Salicylsäure

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Friedrich von Heyden
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Salicylsäure
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Antwort auf den Beitrag „Eine wichtige chemische Entdeckung“ von Heinrich Schwarz
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[172] Salicylsäure. Die diesjährige Nr. 7 der „Gartenlaube“ hat einen sachgemäßen kurzen Aufsatz über Salicylsäure gebracht, welcher einiger kleiner Berichtigungen bedarf. – Die nach dem dort mitgetheilten und in allen Staaten Europas und für Amerika patentirten Verfahren gewonnene Salicylsäure wird nicht so in den Handel gebracht, sondern zuvor einem sorgfältigen Reinigungsprocesse unterworfen, um sie von anfänglich noch beigemengten harzigen und färbenden Verunreinigungen zu befreien. Man würde zuversichtlich der rohen unansehnlichen Salicylsäure nicht die freundliche Aufnahme bereitet haben, der sich jetzt die schneeweiße reine Verbindung rühmen darf.

Irrthümlich in jenem Aufsatze ist die Angabe, daß die durch ihre antiseptischen Wirkungen ausgezeichnete Salicylsäure, in kleiner Menge dem Biere beigemischt, das Sauerwerden desselben verhindere, auch wenn dasselbe in offenen Gefäßen der Luft ausgesetzt ist. Nicht das Sauerwerden des Bieres vermag die Salicylsäure unter jenen Umständen zu hindern, wohl aber und vollständig jegliche Pilz- und Schimmelbildung, d. h. das Rahmigwerden des Bieres. – Die Fähigkeit der Salicylsäure, Kuhmilch eine Zeitlang vor dem Sauerwerden und Gerinnen zu bewahren, steht außer Zweifel; aber da hierbei die Temperatur und die Menge der beizumischenden Salicylsäure, auch die Art und Weise des Eintragens von Belang sind, so bedarf es, um jene Eigenschaft praktisch zu verwerthen, erst noch einer Anzahl von Versuchen, welche am besten von intelligenten Landwirthen in größerem Maßstabe angestellt werden.

Dasselbe gilt vom Conserviren des Fleisches. Wenn schon die Versuche im Kleinen überaus günstige Resultate gegeben haben, so ist auch hier das zweckmäßigste Verfahren, große Mengen Fleisch wochenlang vor Fäulniß zu schützen und wohlschmeckend zu erhalten, durch besondere Versuche noch zu ermitteln.

Die unlängst im „Journal für praktische Chemie“ veröffentlichte Arbeit des Professors Neubauer in Wiesbaden über die gährunghemmende Wirkung der Salicylsäure, welche in Bezug auf die Weingährung die schon früher von Professor Kolbe und Dr. von Meyer gemeinschaftlich gemachte Beobachtung bestätigt, daß kleine Mengen Salicylsäure die gährungerregende Wirkung der Hefe auf Zucker zu hemmen oder ganz zu vernichten vermögen, verspricht besonders für die Weintechnik von großer Wichtigkeit zu werden. Professor Neubauer spricht sich darüber am Schlusse seiner Abhandlung mit folgenden Worten aus. „Die Nachgährungen sind und bleiben eine Calamität für den Weinproducenten wie für den Weinhändler; sollte es gelingen, sie durch Salicylsäure zu beseitigen, und ich zweifle keinen Augenblick daran, so hätte die Weintechnik einen ungeheuren Fortschritt gemacht. Ebenso steht zu erwarten, ja ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sämmtliche Weinkrankheiten, die durch Pilze eingeleitet werden, sich durch Salicylsäurezusatz werden verhindern lassen.“ –

In überraschender Weise scheint die von Professor Kolbe ausgesprochene Vermuthung sich bestätigen zu wollen, daß die mit so hervorragenden antiseptischen Eigenschaften begabte Salicylsäure nach innerlichem Gebrauche als Arzneimittel bei Diphtheritis, Masern, Scharlach, Pocken, Cholera und andern Blutkrankheiten von günstigem Erfolge sein möge. Von mehreren anerkannt tüchtigen Aerzten sind in dieser Beziehung, zumal bei Diphtheritis, bereits glänzende Resultate erzielt worden.

Endlich sei noch die Bemerkung gestattet, daß mit den in Nr. 7 dieses Blattes erwähnten Zahnmitteln wohl die in ganz vortrefflicher Weise bereiteten Zahnpulver und Mundwässer der Engelapotheke in Leipzig (R. H. Paulcke) gemeint sein dürften, sowie daß die Salicylsäure selbst dem größeren Publicum nur nach und nach durch die Droguenhandlung zugänglich gemacht werden kann, da mein Etablissement erst seit Kurzem in größeren Betrieb gekommen ist und deshalb die massenhaften Aufträge eben noch kaum zu bewältigen sind.

Dresden.

Dr. F. von Heyden.