmuck, er war zum Feldherrn geboren, vom Geschick zu einem solchen berufen, sein ganzes Inneres strebte danach, die Reihen der Krieger zum Kampfe, zum Siege zu führen. Seine Zeit war eine kriegerisch bewegte und belebte, der Lärm der Waffen durchschallte das halbe Europa. Im zwölften Lebensjahre empfing Erbprinz Leopold ein Regiment vom Kaiser, sechszehn Jahre alt verlor er den Vater, und wurde Erbe von dessen brandenburgischem Regiment. Einer zweijährigen Reise, die Leopold, noch unmündig, nun antrat, folgte nach der Heimkehr sein erster Feldzug im spanischen Erbfolgekriege; als Brigadier half der Prinz Namur erobern.

Er hatte eine leidenschaftliche Neigung für eine Apothekerstochter in Dessau, Anna Luise Föse, gefaßt und wußte durch die Energie und Standhaftigkeit seines Willens trotz aller Schwierigkeiten es durchzusetzen, daß er sich 1701 mit ihr vermählte. Der Kaiser erhob sie in den Reichsfürstenstand, und in glücklicher Ehe schenkte sie ihm 9 Kinder, die Stammutter eines Heldengeschlechtes.

Spätere Jahre machten Leopold zum Waffengenossen der unsterblichen Helden Prinz Eugen von Savoyen und Louis, Markgrafen von Baden. Ihm gehörte der Hauptantheil an der Siegespalme der Schlacht bei Höchstädt 1703, und der durch seinen Muth und seine Umsicht errungene Sieg brächte ihm den Rang eines Generallieutenants.

Drei Jahre lang stand Leopold an der Spitze einer Heeresabtheilung in Italien, bewährte auch da seine erprobte Tapferkeit, erstieg und gewann 1706 bei Turin das feindliche Lager, und schlug, von Eugen unterstützt, den Feind in die Flucht.

[Ξ] Nach Beendigung dieser Feldzüge wurde Fürst Leopold an die Spitze des gegen die Niederlande gesandten preußischen Heeres gestellt, und zum Generalfeldmarschall und geheimen Kriegsrath erhoben. Nach König Friedrichs Tode schenkte auch dessen Nachfolger, König Friedrich Wilhelm I. dem wackern und ruhmvollen Dessauer volles Vertrauen und herzliche Zuneigung, und beide zogen 1715 gemeinschaftlich miteinander zu Felde gegen König Karl XII. von Schweden. Fürst Leopold war die Seele auch dieses Feldzuges, er gewann die Inseln Rügen und Usedom, eroberte Stralsund, und demüthigte den heldenherzigen Schwedenkönig. Nach Beendigung der Feldzüge war er es vor allen, der durch die strengste Disciplin und Dressur das Heer, besonders das Fußvolk, das er vorzugsweise liebte, in unausgesetzter Uebung kriegsfertig hielt und zu großen Unternehmungen vorbereitete.

Friedrich II., obgleich mit Leopold nicht nahe befreundet, wußte nicht minder, wie der Vater und Großvater, seinen Werth als Held und Krieger zu schätzen, und bediente sich seiner Erfahrung in den schlesischen Kriegen. Vornehmlich in diesen war es, wo der nun wirklich alte Dessauer sich dem Feinde auf das äußerste gefürchtet, dem Heere, an dessen Spitze er stand und focht, im höchsten Grade beliebt machte. Er verstand es, die Göttin des Sieges für Preußens Fahnen anzuwerben, sein Feldherrenleben war eine fast ununterbrochene Kette von Siegen. Das stete Leben des Feldlagers, der beständige trauliche Verkehr mit den Soldaten, denen er alles war, machten freilich des alten Dessauers Wesen rauh und bisweilen selbst roh. Der Mann der Schlachten konnte nicht auch zugleich der Mann der feinen Bildung sein. Flüche und Prügel waren unter seinem eisernen Ladestockregiment an der Tagesordnung.

Zu unvergänglichem Nachruhm half dem alten Dessauer sein letzter Sieg, bei Kesselsdorf, am 15. Dec. 1715. Bei diesem nahe bei Dresden gelegenen Ort stand Leopold mit seinen Preußen dem sächsischen Heere unter Anführung des Herzogs von Weißenfels und des Feldmarschalls Rutowsky gegenüber, welche alle Anhöhen rings um den Ort besetzt hielten. Dennoch griff Leopold mit seinen Grenadieren unerschrocken an, und brächte dem Feinde eine furchtbare Niederlage bei. Sieben Fahnen und 62 Kanonen wurden erobert, 6500 Mann gefangen, und durch diesen Sieg dem Gegner der Friede von Dresden abgenöthigt, welcher dem Preußenkönige aufs neue den Besitz Schlesiens und 1 Million Thaler Kriegsentschädigung von Seiten Sachsens sicherte, und den erschöpften Ländern des Kriegsschauplatzes auf eine Reihe von Jahren mindestens den heißersehnten Frieden sicherte. Das war gewiß eine große That, welche deutsche Völker dem Heldenschwerte des alten Dessauers dankten, leider sollte sie auch seine letzte sein. Bei einem Mittagsmahle in Berlin, an seines Königs Tafel rührte den bejahrten Helden der Schlag. Allgemein betrauerte das preußische Heer und sein Land den ruhmgekrönten Feldherrn.

Als Landesherr war Leopold einfach in Tracht und Hofhalt, und bei aller Härte und Rohheit gutmüthig und zugänglich, deshalb beim Volke ebenso beliebt als gefürchtet. Als Krieger theilte er jede Beschwerde der Feldzüge mit dem gemeinsten Soldaten, hielt aber auf die strengste Mannszucht. Viele zum Theil sehr humoristische Anekdoten von ihm leben noch im Munde des Volkes; sein Denkmal schmückt Berlin und seine Bildsäule auch jenes jüngst errichtete Denkmal seines großen heldenmüthigen Königs.