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Die Schmeichler

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Die Schmeichler
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 452
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[449]

Die Schmeichler.
Nach dem Oelgemälde von F. Vinea.

[452] Die Schmeichler. (Mit Illustration S. 449.) In den Sitten und der Lebensweise der Spanier außerhalb der großen Städte und zumal im südlichen Theile ihres Landes hat sich seit drei Jahrhunderten wenig verändert. Eine Venta, das ist eine Trinkwirthschaft an der Landstraße, wie sie unsere Illustration nach dem Vinea’schen Bilde zeigt, ist heute noch von so primitiver Art, wie sie zur Zeit Philipp’s II. war: nicht viel besser als ein Keller über der Erde, in den die heiße Sonne keinen Zugang finden soll und in den nur durch die Thür oder ein kleines Fenster das Tageslicht gebrochen hineinfällt. Giebt’s keinen rohen Tisch, so ersetzt ein Weinfaß mit seinem Boden denselben; ein paar Schemel, ein Gestell für die mit Binsen umflochtenen langhalsigen Bauchflaschen, in die aus dem Bockbeutel der Landwein gefüllt wird, sei es rother herber, oder weißer süßer; ein großer Cantaro, ein maurisch überlieferter Wasserkrug in einer Ecke: das ist beinahe Alles, was sich da vorfindet. Hier halten die Gäste ja auch nur kurze Rast, um ein Glas zur Stärkung und Kühlung zu nehmen. Die drei Capitanos unseres Bildes haben sich denn auch nicht besonnen, als sie ihr Ritt an der Venta des alten Pietro vorüberführte, ihre Rosse vor dem niedrigen Steinhause anzubinden und dann in die Schänke zu treten. Von früher her, ehe sie mit in den sicilischen Krieg gezogen, war ihnen diese Venta wohlbekannt, hatten sie manchen Tropfen da durch die durstige Kehle gejagt.

Damals war Pietro’s Tochter noch ein junges, wildes Ding gewesen. Jetzt treffen sie dieselbe, und zwar allein, als eine verheirathete Frau wieder. Der Alte ist todt; der Mann, der sie geheirathet hat, ist auf dem Felde. Aber sie hat eine Art, den Wein zu kredenzen und mit den Leuten zu plaudern, die den drei Rittern das Wiedersehen mit ihr noch anregender macht. Der Eine namentlich hat sein Gefallen an ihr und sagt ihr in seiner Weise, in Vertraulichkeit von früher her, die angenehmsten Dinge, die er ihr sagen kann: was sie für ein sauberes Weibchen geworden, wie ihr noch immer mucha sel, viel Salz, in den schwarzen Augen sitze (eine viel gebrauchte galante, andalusische Phrase), und wie sie früher manchem jungen Kerl den Kopf verdreht habe. Dem und dem – ja, ja, sie denkt daran und lächelt bei der Erinnerung und verjüngt sich gleichsam darin in natürlicher Koketterie. Und die beiden anderen Zecher hören den Neckereien ihres Kameraden mit Vergnügen zu, beobachten mit der Theilnahme erfahrener Männer die Wirkung der Schmeichelreden auf die Wirthin und geben auch ihr Salz dazu. Inzwischen wird mit höherem Behagen eine Flasche nach der anderen geleert, und jedem Theil thut’s wohl, was er damit einnimmt. Welch einen freundlichen Blick werden die Drei von dem Weibe erhalten, wenn sie nach der heiteren Stunde in der Venta wieder auf ihre Rosse steigen! Oft kommt ja solche Gesellschaft nicht dahin und hört die Wirthin aus solchem Munde nicht so viel Schmeichelhaftes. Das hat ihr einen absonderlich guten Tag bereitet!