Zum Inhalt springen

Die Klage

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Krelle
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Klage
Untertitel:
aus: Sagen aus der Provinz Sachsen III, in: Zeitschrift für Volkskunde, 1. Jahrgang, S. 179–180
Herausgeber: Edmund Veckenstedt
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Alfred Dörffel
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA*, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[179]
2. Die Klage.

Die Schäfer, welche die Nächte bei ihren Schafen auf dem Felde zubringen, hören und sehen gar manches, wovon die andern Menschen nichts wissen. So berichtete auch ein alter Schäfer, es gebe ein Wesen, welches nicht ganz Mensch, aber auch nicht ganz Tier sei. Dieses Wesen sei die Klage; dieselbe lasse sich nur des Nachts auf dem Felde hören, und auch nur dann, wenn weit und breit niemand mehr dort sei und nur noch der Schäfer in seiner Karre wache. Wenn sich die Klage vernehmen lasse, so höre sich das an, als ob einem Menschen etwas angethan sei, der nun in seiner Not die klagenden Töne ausstosse. Wenn man das höre, so müsse man sich ganz still verhalten, sonst habe man Schaden davon.

So sei er auch einstmals des Nachts in der Karre bei seinen Schafen gewesen, die er eingehürdet gehabt habe. Er hätte früher von der Klage nichts gewusst. Da habe er plötzlich ein lautes Klagen gehört. Weil er geglaubt habe, es sei jemand in Not, so sei er vor die Karre getreten und habe laut gerufen: „Wer ist da?“ Da niemand geantwortet habe und auch sonst alles still geblieben sei, so sei er wieder in seine Karre gekrochen und wäre eingeschlafen.

Plötzlich sei er aufgeschreckt, denn die Schafe wären in den Hürden hin und her gestürmt, wie er deutlich gehört habe. Sogleich sei er aus der Karre gekrochen und habe die Schafe zu beruhigen versucht. Aber die hätten nicht auf ihn gehört. Darauf hätte er seine Hunde angerufen, aber die Hunde hätten sich um ihn nicht gekümmert, sondern sich winselnd unter der Karre verkrochen. Die Schafe seien immer aufgeregter geworden und endlich mit solcher Gewalt gegen die eine Hürde gestürmt, dass die Pflöcke nicht gehalten und die Hürde zerbrochen sei. Darauf hätten sich die Schafe ängstlich an der Karre in einen dichten Knäuel zusammengedrängt. Erst gegen Morgen sei es ihm möglich gewesen, die Schafe wieder in die Hürde zu treiben, welche er ausgebessert habe, so gut es gegangen sei.

Als er das alles später einem alten Schäfer erzählt hätte, habe dieser ihm gesagt, dass er die Klage gehört habe. Wenn er dieselbe wieder [180] hören sollte, so dürfe er nicht thun, als ob er etwas vernommen habe, dann würden auch seine Schafe ruhig bleiben.

Er habe sich danach gerichtet und fortan sei ihm auch mit den Schafen und Hunden nichts mehr zugestossen, wenn sich die Klage habe vernehmen lassen.

Krelle.