Beschreibung des Oberamts Gerabronn/Kapitel B 21

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 20 Beschreibung des Oberamts Gerabronn Kapitel B 22 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
d) Gemeinde 21. Ober-Steinach,
bestehend aus 4 Parcellen mit 453 Einwohnern.
Diese Gemeinde grenzt südlich, westlich und nördlich an das Oberamt Hall,[1] und liegt bis auf eine kleine, noch in das| Grümbachthal fallende Strecke, auf der Hochebene zwischen Jagst, Bühler und Kocher bis über 1600 Fuß über dem Meer. Auf dem höchsten Punkt bei Sandelsbronn hat man über das Oberamt Hall, Crailsheim und Oehringen hin eine hübsche Aussicht, und auf der nordwestlichen Grenze der Fläche, die eine Parcelle der Gemeinde Dünsbach, Windisch-Brachbach völlig einschließt, bringt das tief bis zur Wellenkalkregion eingeschnittene Grümbachthal einige Abwechslung in die sonstige Einförmigkeit. Fließende Gewässer finden sich außer dem Bach, der das eben bemerkte Thal durchfließt und bei Braunsbach in den Kocher sich ergießt, keine. Er entspringt zwischen Ruppertshofen und Ober-Steinach, zieht über die Markungen Ober-Steinach, Brachbach, Nieder-Steinach und Altenberg hin und führt zuerst den Namen Steinach und erst von der niedersteinacher Markung an den Namen Grümbach. An Brunnenwasser fehlt es dagegen nicht; doch trübt es sich schon nach kurzem Regen. Die ganze, zum Flußgebiete des Kochers gehörige Fläche ist von Lettenkohlengebilden, einzelne Flächen noch vom mittlern Glied der Keuperformation bedeckt, und nur in den tieferen Stellen kommt der Muschelkalk zu Tag. Ober-Steinach hat 2 stark benützte Sandsteinbrüche. Von Straßen ist der Bezirk auf den Markungen von Ober-Steinach und Sandelsbronn von der Nachbarschaftsstraße zwischen Künzelsau und Ilshofen berührt. Mit Ausnahme von Nieder-Steinach haben die einzelnen Orte ihr abgesondertes, in der Nutzung der Gemeinderechts-Besitzer stehendes Vermögen. Die Gesammtgemeinde ist unbegütert, die Umlage betrug 300 fl.

Der Bezirk hat 2 Pfarrkirchen und 2 Schulen zu Ober-Steinach und zu Altenberg. Zu ersteren gehört Sandelsbronn, zu den zweiten Nieder-Steinach. Auch sind in beiden Pfarrorten Begräbnißplätze. Die einzelnen Orte sind weitläufig gebaut. Die Zahl der Hauptgebäude ist 80, die der Nebengebäude 88. Grund und Boden ist noch mit Grundzinsen im Jahresbetrage von 277 fl. und mit Handlohn von 5 bis 10 und Sterbfall von 5 bis 15 % belastet. Doch sind neuerlich die dießfälligen Rechte des Staats großentheils abgelöst worden. Die weiteren Lasten an Frohnen und Frohngeldern sind, was die hohenloheschen und von gemmingenschen Grundherrschaften betrifft, in der Summe von 275 fl. abgelöst worden. Einiges andere besteht noch. Die Jagd steht im ganzen Gemeindebezirk den Freiherren von Crailsheim zu Morstein zu.

a. Ober-Steinach, Pfarrdorf mit 258 Einwohnern, worunter 2 Katholiken, an der Straße von Langenburg nach Hall und von Künzelsau nach Ilshofen, eben und frei, doch etwas| tiefer als die Umgebung, von Gerabronn 2, von Kirchberg 21/2 St. gelegen. Der mit breiten Straßen versehene und von vielen Baumgärten umgebene Ort sieht, nachdem der Orts-Etter sehr erhebliche Verbesserungen erfahren hat, von Außen und Innen freundlich aus. Gefällberechtigt sind der Staat, die Standesherrschaften Hohenlohe-Kirchberg und Hohenlohe-Jagstberg etc. Der Staat genießt den Neubruchzehenten, in den großen Zehenten theilen sich nach besonderen Distrikten der Staat, die gemeinschaftlich hohenlohesche Lehenskassen-Verwaltung zu Döttingen und Hohenlohe-Langenburg. Der kleine Zehente und der Heuzehente von 3 Wiesen gehört der Pfarrei.

Die Besetzung der Pfarrei und Schulstelle steht dem König zu. Vor 1806 besaß der deutsche Orden das Ernennungsrecht. Kraft von Hohenlohe bewilligt 1290 dem Ritter Zürich von Stetten die Übergabe der von Hohenlohe an Zürich zu Lehen überlassenen Kirche von Ober-Steinach (Collatio juris patronatus ecclesiae in Steinach) an den deutschen Orden, der von da auch bis zum Jahr 1806 im Besitz des Pfarrsatzes blieb und bis zu jenem Zeitpunkt neben mehreren Lehengütern auch den Zehenten in den Parcellen der Pfarrei besaß. Das Episcopatrecht übte die Ganherrschaft aus. Nach der Reformation stand überdieß Hohenlohe, unter dessen Superintendentur zu Langenburg, später zu Kirchberg die Pfarrei gestellt war, das Recht der Prüfung der ernannten Geistlichen zu. Vor der Reformation aber (die Zeit ihrer Einführung ist nicht bekannt), war die Pfarrei dem Capitel Ingelfingen zugetheilt. Der Pfarr- und Schul-Sprengel begreift die Orte Ober-Steinach, Windischbrachbach, Sandelsbronn, Söllboth und Klein-Forst. Die Kirche ist erst im Jahr 1753 erbaut worden. Die Baulast haftet auf der Gotteshauspflege, deren ehemalige Lehenleute dabei die Verpflichtung zu Leistung der erforderlichen Hand- und Fuhr-Dienste haben. Das Vermögen der Stiftung besteht neben 900 fl. verzinslichen Capitalien und 6 Morgen Grundeigenthum aus Grundzinsen, Handlöhnen und Sterbfällen. Hinsichtlich der Pfarrgebäude dagegen ist der Staat und in Betreff der Schule die Gemeinde baupflichtig. Die Katholiken pfarren nach Braunsbach.

Ober-Steinach kommt als villa Steinaha schon im neunten Jahrhundert unter den Orten vor, wo Kl. Fulda Güter erhielt (Tradit. Fuldens. ed. Dronke S. 16). 1096 schenkte Heinrich, ein Erzpriester in Würzburg, dem Kloster Comburg seine Güter zu Steinach (Steinacha) und Lampoldshausen. 1344 überließ der Küchenmeister Walther von Bielrieth dem Grafen von Württemberg zu seiner Veste Löwenfels neben Gütern zu Ruppertshofen auch solche zu Steinach. Im J. 1506 waren die Ganherren des| Ortes: das deutsche Ordenshaus Mergentheim über (mit dem Pfarrhof) neun Häuser, Bartholomäus, Georg und Wolf von Vellberg über 12 und Sebastian von Crailsheim über 4 Häuser. Jeder war Vogt und Gerichtsherr über seine Unterthanen, wenn aber ein Verbrechen im Freien geschah, so wurde die Justiz gemeinschaftlich geübt. Im Jahr 1396 kam Friedrich von Crailsheim zu Morstein in den Besitz von 3 Gütern, die zuvor Ulrich von Heimberg in Hall hier besessen hatte, und 1567 trat Hall Gefälle hier an die von Crailsheim zu Morstein ab. Inzwischen waren die Besitzungen Württembergs zur Veste Leofels 1409 an die Herren v. Vellberg und im 16. Jahrhundert an ihre Erben, die Herren von Absperg gekommen, die sofort das, was sie hier hatten, an Hohenlohe abtraten, das es zuerst bis 1701 zum Amt Langenburg besaß, seither aber zum Amt Kirchberg inne hat. Der Antheil der Herren von Crailsheim dagegen ging später an die Inhaber des Ritterguts Braunsbach, dann an das Stift Würzburg und zuletzt 1802 an Hohenlohe-Jagstberg über. Übrigens hatte der Ort noch 1806 dreierlei Herrschaften, nämlich Hohenlohe-Kirchberg, Hohenlohe-Jagstberg und den deutschen Orden. Die hohe Obrigkeit wurde von diesen gemeinschaftlich, Kirchberg zu 2/5, der deutsche Orden mit 2/5, und Jagstberg mit 1/5 ausgeübt. Von 1806 bis 1810 war der Ort Bayern, von 1810 an ist er Württemberg, wie die übrigen Theile des Amts Kirchberg unterworfen. Zwar wurden 1806 auch hier und in Sandelsbronn die nicht kirchbergischen Unterthanen von Württemberg angesprochen, später aber doch Bayern überlassen, das nur an die Pfarrei keine Ansprüche machte.

b. Altenberg, Pfarrweiler mit 120 evang. Einwohnern, 1 St. von Ober-Steinach in der äußersten südwestlichen Spitze des Bezirks gelegen, deren Entfernung vom Mittelpunkt des Oberamtsbezirks 43/4 St. beträgt. Der Ort liegt hoch, frei und eben über dem Grümbachthal und ist weitläufig gebaut und reinlich gehalten. Westlich des Orts, noch im Oberamt Hall, bildet die Höhe über dem Grümbach- und Kocher-Thal bei Elzhausen eine Wetterscheide (s. oben S. 20). Grundgefälle hat wegen des Ritterguts Nieder-Steinach bloß die freiherrlich v. gemmingensche Grundherrschaft zu beziehen, der auch als Kronlehen zur bibersfelder Besitzung 2/3 des Neubruch- und des großen und kleinen Zehenten zustehen, während das weitere 1/3 und der Blutzehente der Pfarrei gehört. Die Pfarrei umfaßt die Orte Altenberg und Nieder-Steinach, die zugleich eine eigene Schulgemeinde bilden. Pfarr- und Schul-Stelle besetzt die Grundherrschaft.

Die Kirche zur h. Jungfrau Maria ist 1773 in den jetzigen| Zustand durch Erweiterung gebracht worden. Die Baulast an den Pfarreigebäuden hat die Gutsherrschaft, an der Kirche mit Thurm die Stiftungspflege, subsidiär die Gemeinde und am Schulhaus ebenfalls die Gemeinde. Das Vermögen der Stiftungspflege beträgt 1674 fl., einschließlich der 1756 von einer Freifrau von Herdenberg, geb. v. Gemmingen, dazu gestifteten 1000 fl. und mehrerer anderer der Grundherrschaft zu dankenden Beiträge. Die Kirche war Tochterkirche von Orlach und dem dortigen Pfarrer das damals schon vorhandene Wittumgut und 1/3 des großen und kleinen Zehenten zu Altenberg und Nieder-Steinach zum Genuß zugewiesen. Als jedoch später die Pfarrei Orlach ihren früheren Patronen, den Freiherren von Crailsheim, durch die Reichsstadt Hall entzogen worden war, traf die Guts- und Kirchen-Herrschaft die Einrichtung, daß ein jeweiliger Pfarrer von Braunsbach die gottesdienstlichen Verrichtungen in Altenberg besorgte, und endlich 1708 stiftete die Freifrau Helene von Gemmingen, als Vormünderin der damaligen Herren des Orts, eine eigene Pfarrei, zu der sie 1709 ein Pfarrhaus erbauen ließ.

Der Ort soll einem adeligen Geschlecht, das sich davon genannt, zugehört haben. Nach den hallischen Chroniken war solches auch noch bei Hall begütert und in Hall ansäßig gewesen, aber schon 1452 ausgestorben. Beim ersten geschichtlichen Vorkommen war übrigens die Stadt Hall im Besitz der hohen Obrigkeit und der Kirchherrschaft hier; sie vertauschte jedoch solche 1562 an Eberhard von Stetten mit andern Gütern zu Altenberg.

c. Nieder-Steinach, früher Schweizerhof, Weiler mit 44 evang. Einwohnern, von Ober-Steinach 1/2 St. nordwestlich in einer unbedeutenden, südlich, westlich und nördlich von Waldungen umschlossenen Vertiefung gelegen. Der Ort ist ein zum Rittergut Nieder-Steinach gehöriges, verpachtetes Maiereigut, dessen Bewirthschaftung von den übrigen der Gegend nicht abweicht. Die 5 Tagelöhnerfamilien, die sich bei demselben angesiedelt haben, aber bloß Wohnungen und einige kleine Gärten dazu besitzen, reichen zum Rittergut Grundgefälle. Der Rittergutsbesitzer hat auch als ein zu Bibersfeld, OA. Hall, gehöriges Kronlehen 2/3 des großen und kleinen Zehenten und die Pfarrei das übrige 1/3 zu beziehen. Ein Schloß ist nicht vorhanden.

Das Rittergut Nieder-Steinach besteht aus den Orten Altenberg, Antheil an den Orten Groß- und Klein-Forst und der etwa 280 Morgen großen Maierei Nieder-Steinach, dazu 80 Morgen Waldungen nächst derselben, Grundzinse in den genannten Orten und in Binselberg etwa 180 fl. im Betrag, dabei Sterbfall 10 und Handlohn 10 % in Besitzveränderungsfällen von den zugehörigen,| früher erblehenbaren Gütern, und endlich den Neubruchzehenten in Altenberg, Nieder-Steinach und auf einem besondern Zehentdistrikt in Söllboth, die Hälfte des großen Frucht- und Wein-Zehenten zu Forst und 7/16 am großen und kleinen Zehenten zu Dünsbach. Die Frohnrechte in Altenberg, Forst und Nieder-Steinach wurden im Betrag von 204 fl. 50 kr. abgelöst. Die Verwaltung der Einkünfte dieser Besitzung besorgt ein Rentbeamter, der zur Zeit seinen Sitz in Langenburg hat. Das Gut ist Allodium. Besitzer desselben sind dermalen zu 2/3 die Freiherren Ludwig Reinhardt, Philipp Albrecht und Karl Friedrich, und zu 1/3 die Freiherren Karl Philipp und Eduard Friedrich von Gemmingen-Guttenberg-Bonfeld. Bis 1806 war das Gut der Reichsritterschaft in Franken zum Canton Odenwald incorporirt. Übrigens besaßen die Inhaber die vogteiliche Obrigkeit; in Criminal-Justizsachen gehörten die Orte zur Cent Morstein. Die Besitzer haben gegen Verzichtleistung auf Justiz- und Polizei-Verwaltung, so wie auf die Forstpolizei und Forststraf-Rechtspflege die Surrogate nach der staatsrechtlichen Deklaration vom 8. December 1821 anzusprechen. Dabei ist dem freiherrlichen Rentamt der Bezug der Forststrafen überlassen.

1

Vom Jahr 1541 liegt eine Urkunde vor, nach welcher damals ein Baltas Schwab in Elzhausen an Anna Haug in Hall sein dem Heiligen in Orlach lehenbares Feldlehen, das Nieder-Steinach genannt, verpfändete, und nach einer Urkunde von 1564 verkaufte in diesem Jahr die Reichsstadt Hall das Obereigenthum dieses Feldlehens zugleich mit Altenberg mit aller Obrigkeit an Eberhard von Stetten. Demnach war damals der Hof (vielleicht vom Bauernkrieg her) unbezimmert und ein Bauerlehen. Dieses orlacher Heiligenfeldlehen ist ohne allen Zweifel die jetzige Maierei Nieder-Steinach. Bald nach 1564 erscheinen die Brüder Julius und Wolf von Crailsheim als Inhaber, ohne daß bekannt ist, wie der Übergang geschah. Dagegen findet sich, daß schon 1567 die Reichsstadt Hall mit vielen andern Besitzungen außerhalb ihrer Landheeg auch das, was sie noch in Altenberg besaß, an die von Crailsheim zugleich mit Braunsbach vertauschte. Nur die 2/3 der Zehenten von Altenberg und Nieder-Steinach waren nach Nachrichten von 1522 nicht darunter begriffen, sondern den Herrn von Morstein in Hall zuständig. Im Jahr 1622 verehelichte sich jedoch die Tochter des Julius von Crailsheim, Regine, als Wittwe des 1619 verstorbenen Johann Philipp von Stetten, mit Wolf Dietrich von Gemmingen-Guttenberg und brachte ihm solche zu, und von da an ist diese Familie im Besitz. Im Jahr 1806 kam der Ort an Württemberg. Der herrschaftliche Beamte für| das Rittergut, der bis 1809 als Patrimonial-Justizbeamter fungirte, hatte seinen Sitz hier.

d. Sandelsbronn, Weiler mit 31 evang. Einwohnern, auf einem der höchsten Punkte der Hochebene, zwischen Jagst und Bühler, offen und frei nach allen Seiten gelegen. Die wenigen stattlichen Bauernhäuser sind nicht zu eng zusammengebaut. Grundherren sind Hohenlohe-Kirchberg und Hohenlohe-Jagstberg, gemischt mit der Krone. Am großen Zehenten genießt der Staat 1/3, die weitern 2/3 gehören den Freiherren von Stetten, wie auch 2/3 am kleinen Zehenten, dessen weiteres 1/3 der Pfarrei Ober-Steinach zusteht. Der Antheil Kirchbergs war bis 1797 ansbachisch, der von Jagstberg bis 1802 zur Stift würzburgischen Herrschaft Braunsbach und der des Staats bis 1806 dem deutschen Orden gehörig. Diese Condomini regierten hier in gleicher Weise, wie in Ober-Steinach, mit dem der Ort auch an Bayern und Württemberg kam.


  1. Diese Grenze war früher auch die zwischen dem fränkischen und schwäbischen Kreis. An einer Stelle derselben heißt ein auf fränkischer Seite gelegener Wald noch das Frankenholz.
« Kapitel B 20 Beschreibung des Oberamts Gerabronn Kapitel B 22 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).