Beschreibung des Oberamts Urach/Kapitel B 1

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Urach Kapitel B 2 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
B.

Orts-Beschreibung.




Urach
mit Bleiche, Güterstein, Pfälhof, und den Thalmühlen.[1]


a. Urach, eine evangelische Oberamtsstadt mit 3011 Einwohnern. Die Stadt liegt unter 48°, 29’ 20" Breite, und 27°, 4’ 15" Länge, 111/2 Stunden von Stuttgart. Sie ist Sitz eines Oberamts und Oberamts-Arztes, eines Oberamts-Gerichts und Gerichts-Notars, eines Cameralamtes, eines | Forstamts und eines Revier-Försters, ferner eines evangelischen Dekanats und eines der vier niedern Seminare für evangelische Geistliche, so wie auch eines Postamts.

Die Patronatsrechte sind königlich. Die Zehnten hat die Kammer zu beziehen, früher hatte die vormalige Stifts-Verwaltung Urach den Großzehnten. Das Fischrecht in der Erms hat der Staat, das in der Elsach die Stadt. Grundgefälle beziehen außer dem Staat, die Gemeindepflege und das Spital Urach; sie betrugen aber im Ganzen nur noch 169 fl.

Der Name der Stadt wird vom Volke gemeiniglich Aurach, Aurich gesprochen. Er bedeutet vermuthlich so viel als wildes Wasser. Die Stadt liegt auf einer Tuffsteinbank in dem engen tiefeingeschnittenen Ermsthale, zwischen der Erms und der Elsach, die sich unter ihren Mauern vereinigen, 1437 P. F. über der Meeresfläche. Die Landstraßen von Stuttgart und Reutlingen nach Münsingen und Ehingen, so wie nach Zwiefalten, nach Blaubeuren und Ulm führen durch die Stadt. Die steilen felsigen Waldwände, welche die Stadt einschließen, bilden mit den fruchtbaren Obstgärten des Thals einen malerischen Gegensatz. Die Stadt ist mit Mauern, und theilweise mit Wällen versehen, und hat zwey Thore, das untere und das obere Thor, und ein Nebenthor, das Thiergartenthor; ein älteres Thor, das Pfählerthor wurde längst schon zugemauert. Das obere Thor ist mit einem hohen Thurme versehen, der die Jahrzahl 1595 trägt, und demnach neuer zu seyn scheint, als einzelne daran befindliche Wappen und Bilder. Auch das untere Thor hatte einen Thurm, der aber in neuern Zeiten abgebrochen wurde. Übrigens stand das untere Thor ehemals mehr seitwärts gegen Süden, und die Straße von Stuttgart führte jenseits der Erms in die Stadt. Mit dem untern Thorthurme wurde zugleich die Stadtmauer bis auf eine gewisse Höhe abgenommen, zwischen der Stadt und der Webervorstadt aber ganz weggeschafft. Mehrere andere Thürme, womit die Stadt umgeben war, sind schon in ältern Zeiten verschwunden. Die ebengenannte Webervorstadt, gemeiniglich | Weberbleiche genannt, weil auf ihrer Stelle früher eine Bleiche sich befand, bildet nun mit der Stadt ein Ganzes. Die Stadt hat ein ziemlich gutes Aussehen. Die Straßen sind gepflästert, mehrere derselben sind aus der Erms bewässert, von dieser ist auch ein Canal auf die Mühlwerke in der Stadt geleitet. Übrigens ist die Stadt, wie der Plan auf unserer Karte zeigt, ganz unregelmäßig gebaut, sie hat auch keine ausgezeichnete Häuser, auffallender Weise ist seit einer langen Reihe von Jahren, die Post ausgenommen, die dermalen neu gebaut wird, nicht ein einziges neues Haus entstanden. In geschichtlicher Beziehung verdienen folgende Gebäude genannt zu werden: 1) Das K. Schloß. Es ist ein einfaches, größtentheils hölzernes Gebäude, an das sich aber eine Reihe der wichtigsten Erinnerungen aus der vaterländischen Geschichte knüpft. Das Schloß wurde vom Graf Ludwig I. von Würtemberg nach der Theilung des Landes, wodurch Urach die Residenz der Uracher Linie wurde, im Jahr 1443 erbaut. Ein älteres Schloß, das auf der Stelle stand, ließ Ludwig abbrechen. Nur das sogenannte Wasserschlößlein, das mitten in einem See gegen den Thiergarten stand, blieb stehen. Ludwigs Sohn, Graf Eberhard im Bart verschönerte das Schloß aus Gelegenheit seiner Vermählung im Jahr 1474. Der Herzog Karl verwandelte es in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in ein Jagdschloß, ließ das alte Wasserschlößlein abbrechen und den See, der es umgab, trocken legen. Bey dieser Veränderung schonte er jedoch die Hauptzimmer des Schlosses. Noch jetzt steht der von Eberhard im Bart gebaute große Rittersaal, von seinen vielen Goldverzierungen „die goldene Stube“ genannt, in seiner ehemaligen Gestalt in dem obern Stockwerke. An mehreren Orten erblickt man auch noch den Cederbaum Eberhards mit seinem Wahlspruch Attempto. In dem Saale steht eine hölzerne Abbildung des kolossalen wilden Schweins, das Herzog Ulrich 1607 bey Urach geschossen hat, und in der Mitte des Saals ein Tisch, worauf | eine Kugel liegt, womit während des dreyßigjährigen Kriegs der Commandant auf Hohen-Urach die kaiserlichen Offiziere bey einem Gastmahl zur Feyer der Einnahme von Ulm in dem Schlosse begrüßte. In der Hausflur sieht man das in Lebensgröße sehr schön geschnitzte Bild des Grafen Heinrichs von Würtemberg, der im Jahr 1519 auf der Festung Hohen-Urach starb. In dem ersten Stockwerk steht noch eine stattliche Bettlade, die Brautbettstelle Eberhards im Bart, irriger Weise auch für die Brautbettlade des Herzogs Ulrichs ausgegeben, der sein Beylager in Stuttgart feyerte. Dem Schloß gegenüber liegt der Thiergarten, den Graf Ludwig I. mit dem Schlosse angelegt, und der zwar seine Bestimmung längst verloren, seinen Namen aber immer noch beybehalten hat.[2]

Das Schloß diente in den letzten Zeiten zu einem Absteig-Quartier für die Königliche Familie. Ganz neuerlich aber (1829) wurden darin die Wohnungen für den Dekan und den Helfer eingerichtet, jedoch mit Vorbehalt der weissen und der goldenen Stube.

2) Die Pfarrkirche St. Amandi. Sie ist eine ansehnliche Kirche; das Innere ist in 3 Gewölbe getheilt, wovon das größere mittlere auf 14 Säulen ruht. Im Chor der Kirche befindet sich noch der Kirchenstuhl Eberhards im Bart mit Schnitzwerk und der Inschrift: Attempto – Eberhardus Comes de Wirtemberg et de Moempelgard 1472. Außerdem sieht man in der Kirche eine Menge Gemählde, Wappen und andere Denkmähler, darunter auch das Denkmahl des Herzogs Christian von Braunschweig Lüneburg der am 31. July 1703 bey Munderkingen fiel und hier begraben wurde. [3]

| Die Kirche wurde von Graf Eberhard im Bart mit der Bestimmung zu einer Stifts-Kirche in den Jahren 1479 bis 1499 gebaut. Es ist also entweder der Kirchenstuhl Eberhards älter als die Kirche, oder diese in dem bemerkten Zeitraum nicht von Grund aus neu gebaut worden. Übrigens stand der Grafenstuhl vor Zeiten in dem Schiff der Kirche, und wurde erst 1748 in den Chor versetzt. Der Kirchthurm wurde nach einer Inschrift erst 1481 angefangen. Die vorzüglichsten Hülfsquellen zu dem Bauwesen wurden ein Ablaßbrief vom Papst Sixt. IV. im Jahr 1479, und eine geweihte goldene Rose, womit derselbe Papst im Jahr 1482 den Grafen Eberhard zu Rom nebst einem Ablaß auf zehn Jahre, für Alle, welche an Lätare und Oculi der Rose zu Lieb die Kirche besuchen, beschenkt hatte. Im Verlaufe der Zeit wurde die Kirche einigemal renovirt. Durch den Aufflug einer Pulvermühle im Jahr 1707 litt sie bedeutenden Schaden; das Gewölbe bekam über 100 Risse, und nur die Festigkeit des Baues hinderte, daß es nicht ganz zusammenstürzte. In dieser Kirche wurde auf Befehl des Herzogs Ulrich im Jahr 1537 ein Colloquium zwischen den Theologen Brenz, Schnepf, Blarer, Phrygio, Aulber u. a. wegen der Bilder in den Kirchen gehalten, worauf der Herzog die Wegnehmung aller Bilder aus den Kirchen entschied.

3) Das Seminar. Es ist dasjenige Gebäude, das früher der Mönchshof genannt wurde, und einst Sitz des Chorherren-Stifts war. Nach den Inschriften, die sich daran befunden haben, wurde es von Graf Eberhard im Bart 1477 und in den folgenden Jahren, also zu gleicher Zeit mit der Kirche gebaut. S. u. Man nannte es bis auf die neuesten Zeiten Mönchshof, ohne Zweifel zur Unterscheidung von Kloster, wie man sonst die Häuser, worin die Geistlichen bey einer Kirche zusammen wohnten und zuletzt die Kirchen selbst Münster (Monasteria im Gegensatz gegen claustra) nannte.

Nach Aufhebung des Stifts erfuhr das Gebäude mancherley Veränderungen. Zuerst wohnten beide evangelische | Geistlichen, dann bis 1812 der Helfer allein darin. Eine Zeit lang befanden sich auch zwey merkwürdige Druckereyen darin. S. u. Im Jahr 1810 erhielt es die Bestimmung zu einem Fohlenhof. Im Jahr 1818 endlich wurde es zum Sitz eines Seminars für evangelische Geistliche eingerichtet.

4) Das Rathhaus. Es wird zum Unterschiede von einem älteren Rathhause das neue genannt, ist übrigens ein unansehnliches Gebäude, das im Jahr 1562 erbaut und 1804 erneuert wurde. Unter demselben befinden sich die Fleisch- und Brodlaube und das sogenannte Kaufhaus. Das alte Rathhaus steht in der untern Stadt, es wurde 1452 erbaut, und ist noch städtisches Eigenthum.

5) Das Spitalgebäude, das abgesondert am westlichen Ende der Stadt steht. Es enthält die Wohnungen für die Spitäler, den Spitalverwalter, 2 Schullehrer und einige niedere Stadtdiener. Mit dem Gebäude ist eine Kapelle, s. g. Spitalkirche verbunden, die jetzt zum Magazin dient.

6) Der Marstallhof. Er liegt nicht weit von dem Schlosse in einer Nebenstraße, und diente sonst mit den beyden schönen Schloß-Marställen zum Winter-Aufenthalt für das Königl. Gestüt, wozu er 1674 eingerichtet wurde. An denselben stößt der alte „Marschall,“ den die Pfalzgräfin Mechtild, die Mutter Eberhards im Bart zu einem Fruchtkasten einrichten ließ; 1650 wurde auch die vormalige herrschaftliche Bierbrauerey darin errichtet.

Das Forsthaus, Sitz des Forstamts, das nahe am Marktplatze steht. Es ist der ehemalige Carthäuser Hof, „Carthaus am Markt,“ welcher von den Carthäusern zu Güterstein im Jahr 1481, mit Erlaubniß und Begünstigung des Grafen Eberhards im Bart, erbaut wurde. Nach der Reformation wurde es der Sitz des Stifts-Verwalters, 1806 der Sitz des Landvogts, 1818 Wohnung des Helfers und neuerlich der Amtssitz des Oberförsters, der seinen Sitz vorher in der Pfälergasse hatte.

|
Die Einwohner und ihr Nahrungsstand.

Die Anzahl der Einwohner ist oben schon bemerkt. Urach ist eine derjenigen Städte des Landes, die der Bevölkerung nicht sehr günstig sind. Schon im Jahr 1760 zählte die Stadt über 3000, von 1776 bis 1788 über 3200 Eiwohner; zu Anfang des Jahrs 1812 hatte sie nur noch 2693. In den ersten 10 Jahren dieses Jahrhunderts sind 21 Menschen mehr gestorben, als geboren wurden, in den 10 Jahren des oben berechneten Zeitraums hat sich zwar das Verhältnis etwas gebessert, doch sind in dem ganzen Zeitraum nur 45 Menschen mehr geboren, und das Verhältniß der Gestorbenen zu den Lebenden ist wie 1 : 25. Unter den Ursachen dieser ungünstigen Verhältnisse ist die große Sterblichkeit der Kinder im ersten Lebensjahr, sodann ohne Zweifel die große Anzahl von Webern und deren Beschäftigung in den halb unterirdischen Weber-Werkstätten (Tunken), mitunter vielleicht auch das Klima.

Die Einwohner von Urach sind sehr thätig und arbeitsam, mit ihrer Nahrung sind sie mehr auf Gewerbe, als auf Landwirthschaft hingewiesen. Die Markung enthält zwar einen Flächenraum von 8908 M., aber es sind darunter 6131 M. Wald, wovon an 3000 M. dem Staat gehören. S. die Tab. Das Bauland ist ganz auf den engen Thalgrund beschränkt, und es befinden sich darunter nicht mehr als 351 M. Ackerfeld, so daß die Körnerfrüchte größtentheils von der Alp zugeführt werden müssen. Bedeutend ist dagegen der Wiesenbau und die Obstzucht, und in der Viehzucht die Schafzucht. S. die Tab. III. u. S. 78. In älteren Zeiten wurde auch noch Wein gebaut und zwar an der Aichhalde. Noch im Jahr 1635 sagen die Uracher in einer Vorstellung an den Grafen Gallas: „weil sonderlich wir zu Urach gar ein schlechten Frucht- und den geringsten Weinbau haben;“ 1487 werden dem Spital zu Urach drey Viertel Weinberge in der Aichhalden, neben Martin Schumacher gelegen, verschrieben.

| Das Hauptgewerbe ist die Leinenweberey, die Stadt zählt 96 Webermeister mit 50 Knappen. Urach ist ein Hauptsitz der Leinenweberey, und ist es von alten Zeiten her, besonders aber seitdem sich der Herzog Friedrich I. ihre Emporbringung so sehr angelegen seyn ließ. [4] Als Weberplatz | genoß die Stadt auch einen solchen Ruf, daß im Badischen dem Weberknappen, der nach Schlesien oder nach Urach wanderte, ein Jahr von der Wanderschaft nachgelassen wurde. Nach den Webern ist das zahlreichste Handwerk das der Metzger, deren die Stadt 36 zählt. Nicht unbedeutend sind auch die mit der Leinweberey verknüpften Färbereyen, welche besonders viel Cannefaß liefern, und hierin einen vorzüglichen Ruf behaupten. Ferner hat die Stadt 3 bedeutende Papierfabriken, 1 Pulvermühle, 6 Mahlmühlen, wovon 4 in der Stadt sich befinden, und eine, die Schloßmühle, herrschaftlich ist, 4 Ölmühlen, 2 Walkmühlen, 1 Lohmühle, 1 Sägmühle, 1 Gypsmühle, 4 Brauereyen, 14 Branntweinbrennereyen, und 11 Schildwirthschaften, sodann 1 Ziegelhütte, eine der wichtigsten Bleichen, s. u., eine Buchdruckerey und eine Apotheke. Von den Brauereyen sind 3 erst seit 1825 entstanden; bis dahin war nur eine herrschaftliche Brauerey vorhanden, die den Bann über Stadt und Amt und einige vormalige Amtsorte hatte. 1825 kaufte die Amtskörperschaft dem Staate das Bannrecht für 800 fl. ab, und hob es sodann auf. Der Staat verzichtete dabey zugleich auf das Brauerey- und Wirthschafts-Recht. Die Apotheke wurde im Jahr 1604 errichtet, in neuern Zeiten kam noch eine zweyte dazu, die aber voriges Jahr wieder aufgehört hat. Der Handelsverkehr ist ebenfalls nicht unbedeutend, besonders bedeutend ist aber der Leinwandhandel, s. S. 87. Die Stadt ist der Markt nicht nur für den ganzen Amtsbezirk, sondern auch noch für einen Theil des Münsinger und Nürtinger Oberamts. Sie hat deßwegen sehr bedeutende Wochen- und Fruchtmärkte, und Samstags auch einen | Schnellermarkt, (s. S. 93) ferner 6 Jahrmärkte. Der Landboten und Frachtfahrer ist schon S. 93 gedacht.

In neueren Zeiten hat der Verkehr der Stadt durch die Errichtung einer Post und die Anlegung einer Land- und Post-Straße nach Münsingen und Ehingen sehr an Lebhaftigkeit gewonnen. Im Allgemeinen herrscht übrigens nicht viel Wohlstand in der Stadt; einzelne Vermögliche ausgenommen, ist ein großer Theil der Einwohner in sehr mittelmäßigen und ein noch größerer in ganz geringen Vermögens-Umständen.

Bemerkenswerth ist noch, daß Urach auch mehrere ausgezeichnete Männer hervorgebracht hat. [5]

|
Kirchen und Schulen.

Die kirchliche Einrichtung ist die gewöhnliche von evangelischen Städten. Ein Stadtpfarrer der zugleich Dekan ist, steht mit einem Helfer an der Pfarrkirche. Eine andere Kirche als diese ist nicht vorhanden. Zwar gibt es noch eine Spitalkirche, es wird aber längst kein Gottesdienst mehr darin gehalten. Filiale der Kirche sind die zur Stadt gehörigen, unten aufgeführten 9 Parzellen. Die Baulast der Kirche hat das Spital als Heiligenpflege, die der Wohnungen der Geistlichen, (jetzt im Schloß eingerichtet, s. o.) der Staat, vormals die Stiftsverwaltung.

Die Unterrichts-Anstalten der Stadt sind:

1) Eine lateinische Schule mit 2 Klassen, und 2 (früher 3) Lehrern, einem Ober-Präzeptor und einem Präzeptor.

2) Zwey deutsche Schulen, eine Knaben- und eine Mädchen-Schule, je mit einem Schulmeister und einem Provisor.[6]

3) Eine Mädchen-Industrie-Schule in weiblichen Arbeiten, die im Jahr 1827 errichtet wurde, und von der Central-Leitung des Wohlthätigkeits-Vereins unterstützt wird.

Als Staats-Anstalt befindet sich in Urach das Seminar für evangel. Geistliche, das seinen Sitz in dem vormaligen Stift hat, und dessen Einrichtung dieselbe ist, wie die der 3 übrigen Landes-Seminare. Es wurde daselbst am 27. Nov. 1818 eröffnet, die Stadt trug freiwillig 9000 fl. zu der Einrichtung bey.

|
Wohlthätige Anstalten.

Das Spital. Von dem Gebäude war oben schon die Rede. Die ursprüngliche Bestimmung der Anstalt ist die Aufnahme und Verpflegung von Pfründnern und Siechen oder Armen, nicht blos aus der Stadt, sondern auch aus dem Amte und dem Lande. Daneben hat sie aber auch stiftungsmäßig noch zu kirchlichen und Schulzwecken beyzutragen. Die eigene Ökonomie hat mit dem dreyßigjährigen Kriege aufgehört. Auch die Aufnahme von Pfründnern hat sich verloren. Es werden jetzt nur noch Stadtarme aufgenommen, ihre Anzahl beträgt dermalen 18. Sie erhalten freye Wohnung und Holz, und von der Stadt-Armenkasse eine wöchentliche Geld-Unterstützung von 8 bis 48 kr. Das Vermögen der Anstalt besteht dermalen in einem Capital von 30.000 fl. in Grundzinsen, Gülten und in Zehnten zu Pliezhausen und Dörnach; die Einkünfte belaufen sich nach dem neuesten Etat auf 4130 fl. Sie werden verwendet zur Besoldung der Pfarrey Pliezhausen und der Schullehrer in Urach, zu Erhaltung der Kirche, Schul- und Amts-Wohnungen, des Armenhauses, des Pfarrhauses in Pliezhausen und zu andern stiftungsmäßigen Ausgaben. Die Verbindlichkeit der Erhaltung der Armen wird wegen Unzulänglichkeit dermalen von der Stadtpflege erfüllt.

Das Spital wurde im Jahr 1480 von Graf Eberhard im Bart gestiftet. Eberhard setzte zu Administratoren den Prior zu Güterstein, den Propst zu Urach und einen von dem Gericht zu Urach erwählten Bürger mit unbeschränkter Vollmacht und mit der Befugniß, einen Spitalmeister zu wählen. Nach der Reformation traten das Oberamt und der Stadtmagistrat in diese Rechte ein, und die Anstalt wurde nun eine städtische. In dem Stiftungsbrief ist von keiner Dotation die Rede, aber wenige Tage nach der Stiftung übergab der Graf, laut Urkunde, der Anstalt die bedeutende Korngült von 50 Maltern Roggen und 100 Malter Dinkel zu Ditzingen, OA. Leonberg. Später kamen noch weitere einzelne Stiftungen und das halbe Patronatrecht zu | Pliezhausen dazu. Im Jahr 1524 kaufte nämlich das Spital mit dem Spital Nürtingen von dem Gotteshaus Allerheiligen zu Schaffhausen um 3600 fl. den Kirchensatz nebst Zehnten und Gefällen zu Pliezhausen, s. u.

Unter den besondern, zu dem Spital gemachten Stiftungen sind auszuheben:

a) Die Stiftung des Bürgermeisters Enslin mit 1000 fl. für 5 arme Bürger;

b) die Stiftung der Bürgermeisterin Lenz mit 500 fl. für 5 arme Frauenspersonen;

c) die Stiftung des Prälaten von Köstlin mit 300 fl. für Schulbücher;

d) die Stiftung des Prälaten Stockmayer in Bebenhausen mit 600 fl. für studirende Uracher, vorzugsweise Theologen.

Mit der Spital-Verwaltung sind verbunden:

1) Das Armenhaus (Bettelhaus), das außerhalb der Stadt steht, außer freyer Wohnung aber, welche Stadtarme darin erhalten, nichts gewährt. Im Nothfall dient es auch als Lazareth. Ein Siechenhaus stand einst am Fuße des Thiergartenbergs; es wurde aber im dreyßigjährigen Kriege während der Belagerung von Hohen-Urach zerstört. Ferner sind mit der Spital-Verwaltung seit 1814 die beyden folgenden Pflegen verbunden:

2) Gemein-Almosen. Die Grundlage davon bildete der alte Kirchenheiligen-Fonds. Nach vollendetem Kirchenbau blieb aus den Geldern, welche der päpstliche Ablaß eintrug, noch ein jährliches Einkommen von 250 fl. übrig. Im Jahr 1499 verglich sich das Stift mit der Stadt dahin, daß von jener Summe das Stift 120 fl. zu Erhaltung des Stiftsgebäudes, die Stadt aber 130 fl. als Heiligenfonds beziehen, und davon Kirche und Kirchengeräthschaften erhalten solle. Bey der Organisation der milden Stiftungen im Jahr 1537 wurden dem Heiligen auch noch die Vigilien-Gelder, Bruderschaftspflegen und andere, durch die Reformation erledigten Einkünfte überlassen, und unter dem ungeeigneten Namen: „Gemein-Almosen“ (sonst auch Armenkasten) zusammengefaßt.

| 3) Gestift-Almosen. Es besteht in einzelnen Stiftungen für Arme, hauptsächlich in Brodstiftungen, die von der Zeit der Reformation an gemacht worden sind. Vermögen und Einkünfte von dem Stift- und Gemeine-Almosen sind oben schon unter denen des Spitals begriffen.

4) Stipendien oder Stiftungen für Studirende.

a) Die Schwanische Stiftung, gestiftet von Stephan Schwan, Bürger und Kaufmann in Urach im Jahr 1661 mit 2010 fl., sodann von seinen Erben, Maria Schwan, Lorenz Schwan und Philipp Rau im Jahr 1665 mit 1500 fl. unter der Bestimmung, daß die auf der Universität studirenden Schwanischen Verwandten, in deren Ermanglung aber die ärmsten Uracher Bürgers-Söhne in dem Stift zu Tübingen davon die Zinse, letztere jedoch nicht mehr als jährlich 25 fl. genießen sollen. Beyde Stiftungen zusammen sind jetzt auf 6607 fl. angewachsen. Die Verwaltung soll der Spezial, Bürgermeister und Gericht führen. Ausführliche Nachrichten darüber finden sich in Mosers Erläut. Würtemberc. S. 96 u. ff.

b) Die Müllerische Stiftung, gestiftet von Nicol. Myler ab Ehrenbach (s. S. 109) im Jahr 1677 mit 4000 fl., vorzugsweise für Studirende (Theologen) seiner Vaterstadt Urach. Die Verwaltung hat der Ephorus des theol. Seminars in Tübingen zu führen, die Vergebung des Stipendiums, wovon eine Portion stiftungsmäßig in 20 fl. besteht, geschieht durch den K. Studienrath. Der Grundstock ist nunmehr auf 11.068 fl. 16 kr. angewachsen. Außer diesen und andern Stiftungen vermachte Myler auch 200 fl. für einen jeweiligen Helfer in Urach, welche bey dem Spital administrirt werden.

c) Die Strylinische Stiftung. Sie wurde von Jakob Strylin, Canonicus der Stiftskirche zu Urach, im Jahr 1516 mit der Bestimmung gestiftet, daß von seinem Vermögen jährlich die Zinse von 100 Pfund an Studirende der Theologie zu Tübingen vertheilt werden sollen. Als berechtigt dazu werden erkannt die Verwandten des Stifters und Uracher Bürgerssöhne. Sie beträgt nun 17.000 fl. Die Verwaltung ist bey der Universität.

d) Die Stockmayerische Stiftung, s. o.

Gemeinde-Verwaltung und weitere Anstalten. Die Gemeinde-Verwaltung ist in neuern Zeiten geordnet und der Zustand im Ganzen gut. Die Stadt hat zwar noch, wie die Tabelle zeigt, eine nicht unbedeutende Schuld, dagegen besitzt sie auch ein schönes Vermögen in Grund-Eigenthum. Sie hat namentlich über 3000 M. Waldungen | und ist seit neuerer Zeit Eigenthümerin des Pfählhofes. Die Erwerbung dieses Guts und das wohl berechnete Opfer, das sie im Jahr 1818 für die Errichtung des Seminars in ihren Mauern brachte, trugen natürlich auch zu den Schulden bey. Über die weitern Verhältnisse des Gemeinde-Haushalts s. Tab. IV. Das Wappen der Stadt ist das Wappen der alten Grafen von Urach, ein rothes Jägerhorn mit blauem Bande und drey Straußenfedern (roth, blau und weiß) im Mundloche; letztere sind jedoch erst später hinzugekommen.

Eine Armen-Spinnanstalt, die im Jahr 1812 errichtet worden, ist vor einigen Jahren wieder eingegangen. Eine Unterrichts-Anstalt in der Doppelspinnerey war im Jahr 1826 zu Urach mit öffentlicher Unterstützung errichtet worden, um die Doppelspinnerey im Lande zu verbreiten. Nachdem dieser Zweck erreicht war, wurde sie 1828 wieder aufgehoben. Vergl. S. 58.

Die Brunnen-Anstalten sind in Urach vorzüglich gut und die Brunnen liefern ein treffliches, jedoch nicht jedem Magen zuträgliches Wasser. Die Stadt hat 11 Röhrbrunnen, worunter sich besonders der Marktbrunnen durch seinen gothischen Brunnenstock mit dem Standbilde des h. Christophs auszeichnet. Er wurde ums Jahr 1551 erbaut. Die Brunnen erhalten ihr Wasser aus dem s. g. Ursprung im Eckis (Weckhis) am Aichhaldenberg, durch das schöne Stadt-Brunnenwerk, das zu derselben Zeit gebaut, später aber weiter ausgeführt wurde. Es wurden nämlich 1563 und 1566 mit Bewilligung des Herzogs Christoph alle Brunnen sowohl in der Stadt, als im Schloß, wo schon vorher der s. g. Weckhisbrunnen, bestand, mit bleyernen Leitungen aus „dem Weckhis“ versehen. Die Herrschaft bezahlte 2/3, die Stadt 1/3 daran. S. Quellen, S. 29 und 30.

Die Märkte sind oben schon angezeigt, von 2 derselben ertheilte der Herzog Friederich I. die Gerechtigkeit, s. u. Eine besondere Erwähnung verdient hier noch

Der Schäfermarkt, der im Jahr 1724 mit denen zu Heidenheim und Wildberg durch Vertheilung des älteren | Markgröninger Schäfermarkts errichtet wurde. Es vereinigt sich in demselben ein Krämer- und Viehmarkt, besonders Schafmarkt, mit einer Zusammenkunft derjenigen Schäfer des Landes, welche zu Urach ihre Lade hatten. Diese Zusammenkunft ist mit Gottesdienst, feyerlichen Aufzügen und einem Wettlaufe, Schäferlaufe, verbunden, und gibt Veranlassung zu einem außerordentlichen Zusammenflusse von Menschen; der Tag, an welchem er gefeyert wird, der Jakobi-Tag, ist ein eigentliches Volksfest für die weite Umgegend. Der Schäferlauf findet jedoch nur alle zwey Jahre statt. Die Auflösung der Schäferzunft hat zwar diesem Feste seine eigentliche Veranlassung entzogen, indessen sucht es die Stadt noch ferner zu erhalten.

Eine Schießstätte liegt vor dem obern Stadtthor; es ist ein schöner, mit Bäumen umfaßter Wiesenplan, der auch zum Viehmarkt dient.

Der Begräbnißplatz liegt innerhalb der Stadtmauer, hinter dem Spital. Er wurde von Graf Eberhard im Bart 1479 von der Kirche dahin verlegt. Auf demselben, dem abgesonderten Platze des Pilger-Begräbnisses, liegt der unglückliche Nikodemus Frischlin in Gesellschaft des Kanzlers Enzlin begraben. S. Hohen-Urach.

Unter den vormaligen Anstalten der Stadt sind noch zu bemerken: das Badehaus und ein Nonnenkloster, das die Stadt in der Nähe des oben abgehandelten Chorherrnstifts hatte.

Das Badehaus stand unterhalb des Markts an der Stadtmauer und erhielt sein Wasser aus dem Badebrunnen, einem nun zugedeckten Pumpbrunnen auf dem Markte; das Haus wurde 1664 verkauft, und ist jetzt eine Färberey. Von dem Geyerbade wird unten noch die Rede seyn.

Das Nonnenkloster, die Clause genannt, war ein Beguinenhaus. Nach einer im Jahr 1537 vorgenommenen Aufnahme ihres Vermögens – „der Schwester-Sammlung zu Urach“ – hatten sie Gefälle zu Urach, Bempflingen, Groß-Bettlingen, Kirchheim, Frickenhausen, Linsenhofen und Kohlberg. Bey der Reformation befanden sich 10 Schwestern in | der Clause, welche größtentheils sich nach Offenhausen versetzen ließen. Das Haus wurde die Wohnung des Stadtpfarrers.

Die Stadt ist von mehreren schönen Gärten umgeben, worunter insbesondere der Lenzische Garten bemerkt zu werden verdient. Er liegt an dem steilen Hochberg, und wurde hier vor etwa 30 Jahren von dem Kaufmann Lenz angelegt, wo er jetzt eine Zierde der Stadt und der Gegend ist. In demselben hat sich der Eigenthümer eine kleine Sternwarte erbaut und sie mit schönen astronomischen Instrumenten versehen. An demselben befindet sich auch der neuerlich angelegte Büchelerische Biergarten, ein Erhohlungs-Platz der Uracher.


Die Geschichte der Stadt.
Die Stadt Urach gehörte vor Zeiten den Grafen von Urach und war die Hauptstadt ihrer Grafschaft. Von ihnen kam sie, wie wir nachher sehen werden, mit der Grafschaft Urach in der Mitte des dreyzehnten Jahrhunderts an das Haus Würtemberg. Der Ursprung der Stadt ist unbekannt. Was die Chroniken von einem Jagdschloß des Kaisers Caracalla daselbst erzählen, ist eben so unwahrscheinlich, als daß das römische Arae Flaviae auf der Stelle von Urach gestanden oder daß das Wriacha, dessen der Geographus Ravenn. im Jahr 650 erwähnt, auf unser Urach Bezug habe. Im Jahr 1137 kommt, wie wir oben gesehen, ein Egilof, Priester von Urach, Presbyter de Uraha, vor, und dieß ist die erste, etwas zuverläßige Nachricht von Urach der Stadt. In der Tauschurkunde über Urach und Wittlingen, im Jahr 1254, ist ein Schultheiß Herrmann von Urach, Hermannus Scultetus de Urah, unterzeichnet, woraus man schließen könnte, daß der Ort damals schon eine städtische Verfassung gehabt habe. Auch wird Schloß und Stadt Urach unter denjenigen Plätzen genannt, welche bey dem Einfall Conrads von Weinsberg und der Reichsstädte in Würtemberg im Jahr 1311 nicht bezwungen werden konnten.[7] | Der Umfang des Städtchens war lange Zeit sehr klein, er umfaßte blos die untere Stadt, welche dermalen noch Altstadt oder Musel genannt wird, und wovon die Ringmauer noch im siebzehnten Jahrhundert stand. Auf der Anhöhe, in dem jetzigen Schloßgarten, stand die Burg, vielleicht älter, als Hohen-Urach. [8] Erst nachdem Urach eine Würt. Residenz geworden war, bildete sich die Stadt weiter aus. Graf Ludwig I. erbaute das neue Schloß, sein Sohn Eberhard das Stift und die Kirche, s. o., die Einwohner der benachbarten Weiler, insbesondere die von Pfälen, zogen in die Stadt, und es entstand die zweyte Hälfte derselben, die obere Stadt. Von ihnen soll die Pfälergasse ihren Namen haben. Der Name der Gasse, wie der des Thors, könnte jedoch auch davon herrühren, daß sie nach Pfälen führten. Graf Eberhard sorgte auch für die Verschönerung der Stadt; 1472 verordnete er, daß die Häuser statt mit Stroh, mit Ziegeln bedeckt werden sollen; er errichtete zu dem Ende in demselben Jahre eine Ziegelhütte in dem Pfälerthal, wovon vermuthlich der Bezirk noch den Namen „Zittelstatt“ hat. Herzog Friedrich I. erbaute die Weber-Vorstadt und trug überhaupt viel zum Emporkommen der Stadt bey.

Der Grund zu der Weber-Vorstadt wurde den 29. Juni 1599 außerhalb der alten Stadtmauer gelegt. Es wurden von dem Herzog 29 regelmäßige Wohngebäude mit Weber-Werkstätten erbaut, und den von ihm auserwählten Leinwebern eingeräumt. Der Eingang in die dadurch entstandene Vorstadt wurde mit einem eigenen Thore versehen, das erst 1770 abgebrochen und zum Thiergarten-Thor verwendet wurde. Nach dem Tode Friedrichs wurden die Häuser allmählig den Webern käuflich überlassen.

Während der Theilung Würtembergs, unter zwey Linien, 1441 bis 1482, war Urach die Hauptstadt und Residenz der einen Linie. Aber auch vor und nach dieser Zeit hielten | die Grafen und Herzoge von Würtemberg häufig hier Hof, wie denn schon Graf Eberhard der Milde 1380 sein Beylager mit der Prinzessin Antonia von Mailand hier feyerte, und Graf Ludwig I. schon vor der Theilung das benachbarte Kloster Güterstein zum Erbbegräbniß bestimmte. Noch im Jahr 1611, als zu Stuttgart die Pest ausbrach, zog der Herzog Johann Friederich mit Hof und Kanzley nach Urach, und verweilte 29 Wochen lang daselbst, – vom 16. September 1611 bis 6. April 1612.

Eberhard im Bart verlieh der Stadt 1468, 1479 und 1484 verschiedene Freyheiten; der letzte Freyheitsbrief wurde von dem Grafen in Gemeinschaft mit seinem Vetter, dem Grafen Eberhard d. j., zur Schadloshaltung für den Verlust der Residenz gegeben. Die Stadt und ihre Einwohner wurden dadurch „aller Schätzungen, alles Landschadens und aller Dienst“ frey gesprochen, mit Ausnahme der Kriegsdienste, wenn der Graf selber mitzieht, und der jährlichen ordentlichen Steuern, Zins und Gült.[9] Der Brief ist abgedruckt in Gutschers Eberhard, S. 263, Stuttgart 1822. Laut Lagerbuchs von 1554 hatte die Herrschaft der Stadt auch den Wegzoll überlassen. Die Stadt hatte dagegen sämmtliche Straßen auf ihrer Markung zu bauen, und jährlich an die Herrschaft 12 fl. zu bezahlen. Von Herzog Friedrich I. erhielt die Stadt 1602 und 1603 die Erlaubniß, zu ihren 2 Jahrmärkten noch 4 weitere zu halten.

In neuerer Zeit, da Würtemberg im Jahre 1806 die Eintheilung in Kreise erhielt, wurde Urach eine der Kreisstädte und Sitz des Kreishauptmanns, und bey der Verwandlung der Kreise in Landvogteyen im Jahr 1810 Sitz einer Landvogtey bis zu der neuen Organisation im Jahr 1817.

| An die Geschichte der Stadt Urach knüpfen sich manche einzelne merkwürdige Ereignisse, besonders aus dem Leben und Wirken des Herzogs Eberhard im Bart, der den größten Theil seines Lebens in Urach zubrachte. In dem Schlosse daselbst (nicht auf Hohen-Urach) ward den 11. Dez. 1445 der vortreffliche Herzog Eberhard I. (im Bart) geboren.[10] Von hier aus machte Eberhard 1468 seine Reise nach Italien und Palästina; hier schloß er 1473 den merkwürdingen Uracher Vertrag; hier feyerte er 1474 seine glänzende Vermählung mit der schönen Barbara von Mantua.[11]

In dem Schlosse zu Urach erblickte auch der Herzog Christoph den 12. Mai 1515 das Licht der Welt, und zwey Jahre vorher, 1513, hatte sein Vater, der Herzog Ulrich, dem Churfürsten Ludwig von der Pfalz und andern Reichsfürsten daselbst eines der glänzendsten Turniere gegeben.

In Urach wurde von dem Grafen Eberhard im Bart 1477 auch die erste Papiermühle des Landes errichtet, und damit der Papiermacher Antonio Threiner aus Castilien belehnt. Ferner erhielt Urach, auf Veranlassung Eberhards, eine der ersten Buchdruckereyen. Es war Conrad Fyner von Gerhausen, der 1481 und 1482 in dem Stifte daselbst druckte. Unter dem Schutze des Herzogs Christoph wurde 1562 die erste Bibel-Anstalt daselbst errichtet.[12]

| Einige merkwürdige Auftritte hatten auch die Vertreibung des Herzogs Ulrich und, wie wir nachher sehen werden, die Reformation zur Folge. Die Uracher waren dem Herzog Ulrich nicht sehr ergeben, sie hielten es vielmehr, wie ihr Obervogt Dietrich Spät, mit der Herzogin Sabina, welche getrennt von dem Gemahl, einige Zeit lang in Urach lebte. Der Untervogt Stephan Weiler hing dagegen dem Herzog an und war auch einer von denjenigen, die der Herzogin nachsetzten, als sie, von Spät begleitet, entfloh. Als nun nach der Vertreibung Ulrichs im Jahr 1519 Dietrich Spät als Obervogt die Huldigung für den schwäbischen Bund in Urach einnehmen wollte, Stephan Weiler aber sich widersetzte, wurde dieser in einem Auflaufe am 9. April von den Bürgern erschlagen, worauf dann nicht nur von den Bürgern gehuldigt, sondern auch die Besatzung auf Hohen-Urach von ihnen genöthigt wurde, die Festung an den schwäbischen Bund zu übergeben, sobald der Vater Ulrichs, der Herzog Heinrich, am 16. April daselbst gestorben war. Als der Herzog Ulrich später am 6. Sept. 1519 mit gewaffneter Macht vor die Stadt rückte, widersetzten sich die Uracher so hartnäckig, daß er noch am Abend desselben Tags wieder abzog. Die Herzogin Sabina aber, die sich, wie erzählt | wird, in der Stadt befand und die Absicht gehabt haben soll, das Uracher Amt für sich zu behaupten, hatte eilends die Flucht ergriffen.

In kirchlicher Beziehung bietet Urach ebenfalls manches Merkwürdige dar. Die Uracher Kirche St. Mariä, Andreä und Amandi ist eine alte Pfarrkirche. Ein Presbyter von Ura schenkte ums Jahr 1137 dem Kloster Zwiefalten ein Gut zu Grötzingen. In der Tauschurkunde über Wittlingen und Urach vom 19. April 1254 vertragen sich beyde Theile wegen des Patronats der Kirche zu Urach, und in einer zweyten Urkunde über denselben Gegenstand vom 26. April ist ein Walther quondam Decanus in Ura unterzeichnet. Die Kirche wurde allmählig an Altären, Pfründen und Einkünften eine der reichsten; es stifteten 1357 die Bürger von Urach die Frühmeß – Heiligkreuz-Caplaney, 1365 Conrad von Glaheim, Kirchherr in Dettingen, die Marien-Caplaney mit Gefällen zu Zainingen, Fellbach und Stuttgart; 1402 Schultheiß und Gericht zu Urach die St. Georgs- und Leonhards-Caplaney; 1403 ebendieselben die St. Veits-Caplaney und 1521 die Bürger zu Urach die Pfründ „zu Ehren aller Gläubigen“ in der Pfarrkirche (nicht in der Spitalkirche). Die auf diese Weise wohl besetzte Kirche wurde endlich von Graf Eberhard im Bart in eine Stiftskirche verwandelt.

Das Stift, welches der Graf damit verband, war ein regulirtes Chorherrnstift nach der Einrichtung der Chorherren von der Windesheimer Congregation, welche Eberhard nachher auch andern Collegiatstiftern des Landes gab. Graf Eberhard hatte bald nach seinem Regierungs-Antritt den Entschluß gefaßt, die Pfarrkirche zu einer Stiftskirche zu erheben. Im Jahr 1477 wurde endlich dieses Vorhaben ausgeführt, nachdem der Papst Sixtus IV. durch eine Bulle vom 1. May 1477 seine Einwilligung dazu gegeben hatte. Am 16. August geschah die feyerliche Erhöhung der Kirche zu einem Stifte, die Ernennung der Chorherren des Stifts und die Wahl des Propstes. Der erste Propst war Benedikt | von Helmstadt, vorher Propst zu Marienthal, auf welchen aber schon 1480 der berühmte Gabriel Biel folgte, der vorher Propst eines gleichen Stifts zu Butzbach und Präsident der Congregation der Chorherren von der neuen Ordnung war. Dem neuen Stifte wurde die Pfarrkirche mit allen ihren Altarpfründen nebst zwey Caplaneyen der Pfarrkirche zu Dettingen einverleibt. Graf Eberhard überließ ihm auch das Patronat der St. Florianskirche zu Metzingen, und verlieh ihm 1482 noch besondere Rechte und Freyheiten. In der Folge erwarb das Stift noch weitere Einkünfte und Rechte, namentlich 1483 das Patronat-Recht und den Zehnten zu Grabenstetten von Dietrich und Hans den Späten für 2200 fl. Im Jahr 1516 wurde es auf mehrfache Beschwerden der Stände gegen die neue Einrichtung und die Kappenherren, wie die Chorherren von ihrer Kleidung genannt wurden, mit andern ähnlichen Stiftern des Landes kraft einer Bulle des Papstes Leo X. vom 19. April 1516 [13] wieder aufgehoben und in eine Art von weltlichem Chorherrenstift verwandelt, bis die Reformation nicht lange hernach, 1537[WS 1], auch diesem ein Ende machte.

Vor der Reformation hatte Urach außer der Pfarrkirche und der Spitalkirche auch zwey Capellen:

1) Die St. Michaels-Capelle an der Spitze des Hohenbergs, oberhalb der Stadt; die Bergspitze heißt noch Michels-Cäpele.

2) Die St. Nicolai-Capelle unterhalb der Stadt auf dem Closenwasen, der davon den Namen hat. Zu diesem kam

3) die Capelle auf Hohen-Urach. S. u.

In die St. Nicolai-Capelle stiftete Graf Ludwig II. v. W. 1457 zwey Pfründen mit Vorbehalt der Verleihung; 1483 wurde für die Capelle ein päpstlicher Ablaß ertheilt.

Die Kirchen-Reformation wurde in Urach, wie im ganzen Lande, im Jahre 1535 begonnen. Schon früher vor der Rückkehr des Herzogs Ulrich waren zwar Bewegungen | zu Gunsten der lutherischen Lehre in der Stadt entstanden, aber sie wurden jedesmal wieder unterdrückt. Sie fanden insbesondere in dem Obervogt Dieterich von Spät, der in jedem Anhänger der neuen Lehre einen Anhänger des Bauern-Aufruhrs, an dem übrigens die Uracher keinen Theil genommen hatten, und des vertriebenen Herzogs Ulrich erkannte, heftigen Widerstand. Im Jahr 1525 ließ er einen Priester von Unterhausen in Urach mit Ruthen auspeitschen, ein anderer, der dahin gekommen war, um dort die evangelische Lehre zu verkünden, wurde gehenkt, ein Bürger wurde geviertheilt und fünf andern wurden die Köpfe abgeschlagen. Zehn Jahre später kam Herzog Ulrich selbst nach Urach und stellte der Gemeinde in der Kirche daselbst den von ihm mitgebrachten Meister Wenzel (Wenceslaus Strauß), einen Schweizer, als evangelischen Prediger vor. Die Zahl der Geistlichen wurde nun bald, nachdem das Stift 1537 aufgelöst worden war, auf einen Stadtpfarrer, einen Helfer und einen Organisten oder Unterhelfer herabgesetzt; die Stelle des letztern wurde 1568 wieder aufgehoben.

Die besondern Schicksale der Stadt betreffend, bemerken wir noch Folgendes:

Im dreyßigjährigen Kriege 1634 wurde die Stadt 12 Tage lang vom 21. Octob. bis 2. Nov. von dem Obersten Buttler und nachher Mora unter dem Commando des General Gallas belagert. Sie leistete hartnäckigen Widerstand, that mehrere Ausfälle und wies alle Aufforderungen zur Übergabe zurück, bis der Aufflug ihres Pulverthurms sie nöthigte, sich auf Gnad und Ungnad zu ergeben, worauf denn die Stadt der Plünderung preis gegeben wurde. Das Schicksal, ausgeplündert zu werden, hatte die Stadt auch 1638 wieder. Im Jahr 1707, den 15. April, flog die Pulvermühle in die Luft und richtete schreckliche Verwüstung in der Stadt an. S. Kirche.

Von den neueren Kriegs-Ereignissen scheint die Stadt weniger, als andere, betroffen worden zu seyn. An Jakobi 1796 rückten die ersten Franzosen unter General Vandamme | ein; nach der Schlacht bey Amberg, am 28. Sept. 1796, kam der österreichische General Nauendorf mit 22.000 Mann nach Urach, setzte aber seinen Marsch am folgenden Tage weiter nach Tübingen fort. S. o. S. 11.

Unter mehreren Überschwemmungen, von welchen die Stadt und das Thal heimgesucht worden sind, war die im Jahr 1789, welche in Metzingen so große Verheerungen anrichtete, die furchtbarste. Sie riß mehrere Brücken, die Hammerschmide und eine Sägemühle weg; zwey Menschen verloren dabey das Leben.


Hohen-Urach.
Die zerstörte Bergveste von Urach liegt äußerst malerisch 1/4 Stunde unterhalb der Stadt an der Landstraße auf einer steilen Felsenkuppe, eines von der Alp vorspringenden Bergstockes, von welcher ihre Ruinen hoch in das Thal und in die Stadt berabschauen, 2160 P. oder 2449 W. F. über der Meeresfläche. Die Überreste dieser alten Veste sind noch sehr ansehnlich, und Gräben, Mauern, Thürme und Gewölbe zeugen von der ehemaligen Festigkeit des Platzes. Die Veste enthält drey Abtheilungen: 1) die untere Festung mit der Schloßkapelle, wovon noch die Mauern stehen,[14] 2) die obere Festung, unmittelbar über der untern, 3) die innere Festung oder das Schloß auf dem vordersten Felsengipfel. In Felsen gehauene Gräben trennen die verschiedenen Abtheilungen von einander. Um in den obersten Theil zu gelangen, hatte man 4 Thore zu passiren. Von den Ruinen des Schlosses genießt man eine zwar beengte, aber sehr reizende Aussicht in das fruchtbare Thal und durch dieses auf Hohenheim und die Filder hinab, eine Aussicht, die zu der Wildheit der Natur in der nächsten Umgebung ein auffallendes Gegenspiel bildet. Am Fuße des Bergs stand ehemals ein zu der Festung gehöriger Viehhof, der während der Belagerung der Festung | im dreyßigjährigen Krieg abgebrannt und nicht wieder aufgebaut wurde. Graf Eberhard d. ä. hatte hier einen Fohlen-Hof, der 1490 und 1493 vorkommt.

Von wem und wann die Festung erbaut worden, ist gänzlich unbekannt. Man weiß nur soviel, daß sie einst der Sitz der Grafen von Urach war, wenigstens saß hier der letzte Sprosse des Hauses, Graf Berthold, und in der bey Wittlingen näher angeführten Tausch-Urkunde vom Jahr 1254 wird ihm und seiner Gemahlin ausdrücklich der Sitz auf der Veste Urach vorbehalten.

Graf Ludwig I. von Würtemberg soll die Veste im Jahr 1427 neu hergestellt haben. Ob aber je die Grafen von Würtemberg einen ordentlichen Aufenthalt darauf gehabt haben, möchte sehr zu bezweifeln seyn; es ist sogar wahrscheinlich, daß selbst die Grafen von Urach mehr in der Stadt, als hier sich aufhielten.

Bey der Vertreibung des Herzogs Ulrich 1519 wurde die Festung, wie schon bemerkt worden, von dem schwäbischen Bund in Besitz genommen. Als Ulrich 1534 wieder zurückkehrte, rückte er mit dem Landgrafen Philipp von Hessen vor die Festung und beschoß diese aus zwey Schlangen, worauf die Besatzung am folgenden Tag capitulirte. Im Schmalkhaldischen Kriege, 1547, mußte sich die Stadt und Festung an den Herzog Alba ergeben. Im dreyßigjährigen Kriege hielt sie eine neunmonatliche Belagerung von dem Obersten Mora aus. Der Commandant der Festung, dem der Herzog Bernhard von Weimar die Verteidigung übergeben hatte, war der Oberst-Lieutenant Holzmüller; er wehrte sich, bis ihn der Hunger zur Übergabe nöthigte, die am 24. July 1635 geschah. [15] Von dieser Zeit an blieb die Festung in österreichischem Besitze, bis sie nach dem Frieden | im September 1649 zurückgegeben wurde. 1694 schlug der Blitz in den Pulverthurm, der mit einer Erschütterung in die Luft flog, die auf mehrere Stunden verspürt wurde. Indeß erhielt sich die Festung bis über die Mitte des letzten Jahrhunderts und hatte bis dahin auch ihren eigenen Commandanten mit einer kleinen Besatzung. Im Jahr 1767 gab der Herzog Carl den Befehl zum Abbruch; der Haupt-Beweggrund dazu war: Ziegel und Steine für den Bau des Jagdschlosses Grafeneck zu gewinnen. Aus demselben Grunde, um Steine für den Bau eines Stalles auf dem Rutschenhof zu erbeuten, wurde leider auch noch im Jahr 1815 in den Resten der Festung gewühlt. Indeß ist der Rutschenhof selbst wieder untergegangen, die Ruinen der Veste aber stehen noch Ehrfurcht gebietend, und werden stehen und den Wanderer anziehen, wenn die meisten Schöpfungen späterer Zeit längst wieder verstaubt sind. Unter den Erinnerungen, welche an diese Ruinen sich knüpfen, rufen wir noch folgende ins Gedachtniß:

Im Jahr 1490 ließ Graf Eberhard im Bart seinen Vetter Heinrich, den Vater des Herzogs Ulrich, wegen Geistes-Zerrüttung auf die Festung Urach in Verwahrung bringen. Seine edle Gemahlin Eva folgte ihm dahin in die Gefangenschaft, und blieb bey ihm, bis er im Jahr 1519 auf der Festung starb. Während dieser Zeit gebar sie ihm 1496 eine Tochter Maria, nachherige Herzogin von Braunschweig-Lüneburg und einen Sohn Georg, den Stammhalter des Würt. Hauses.

Im Jahr 1590 wurde Nicodemus Frischlin, der berühmte Dichter und Gelehrte, als Opfer seines beißenden Witzes und rachsüchtiger Gegner auf die Festung gesetzt. Vergeblich auf seine Erlösung harrend, faßte er endlich den Entschluß, zu entfliehen. In der Nacht vom 29ten auf den 30. Nov. d. J 1590 zerschnitt er seine Leintücher und band sie zu einem Seile zusammen, brach durch den Ofen aus seinem Kerker, erkletterte die hohe Festungsmauer, und ließ sich an seinem an der Mauer befestigten Seile hinab. Aber | das Seil brach, und der Unglückliche wurde am andern Morgen todt und zerschmettert auf den Felsen gefunden.[16]

Auch der berüchtigte Kanzler Enzlin saß lange Zeit als Gefangener auf der Festung, bis ihm endlich sein Urtheil gesprochen und er am 22. Nov. 1713 auf dem Markte zu Urach enthauptet wurde, nachdem vorher der von ihm verführte Commandant der Festung dasselbe Schicksal gehabt hatte.[17]


Die Grafen von Urach.

Auf der Burg Hohen-Urach saßen einst die Grafen von Urach, ein angesehenes Geschlecht, wovon noch in dem Hause Fürstenberg ein Zweig übrig ist. Schöpflin will zwar eine Burg Urach auf dem Schwarzwalde, wovon sich noch Überreste in der Gegend von Lenzkirch finden, zur Stammburg der Grafen machen, und ihm folgt theilweise Gerbert,[18] allein diese Meinung ist längst widerlegt, und sie widerlegt sich schon dadurch, daß jenes Urach erst durch die Zähringische Erbschaft an das Gräfliche Haus Urach gekommen ist.

Ohne Zweifel sind die Grafen von Urach und die Grafen von Achalm aus Einem Stamm entsprossen; denn nicht nur findet man die gleichen Vornamen, sondern auch die gleichen Besitzungen in beiden Häusern, wie denn z. B. die Grafen von Achalm sogar ihr Familien-Begräbniß zu Dettingen bey Urach hatten. Wann und wie aber der Stamm in die beiden Häuser sich getheilt habe, ist bis jetzt noch unaufgeklärt, wenn gleich neuere Schriftsteller darüber, als von einer bekannten Sache, sprechen. Der erste Graf von Urach, den man kennen lernt, heißt Egino, Egon – der gewöhnliche Name in dem Geschlechte. Er lebte in der Mitte des 11ten Jahrhunderts. Zu derselben Zeit lebten | zwey Brüder, die Grafen Egino und Rudolph, wovon jener die Burg Achalm erbaute, dieser sie vollendete. S. Achalm. Dieß gab Veranlassung, Egino den Grafen von Urach und Egino den Erbauer von Achalm für eine Person zu halten, und anzunehmen, die beiden Brüder haben unter sich das väterliche Erbe getheilt, und Egino sey der Stifter des Uracher, Rudolph aber der Stifter des Achalmer Hauses geworden. Diese Meinung, welche der Verstorbene Rektor Schmidlin zuerst als Hypothese aufgestellt hat, [19] wurde bald zu einer historischen Thatsache erhoben. Sie zeigt sich jedoch bey näherer Prüfung durchaus als unhaltbar; denn 1) ist überall nicht von einer Theilung zwischen den Brüdern Egino und Rudolph die Rede; 2) wenn aber auch eine solche Theilung stattgefunden hätte, so ist nicht einzusehen, was den Bruder Egino als Grafen von Urach noch hätte veranlassen können, zu seinem Sitze Urach noch vor seinem Ende einen zweyten Sitz, die Burg Achalm zu bauen, und diesem Unternehmen sogar ein kostbares Gut, das Gut Schlatt in der Nähe seines Sitzes Urach zu opfern, s. Achalm; 3) ist in dem ausführlichen Verzeichnisse, welches die Zwiefalter Annalen von den Orten geben, die zu dem gemeinschaftlichen Besitze der beyden Brüder gehört haben, der Burg oder Stadt Urach, oder einer Zugehörung derselben mit keinem Worte gedacht; 4) aber starb Graf Egino der Bruder Rudolphs ohne Kinder, und hinterließ seinem Bruder das väterliche Gut allein. Er konnte also weder der Stammvater eines eigenen Hauses seyn, noch wahrscheinlicher Weise mit Rudolph getheilt haben. Die Zwiefalter Annalen, namentlich Berthold und Ortlieb, und diese müssen doch für Hauptquellen | gelten, sagen ausdrücklich, daß Egino die unvollendete Burg Achalm cum amplissimo patrimonio seinem Bruder hinterlassen habe. Ebenso Sulger (I. 3. und 10.) wo bestimmt gesagt ist, daß Rudolph der Erbe seines Bruders Egino gewesen sey.

Aus diesem Allem ergibt sich, daß Egino, der Bruder Rudolphs, und Egino I. von Urach zwey verschiedene Personen waren, und daß die in dem Hause vorgenommene Theilung schon früher vor sich gegangen seyn muß.

Die urkundliche Geschichte des Hauses Urach – an Fabeln aus älterer Zeit fehlt es auch hier nicht – von Egon I. bis Berthold, dem letzten Grafen von Urach umfaßt einen Zeitraum von zweyhundert Jahren, von der Mitte des 11ten bis in die Mitte des 12ten Jahrhunderts. Da das Haus zu den ausgezeichnetsten und merkwürdigsten des Vaterlandes gehörte, so wollen wir bey demselben etwas ausführlicher seyn, und seine Glieder der Reihe nach aufführen.

1. Egon I. Es wird seiner nur einmal gelegenheitlich gedacht, indem die Zwiefalter Annalen den Cardinal Cuno einen Sohn Egons, des Grafen von Urach und Oheim der Zwiefalter Nonne Alberada nennen. Nach dieser Verbindung muß Egon in der Mitte des 11ten Jahrhunderts gelebt und folgende Kinder gehabt haben:

1) Egino oder Egon II. s. n.

2) Cuno, oder Conon, Conrad, der eben genannte Cardinal. Er war einer der einflußreichsten Männer seiner Zeit, dessen Name überall in dem größten Ansehen stand. Zuerst Chorherr in dem Stift St. Nicolaus zu Arras, brachte er es in kurzer Zeit bis zum Cardinal. Er war als Begleiter des Papsts Gregors VII. Zeuge der traurigen Seene zu Canossa und zeichnete sich nachher als einen der heftigsten Gegner K. Heinrichs V. aus. Papst Paschalis II. ernannte ihn zum Bischof von Präneste. Im Jahr 1111 ging er als päpstlicher Legat nach Palästina, hielt zu Jerusalem eine Kirchen-Versammlung, und that auf dieser den Kaiser Heinrich in den Bann. In den Jahren 1113, 1114, 1118 und 1119 hielt er Synoden zu Benevent, Beauvais, Chalons, Cöln und Fritzlar und wiederholte auf diesen immer den Bannfluch gegen den Kaiser. Im Jahr 1121 stand er dem, durch den Prozeß Abälards bekannten | Concilium zu Soissons vor. Papst Gelasius II. schlug ihn zu seinem Nachfolger auf dem heiligen Stuhle vor: aber der besonnene Cuno fand es seinen Verhältnissen angemessener, seinen Freund, den Erzbischof Guido von Vienne an seine Stelle zu setzen. Sein Todesjahr ist nicht bekannt.[20]

3) Gebhard oder Gerhard ebenfalls Geistlicher. Er wurde 1080 Domherr in Strasburg, ging aber nachher in das Kloster Hirschau, wurde 1091 Abt daselbst, 1105 Bischof zu Speyer, starb als solcher zu Bruchsal 1110 und wurde, seinem Wunsche gemäß, in dem Kloster Hirschau begraben. Schmidlin macht ihn, vermuthlich durch Verwechslung mit dem Bischof Gebhard von Straßburg, zu einem Neffen des Cardinals Cuno, der Zeit nach aber muß er für einen Bruder des Cardinals gehalten werden. Gebhard schenkte nach dem Hirschauer Dotationsbuch noch als Abt von Hirschau diesem Kloster mit „seinem Bruder, dem Grafen Egino von Urach“ Güter zu Owa und Attenhard (am Rhein) und diese Schenkung ist es, die ihn am unzweydeutigsten als Grafen von Urach beurkundet. Gebhard spielte besonders in dem Kampfe zwischen den beyden K. Heinrich, Vater und Sohn, eine wichtige Rolle. Aus besonderem Zutrauen wurde ihm der bey Bingen gefangen genommene König Heinrich IV. nach Speyer in Verwahrung gegeben.

4) Mathilde, Gemahlin des Grafen Mangold von Sumetingen (Sulmetingen) und Neuffen, der in dem Treffen bey Bleichfeld unweit Würzburg gegen K. Heinrich IV. (1086) fiel. Er wurde nach Sulger zu St. Stephan in Würzburg begraben, von da aber nachher auf Veranstalten seiner Söhne, wovon einer Mönch zu Zwiefalten war, nach Zwiefalten geführt, und dort „neben seiner Gemahlin Mathilde, die eine Schwester des Grafen Egino von Urach war“ beygesetzt. Diese Mathilde muß ebenfalls der Zeit nach für eine Tochter Egons I. angenommen werden. Vergl. Crusius P. II. I. 9 C. 20. und Sulger I. p. 42.


2. Egon II. der Sohn Egons I. Der Zeit nach dürfte er derselbe Egino seyn, dessen oben S. 6. gedacht ist. Er war mit einer Gräfin Kunigunde (von Rheinfelden) vermählt, mit der er mehrere Kinder erzeugte.

1) Egon III. s. u.

2) Gebhard, Bischof von Straßburg von 1131 bis 1142.[21] | Er wird bei Crusius (P. 11. I. q. c. 6) und Sulger (I. p. 77.) ein Bruder der Gräfin Alberada von Urach genannt.

3) Alberada. Sie widmete sich dem geistlichen Stand - wurde Äbtissin zu Lindau, legte aber diese Würde nieder, und trat ums Jahr 1131 als Nonne in das Frauenkloster zu Zwiefalten. Um diese Zeit (1131) vereinigte sich „Alberada des Grafen Egino und der Kunigunde von Urach Tochter, des Bischofs Gebhard von Straßburg Schwester mit den heiligen Jungfrauen in dem Frauenkloster Zwiefalten.“ Früher wird der Cardinal Cuno ihr Oheim genannt. Sulger I. 77.

4) Udilhild (Adelheid). Sie reichte ihre Hand dem Graf Friedrich von Zollern. Als Wittwe ging auch sie in das Kloster Zwiefalten und liegt dort mit „ihrer Schwester Alberada und Mutter Kunigunde“ begraben. Sulger I. 82.

Noch werden diesen Geschwistern zwey weitere Schwestern gegeben, Heilwig und Irmengard, wovon erstere einen Graf Hartmann von Würtemberg, letztere einen Schweickhard von Gundelfingen zum Gemahl gehabt haben soll.[22]

3. Egon III. Nach Egon II. entsteht eine Lücke, die mit Egon III. ausgefüllt wird, von dem man aber durchaus keine Nachricht findet. Man glaubt, daß seine Gemahlin Hadewig eine Gräfin von Habsburg gewesen sey.

4. Egon IV. Dieser ist wahrscheinlich derjenige Graf Egon von Urach, der im Jahr 1157 dem Kloster Zwiefalten einen mit Gold durchwirkten Teppich schenkte. Die Zwiefalter Annalen nennen ihn anticipando schon einen Grafen von Urach „oder Fürstenberg.“ Im Jahr 1158 erscheint er - „Egino comes de Ura“ als Zeuge in einer Urkunde K. Friedrichs I. Neugart Cod. Dipl. I. 95. Seine Gemahlin war Kunigunde, Tochter des Grafen Engelbert von Hall. „Domina Cundegundis Commitissa de Ura“ verzichtet mit ihren Söhnen im Jahr 1160 auf ihre Rechte an die Güter Eholfingen und Graben zu Gunsten ihres Bruders des Grafen Gebhards von Hall. Monum. boica V. III. p. 474.

| 5. Egon V. auch Egon mit dem Bart, und später Egon d. ä. genannt, ist wahrscheinlich der Sohn des Vorigen. Er steht als Zeuge in einer Urkunde K. Friedrichs I., gegeben zu Eßlingen 1181, wodurch der Kaiser das Kloster Denkendorf in seinen Schutz nimmt,[23] und in einem Entscheidebrief des Herzogs Friedrichs von Schwaben über einen Streit zwischen Conrad von Heiligenberg und dem Kloster Salmansweil vom Jahr 1185[24], sodann aber in mehreren Urkunden. In einer Urkunde vom Jahr 1215, wodurch K. Friedrich II. dem Kloster Lorch seine Freyheiten bestätigt, so wie in mehreren andern späteren Urkunden kommt er mit seinem Sohne gleichen Namens vor, und nennt sich zur Unterscheidung vom diesem „comes Egino senior de Urach.“ Egon d. ä. hatte Agnes, die Tochter Herzogs Bertholds IV., zur Gemahlin, und vermehrte durch diese Heirath den Glanz und das Besitzthum seines Hauses in hohem Grade. Als sein Schwager Berthold V., der letzte Zweig des Zähringischen Hauptstammes, 1118 kinderlos starb, waren Agnes und ihre Schwestern Anna, Gemahlin des Grafen Ulrich von Kyburg, die Haupterben des Zähringischen Gutes. Agnes erhielt Freyburg im Breisgau und die beträchtlichen Güter auf dem Schwarzwalde, Anna dagegen die Güter in Helvetien und Burgund. Indeß mußte um das Erbtheil der Agnes noch gekämpft werden. Es traten nämlich gegen dasselbe auch Kaiser Friedrich II. und das verwandte Haus der Herzoge von Teck mit Ansprüchen auf, und der Kaiser griff in beyder Namen zu, nachdem letztere sich für ihre angeblichen Rechte mit einer Geldsumme von ihm hatten abfinden lassen. Darüber entstand ein heftiger Kampf: die Grafen von Urach, Vater und Sohn, griffen zu den Waffen und der Kaiser fand es bald gerathen, sich zu Ulm mit ihnen zu vergleichen. Der Kaiser machte durch Erlaß aus Hagenau vom 6. Sept. 1219 die Aussöhnung bekannt und stellte am 19. Sept. eine Urkunde über die Vergleichspunkte aus. Die Hauptpunkte waren: | Urach erhält denjenigen Theil der Zähringischen Erbschaft, welchen die Herzoge von Teck an Friedrich verkauft hatten, zurück; was Lehen ist, gibt ihm der Kaiser zu Lehen; im Übrigen behalten beyde Theile, was sie zur Zeit der Aussöhnung zu Ulm inne hatten; Egino hat jedoch nicht auf diejenigen Güter zu verzichten, welche der Kaiser dadurch noch behält.[25]

Auf diese Weise kam Graf Egon nicht nur in den ruhigen Besitz der Stadt Freyburg und der Zähringischen Güter auf dem Schwarzwalde, aus welchen nachher die Grafschaften Freyburg und Fürstenberg sich bildeten, sondern er vergrößerte sich auch in seiner nächsten Umgebung.[26] Egon erscheint später noch in mehreren Urkunden bis in’s Jahr 1229; im Jahr 1228 erlaubt er durch Urkunde, gegeben zu Urach den 27. Nov. 1228, seinen Dienstleuten den Gebrüdern Rudolph und Burkhard, Herbort d. j. und Walther genannt Mulin, ein, nicht weit von Urach gelegenes, Gut Cimberbuch, das von ihm zu Lehen rührte, an das Kloster Bebenhausen zu verkaufen, und seine Söhne Egino d. j., Rudolph und Berthold gaben ihre Einwilligung dazu. Sattlers Top. S. 144. Er starb im Jahr 1230, wenn nicht noch 1229 und hinterließ mehrere Söhne. Agnes soll nachher noch einen Grafen Eberhard von Würtemberg geheirathet haben, was jedoch nicht sehr wahrscheinlich ist.

Die Söhne Egons d. ä. waren und sind als solche, beurkundet:

| 1) Egon VI. oder d. j. S. u.

2) Cuno oder Conrad, Bischof von O’Porto und Cardinal, einer der berühmresten Männer seiner Zeit, groß in weltlichen, wie geistlichen Geschäften. Sein Oheim, Herzog Berthold V., von Zähringen von der Gegenpartey Philipps von Hohenstaufen zum König gewählt, ging mit ihm und seinem Bruder Berthold nach Cöln. Verbindlichkeiten, welche der Herzog dort eingegangen hatte (nach einigen eine Geld-Aufnahme) nöthigten ihn, seine beyden Neffen, die jungen Grafen von Urach als Geisel zurückzulassen. Nach langem vergeblichem Harren lösten sie sich endlich selbst aus. Während ihrer Gefangenschaft hatten sie gelobt, im Fall ihrer Befreyung sich dem geistlichen Stande zu widmen. Sie erfüllten dieses Gelübde und gingen 1205 in ein Kloster. Conrad wurde 1209 Abt des Klosters Villar, bald darauf Abt von Clairveaux und 1217 General des Cisterzienser-Ordens. Ausgezeichnet in allen Verhältnissen, wurde er 1219 zum Bischof von O’Porto und Cardinal gemacht. Als päpstlicher Legat spielte er überall, in Frankreich, England und Deutschland, die glänzendste Rolle. Der Glanz seines Ansehens strahlte insbesondere auf den Kirchen-Versammlungen, die er nacheinander zu Cöln, Sens, Paris, Mainz etc. hielt. Als Papst Honorius III. starb, wurde er zu seinem Nachfolger erwählt, lehnte aber, wie sein großer Ahnherr Cuno I. diese Würde ab und wendete sie dem Cardinal Hugolino – Gregor IX. zu. Nach einem langen geschäftsvollen Leben zog er sich in das stille Ermsthal zu dem Sitze seiner Väter zurück. Aber während er hier mit dem Bau des des Klosters Stein bey Urach, Güterstein, beschäftigt war, erhielt er den beschwerlichen Auftrag, als Legat nach Palästina zu gehen, um dort einen Kreuzzug leiten zu helfen, und starb auf der Reise 1230. In welchem Ansehen Cuno selbst bey dem Kaiser Friedrich II. stand, beweist der Umstand, daß sich ihm, dem Cardinal zu lieb, „cui in hoc et in aliis disponimus complacere“ der Kaiser mit dem Bruder Egon VI. (Egueno Comes de Hura) aussöhnte. S. die Urkunde darüber vom Jahr 1226 bey Schöpflin Nr. 93.

3) Berthold d. ä. Auch er hatte, wie oben schon bemerkt worden ist, 1205 das Mönchsgewand angelegt. Schon 1207 wurde er Abt zu Thennenbach, bald darauf Abt zu Lützel unweit Basel und endlich Abt zu Salmansweil, wo er 1242 starb. Als Abt zu Thennenbach wohnte er einem Concilium zu Rom bey, half dort seinen Oheim, den Herzog Berthold V. in den Bann thun, und übernahm es sogar, demselben sein Urtheil selbst zu überbringen.

4) Berthold d. j. Beyspiele, daß zwey Brüder den gleichen Namen führten, gibt es auch sonst. Er wird, zum Unterschied von | seinem Bruder Berthold d. ä. in zwey Urkunden vom Jahr 1220 bey Schöpflin (Nr. 87 und 88) Bertholdus minor genannt. Er soll verheirathet gewesen seyn, aber auch er entsagte endlich der Welt und starb 1240 als Laienbruder in dem Prediger-Kloster zu Eßlingen, das sich seiner besondern Freygebigkeit zu erfreuen hatte.

5) Rudolph, Mönch zu Bebenhausen. Er kommt mit seinem letztgenannten Bruder Berthold und dem Bruder Egon in der oben angeführten Urkunde seines Vaters vom Jahr 1228 und eben so in den spätern Urkunden über Wittlingen vor, woraus erhellt, daß er 1254 noch gelebt hat. Mit des Papsts Innocenz IV. Ermächtigung vollendete er den durch Cuno begonnenen Bau des Klosters Güterstein. Münch I. 113. Noch hatte Egon V. zwey Töchter, wovon die eine Hildwig oder Heilwig den Grafen Friedrich von Pfirt, die andere, Jolantha den Grafen Ulrich von Neuchatel heirathete.

6. Egon VI. auch der jüngere genannt, zum Unterschied von seinem Vater Egon d. ä. oder dem bartigen. Er war der Erbe und Stammhalter des Hauses, und handelte auch als solcher noch zu Lebzeiten des Vaters. Er kommt in einer Reihe von Urkunden von 1215 bis zu seinem Ende 1236 vor. Von seinem Kampfe gegen den Kaiser wegen der Zähringischen Erbschaft, von seiner Aussöhnung wegen späterer Spähne und von seinem feindseligen Benehmen gegen seine Tante Clementia war oben schon die Rede. Nach dem Anfall der Zähringischen Erbschaft schrieb er sich gemeiniglich „Graf von Urach und Herr zu Freyburg.“ So heißt er schon in einer Urkunde vom Jahr 1220, worin er seine Zustimmung zu einer Schenkung seines Vaters gibt, „Egino Comes de Urah, Dominus castri de Friburc,“ und eben so in spätern Urkunden. Er baute 1236 das Castrum Freyburg, starb aber bald nach dem Vater noch im Jahr 1236 und fand in dem Kloster Thennbach seine Ruhestätte. Seine Gemahlin war die Gräfin Adelheid von Neufen, durch sie war sehr wahrscheinlich ein Theil von Nürtingen an Urach gekommen. Mit Adelheid erzeuge Egon VI. vier Söhne: Conrad, Berthold, Heinrich und Gottfried; alle vier kommen zusammen mit der Mutter Adelheid in Urkunden vom Jahr 1237 und 1238 vor. Schöpflin I. c. Vol. V. Nr. 92 u. 93.

| 7. Conrad, Berthold und Heinrich. Der jüngste Bruder, Gottfried war in den geistlichen Stand getreten, und erscheint 1270, 1275 als Domherr zu Constanz. Schöpflin, I. p. 230 und ff. Die drey andern Brüder theilten bald nach dem Tode des Vaters die Güter: Conrad der älteste Bruder, erhielt Freyburg, und wurde Stifter der Freyburgischen Grafenlinie, welche mit Graf Johann von Freyburg 1457 ausstarb; Berthold erhielt die Grafschaft Urach, nebst einem Theil von Nürtingen, und Heinrich die Güter auf dem Schwarzwalde nebst Antheil an Urach. Der letztere nahm seinen Sitz auf dem Schlosse Fürstenberg, nannte sich Graf von Fürstenberg, und wurde Stifter des noch blühenden Fürstenbergischen Hauses, worin der alte Familien-Name Egon bis auf den heutigen Tag sich erhalten hat.[27] Aber die Linie Bertholds erlosch nach kurzer Zeit und mit ihr das Haus der Grafen von Urach. Berthold war zwar vermählt, seine Gemahlin hieß Agatha und soll eine Tochter des Grafen von Lechsgmünd gewesen seyn (Schmidlin I. c. 164): er starb jedoch 1260 kinderlos und die Grafschaft Urach ging jetzt an das Haus Würtemberg über.


Die Grafschaft Urach.
Von dem Ursprung der Grafschaft Urach ist schon in der I. Abtheilung S. 6 gehandelt. Der Umfang der Grafschaft, wie er war, als sie an Würtemberg kam, möchte schwer mehr genau anzugeben seyn. Im Allgemeinen läßt sich derselbe aus dem Bestande des nachmaligen Oberamts Urach, jedoch nur unvollkommen abnehmen, weil mehrere Stücke durch besondere Erwerbungen dazu gekommen sind. Jedenfalls muß, wie der Kaufschilling beweist, die Grafschaft | bedeutend gewesen seyn; denn im Jahr 1282 noch bezahlte der Kaiser Rudolph für die Grafschaft Friedberg nicht mehr als 1280 Mark Silbers. [28] Ob auch die Stadt Münsingen mit Zugehör darunter begriffen war, wie man gemeiniglich annimmt, ist noch sehr ungewiß. Allen Umständen nach war die Grafschaft durch Hausverträge für den Fall für Bertholds Tod dem Grafen Heinrich überlassen worden; dieser verkaufte sie dann an Graf Ulrich von Würtemberg. Die Art, wie der Kauf zwischen Ulrich und Heinrich geschlossen worden, läßt sich nicht mehr genau angeben. Noch bey Lebzeiten Bertholds, im Jahr 1264, vertauschte Graf Heinrich die halbe Grafschaft Urach an Graf Ulrich gegen die halbe Herrschaft Wittlingen. Die darüber noch im Original vorhandene Urkunde, Actum apud Urah, 19. Apr. 1254, ist im Wesentlichen folgenden Inhalts: l) Graf Ulrich von Würtemberg schenkt dem Grafen Heinrich von Fürstenberg die halbe Veste Wittlingen mit allem Zugehör, unter Vorbehalt der andern Hälfte; 2) auf gleiche, Weise schenkt Graf Heinrich von Fürstenberg dem Grafen Ulrich von Würtemberg die halbe Veste Urach; 3) Heinrich schenkt überdieß noch die Hälfte seiner Güter zwischen der Veste Urach und der Slatersteige, (ohne Zweifel Schlattstaller Steige bei Grabenstetten) ferner die halbe Grafschaft die er von seiner Mutter ererbt hatte;[29] 4) dagegen muß Ulrich für den Fall der Kinderlosigkeit dem Grafen von Fürstenberg und seinen Söhnen vermachen (legare debet) die Veste Wittlingen mit Allem was dazu gehört, ebenso die Veste Urach, und Güter am Rhein, die er überdieß noch von der Pfandschaft zu lösen hat; 5) für den Fall aber, daß Ulrich Erben erhielte, behält er die Erbschaft Urach, verspricht aber dieselbe in Geld oder in andern Besitzungen zu ersetzen; das Vermächtniß Ulrichs soll jedoch aufrecht bleiben, bis die Erben zu Jahren kommen; 6) die Kirchen zu Nürtingen, Dettingen und Urach sollen das erstemal von dem Grafen von Fürstenberg, dann aber von beyden Theilen oder ihren Erben gemeinschaftlich verliehen werden; 7) im Übrigen machen sich beyde | Grafen verbindlich, die güter bis auf Weiteres gemeinschaftlich zu besitzen; 8) sie verbinden sich ferner der Gräfin Agatha nach dem Tode ihres Gemahls, des Grafen Bertholds von Urach, 100 Mark S. zu reichen, ehe sie ihnen die Vestung Urach überweist, auch solle die Gräfin für ihre Zeit die Güter bey dem Ort genannt Berg, den Weiler Glems und den Hof und die Vogtey der Pfründe zu Dettingen, die der vormalige Dekan zu Urach inne habe, als Leibgeding behalten.

Eine zweyte Urkunde vom 26. April 1254, verhandelt auf dem Kirchhofe zu Urach, auf öffentlicher Straße, sichert der Gräfin Agatha noch besonders die gewissenhafte Erfüllung der obigen Versprechungen und neben den 100 M. S. auch die Überlassung alles Mobiliars auf der Veste Urach und anderwärts nach dem Tode ihres Gemahls zu. Die Urkunde sorgt zugleich auch für den Grafen Berthold selbst, dessen in der ersten Urkunde gar nicht gedacht ist, indem sie erklärt, daß die beyden Grafen Ulrich und Heinrich sich verpflichtet haben, den Grafen Berthold wie seine Gemahlin Agatha in dem Besitze der Veste Urach, der Herrschaft, Gewalt, Rechte und Güter auf keine Weise zu beeinträchtigen. Die Urkunde erklärt überdieß, daß der Tausch zwischen den Grafen von Würtemberg und von Fürstenberg mit gutem Willen und Zustimmung des Grafen Bertholds geschehen sey. Unter den Zeugen erscheint auch frater (der Mönch) Rudolphus, quondam Comes in Ura.[30]

Wenn man die beyden Urkunden näher betrachtet, so scheint es, daß das darin abgeschlossene Geschäft von den beyden Grafen von Würtemberg und von Fürstenberg auf gut Glück gemacht sowrden sey. Erhielt Ulrich keine Erben, so gewann Heinrich, im entgegengesetzen Falle aber Ulrich dabey.[31] Das Glück begünstigte den Grafen Ulrich, aber | ehe noch seine Söhne zu Jahren kommen konnten, änderten sich die Umstände durch den Tod des Grafen Bertholds. Heinrich verkaufte jetzt die Grafschaft Urach förmlich an den Grafen Ulrich v. W., und König Richard, dem es sehr um Ulrich zu thun war, überließ ihm sogleich die durch den Tod Bertholds erledigten Reichslehen.[32] Von dem Verkauf Heinrichs zeugt eine Quittung desselben vom Jahr 1265 für 3100 M. S., welche ihm Graf Ulrich „für den Verkauf“ von Urach schuldete. Ein Kaufbrief ist nicht vorhanden, die Quittung wurde bisher unrichtig dafür ausgegeben. Daß obige Summe nur für die zweyte Hälfte der Grafschaft bezahlt worden sey, davon enthält die Quittung nichts, es ist auch nicht wahrscheinlich, denn sonst müßte man, was nicht der Fall ist, Fürstenberg nachher noch im Besitze von halb Wittlingen finden; es ist vielmehr zu vermuthen, daß der ganze Vertrag von 1254 mit dem Verkauf aufgehoben worden sey, daß aber jene Summen, wie Sattler (älteste Gesch. S. 634) behauptet, schon in dem Vertrage von 1254 „für die übrige Grafschaft“ festgesetzt worden sey, ist entschieden unrichtig. Wie dem aber auch sey, so war Würtemberg von nun an im Besitze der Grafschaft Urach.


Wappen, Würden, Ministerialen des Hauses Urach.

Das Wappen der Grafen von Urach bestand in einem Jagdhorn im gelben Schilde mit einem um das Horn gewundenen blauen Bande; ein schwarzes Jagdhorn, im gelben Schilde hat auch der Abt Berthold, Bruder des Grafen Egons d. j. von Urach, auf seinem Grabmal zu Salmansweil. Eben dieses Wappen führen auch jetzt noch die Städte Urach und Nürtingen, nur ist die Farbe des Hornes roth. Es scheint jedoch, daß die Grafen mit ihren Wappen gewechselt

| und daß sie anfänglich ein anderes geführt haben. Graf Gebhard von Urach, Bischof von Speyer (1105) hat einen hüpfenden Löwen in seinem Wappen, eben dieses Wappen findet man auch bey Graf Egon d. ä. in einer Urkunde vom Jahr 1181, so wie auf dem Grabmal seines Sohnes Egons d. j. in dem Kloster Thennenbach. Eine weitere Verschiedenheit der Wappen findet man bey dem Grafen Conrad von Urach und Freyburg und seinen Nachfolgern in der Grafschaft Freyburg; diese haben einen Adler mit ausgebreiteten Flügeln im Wappen, wie ihn auch das Fürstenbergische Haus führt. Es fehlt zwar nicht an Beyspielen, daß wenn die Glieder eines Stammes zu verschiedenen Besitzungen gelangt sind, sie auch Namen und Wappen gewechselt haben; auffallend aber bleibt immer, daß die Stammlinie von Urach ihr Wappen gewechselt haben soll, geschah es vielleicht in Folge einer Verleihung der Reichs-Jägermeisters-Würde? Bekanntlich wird den Grafen diese Würde, und zwar eben wegen ihres Wappens – denn andere Gründe hat man nicht – zugeschrieben. Von der Grafschaft Urach wollte man auch die von Würtemberg angesprochene Reichsjägermeisters-Würde ableiten. Es läßt sich jedoch erweisen, daß Würtemberg schon vor der Erwerbung von Urach ein Jägerhorn als Helmschmuck in seinem Wappen führte, und zwar ein von dem Uracher verschiedenes Horn.[33]

Bemerkenswerth ist das Glück, welches das Haus Urach mit den verwandten Häusern Pfullingen und Achalm in dem geistlichen Stande gemacht hat. S. o. u. Pfullingen u. Achalm.

Die Ministerialen und Dienstleute der Grafen genau aufzuzählen, ist hier nicht der Ort; nur das muß bemerkt werden, daß, wie gewöhnlich, einige derselben sich auch von Urach, als dem Sitze des Herrn, schrieben. So kommt ein Sigwart von Urach 1160, ein Gerundus de Urach 1181, und um dieselbe Zeit ein Gero von Ura und ein Otto v. U. vor; ein Berthold, Truchseß von Urach | erscheint 1225 und noch lange nachher findet man Truchsessen von Urach. S. Aglishardt.


Zu der Stadt- und Kirchen-Gemeinde Urach gehören:

b. Die Bleiche, eine mit einem Wohnhaus und mehreren andern Gebäuden verbundene Bleich-Anstalt, eine starke halbe Stunde unterhalb der Stadt an der Erms und der Landstraße, wozu 69 Mg. 21/2 Viertel Wiesen gehören. Die Anstalt ist eine der vorzüglichsten und ausgedehntesten ihrer Art, und genießt von alten Zeiten her einen weit verbreiteten Ruf, der sich in neuern Zeiten durch die Thätigkeit der Bleich-Inhaber noch mehr begründet hat. Billige Rechnung, große Schonung und reine Ausbleichung sind anerkannte Vorzüge der Uracher Bleiche. Es werden jährlich 7 – 8000 Stück, darunter 4000 – 4500 Stück Haus-Leinwand, im Durchschnitt zu 40 Ellen, und 3000 – 3500 Verkaufs-Stücke à 66 Ellen darauf gebleicht. Die Bleiche ist ein herrschaftliches Pachtgut, seit fast 50 Jahren ist das Handelshaus Pommer und Compagnie zu Urach im Besitze des Pachts. Das jährliche Pachtgeld beträgt dermalen 3200 fl., wovon aber 500 fl. für die Bestreitung aller und jeder Bau-Reparaturen in Abzug kommen. Die Anstalt ist eine Schöpfung des um Handel und Gewerbe so viel verdienten Herzogs Friedrich I., der sie im Jahr 1699 anlegte, und mit der von ihm gestifteten Leinenweber-Anstalt und Leinwand-Handlung in Verbindung setzte. S. o.

c. Güterstein, ein Königl. Fohlenhof und Sitz eines Fohlenmeisters, 3/4 St. von Urach in einem einsamen, von hohen Bergen umgebenen Thalgrunde, der vordere Brühl genannt. Seinen Namen hat der Hof von der ehemaligen Carthause Güterstein. Der Hof bildet ein schönes regelmäßiges Viereck. Außerhalb des Hofbezirks steht noch ein Wohnhaus des Brunnenmeisters von dem benachbarten Brunnenwerk. Zu Güterstein werden die Hengstfohlen von dem Muttergestüt Marbach nach der Entwöhnung abgestoßen und bis ins fünfte Jahr aufgezogen. Neben-Anstalten von Güterstein | sind die Fohlenställe zu St. Johann und der vordere Fohlenhof, wo die Fohlen Sommers auf der Weide laufen, während sie zu Güterstein überwintert werden. Güterstein ist auch eine der Beschälplatten des Landes.

Der Gütersteiner Hof ist alt. Ursprünglich stand hier ein Viehhof, der den Carthäusern zu Güterstein gehörte. Nach der Errichtung des Gestüts zu Marbach bestimmte der Herzog Ludwig 1575 den Hof nebst Grafeneck zu einem Fohlenhof. In dem dreyßigjährigen Krieg wurde der Hof mit dem vordern oder innern Hof unter der Festung abgebrannt. Herzog Wilhelm Ludwig stellte ihn 1674/77 wieder her. Im Jahr 1770 verlegte Herzog Carl die Fohlenställe nach Urach, weil man Güterstein zu kalt fand. In dem Thiergarten zu Urach wurde ein Stallgebäude aufgeführt, die Stallungen zu Güterstein aber wurden abgebrochen. Im Jahr 1809 ließ König Friedrich das Thiergarten-Gebäude wieder abbrechen und in den folgenden Jahren den Mönchshof mit einem Kosten-Aufwand von 34.000 fl. zu einem Fohlenhof einrichten; zu gleicher Zeit wurde ein neuer Sommerstall auf der Gütersteiner Höhe gebaut und auch der Rutschenhof zu einem Fohlenstall eingerichtet, nachdem früher schon, von 1770 - 1781, der Hof als Fohlenhof mit der Anstalt verbuinden gewesen war. Im Jahr 1817 ließ Se. Maj. der König Wilhelm die Fohlenstallungen wieder aus dem Mönchshof hinaus und nach Güterstein schaffen, und 1819 bis 1820 wurde ein ganz neuer Hof daselbst von Grund aus aufgebaut. Der Normal-Stand der Fohlen ist auf 120 Stück gesetzt, der wirkliche Stand ist aber gemeiniglich bedeutend geringer.

Unmittelbar hinter dem Fohlenhof erhebt sich eine steile felsige Wand der Alp, an welcher ein Fußweg, „die sieben Ränke“ genannt, auf das Gebirge führt. An der halben Höhe der Bergwand steht das Brunnenhaus. Es ist dieß ein Druckwerk, wodurch das Wasser aus den benachbarten Felsenquellen auf die Höhe der Alp nach dem vordern Fohlenstall und nach St. Johann getrieben wird; die eine der Quellen fällt auf das Rad, das das Werk in Bewegung erhält, | und stürzt sodann in schäumenden Fällen den Berg hinab. Durch seine incrustirende Eigenschaft hat sich das Wasser eine eigene Bahn an dem Berge gemacht. Das Werk wurde, laut der daran befindlichen Inschrift, von dem Herzog Eberhard Ludwig im Jahr 1715 erbaut. Seine Erhaltung erfordert einen jährlichen Kosten-Aufwand von mehr als 800 fl. Über dem Brunnenhause stand einst die Carthause Güterstein, auf einer Felsenbank der Gebirgswand, in schauerlich wilder Umgebung, von den Felsen zum Stein, ad bonum Lapidem - guten Stein - Güterstein, auch Gütelstein genannt. Die Geschichte dieses merkwürdigen Platzes ist folgende. In den ältesten Zeiten stand hier eine uralte Marienkirche, deren Ursprung vermuthlich noch in vorchristlichem Gottesdienste, wozu die Quelle und die feyerlich ernste Umgebung einlud, zu suchen ist. Vergl. die Beschreibung des Oberamts Blaubeuren, S. 11, 118 und 205. Durch Wunder berühmt, ward die Kirche eine viel besuchte Wallfarthskirche. Graf Ulrich II. von Würtemberg überließ die Kirche 1279 dem Kloster Zwiefalten mit ihren Einkünften. Das Kloster errichtete dabey eine Art von Propstey, deren Einkünfte sich zusehends vermehrten.[34] Die Lage des Platzes in der Nähe eines beliebten Aufenthalts und der fromme Wunsch, in dieser Nähe eine eigenes Kloster zu haben, erregte in Ulrichs Nachfolgern das lebhafte Verlangen, Güterstein wieder an sich zu ziehen. Es gelang endlich den Grafen Ludwig I. und Ulrich V. die Zurückgabe zu erhalten. Sie hatten voraus die Absicht erklärt, ein Carthäuser Kloster auf dem Platze zu errichten und diese Absicht wurde nun auch ausgeführt. Als geliebtes Pflegekind wurde das neue Kloster wie schon früher, so noch vielmehr jetzt, mit größter Sorgfalt und Freygebigkeit behandelt, | so daß die Carthäuser schon im Jahr 1491 eilf Kirchensätze und Gefälle in 16 Ortschaften besaßen. Die Mutter des Grafen Eberhards d. ä., die Pfalzgräfin Mechtild, vermachte dem Kloster diejenigen 2000 fl., wofür ihr von dem Hause Östreich die Grafschaft Hohenberg verpfändet war.[35] Graf Ludwig I. erwählte die Carthause zum Familien-Begräbniß, und es wurden hier Ludwig I. selber, gestorben an der Pest zu Urach 1450, Mechtild, seine Gemahlin, gestorben 1482 zu Heidelberg, ihre Söhne, Andreas, gestorben in früher Jugend 1443, und Ludwig II., gestorben 1457, ferner die Prinzessin Anna, Tochter des Herzogs Ulrich, gestorben zu Urach an der Pest, 1530, beygesetzt. Eine besondere Vorliebe für das Kloster und seine Väter, hauptsächlich für den alten Vater, Conrad von Münchingen, Prior des Klosters (1451 – 1473), hatte der Graf und Herzog Eberhard im Bart. Bey ihnen legte er vor seiner Pilgerreise in’s gelobte Land sein erstes Testament nieder und verordnete sie für den Fall seines Todes zu Vollstreckern desselben. Von hier aus trat er auch am 2. May 1468, begleitet von 24 Rittern und anderem Gefolge, die Reise selbst an. Kniend vor dem Hochaltar und auf dem Grabe seines Vaters hatte er dazu von dem Prior den Segen empfangen. Hier trat er auch bey seiner Rückkehr, ehe er die Seinigen sah, zuerst bey dem alten Prior ab. In der Carthause Güterstein beschloß auch der alte Rudolph von Ehingen sein geschäftsvolles Leben, wovon Schwab in seiner „Neckarseite der Würt. Alb“ S. 90 einen Abriß gibt. Sattler berichtet in seiner Topogr. Beschreibung von Würtemberg, die Carthaus sey im Bauernkrieg zu Grunde gerichtet worden. Allein die Bauern kamen nicht bis Güterstein; wahrscheinlicher ist, daß der Herzog Ulrich aus Unzufriedenheit mit den Clausnern ihren Untergang beschleunigt habe. Als er 1534 siegreich zurückkehrte und vor die Stadt und Festung Urach rückte, nahm er mit seinem getreuen Gefährten, dem Landgrafen | Philipp, sein Hauptquartier in der Carthause, „allda sie aus dem Schloß mit keinem groben Geschütz erreicht werden möchten.“ Bey dieser Gelegenheit zeigte sich der Herzog nach glaubwürdigen Berichten sehr ungnädig gegen die Clausner, und schon in einer Eingabe an den Herzog vom 27. Juni 1537 heißt es: „bis auf die Zeit, wo E. F. Gn. die Väter verwiesen haben.“ Dieß war vermuthlich noch im Jahr 1534 geschehen, wenigstens hatte der Herzog in diesem Jahre noch in dem Kloster inventiren lassen. Als Ursache der Ungnade des Herzogs wird angegeben, daß er als Vertriebener bey den Clausnern Unterkunft gesucht habe, von ihnen aber abgewiesen worden sey. Der förmliche Abbruch des Klosters wurde übrigens erst von dem Herzog Christoph angeordnet. Im Jahr 1552 beschwerte sich der Klosters-Visitator und Prior zu Buxheim darüber, wie er erfahren habe, daß das Kloster gegen den Vertrag kürzlich abgebrochen worden sey. Im Jahr 1554 wurde endlich auch die Kirche vollends dem Zerfalle Preis gegeben und die fürstlichen Leichname wurden in die Gruft zu Tübingen versetzt. Wie schmerzlich „die ketzerische Gottlosigleit, ein Gotteshaus in Stuten- und Hengstställe zu verwandeln“, dem Kloster Zwiefalten gefallen sey, und wie und warum dieses bis in das vorige Jahrhundert wegen Güterstein mit Würtemberg prozessirt habe, ist in Sulgers Annalen zu lesen, d. Der Pfälhof, ein Hof 1/2 Stunde von Urach, in einem stillen Seitenthale der Elsach. Er besteht in einem Wohnhause mit einigen Wirthschafts-Gebäuden und 31/2 Vrt. Garten, 16 M. Äcker. 73 M. Wiesen und 175 M. Weide. Der Hof ist Eigenthum der Stadt Urach, die ihn im Jahr 1821 für 19.000 fl. von dem Staat erkauft und hierauf verpachtet hat. Der Hof ist ein Überrest der Burg und des Weilers Pfälen. Beyde waren einst Sitz und Eigenthum des edlen Geschlechts der Pfäler. Dieses Geschlecht kommt häufig in Urkunden des fünfzehnten Jahrhunderts vor, und besaß auch anderwärts Güter. 1419 verkaufen Heinrich Pfäler und Heinrich Spät von Frickenhausen ihren achten Theil am Gericht zu Böhringen an den Grafen Eberhard | von Würtemberg; 1424 verkaufte ebenderselbe Heinrich Pfäler oder nach unserer Art zu reden, von Pfäler, an Albrecht Dietrich und Hansen die Späten die Burg und das Gut Hohenheim, „als ich das erkauft habe um Hansen Bombasten von Hohenheim um 300 fl.“ Agnes von Melchingen, die Wittwe Heinrichs, verkaufte 1445 dem Grafen Ludwig I. von Würtemberg „die Burg Pfeln bey Urach und den darunter gelegenen Weiler gleichen Namens.“ Von dieser Zeit an kam der Weiler in Abgang, die Einwohner zogen nach Urach, s. Urach. Doch verkaufte noch 1492 Hans Blankenhorn von Sirchingen an Grafen Eberhard im Bart einen Lehenhof zu Pfeln um 40 Pf. Heller. Sattler. Gr. IV. S. 26. Von dem Weiler Pfeln oder Pfälen hat auch das Pfäler-Thal seinen Namen.

e. Die Espach-Mühle, Eispelmühle, eine Mahlmühle, 1/8 Stunde oberhalb der Stadt.

f. Die untere und die mittlere Papiermühle, gleich oberhalb der Espachmühle an der Erms, nahe beysammen.

g. Die obere Papiermühle, 1/4 Stunde oberhalb der Stadt, ebenfalls an der Erms. Sie ist die erste und älteste Papiermühle des alten Herzogthums. S. 119. Die Erms macht hier einen beträchtlichen Fall. Diese drey Papiermühlen liefern Schreibpapier, auch Postpapier, Druck- und Packpapier.

h. Die Mietenhäuser Mühle, eine Mahlmühle mit einer Öhlmühle, 1/2 Stunde oberhalb der Stadt an der Erms. Sie ist, wie die andern genannten Mühlen, Privat-Eigenthum, und hat ihren Namen von dem abgegangenen Weiler Mietenhausen.

i. Die Pulvermühle, 5/8 Stunden oberhalb der Stadt an der Erms, vormals herrschaftliches, nun Privat-Eigenthum. Sie stand früher bey dem untern Stadtthor, wo sie 1660 aufgerichtet wurde. Nachdem sie dort am 5. April 1707 aufgeflogen war und ungeheure Verwüstung in der Stadt angerichtet hatte, wurde sie an die jetzige Stelle versetzt. Auch hier flog sie nachher zweymal, am 9. Aug. 1752 und am 10. Aug. 1819, in die Luft. Der Betrieb des Werks ist dermalen gering.

| Aus der malerischen Umgebung von Urach verdienen noch besonders bemerkt zu werden:
Der Wasserstein, eine Tropfstein-Höhle, s. S. 28.
Das Geyerbad, s. S. 31, hauptsächlich aber
Der Wasserfall im Brühl. Hinter der Veste Hohen-Urach, in dem wilden, abgeschiedenen Thalgrund, der hintere Brühl genannt, befindet sich der schöne Wasserfall des Brühlbachs. Der Bach stürzt hier in äußerst malerischer Umgebung über eine 80 bis 100 F. hohe Felsenwand herab. Der Fall theilt sich in drey Äste: den vordern, den mittlem und den hintern Fall. Je mehr man sich demselben nähert, desto größer wird das Schauspiel, desto stärker der Eindruck, und wer sich’s nicht verdrießen läßt, über den Felsenschutt eines steilen Vorhügels hinauf zu klimmen, und sich ganz in die Nähe der Scene zu dringen, der wird gewiß in jeder Beziehung die volleste Befriedigung finden. Besonders schön ist der Anblick des Falls, wenn er beym Sonnenschein eine Stunde vor Mittag gesehen wird, wo sein Wasserstaub in den herrlichsten Regenbogenfarben gleich Millionen von Edelsteinen schimmert. Der vordere Fall löst sich ganz von der Wand ab, so daß man zwischen den Fall und die Wand hineinstehen kann, der mittlere macht drey Sätze; der hinterste und höchste geht bey dürrer Witterung und durch die Benutzung seines Wassers zur Wässerung auf der Höhe verloren. Die Wand, über welche die Fälle herabstürzen, ist eine durch Jahrhunderte gebildete Tuffsteinmasse, in welcher sich mancherley Grotten befinden.

In der Umgebung von Urach befanden sich ehemals auch einige Seen und zwar:

1) Der obere See, ein großer See oberhalb der Stadt, zwischen der Mietenhäuser Mühle und der obern Papiermühle. Der Herzog Karl ließ ihn 1767 trocken legen und den Grund verkaufen, der jetzt in Wiesen verwandelt ist.

2) Der Schwanensee bey dem Schlosse zu Urach. Er wurde ebenfalls von Herzog Karl trocken gelegt, und ist nun in fruchtbare Gärten verwandelt.

| 3) Der Webersee, ein kleiner See bey der Stadt Urach, der erst vor 12 Jahren ausgetrocknet wurde.

4) Der Hirschsee, ein Weiher auf der nordöstlichen Seite der Stadt Urach, der allein noch übrig ist.

Wir bemerken noch weiter zwey abgegangene Weiler:

1) Mietenhausen, es lag oberhalb der Stadt, wo jetzt noch die Mietenhauser Mühle steht, s. o.

2) Merzishausen, nicht Menzenhausen, das unterhalb der Stadt lag, zwischen Dettingen und Urach. 1371 verkauft das Kloster Güterstein Wiesen, „gelegen unter Merzishausen dem Weiler“; 1464 vergleicht sich ebendasselbe Kloster mit den beyden Vikarien der Pfarrkirche zu Dettingen, wegen der Zehenten „zu Merzhausen unter Urach“.



  1. Besondere Schriften über Urach, welche einer Erwähnung verdienen, sind: Urach, d. i. wahrhaftige, nützliche, lustige Beschreibung der weltberühmten Stadt Urach an der Alp etc. durch Johannem Sebast. Wielandum Poetam Matthiae-Caesarium. Tübingen 1626. Der Verfasser war, als er die Schrift, die in Versen geschrieben ist, herausgab, Pfarrer in Kohlstetten. Beschreibung von Urach, der ehemaligen Grafschaft und jetzmaligen hochf. W. Stadt und Amt samt der Vestung von Joh. Wilhelm Kolb, Bürgermeister in Urach und des engern Landschafts-Ausschusses auch Hofgerichts-Beysitzer 1754. Die Schrift blieb ungedruckt, weil der Herz. Geheime Rath ihre Bekanntmachung wegen der darin vorkommenden mancherley Passuum von den Appertinenz-Stücken der Grafschaft Achalm, als deren Prätension sich Östreich in Instrumento pacis expresse reservirt, bedenklich fand. Eine Geschichte der Grafen von Urach und Achalm findet sich in Schmidlins Beyträgen zu der Würtembergischen Geschichte. 1. Theil Nr. 2. Die Pfarrkirche St. Amandi, am dritten Jubelfeste der Reformation 1817. Der Mönchshof zu Urach; eine Denkschrift, veranlaßt durch die Eröffnung des Seminars (1818) ohne Druckort, beyde von Herrn Pfarrer Gratianus. Unter den künstlerischen Darstellungen zeichnen sich zwei Kupferstiche aus: 1) Hohen Urach von der Südseite 1812. 2) Der Wasserfall im Brühl; beyde nach der Natur gezeichnet und gestochen von C. F. Duttenhofer, 1812 und 1814. L. 151/2 Z. H. 111/2
  2. Herzog Christoph ließ sich einigemal durch den Herzog von Bayern Gemsen aus Tyrol schicken, die er in den Thiergarten zu Urach setzte, sie hielten aber nicht lange darin aus. Vergl. Würt. Jahrbücher 1829 H. 2 S. 455. An dem Thiergartenherge befand sich auch die eiserne Holzrutsche. S. S. 95.
  3. Über die Denkmähler und Inschriften s. die kleine Schrift: Die Pfarrkirche St. Amandi zu Urach 1817.
  4. Der Herzog Friedrich I. errichtete zuerst 1597 eine Damast-Weberey im alten Wasserschlößlein. Dann stiftete er die privilegirte Leinwandhandlungs-Compagnie zu Urach, indem er sich selbst 1598 mit zwey Kaufleuten daselbst, Müller und Schwan, zum Leinwandhandel verband; im Jahr 1599 wurde von ihm die große Bleiche errichtet und die von ihm erbaute Weber-Vorstadt wurde mit geschickten, in- und ausländischen Webern besetzt, obgleich die Stände gegen dergleichen Mißbräuche am 6. März 1599 ernstliche Vorstellungen gemacht hatten. Am 3. Jan. 1602 erschien das Weber-Zunft-Privilegium und am 28. Dezbr. d. J. das Verbot der Garn-Ausfuhr. Friedrichs Nachfolger, der Herzog Johann Friedrich behielt noch längere Zeit Antheil an dem Geschäfte, im Jahr 1622 aber gab er denselben auf, und es wurde nur noch die Bleiche als herrschaftliche Domäne beybehalten. Dagegen wurde nun auf jedes Stück gemeine Leinwand ein Zoll von 12 kr. und feine Leinwand von 24 kr. gelegt, und für die Weberey und Leinwand-Handlung ein herrschaftlicher Inspektor aufgestellt. Die Damast-Weberey wurde für das eigene Bedürfniß fortbetrieben, und erst im Jahr 1767 von dem Herzog Karl aufgehoben; die Leinwandhandlung behielt ihre Privilegien und dieselben wurden noch im Jahr 1736 von dem Herzog Karl Alexander erneuert. Sie bestanden hauptsächlich darin, daß
    1) alle Weber von Stadt und Amt Urach gehalten waren, der Gesellschaft ihre rohe, gewobene oder erkaufte Stückwaren zum Verkauf anzubieten;
    2) daß die Stücke den beeidigten Schaumeistern vorgelegt und von diesen, ohne die Eigenthümer zu kennen, in der Schau-Stube über die Tafel gezogen und genau untersucht, und wenn sie tauglich erfunden wurden, nach der gehörigen Länge abgeschnitten, mit dem Uracher Stadt-Wappen bezeichnet und dann der Gesellschaft zum Kauf überlassen werden mußten. Wurde diese über den Preis nicht einig, so wurde derselbe unter Vermittlung des herrschaftl. Inspektors und der Schaumeister festgesetzt. Die für nicht tauglich erkannten Stücke wurden als Ausschuß gestempelt und blieben den Webern zum freyen Verkauf überlassen, mußten aber von ihnen auf die Uracher Bleiche zum Bleichen gegeben werden.
    3) Flachs und Schneller aufzukaufen und mit Garn zu kaudern blieb verboten.
    Die Gesellschaft hielt zu Laichingen ein Comptoir zum Einkauf der rohen Leinwand, woraus später die jetzige Leinwand-Handlung daselbst entstand. Da immer mehr Leinwand fabricirt, als von der Handlungs-Compagnie gekauft wurde, so wurde insgeheim viele Leinwand an ausländische Handels-Häuser in der Schweiz versandt, bis endlich die Uracher Gesellschaft im Jahr 1795 ihre Privilegien selbst aufgab, indem sie keine Verlängerung mehr nachsuchte. Von dieser Zeit an hauptsächlich entstanden die Klagen über den Zerfall des Leinwand-Handels. Diese Klagen hatten aber, wie auch die Ausfuhr-Register beweisen, unläugbar ihren Grund mehr darin, daß der Handel sich nun mehr vertheilte, als in der Abnahme selbst. Übrigens soll nicht in Abrede gezogen werden, daß der Leinwand-Handel durch die allmählig überall eingeführten Mauth-Anstalten einen großen Stoß erhalten hatte. Vergl. S. 87.
  5. Wir nennen davon:
    1) M. Joh. Brastberger, wahrscheinlich Sohn des angesehenen Bürgermeisters Ulrich Brastberger zu Urach; er wurde 1573 F. Würt. Rath, starb als Kanzler den 16. Nov. 1581 in einem Alter von 48 Jahren.
    2) M. Simon Studion. Er war von 1572 bis 1605 Präzeptor zu Marbach, und machte sich als Alterthumsforscher verdient, als welcher er auch den ersten Grund zu der in späterer Zeit freylich sehr vernachläßigten Sammlung römischer Alterthümer in Würtemberg legte.
    3) Nicol. Myler ab Ehrenbach, geb. den 16. März 1610, Sohn des Bürgermeisters Heinrich Müller zu Urach. Nachdem er zu Tübingen die Rechte studirt und mehrere Reisen gemacht hatte, wurde er Hofgerichts-Advokat zu Tübingen, 1643 Oberrath (Regierungsrath), 1659 geh. Regimentsrath, Direktor des Consistorium und Kirchenraths, 1675 Lebenpropst und Kanzler. Er wurde häufig zu Sendungen an den Kaiserlichen und andere Höfe gebraucht. Von K. Ferdinand III. in den Adelstand erhoben, mit dem Beynamen ab Ehrenbach, änderte er seinen Geschlechtsnamen Müller in Myler. Er hatte den Ruhm eines sehr gelehrten und scharfsinnigen Rechtsgelehrten, und seine Schriften, worunter 1663 Tractatus de jure Asylorum im Druck erschien, standen in großem Ansehen. Er starb den 10. April 1678 und verewigte sein Andenken durch verschiedene Stiftungen. S. u.
    4) Joh. Eberhard Georgii, geb. 1694, Sohn des damaligen Vogts zu Urach, J. Martin Georgii. Er studirte die Rechte, begleitete den Erb-Prinzen Friedrich Ludwig 1713 bis 1716 auf seinen Reisen, wurde von Herzog Karl Alexander als Kammer-Direktor angestellt, von ihm aber wegen seines patriotischen Widerstandes gegen den Juden Süß wieder entlassen, dagegen nach des Herzogs Tod 1738 geheimer Rath und 1755 Consistorial-Präsident. Im Jahr 1764 nahm er seine Entlassung, weil er an den Maßregeln des Grafen Montmartin keinen Theil haben wollte.
  6. Eine deutsche Schule wurde erst, wie fast in allen Landstädten, nach der Reformation von der Stadt errichtet, indem das heimgefallene Meßneramt dazu benutzt wurde. Herzog Christoph errichtete noch eine s. g. Modisten-Schule – Schreib- und Rechnungs-Schule, auf Kosten des Kirchenguts, weßwegen der erste Schullehrer auch bis auf neuere Zeiten Modist hieß. „Dieweil an guten Handschreibern und Rechnern bey unserer Landschaft, Stätten- und Stadtschreibereyen nicht kleiner Mangel, demnach wollen wir, daß – 3 fromme, christliche, Gotteseifrige, deutsche Schulmeister, die von der Hand gute Modisten und Schreiber auch mit der Feder und auf der Linien rechnen zu lehren geschickt und fleißig seyen, verordnet werden sollen, nemlich den einen gehn Stuttgart, den andern gehn Tübingen, und den dritten gehn Urach.“ Große Kirchenordnung.
  7. Sattler Grafen I. S. 69.
  8. Crusius spricht auch von einer Hohenburg bey Urach, unter welchem Namen man jetzt nur noch einen Berg bey der Stadt kennt.
  9. Während der österreichischen Regierungs-Periode gab der König Ferdinand den 2. Juni 1530 dem Magistrate eine erneuerte Wahl-Ordnung. Kraft derselben mußte der Magistrat alle Jahre vor den Amtleuten um seine Entlassung bitten. Die Amtleute hatten sodann zwey der geschicktesten oder ältesten Richter auszurufen, um zwey andere zu wählen, und so ging denn die Wahl fort, bis Gericht und Rath besetzt waren. Sattlers Topogr. Gesch. S. 149.
  10. Über die feyerliche Taufhandlung vergl. Würt. Jahrbücher Jahrg. 1828, H. II. S. 434.
  11. Es waren bey der Hochzeit der Herzog Ludwig von Mantua selbst, der seine Tochter mit 215 Pferden begleitete, 35 vom hohen Adel, worunter mehrere Fürsten und Grafen, 3 Bischöfe, 192 vom niederen Adel, worunter 38 Ritter und 56 Frauenzimmer, ferner 11 Äbte, 6 Pröpste, die Abgesandten von 19 geistlichen Capiteln, von 15 Reichsstädten und 29 Landstädten. Im Ganzen wurden 14.000 Personen vom Hof aus gespeist; der Verbrauch an Weinen war 500 Eimer Landwein, 12 Eimer Elsäßer, 4 Eimer Malvasier. Im Schloßhofe floß der Wein in einem Brunnen aus 3 Röhren für’s Volk. Die Zahl der Pferde belief sich über 3000.
  12. Es war der Freyherr Hans Ungnad zu Sonneck, der mit Hülfe des Herzogs Christoph diese Anstalt gründet. Ungnad war Statthalter in Kärnthen, Krain und Steyermark, und nachher Kaiserl. Gesandter in Constantinopel. Sein Eifer für die Verbreitung der evangelischen Lehre und seine Bekanntschaft mit Tübinger Gelehrten veranlaßte ihn, zuerst die h. Schrift in Tübingen in slavischer Sprache übersetzen und drucken zu lassen. Auf sein an den Herzog Christoph von Constantinopel aus gestelltes Gesuch wurde dann 1562 in dem Mönchshofe zu Urach unter der Leitung des damaligen Stadtpfarrers und Dekans Primus Truber eine Druckerey errichtet. Sobald eine Anzahl von Schriften gedruckt war, wurde Wolf Schreiber von Fünfkirchen damit in die Moldau geschickt. Aber Schreiber hatte das Unglück, von dem Woywoden der Moldau, welcher kurz vorher von dem christlichen Glauben wieder abgefallen war, mit seinen Büchern ergriffen und gefangen nach Constantinopel geschickt zu werden, wo er längere Zeit im Gefängnisse schmachtete, bis ihn der Großherr auf Bitten des Gesandten endlich wieder losgab. Der Gesandte fiel aber bald darauf selbst bey seinem Herrn, dem K. Ferdinand, wegen seines evangelischen Eifers, in Ungnade. Er nahm als Vertriebener seine Zuflucht zu dem Herzog Christoph, der ihm eine Wohnung in Urach anwies, wo er dann die Druckanstalt selbst betrieb, bis er 1565 daselbst starb. Sattler Gr. IV. S. 182 u. ff. Lebrets Magaz. 9ter Theil. S. 156 u. ff. Schnurrer. Slavischer Bücherdruck in Würtemberg. Pfisters Christoph S. 386.
  13. Abgedruckt bey Sattler, Herz. I. Beyl. N. 93.
  14. Über dem Eingang in die Capelle ist die Jahrzahl 1663 eingehauen. 1549 bittet Matthis Hopp, „Prediger zu Hohen-Urach“ und vormals Mönch zu Bebenhausen, um Erhöhung seines Leibgedings.
  15. Der achtbare Burg- und Schlossermeister Bernhard Schwan, der die Festung vertheidigen half, schrieb in sein Hausbüchlein: „Under währender Belagerung habe ich viel ohnmenschliche Speisen essen müssen, und hab in 4 Tagen von unserm Obristen Holzmüller nicht mehr gehabt, denn auf 5 Vierling Brod und 1 Pfund Roßfleisch, so fast lauter Bein gewesen.“
  16. Eine schöne Lebensbeschreibung von Conz steht in Hausleutners Magazin, mehrere andere Biographien sind vorher erschienen.
  17. Eine actenmäßige Darstellung seines Prozesses findet sich in den Würtemb. Jahrbüchern, 1827 und 1828.
  18. Schöpflin Hist Zar. Bad. V. I. p. 200. Gerbert Hist. S. n. V. II. p. 11.
  19. Geschichte der ehemaligen Grafen von Urach und Achalm. In den Beyträgen zur Geschichte des Herzogthums Würtemberg, von M. J. Christoph Schmidlin. Stuttg. 1780. I. Theil S. 111 und ff. Für ihre Zeit das Beste, was über den Gegenstand geschrieben worden ist. Wir bemerken bey dieser Gelegenheit noch, daß das K. Stat. Top. Buerau vor einigen Jahren mehrere handschriftliche Arbeiten über die Grafschaft Urach und andere Gegenstände käuflich übernommen hat, welche bey diesem Hefte benutzt worden sind.
  20. Ausführlich handelt von Cuno und seinem Bruder Gebhard Münch in seiner Fürstenb. Geschichte B. I. S. 30 und ff.
  21. Sein Daseyn blieb Schmidlin verborgen, und deßwegen hielt er auch die Stellen, worin bei Crusius und Sulger von dem Gebhardus Argentinensis oder Strazburgensis Ep. die Rede ist, für unrichtig, und verwandelte sie in Spirensis Epicopus, indem er den Neffen mit dem Oheim verwechselte. S. I. c. p. 132.
  22. Gerbert Hist. s. n. I. 306. Kopps Hist. top. Lexikon von Baden, B. III. S. 319.
  23. Besold Docum. rediv. p. 456. Schöpflin Hist. Zar. Bad. T 1. 222.
  24. Herrgott, Geneal. Habsb. T. II. p. 196. Schöpflin I. c.
  25. Beyde Urkunden sind abgedruckt bey Schöpflin und neuerdings in dem Urkundenbuch der Stadt Freyburg von Dr. Schreiber. 1828 B. 1. p. 43 und ff. Im Übrigen vergl. Schöpflin I. c. I., p. 220 und ff. Schmidlin I. c. p. 142 und ff.
  26. Minder glücklich war die Schwägerin Egons, Clementia, die Witwe Bertholds V. Der Gemahl hatte ihr Burgdorf und die Güter der Gegend zum Witthum bestimmt; Egon und sein Sohn nahmen ihr während der Händel mit dem Kaiser Alles weg, führten sie selbst gefangen fort, und hielten sie 17 Jahre in Gefangenschaft, bis endlich K. Friedrich II. in’s Mittel trat, und auf einem Reichstage zu Mainz im Jahr 1235 den Ausspruch that, daß Clementia in Freyheit zu setzen, und ihr die abgenommenen Güter zurückzugeben seyen. Schöpflin I. c. I. p. 104.
  27. Zum letztenmal nannte sich Heinrich noch in einer Urkunde von 1270 Graf von Urach und Herr zu Fürstenberg, (Schöpflin Nr. 149). In Kopps Topograph. Lexikon von Baden, Artikel Fürstenberg, wird, im Widerspruch mit dem richtigeren Artikel: Urach und Freyburg, Berthold für einen Bruder Egons d. j. und Heinrich für einen Neffen Bertholds angenommen; eine Folge dieses Irrthums ist, daß auch die Art und die Zeit der Theilung unrichtig dargestellt wird. Einen ähnlichen Fehler rügt schon Schöpflin an Albertus Argentinensis (V. I. p. 223).
  28. S. Beschreibung des Oberamts Saulgau S. 201.
  29. Die Mutter war eine geb. Gräfin von Neufen, und vermuthlich sind unter der mütterlichen Erbschaft Neufische Güter verstanden. Die Deutung, welche Sattler Top. S. 145 comitia ex materna haereditate gibt, wird dadurch überflüssig. Unter jener Neufischen Erbschaft war wahrscheinlich auch ein Theil von Nürtingen.
  30. Beyde Urkunden werden in dem nächsten Hefte der Würt. Jahrbücher mitgetheilt werden. Die erstere ist übrigens, wiewohl nicht ganz fehlerlos, schon in Gerbert Hist. S. n. T. III. p. 161 abgedruckt.
  31. Man möchte fast glauben, Berthold sey als mundtot, oder wenigstens als schon beerbt betrachtet worden, und es ist zweifelhaft, ob die halbe Grafschaft Urach, welche Heinrich an Würtemberg verhandelt, wirklich in seinem, oder nicht vielmehr noch seines Bruders Besitze. war. Berthold scheint ein übler Haushälter gewesen zu seyn, wenigstens war die Grafschaft mit Schulden belastet und mannigfaltig verpfändet, wie aus den Urkunden erhellt.
  32. Die Urkunde darüber, dat Wormatiae 26. August 1260, ist abgedruckt in Sattlers ältester Geschichte v. W. S. 708.
  33. Vergl. Würtemb. Jahrbücher 1818, S. 173 u. ff. Sattlers Top. Gesch. S. 142.
  34. Sulger An. Zwif. I. 78, 229. II. 41. Nach den von Münch in seiner Fürstenbergischen Geschichte mitgetheilten Nachrichten war schon vorher ein Kloster auf dem Platze. Den Grund dazu hatte der große Cardinal Conrad von Urach 1229 gelegt. Die Ausführung des Baues geschah durch seinen Bruder Rudolph, den Bebenhauser Mönch, vermuthlich kurz vor dem Übergang der Grafschaft Urach an Würtemberg, s. S. 134 u. ff.
  35. Cleß C. 195. Sattler Gr. III. 108. IV. S. 15. Beyl. 27.

WS-Anmerkung

  1. Vorlage: 1437
« [[Beschreibung des Oberamts Urach/|]] Beschreibung des Oberamts Urach Kapitel B 2 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).