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Beschreibung des Oberamts Oberndorf/Kapitel B 11

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Fluorn mit Pochenmühle.
Gemeinde II. Klasse mit 991 Einwohnern, worunter 12 Katholiken. – Evang. Pfarrdorf mit Marktrecht (Dekanats Sulz); die Kath. sind nach Winzeln eingepfarrt. 11/2 Stunden westlich von der Oberamtsstadt gelegen. Fluorn, in Urkunden auch Flurn, Flurin, Flörin und ehemals Fluorn vor’m Wald genannt.

Der ansehnliche Ort liegt in drei Gruppen zerstreut in der Ebene und an den Gehängen des abgeschiedenen Heimbachthales, das hier ziemlich tief in die zwischen dem Neckar und dem Schiltachthal sich erhebende Hochebene einschneidet. Die meist kleinen Häuser stehen unregelmäßig und weit auseinander, von Gärtchen, Hofräumen und Baumwiesen unterbrochen, an den unebenen, ziemlich gut gehaltenen chaussirten und zum Theil gekandelten Straßen. Der gegen Römlinsdorf hinab gelegene Ortstheil führt den Namen Unter-Fluorn. Der muntere Heimbach schlängelt sich mitten durch das Dorf; in ihn mündet bei Unter-Fluorn der Danbach.

| Die Kirche hat noch jetzt eine feste Lage im Süden des Ortes auf dem linken Ufer des Heimbaches; sie steht auf einem Hügel und die Ringmauer an seinem Rande, seit 1841 fast bis auf den Boden abgetragen, senkt sich noch als hohe Untermauer in den rings um den Hügel laufenden Graben.

Ganz nahe, im Norden, steht auf einem ähnlichen Hügel das Pfarrhaus, dessen unterer Stock von einem alten Steinhaus herrührt und noch Schießscharten zeigt; es hatte einst auch eine Ringmauer mit Umgang; Kirche und Steinhaus (Burg) waren früher durch eine hölzerne Zugbrücke verbunden, jetzt führt ein hoher steinerner Brückenbogen hinüber. Die Kirche mit östlichem, den Chor vertretenden, 60′ hohem Thurme stammt theils aus romanischer, theils aus spätgothischer Zeit; im Westen hat sie ein spätromanisches Kleeblattportal, dessen Bogenfeld mit dem Lamm Gottes in erhabener Arbeit geschmückt ist. An den Langseiten des Schiffes sind zum Theil noch gerade mit spätgothischem Maßwerk gefüllte Sprossenfenster erhalten; in diesem Stile ist auch der starke, mit einem Satteldach bekrönte Thurm aufgeführt; er hat 3 Geschosse, im untersten sitzen gegen Süd und Ost hübschgefüllte Spitzbogenfenster, das zweite Stockwerk ist ganz schlicht, das dritte hat wieder schöne Maßwerkfenster. Die Kirche giebt zusammen mit dem unter schattigen Obstbäumen gelegenen burgähnlichen Pfarrhause ein höchst anmuthiges Bild. Das Innere ist ziemlich stark durch Emporen verbaut; die Orgel, von 1808, steht im Chore, das Schiff ist flachgedeckt, der Triumphbogen hat einen Rundbogen, der auf schlichten romanischen Kämpfern ruht; in seiner Leibung ist ein sehr alter Wappenschild mit zwei sich kreuzenden Schrägbalken angebracht. Der Chor im Thurm hat ein altes gothisches Rippenkreuzgewölbe; der große Taufstein ist hohl, achteckig und gothisch verziert; auch der Altartisch stammt noch aus alter Zeit; an der Südwand befindet sich ein Kruzifix, laut Inschrift gestiftet 30. Juni 1651 von Jac. Kimmich, 40 Jahre Dorfs- und Hühnervogt, und gegenüber das mit ihrem Bildniß geschmückte Epitaphium der Frau des Stifters, Anna, gest. 28. Februar 1651. Ein Thürchen mit der Jahreszahl 1482 führt durch die Nordwand der Kirche in die sehr alte tonnengewölbte Sakristei. Von den zwei Glocken ist die größere von Johann Kurtz und Sohn 1821 in Reutlingen gegossen; die kleinere trägt als Umschrift 1441, die Namen der 4 Evangelisten und o rex glorie criste veni cum pace.

Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege und auf der Gemeinde.

| Der neue Begräbnißplatz wurde 1836 westlich vom Ort angelegt.

Das schon oben angeführte schöne zweistockige Pfarrhaus wurde 1672 auf den älteren Grundmauern erbaut; seine Unterhaltung hat der Staat.

Das sehr ansehnliche hoch gelegene zweistockige Schulhaus wurde 1819 westlich vom Pfarrhaus erbaut und enthält 2 Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und des Lehrgehilfen.

Das freundliche Rathhaus wurde 1847 erbaut und steht am östlichen Anfang des Dorfes.

Die Gemeinde besitzt 2 Zehentscheuern, wovon die eine vor mehreren Jahren in ein Schafhaus umgewandelt wurde.

Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 7 laufende Brunnen, deren Wasser durch hölzerne Deuchel geleitet wird, und 5 Pumpbrunnen; auch die Markung ist reich an guten Quellen; die bedeutendsten sind die im Danbach, im Lauxenteich und im Ochsenteich; dann fließen darüber der Heimbach, der zuweilen verheerend austritt, der Staffelbach und der Danbach. Das Gasthaus zur Krone war früher ein Bad.

Die Staatsstraße von Oberndorf nach Freudenstadt führt durch den Ort; Vicinalstraßen gehen von hier nach Winzeln und Hochmössingen.

Über den Heimbach führen 2 steinerne Brücken und 2 hölzerne Stege; die Unterhaltung ruht auf der Gemeinde.

Die Einwohner, ein gesunder Menschenschlag, sind gutmüthig, fleißig, doch nicht besonders sparsam; ihre kleidsame Volkstracht haben sie beibehalten; über 80 Jahre zählen gegenwärtig 2 Personen.

Haupterwerbsquellen sind Feldbau und Viehzucht.

Die hier bestehenden Muschelkalksteinbrüche sind unbedeutend; früher waren am Ort und im Hardtwald Grunderzgruben, deren Ausbeute nach Friedrichsthal oder in den einst hier bestehenden Schmelzofen kam.

Unter den Gewerbetreibenden sind Schuster und Weber am meisten vertreten; nach Schramberg geht ein bedeutender Absatz von Strohgeflechten und gestrickten Kitteln.

In- und außerhalb des Ortes bestehen 3 Getreidemühlen mit je 2 Mahl- und 1 Gerbgang, wovon 2 noch einen Ölgang und 1 Hanfreibe haben; ferner 1 Sägmühle, 4 Schildwirthschaften, wovon 3 mit Bierbrauereien verbunden sind, und 1 Kauf- und 1 Kramladen.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner haben sich in den| letzten Jahren auf eine erfreuliche Weise wieder gehoben und stehen denen anderer Orte nicht mehr nach; der begütertste Bürger besitzt 72 Morgen, worunter 9 Morgen Wald, der Mittelmann 20–25, der weniger bemittelte 3 Morgen; 8 Personen genießen gegenwärtig Gemeindeunterstützung.

Mit Ausnahme des mäßig eingefurchten Heimbachthales und einiger ganz unbedeutender Seitenthälchen bildet die mittelgroße Markung eine wellige Hochebene, deren ziemlich fruchtbarer Boden meist aus einem nicht tiefgründigen, mit Grunderz gemengtem Lehm, theilweise aus den Zersetzungen des Hauptmuschelkalks, des Dolomits und der Anhydritgruppe besteht.

Das Klima ist etwas rauh, die Nächte sind auch den Sommer über kühl und starke Winde häufig; schädliche Frühlingsfröste und Hagelschlag kommen nicht selten vor.

Die Landwirthschaft wird gut betrieben und durch die seit 8 Jahren bestehende landwirthschaftliche Fortbildungsschule wesentlich gefördert. Verbesserte Ackergeräthe haben guten Eingang gefunden und die Düngerstätten sind größtentheils nach neueren Grundsätzen angelegt. Zur Besserung des Bodens kommt, außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln und der sorgfältig gesammelten Jauche, Gips, Hallerde, Kompost und Asche in Anwendung.

Von den Cerealien baut man vorherrschend Dinkel, Haber, Gerste und Roggen; in der Brache kommen Kartoffeln, Futterkräuter (Luzerne und Esparsette), Reps und Hanf zum Anbau. Über das eigene Bedürfniß können jährlich 3–400 Scheffel Dinkel und 200 Scheffel Haber nach außen verkauft werden.

Der ziemlich ausgedehnte Wiesenbau liefert größtentheils ein gutes nahrhaftes Futter; die vorhandenen 40 Morgen Wässerungswiesen sind zwei-, die übrigen einmähdig.

Die Obstzucht hat sich in neuerer Zeit hauptsächlich durch das Anpflanzen der Obstbäume an den Straßen und auf den an dem Ort liegenden Grundstücken wesentlich gehoben; man pflegt hauptsächlich Luiken, Fleiner, Süßäpfel, Reinetten, Winterrosenäpfel, Knausbirnen, Bergamottbirnen, Eierbirnen und von Steinobst Zwetschgen und Pflaumen.

Die Gemeinde besitzt 1123/4 Morgen Nadelwaldungen, deren jährlicher in 15 Klaftern und 800 Stück Wellen bestehender Ertrag zur Heizung der Schule und des Rathhauses benützt wird.

Die vorhandenen, etwa 24 Morgen großen Weiden werden nebst der Brach und Stoppelweide an einen Ortsschäfer, der den| Sommer über 350, im Winter 200 Stück deutsche und Bastardschafe laufen läßt, um 400 fl. jährlich verpachtet; überdieß trägt die Pferchnutzung 200 fl. der Gemeindekasse ein.

An Allmanden sind 366 Morgen vorhanden, welche an die Ortsbürger der Morgen zu 1 fl. verliehen werden; auch besitzt die Gemeinde 62 Morgen Feld, wovon 45 Morgen zur Schäferei und 17 Morgen zur Farrenhaltung benützt werden.

Was die Viehzucht betrifft, so ist die der Pferde von keiner Bedeutung, dagegen die des Rindviehs in einem erfreulichen Zustande, indem die Gemeinde seit 20 Jahren für die Rindviehzucht, namentlich für Anschaffung reiner Simmenthaler Farren, deren 4 aufgestellt sind, kein Opfer gescheut hat. Zur Herbstzeit wird das Vieh noch ausgetrieben.

Eigentliche Schweinezucht besteht nicht und die Ferkel (verschiedene Racen) müssen alle von außen bezogen werden; der Verkauf an Mastschweinen ist unbedeutend.

Die Geflügelzucht treibt man für den eigenen Bedarf und die Bienenzucht ist im Zunehmen begriffen.

Das Fischrecht in dem Forellen führenden Heimbach hat die Gemeinde, welche es um 1 fl. 36 kr. jährlich verpachtet.

Außer der Volksschule besteht noch eine Industrieschule, eine landwirthschaftliche Fortbildungsschule und eine Strohflechterei.

Der Ort hat das Recht, in den Monaten März und Oktober je einen Vieh- und Krämermarkt abzuhalten.

An Stiftungen sind vorhanden: 1) die Schuler’sche Stiftung mit 800 fl., deren Zinse für Kranke und Arme verwendet werden; 2) die Bengel’sche Stiftung mit 200 fl. für Schulzwecke.

Auf der Anhöhe im nordwestlichen Theil des Orts, wo jetzt das Pfarrhaus steht, stand eine Burg und ganz in der Nähe wurden Reihengräber, die neben den menschlichen Skeletten alte Waffen enthielten, entdeckt; auch wurde vor etwa 30 Jahren in einem südlich vom Ort gelegenen Steinbruch ein ähnliches Grab aufgefunden, in welchem außer dem Skelett goldene Schmucksachen vorhanden gewesen sein sollen.

Die zu der Gemeinde gehörige Pochenmühle mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang liegt 1/8 Stunde unterhalb des Orts im Heimbachthale; sie hat ihren Namen von dem schon 1744 hier vorhandenen Schlacken-Pochwerk, das 1705 in eine Mahlmühle umgewandelt wurde; nahe dabei stand die Eisenschmelze und weiter unten im Thale die Erzwasche. In den 1660er Jahren wurde hier| erstmals eine Schmelzhütte errichtet, auf der das in der Gegend um Fluorn gewonnene Grunderz verhüttet, und auch von 1706 an Öfen und andere Gußwaren verfertigt wurden; das Schmelzwerk ging aber 1744 wieder ein. Schon seit langer Zeit gab das Erzgraben den Bürgern von Fluorn Arbeit und Verdienst; das Erz lieferten sie theils an die Eisenschmelze im Ort, theils auf die Hüttenwerke in Christophsthal bei Freudenstadt. Vor einigen Jahren hat die Erzgewinnung ganz aufgehört.

Fluorn hatte seinen eigenen Adel. Bernhard von Fluorn ist Salmann bei der Stiftung des Klosters Alpirsbach um 1099 und eben hiebei erscheinen als Zeugen sowohl er, als auch sein älterer Bruder Egelolf (Vlovrin. Wirt. Urk.-B. 1, 315 ff.).[1] Ulrich und Eberhard, Gebrüder, verkauften Güter in Fürnsal an Johann Maier von Ehlenbogen. Im Jahr 1401, Dienstags nach Hilarii, übergab vor dem Hofgericht in Rottweil an den Abt Heinrich von Alpirsbach die ehrbare Frau Guta, die Herrin von Fluorn, Wittwe Haug’s des Maiers von Ehlenbogen, ihre Rechte an den Zehenten zu Oberndorf u. a.

Die Oberherrlichkeit gehörte den Grafen von Sulz und kam von diesen an die Herren von Geroldseck (s. O.A. Sulz). Im Jahr 1417 verklagte Anna von Urslingen Konrads von Geroldseck Wittwe den Wolf von Bubenhofen wegen seiner Ansprüche auf Fluorn, Römlinsdorf etc., auf welche Orte sie angewiesen war. Im Jahr 1420, bei Ächtung der Brüder Heinrich und Georg von Geroldseck war Graf Eitel Friedrich von Hohenzollern zeitweilig auf geroldseckischen Besitz in Fluorn und Römlinsdorf eingewiesen (Reiner, Geneal. des Hauses Hohenzollern 48).

Mit Sulz kam Fluorn 1471 an Württemberg und gehörte zum O.A. Sulz, bis es 1810 zum O.A. Oberndorf kam.

Außer im obigen Jahr 1401 machte das Kloster Alpirsbach auch 1411, 1416 hiesige Erwerbungen.

Die Kirche mit Zugehör (dabei auch Weingarten) gehörte 1279 dem Augustiner Nonnenkloster in Oberndorf (Köhler 56). Im Jahr 1325 verglich sich Walther von Geroldseck mit den Herzogen Lutzmann und Friedrich von Teck wegen des Kirchensatzes. Mit dem übrigen hiesigen Geroldseckischen Besitz kam der letztere an Württemberg.

Früher bestunden drei Zehentscheunen in einer Reihe am östlichen Ende des Dorfs. Die eine gehörte dem Kloster Alpirsbach, welches in dieselbe den Zehenten von Winzeln bezog, weßwegen sie| 1809 nach Winzeln versetzt wurde. Die der ehemaligen Kellerei in Sulz gehörende wurde 1797 neu erbaut und die dritte gehörte der geistlichen Verwaltung in Sulz, denn Kellerei und Verwaltung bezogen den großen Zehenten auf der Markung.
  1. 1275 Phlueren geschrieben. Freiburger Diöcesan-Archiv 1, 37.
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