Beschreibung des Oberamts Hall/Kapitel B 7

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7. Gemeinde Geislingen,
mit 2 Parcellen und 563 Einwohnern.

a. Geislingen, Pfarrdorf, mit 517 Einw., worunter 5 Kath., und 54 Gemeinderechten, 1611/8 M. unvertheilten und 416 M. vertheilten Allmanden und Waldungen, sämmtlich althallisch.

Der Ort liegt im Kocherthal, 21/4 Stunden nordöstlich von Hall, an der Mündung der Bühler in den Kocher, da, wo das Bühlertal in das Kocherthal sich öffnet, an den lebhaften Vicinalstraßen nach Crailsheim und durch das Kocherthal nach Künzelsau. Auch beginnt hier die oben erwähnte Vicinalstraße über Herdlinshagen nach Oehringen. An dem südlichen Gebirge ist die „Gaisklinge,“ welche das Wasser aufnimmt, dem Kocher zuführt und dem Orte den Namen gegeben haben soll. Die von den steil aufsteigenden, den Ort umgebenden Bergen zurückfallenden Sonnenstrahlen geben seinem Kalk- und Thonmergel-Boden eine große Wärme und Fruchtbarkeit; daher Dinkel, Weizen, Gerste und Hülsenfrüchte hier sehr gut gedeihen. Der vielen Winde wegen ist dieß aber mit dem Obstbau nicht der Fall.

Geislingen mit Hergershof gehört zum Forstamte Crailsheim. Den großen, kleinen, Blut-, Heu- und Wein-Zehenten bezieht der Hospital Hall und zwar zur Hälfte 1440 von Conrad von Rinderbach (1/3) und 1458 ((1/6)) von Hans Schmaltreu als hohenlohesches Vasallenlehen, zur andern Hälfte 1784 u. 1786 von den fürstlichen | Häusern Hohenlohe-Oehringen, Schillingsfürst und Bartenstein als Allodium erkauft. Der Neubruchzehente gebührt dem Staat. Gefälle daselbst bezieht die Armenverwaltung und die Stadtpflege Hall. Der Zehenten in Grundbach (Grimmbach) ist weinsbergisches Vasallenlehen des Hospitals, das er 1481 von Jerg v. Eltershofen erwarb. Hiezu gehören noch einige Gülten zu Geislingen. Die weinsberger Lehen kamen später an die Pfalz und dann an Württemberg; 1500 wird Hans v. Morstein, als Träger des Hospitals mit diesem Mannlehen, so weiland Jörg v. Eltershofen und Burkhardt Senft zu Lehen getragen, von Philipp, Pfalzgraf bei Rhein, belehnt. Mit dem Grundbachzehenten aber belehenten die Herzoge von Württemberg den Hospital. Seit 1817 hat die Gemeinde nur für 189 fl. 12 kr. grundherrliche Rechte dem Staat abgekauft.

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Geislingen ist ein sehr freundlicher Ort und hat meist große, gutgebaute Häuser. Viehzucht und Viehhandel sind die Hauptnahrungsquellen. Es ist der Stapelplatz des Mastviehhandels mit Frankfurt und Straßburg, und eignet sich hiezu durch seine Lage vollkommen. Auf der Markung wird hauptsächlich Gerste und neuerlich auch Weizen gebaut; ebenso blauer Klee. Auch sind einige Hopfenpflanzungen und mehrere Baumschulen vorhanden. Der Weinbau, früher stark betrieben, beschränkt sich auf 6–7 Mrg. In der Nähe findet sich guter Gyps, welcher die Mühle beschäftigt, ebenso eine Höhle und mehrere Erdfälle (s. o. S. 8). Die Kirche zum heil. Veit wurde zu Ende des vorigen Jahrhunderts wesentlich erneuert und vergrößert. Im Jahr 1843 wurde das Schulhaus neu gebaut und 1844 der Kirchhof gegen Südost erweitert. An sämmtlichen Gebäuden hat wegen der vormaligen Oberlandesheiligenpflege der Staat die Baulast. An der Kirchhofmauer sind noch die Überbleibsel einer alten Capelle sichtbar. Eingepfarrt sind Hergershof, Bühlerzimmern und Rückertsbronn. Früher war dieß auch mit Eltershofen der Fall. Das Patronatrecht der Krone rührt von der Reichsstadt Hall her. – Geislingen hat zwei Schildwirthschaften und eine Mühle. Im J. 1353 verkaufte Leupold, Küchenmeister zu Bielrieth und seine Hausfrau, Elsbeth, die Schenkstatt an Conrad Gentner, Bürger zu Hall; 1385 kam sie von Conrad Vohmann als Lehen an den Hospital Hall. Damit waren 1353 auch Gülten aus dem Fischwasser hinter „dem Löwen“ verbunden. Im J. 1399 verkaufte Hall die Mühle an den Hospital. Die Gemeinde hat sehr viel für Verbesserung der Communikationsmittel gethan. Im J. 1840 wurde zu Verbesserung der Straße nach Braunsbach von der Gemeinde, unter Beihülfe der Amtscorporation, eine steinerne Brücke und ein | gewölbter Durchlaß über den Grimmbach (zwischen Braunsbach und Geislingen in den Kocher einmündend) gebaut und ein sehr steiler Stich unmittelbar davor corrigirt, im Ganzen mit einem Aufwand von 4800 fl.; 1841 und 1842 wurde eine Einschnittsstraße von Geislingen auf die Cröffelbach-Haller Steige (die sogenannte Löwen-Straße) auf Rechnung der Amts-Corporation, unter Beihülfe der Gemeinde, mit einem Aufwand von 12.000 fl. gebaut, und die Straße gegen Enslingen unter Correktion der Katzensteige mit Beihülfe der Amts-Corporation mit einem Aufwand von 4000 fl. verbessert.

Geislingen wird 1241 erstmals in einer Urkunde genannt, wo der Kaiser die Schenken von Limpurg mit dem Wildbann und 1347 zugleich mit dem Geleit, „das sich anhebt zu Geislingen am Kocher gelegen uff der Sigelsbach an Himmelsort Fall und geht gen Kreffelbach auf die Steige etc.“ belehnt (Menken a. a. O. S. 475 u. 476 und limburgische Deductiones S. 12). Dieses Geleit erwarb die Stadt Hall 1541 von Limpurg zur einen, und 1754 von Brandenburg, wohin solches durch den limpurger Lehens-Heimfall gekommen war, zur andern Hälfte. Damit ist wohl auch die Baulast an den 3 Kocher- und Bühler-Brücken, wovon die ältere 1569 erbaut wurde, an den Staat übergegangen. Mit dem erwähnten limpurgischen Kauf von 1541 kamen auch 2 Güter an Hall. Die meisten Güter aber besaß der Hospital Hall, der solche allermeist durch Wechsel 1497 von Comburg und 1505 vom Kloster Goldbach erwarb. Die Badstube besaß der Hospital schon 1485.

Das Gericht hier bestand schon im Mittelalter. Im J. 1502 besetzte Geislingen 9, Eltershofen 2 und Großaltdorf 1 der 12 Richterstellen. Bis zum J. 1803 war Geislingen ein Bestandtheil des haller Amtes Bühler, mit dem es an Württemberg fiel. Im dreißigjährigen Kriege hatte der Ort viel zu leiden; es geht in demselben die Sage, derselbe habe sich vor dem Kriege bis zur Mühle hin am linken Bühlerufer hinauf erstreckt. Ob damit der an dem Grimbach gelegen gewesene, zuvor schon genannte, abgegangene Ort Grimbach, der noch 1564 sieben Lehen zählte, in Beziehung stand, ist unbekannt. Geislingen war zu jener Zeit so ausgesogen, daß der Rath von Hall der Absicht des Ortes, über die bereits entlehnten 16.558 fl. noch weitere Schulden zu Bestreitung der Kosten der Winterquartiere zu machen, mit der Bemerkung entgegentrat, daß das ganze Dorf nicht mehr werth sey.

Zwischen Geislingen und Bühlerzimmern, auf dem sogenannten „Löwenberg,“ bei der oben S. 8 erwähnten Höhle, soll eine Burg gestanden seyn. Welches Geschlecht hier saß, ob der Henricus | de Gyselingen, der 1234 im Gefolge K. Heinrichs vorkommt, demselben angehörte, und wann sein Sitz zerstört ward, ist unbekannt. Bemerkenswerth ist aber, daß alte Chroniken sagen, Geislingen habe einen Löwen im Wappen geführt.

Die Pfarrei wurde erst zur Zeit der Reformation errichtet. Eine Capelle aber stand hier schon 1383. Der Caplan wird bereits 1446 genannt; der Ort war damals Filial von Unter-Münkheim. Eine Frühmesse zu St. Veit stifteten 1470 Schultheiß, Richter und die ganze Gemeinde, welche vom Bischof von Würzburg confirmirt ward. Städtmeister und Rath zu Hall sollen derselben rechte Lehensherrn seyn. Sie wurde gleich anfangs gehörig dotirt und erhielt ein Haus zu Geislingen sammt der Hofstatt zu einer Scheuer, Wiesen, Weinberge und Gülten. Mit der Stadt Hall wurde Geislingen reformirt und erhielt nun einen eigenen Pfarrer. Derselbe hatte bis 1660, wo eine eigene Schule errichtet ward, auch Schule zu halten.

b. Hergershof, Weiler mit 46 evang. Einwohnern und 6 hallischen Gemeinderechten, ohne Gemeinheitsgüter. Den großen und kleinen Zehenten bezieht Hohenlohe-Ingelfingen, den Novalzehenten der Staat, Gefälle die Stadtpflege und Armenverwaltung Hall. Der Weiler ist Filial von Geislingen und liegt auf einem Bergrücken, südöstlich 1/2 Stunde von Geislingen, nicht weit entfernt von der nach Hohenberg und Wolpertshausen ziehenden Vicinalstraße, er hat einige wohlhabende und unterrichtete Bauern.

Die meisten Güter gehören dem Hospital Hall, der sie 1463 und 1506 erworben hat. Mit Geislingen war der Ort dem Amte Bühler zugetheilt. Auch seine übrigen politischen Geschicke hat Hergershof stets mit Geislingen getheilt. Die Zehenten trugen die von Morstein zu Bibersfeld, welche wir 1531–1662 im Besitz treffen, von Hohenlohe zu Lehen.

Im J. 1706 lag hier noch ein kleiner See.


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