Das Blut

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Autor: Carl Ernst Bock
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Titel: Das Blut
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 493–495
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Vom Baue des menschlichen Körpers.

IV.0 Das Blut.


Aus dem Blute quillt das Leben, weil aus dieser rothen, in Röhren durch alle Theile des Körpers rinnenden Flüssigkeit das Material zur Unterhaltung des Stoffwechsels (s. Gartenlaube Nr. 39, S. 423) stammt. Dieses flüssige Material, Ernährungsflüssigkeit genannt, dringt nämlich fortwährend aus dem Blutstrome durch die äußerst dünnen Wände der feinsten Blutgefäßchen (Haargefäße) heraus in alle Substanzen des Körpers und durchtränket dieselben, um ihnen alle die Stoffe zum Ersatze darzubieten, aus denen diese Substanzen zusammengesetzt sind und an welchen sie immerfort Verluste erleiden. Damit nun aber das Blut jedem Theile des Körpers die richtige Ernährungsflüssigkeit darbieten könne, muß es nicht nur mit Hülfe des Kreislaufes (s. Gartenlaube Nr. 9, S. 91) durch alle Theile gehörig hindurchfließen, sondern es muß auch durch die Nahrung und die Verdauungsorgane die Stoffe zugeführt bekommen, aus welchen Blut und Körpersubstanz zusammengesetzt sind, demnach: Wasser in großer Menge, eiweißartige Materien (Faserstoff, Eiweißstoff und Käsestoff), Fett, Salze (besonders Kochsalz und Kalksalze) und Eisen, welches Letztere dem Blutfarbstoffe (Hämatin) zu Grunde liegt. Außer diesen Stoffen findet man im Blute aber [494] auch noch Gase, nämlich Sauerstoff, Stickstoff und Kohlensäure, sowie die in Folge des Stoffwechsels abgestorbenen und in’s Blut zurückgeführten Gewebsbestandtheile, welche Gewebsschlacken auch Extractivstoffe genannt und, nachdem sie mit Hülfe des Sauerstoffs verbrannt worden, an verschiedenen Stellen des Körpers (durch Haut, Lungen, Leber, Nieren) aus dem Blutstrome herausgeschafft werden.

Blutkörperchen gegen 500 Mal vergrößert.

I. Farbige Blutkörperchen des Menschen. II. Farblose menschliche Blutkörperchen (Lymphkörperchen). III. Farbige Blutkörperchen: a) vom Elephanten, b) vom Kameel, c) von der Ziege. IV. Blutkörperchen der Taube. V. der Schlange. VI. des Frosches. VII. des Fisches. VIII. der Raupe und des Regenwurms. IX. des Krebses.

Das Blut des Menschen und der Säugethiere ist, so lange es in den Blutgefäßen des lebenden Körpers fließt, eine etwas zähe klebrige Flüssigkeit, von größerer Schwere als das Wasser, von rother Farbe (hochroth in den Pulsadern, dunkelblauroth in den Blutadern), von etwa 28–30° R. Wärme, eigenthümlich fadem Geruch und salzig-süßlichem Geschmacke. Die Menge des Blutes im menschlichen Körper ist nach Alter, Körperbau, Temperament und Lebensweise sehr verschieden; man hat sie bei Erwachsenen auf 15–20 Pfund angegeben, so daß etwa der sechste bis achte Theil des Körpergewichts von Blut gebildet würde. Mit Hülfe des Mikroskops zeigt sich, daß das Blut aus zwei ganz verschiedenen Bestandtheilen zusammengesetzt ist, nämlich: aus einer gleichförmigen, fast farblosen Flüssigkeit (Blutliquor, Plasma, Intercellularflüssigkeit) und aus einer unzähligen Menge von kleinen Bläschen, Blutkörperchen genannt. Diese im Liquor fließenden Bläschen sind doppelter Art; die einen sind farbig (gelblich) und geben dem Blute, aber nur wenn viele derselben über einander liegen, seine rothe Farbe, die andern sind farblos. Die ersteren oder die farbigen Blutkörperchen sind weit zahlreicher und kleiner als die farblosen, stellen kreisrunde Scheiben dar, welche auf beiden Flächen etwas tellerförmig vertieft sind, und bestehen aus einer farblosen Umhüllungshaut und einem röthlich-gelben zähflüssigen Inhalte. Sie sind die einzigen Träger des rothen Farbstoffes des Blutes und in so ungeheurer Menge vorhanden, daß sie für sich allein das Blut zu bilden scheinen. Die meisten Beobachter stimmen jetzt darin überein, daß diese Blutkörperchen zum größten Theile keinen eigentlichen Kern in ihrer Höhle haben, sondern nur einzelne derselben in der vertieften Mitte ein nicht scharf umschriebenes lichtes Körnchen enthalten. Die farbigen Blutkörperchen zeichnen sich übrigens durch eine den verschiedenen Thierarten eigenthümliche Gestaltung und Größe aus, so daß man dadurch nicht blos Menschenblut vom Thierblute, sondern auch das Blut verschiedener Thiere durch das Mikroskop von einander unterscheiden kann. Bei den Säugethieren bilden die Blutkörperchen wie [495] beim Menschen ebenfalls vertiefte runde Scheiben, nur sind diese entweder größer (doch nur selten, beim Elephanten) oder gewöhnlich kleiner, blos das Kameel, Dromedar und Lama besitzen längliche und gewölbte Blutkörperchen. Alle niederen Wirbelthiere haben fast ohne Ausnahme ovale kernhaltige Blutkörperchen von der Form von Kürbiskernen. Bei den Vögeln finden sich länglich-ovale, in der Mitte erhabene und am Rande scharf zulaufende Blutkörperchen; die der Amphibien sind oval und stark convex und bei weitem größer als die menschlichen Blutbläschen. Die Blutkörperchen der wirbellosen Thiere gleichen den farblosen Blutkörperchen der höheren Thiere und sind fast immer ungefärbt. – Die farblosen Blutkörperchen (oder Lymphkörperchen) sind weit größer als die farbigen, von kugeliger Gestalt und in viel geringerer Anzahl (etwa 5 auf 2000) vorhanden; sie sind auch ihres Fettgehaltes und des Mangels an eisenhaltigem Farbstoffe wegen leichter, ihr Ansehen ist körnig und im Innern bergen sie einen Kern. Sie stammen aus dem Speisesafte und der Lymphe und wandeln sich höchst wahrscheinlich allmälig zu rothen Blutkörperchen um, indem sie ihren Kern verlieren, sich abplatten und Blutfarbstoffe in sich erzeugen. Die farbigen Blutkörperchen, nachdem sie eine Zeit lang durch die Adern circulirt haben, werden zuletzt in der Leber und Milz zerstört. Auf diese Weise entstehen fortwährend neue Blutkörperchen und alte gehen unter.

Wird Blut aus der Ader in ein Gefäß gelassen, so stößt es zuvörderst an der Luft einen in der Kälte sichtbaren Dampf (Wasserdunst mit Riechstoff) mit dem eigenthümlichen Blutgeruche (Blutdunst) aus, welcher bei verschiedenen Menschen und Thieren verschieden ist, bei Männern etwas stärker als bei Frauen. Nach einigen (2-14) Minuten gerinnt das Blut, indem es von der Oberfläche und dem Umfange her allmälig zäher und gallertartig, nach und nach immer fester wird und endlich (nach 12–40 Stunden) in zwei Theile, in einen flüssigen und einen festen geschieden ist. Der flüssige heißt Blutwasser (Serum), ist schwach-gelblich und enthält den in viel Wasser aufgelösten Eiweißstoff nebst den Blutsalzen. Der feste Theil, welcher nach und nach die Gestalt vom Innern des Gefäßes, in welches das Blut gelassen wurde, annimmt, wird Blutkuchen genannt und besteht aus dem festgewordenen, früher im Blutliquor aufgelösten Faserstoffe und aus den Blutkörperchen. Im Blute der Männer geht die Gerinnung langsamer vor sich, der Kuchen wird aber dichter als im weiblichen Blute; das Pulsaderblut gerinnt schneller als das der Blutadern; atmosphärische Luft, sowie Schütteln, Umrühren und Quirlen (geschlagenes Blut) beschleunigt das Gerinnen, während Säuren, Salze und Alkalien dasselbe verzögern oder ganz aufheben. Am schnellsten gerinnt das Blut der Vögel, langsamer das der Säugethiere und am langsamsten das der Amphibien und Fische. Das Wesen der Gerinnung (Coagulation) ist noch in tiefes Dunkel gehüllt.

Das Blut der wirbellosen, der sogenannten kalt- oder weißblütigen Thiere unterscheidet sich von dem Blute der Wirbelthiere nicht blos durch seine geringere Wärme, sondern auch durch seine Färbung, welche hier nicht an den Blutkörperchen, sondern am Blutliquor haftet, und durch die Blutkörperchen selbst, welche in viel geringerer Anzahl vorhanden sind. – Von den Gliederthieren hat das Blut der Insecten eine helle farblose oder grünliche Beschaffenheit und längliche oder ovale, farblose Blutkörperchen; die Spinnen- und Krustenthiere besitzen theils ein farbloses, theils ein gelbliches oder grünliches Blut; das Blut der Würmer zeichnet sich durch seine rothe Farbe (die aber ebenfalls am Liquor haftet) vor den meisten übrigen wirbellosen Thieren aus. Von den Weichthieren (Mollusken) besitzt das Blut der Kopffüßler (zu denen der Tintenfisch gehört) eine weißliche Farbe, das der Schnecken eine schmutzig weiße oder gelbliche, röthliche, braune oder grüne Farbe; das Blut der kopflosen Mollusken (Austern, Muscheln) ist farblos. Bei den niedrigsten Thieren, wie bei den Strahlthieren (Stachelhäutern, Quallen, Polypen) giebt es kein eigentliches Blut mehr, die Stelle desselben vertritt hier der Speisesaft.

(Ueber Bereitung, Reinigung und Kranksein des Blutes beim Menschen siehe den nächstfolgenden Aufsatz.)

(B.)