Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Moritz, Herzog und Kurfürst zu Sachsen

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Moritz, Herzog und Kurfürst zu Sachsen
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 263–264
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Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Moritz, Herzog und Kurfürst zu Sachsen.
Geb. d. 21. März 1521, gest. d. 9. Juli 1553.


Dieser in der deutschen Geschichte, wie in der Geschichte der Reformation bedeutende Fürst wurde zu Freiberg geboren; er war der Sohn Herzog Heinrich des Frommen und der Prinzessin Katharina von Mecklenburg. Die Erziehung des Prinzen war eine bildende, standesgemäße, doch mehr höfische als gelehrte, theils bei seinem Oheim, dem Herzog Georg, theils bei seinem Pathen, dem prachtliebenden Cardinal und Kurfürsten Albrecht von Brandenburg, von dessen Hofe zu Mainz er sich später zu seinem Vetter, dem Kurfürsten Johann Friedrich den Großmüthigen, nach Torgau begab, unter dessen liebevoller Leitung er seine Bildung vollendete. An des Kurfürsten Hofe lernte Moritz die Männer der Reformation kennen, in deren Mitte er bald genug stehen sollte, und Luther, vom Kurfürsten befragt, was er von dem jungen Prinzen halte, hob warnend den Finger und sprach: »Hütet euch, einen jungen Löwen zu erziehen!« Die Spaltung, die um der Glaubenslehren Willen im Fürstenhause Sachsen stattfand, konnte des Prinzen Gemüth nur unangenehm berühren, indeß entschädigte ihn die Freundschaft, die er zu dem Hessenfürsten Landgraf Philipp den Großmüthigen trug, mit der dieser den jungen Sachsenprinzen selbst beehrte, und welche so weit gedieh, daß Moritz, im 20. Jahre stehend, und gegen seiner Aeltern Willen, sich mit der Tochter des Landgrafen, Agnes, verlobte und am 9. Jan. 1541 vermählte, wodurch ein nicht geringe Zerwürfniß zwischen den beiden sonst eng befreundeten und verschwägerten Höfen entstand; Philipp von Hessen hatte ja selbst die Tochter Herzog Georg des Bärtigen zur Gemahlin. Indessen kam bald Versöhnung und Ausgleichung zu Stande. Noch in demselben Jahre starb Herzog Heinrich und Moritz wurde mit 20 Jahren Regent der sächsisch-albertinischen Lande. Als solcher suchte er, nachdem er das Erbe nach Verträgen und Rechten mit seinem jüngeren Bruder August getheilt, für das Wohl seines Landes heilbringend zu wirken, und machte durch segensreiche Stiftungen seinen Namen in Sachsen unvergeßlich. Kraftvoll und eifrig für die Begründung der neuen Lehre wirkend, suchte Herzog Moritz derselben durch Errichtung tüchtiger Schulen festen Halt und Boden zu gewinnen, und so wurde er [Ξ] der Stifter der Fürstenschulen zu Pforta, zu Meißen und zu Merseburg, auch hob er durch reiche Begabungen die Universität zu Leipzig. Dem Schmalkaldischen Bunde beizutreten, hielt Moritz noch zur Zeit, so sehr er mit Eifer an der evangelischen Lehre hing, nicht für angemessen, und eine Urkunde, welche auf seinen Zutritt deutet, blieb unvollzogen. Es trat aber gleichwohl durch Moritzens Anschließen an Philipp von Hessen zwischen letzterem und dem Kurfürsten Johann Friedrich zu Sachsen eine der Bundessache keineswegs förderliche Spannung ein, die noch durch die kurze Wurzener Fehde vermehrt wurde. Philipp von Hessen legte letztere friedlich und gütlich bei, und dann leistete Herzog Moritz dem Könige Ferdinand in dem Kriege gegen die Türken persönlichen Zuzug, indem er sich mit einem stattlichen Heere unter die Fahnen des Kurfürsten Joachim von Brandenburg stellte, der als Oberfeldherr das Reichsheer befehligte. Gegen Ende des Monats Juni 1542 traf er im Feldlager bei Wien ein und bestand auf dem weiter ostwärts sich fortsetzenden Feldzuge manche drohende Gefahr, namentlich vor Pesth, wo er mit seinem Diener Reibisch von den Seinen getrennt, von einem ausgefallenen Türkenhaufen umzingelt, nur durch Reibisch’s Opfertod und die eigene Tapferkeit gerettet wurde. Der Feldzug endete rühmlos, und Moritz kehrte im Oktober 1542 wieder nach Sachsen zurück. Jetzt brach der neue Krieg Franz I. gegen Carl V. aus, und Moritz, der auf die Gunst des Kaisers ein hohes Gewicht zu legen begann und schon jetzt aus der Zwietracht unter den Fürsten des Schmalkaldischen Bundes Folgerungen für die Zukunft machte, ließ sich gern herbei, am Kriege gegen Frankreich Theil zu nehmen, um so mehr, als ihm vom Kaiserhofe aus geschmeichelt wurde und man es verstand, sein Herz mit Hoffnungen künftiger Größe zu nähren. Moritz war bei der fruchtlosen Belagerung von Landrecy, führte im Jahre 1544 dem Kaiser 1200 Pferde zu, Reiter und Geschütze, und nahm Vitry ein, zeichnete sich auch vor St. Dizier aus. Nach der Rückkehr aus Frankreich führte Moritz ein Heer gegen den Herzog Heinrich von Braunschweig und half diesen mehr durch einsichtsvollen Rath als durch Waffengewalt zur Unterwerfung bringen. Im Jahre 1546 reiste Moritz zum Reichstag nach Regensburg, um sich dem Kaiser persönlich vorzustellen und seine Ansprüche auf die Stifter Magdeburg und Halberstadt zu betreiben. Letzteres gelang zu seiner völligen Befriedigung, aber es erfolgte ungleich wichtigeres; Moritz wurde von dem Kaiser völlig gewonnen und es legte dieses persönliche Zusammentreffen den Grund zu den folgereichsten Ereignissen der nächsten Zukunft. Dem Schmalkaldischen Bunde war der Herzog nun entrückt; auf fernere Religionsreformen in seinen Landen verzichtete er; diese sollten den Kirchenversammlungen anheim gegeben bleiben; als Belohnung gethaner und künftiger Dienste sollte Moritz jährlich vom Kaiser 5000 Gulden beziehen. Die Hauptfrucht all dieser Abhängigkeit, in die sich der Sachsenherzog aus freiem Willen zum Kaiser stellte, war die, daß Moritz gegen die nächsten Blutsverwandten, seinen Schwiegervater, den Landgrafen und seinen Oheim, den Kurfürsten, die Waffen tragen mußte, daß er ein Hauptwerkzeug zur Unterdrückung der evangelischen Freiheit wurde und daß er zur Züchtigung der »ungehorsamen Reichsfürsten« mit Vollzug der gegen dieselben unterm 20. Juli 1546 ausgesprochenen Acht vom Kaiser beauftragt wurde. Es gingen zwar der Achtvollstreckung noch zahlreiche diplomatische Verhandlungen vorher, allein Schluß und Ausgang war die Schlacht bei Mühlberg, die Gefangennehmung Johann Friedrich’s und später die treulose Philipp’s, beider Reichsfürsten schmähliche und lange Haft und die Übertragung des Kurhutes von Sachsen auf das Haupt des Siegers über Ohm und Schwiegervater, wobei der erstere der feierlich zu Augsburg auf freiem Platze vollzogenen Belehnung Moritzens mit der Kur selbst zuzusehen, auf das schimpflichste gezwungen ward. Mehr als die Hälfte der deutschen Nation sprach dem neuen Kurfürsten von Sachsen das Urtheil; Schmachlieder und Schandbilder auf ihn erfüllten die Märkte. Die Theilnahme aller redlich gesinnten lenkte sich den unglücklichen gefangenen Fürsten zu, während der Kaiser und seine pfäffischen Rathgeber den Sieg über die protestantische Partei dahin zu benutzen strebten, Rechte und Freiheiten der gesammten deutschen Fürsten völlig zu Boden zu drücken und zu vernichten. Endlich gingen dem Kurfürsten Moritz die Augen auf – er wandte sich gegen den Kaiser, schloß Bündniß mit Frankreich und führte ein starkes Heer gegen Carl, den er bis nach Tyrol verfolgte und beinahe gefangen nahm. Die gefangenen Fürsten wurden nun befreit, aber die Kur behielt Moritz. – Nach einem abermaligen Türkenzuge zog der Kurfürst gegen den kampflustigen Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, schlug diesen in der Schlacht bei Sievershausen und starb an einer empfangenen Schußwunde. Sein Bruder August wurde Erbe der Kur.