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Die totale Sonnenfinsterniß am 18. August 1868

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Textdaten
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Autor: Otto Ule
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Titel: Die totale Sonnenfinsterniß am 18. August 1868
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 570-572
Herausgeber: Ernst Keil
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Die totale Sonnenfinsterniß am 18. August 1868.
Von Otto Ule.


Man kann es den Lesern der „Gartenlaube“ gar nicht verdenken, wenn sie sich ein wenig verwundert haben, als sie von dem Eifer hörten, mit welchem die Großmächte der Erde in diesem Jahre sich rüsteten, Expeditionen in das ferne Arabien und Indien zu entsenden, nicht etwa, um dort Länder zu erobern oder eine ihnen angethane Beleidigung blutig zu rächen, auch nicht um den widerstrebenden Völkern die Wohlthat europäischen Schutzes oder die noch größere Wohlthat christlicher Civilisation aufzudrängen, sondern lediglich, um ein kleines Ereigniß am Himmel von nur wenigen Minuten Dauer beobachten zu lassen. Denn daß die Sonnenfinsternisse gerade so ganz außerordentliche Erscheinungen seien, behaupten die Astronomen nicht einmal, die uns vielmehr belehren, daß sie weit häufiger als die Mondfinsternisse vorkommen. Im Laufe von achtzehn Jahren, sagen sie, kommen durchschnittlich neunundzwanzig Mondfinsternisse und einundvierzig Sonnenfinsternisse vor, und es können sogar vier Sonnenfinsternisse in einem einzigen Jahre stattfinden. Nun mag es sich freilich mit den Sonnenfinsternissen doch etwas anders verhalten, als mit den Mondfinsternissen. Letztere werden durch den Eintritt des Mondes in den Schatten der Erde erzeugt, dem Mond wird also dabei das Licht der Sonne wirklich entzogen, und alle Orte der Erde, denen der Mond überhaupt über dem Horizonte steht, also fast über die ganze Halbkugel hin, müssen die Finsterniß in der gleichen Weise sehen. Bei den Sonnenfinsternissen dagegen wird durch das Dazwischentreten des kleinen Mondes nicht der ganzen Halbkugel der Erde das Licht der Sonne gleichmäßig entzogen; die Sonne kann vielmehr dem einen Orte gänzlich, dem andern nur zum Theil verfinstert erscheinen und an einem dritten Orte vollkommen sichtbar bleiben.

Totale Sonnenfinsternisse können darum allerdings für einen bestimmten Ort zu den seltneren Erscheinungen gehören, und es kann vorkommen, wie es Paris im neunzehnten Jahrhundert widerfährt, daß ein einzelner Ort ein ganzes Jahrhundert hindurch keine totale Sonnenfinsternis; zu sehen bekommt; London ist sogar, wie man berechnet hat, vom Jahre 1140 bis zum Jahre 1715, also in einem Zeitraum von fünfhundertfünfundsiebenzig Jahren nicht ein einziges Mal durch ein solches Ereigniß beglückt worden. Man kann also doch wohl zugeben, daß manche Länder, daß vielleicht England und Frankreich, Oesterreich und die nordamerikanischen Staaten einige Veranlassung haben mochten, ihre Gelehrten in jene bevorzugten Gegenden des Aequators zu senden, die von den Küsten des rothen Meeres bis zur Küste von Neuguinea am 18. August d. J. das Glück genossen, von einer so seltenen Naturerscheinung heimgesucht zu werden. Freilich schwerer begreiflich wird man es finden, daß selbst Rom seine Gelehrten dorthin sendete, da man im Allgemeinen der Meinung ist, daß es seine Peterspfennige zu andern Dingen nöthiger braucht, als um ein seltenes Naturphänomen im Dienste der profanen Wissenschaft beobachten zu lassen. Vollends unbegreiflich aber wird man es finden, daß auch der Norddeutsche Reichstag sich mit diesem Ereigniß befaßt hat, daß sogar auf Veranlassung und im Auftrage des Norddeutschen Bundes eine Doppel-Expedition nach Aden an der arabischen Küste und in das Innere Indiens zu seiner Beobachtung abgegangen ist.

Wir sind an dergleichen Regierungsunternehmungen von den Zeiten des seligen Bundestages her so gar nicht gewöhnt, daß wir wirklich etwas ganz Außerordentliches dahinter vermuthen müssen. Nun kommen vollends die Astronomen und erzählen uns, daß noch im Laufe der nächsten Jahrzehnte, am 19. August 1887, eine totale Sonnenfinsterniß sich die Ehre geben wird, sich in Berlin und an anderen Orten Norddeutschlands öffentlich sehen zu lassen, und wir wissen, daß wir bei einer solchen Ankündigung keine rothen Zettel zu fürchten haben, daß höchstens eine Wolke an unserem launenhaften deutschen Himmel uns das Schauspiel verderben kann. Warum wartete man denn nicht diese bequeme und billige Gelegenheit ab und ersparte so die Tausende, welche diese Expedition kostete, wenn denn doch einmal etwas für Wissenschaft und Aufklärung geschehen soll für unsere darbenden Schulen? Es muß also doch wohl eine ganz besondere Bewandtniß mit dieser Sonnenfinsterniß vom 18. August haben, und diese hat es in der That. Wir wollen daher versuchen, unsern Lesern in möglichster Kürze und Deutlichkeit eine Vorstellung davon zu verschaffen, worin sich diese Sonnenfinsterniß von allen andern unterscheidet und welche Zwecke überhaupt die Beobachtung einer Sonnenfinsterniß verfolgt.

In der That ist eine totale Sonnenfinsterniß keineswegs wie die andere. Was sie ganz besonders unterscheidet, das ist ihre Dauer. Offenbar ist diese Dauer zunächst durch das Verhältniß der scheinbaren Größen der beiden einander verdeckenden Himmelskörper zur Zeit des Ereignisses bedingt. Denn daß Sonnen- und Mondscheibe uns nicht immer gleich groß erscheinen, ist bekannt, weil Sonne und Mond wegen der länglichen elliptischen Form der Mond- und Erdbahn sehr verschiedene Entfernungen von uns einnehmen können. So kann der Mond einmal achtundvierzigtausendsechshundert, ein ander Mal einundfünfzigtausendsechshundert Meilen von uns entfernt sein. Die Verfinsterung der Sonnenscheibe durch die Mondscheibe muß nun offenbar um so länger dauern, je größer die scheinbare Fläche des verdeckenden Mondes und je kleiner die verdeckte scheinbare Sonnenscheibe ist. Am größten erscheint uns aber der Mond in seiner Erdnähe, am kleinsten die Sonne in ihrer Erdferne. Vereinigen sich also diese beiden Umstände zur Zeit, wo Sonne, Mond und Erde in einer geraden Linie stehen, also eine Sonnenfinsterniß veranlassen, so kann die totale Verfinsterung an Orten des Aequators bis zu sieben Minuten achtundfünfzig Secunden währen. Tritt aber das Umgekehrte ein, ist der Mond sehr weit von der Erde entfernt, die Sonne dagegen sehr nahe, so dauert die totale Finsterniß nur etwa zwei bis drei Minuten. Dies war bei den letzten totalen Sonnenfinsternissen der Fall, bei der vom 28. Juli 1851 und bei der vom 18. Juli 1860.

Bei der jetzigen dagegen finden sich nahezu die günstigsten Bedingungen erfüllt. Die Sonne ist am 1. Juli dieses Jahres in ihre größte Erdferne getreten und hat sich während der sechs Wochen bis zum Ereigniß noch kaum merklich genähert. Der Mond dagegen trat gerade in der Nacht vom 17. zum 18. August, sechs Stunden vor der Finsterniß, in seine größte Erdnähe. Dadurch geschah es, daß bei dem betreffenden Ereigniß die totale Verfinsterung die seltene Dauer von sechs Minuten sechsundvierzig [571] Secunden erreichte. Allerdings würde diese Dauer trotz der günstigen Stellung der drei Himmelskörper doch nicht ganz erreicht worden sein, wenn nicht ein anderer wichtiger Umstand hinzugekommen wäre, wenn nämlich nicht der Schattenkegel des Mondes gerade über einen Erdgürtel hingestrichen wäre, der in unmittelbarer Nähe des Aequators liegt. Einmal wurde dadurch, wenigstens für diejenigen Orte, an welchen die Finsterniß um Mittag stattfand, die Entfernung des Mondes von dem Beobachter abermals nicht unbeträchtlich verringert und damit sein scheinbarer Durchmesser vergrößert. Sodann aber wurde die Dauer der Finsterniß auch insofern verlängert, als der Schattenkegel des Mondes hier auf Punkte der Erdoberfläche traf, welche die größte Umdrehungsgeschwindigkeit besitzen und daher auch am schnellsten dem vorüberziehenden Mondschatten nacheilen können. Endlich aber erlangt der Umstand, daß die Zone der totalen Finsterniß in die Nähe des Aequators fällt, auch dadurch noch eine ganz besondere Wichtigkeit, daß der Raum, innerhalb dessen das Ereigniß beobachtet werden konnte, eine ungewöhnliche Ausdehnung erlangt. Dieser Raum beträgt nicht weniger als zweitausend Meilen in der Länge und etwa dreißig Meilen in der Breite und umfaßt überdies Landstriche, die für den Astronomen zu den glücklichsten gehören, da sie kaum Störungen durch die Ungunst des Wetters befürchten lassen. Wie wichtig aber eine möglichst reiche Auswahl von Beobachtungsorten und eine möglichst große Entfernung derselben ist, werden wir aus der Art der Arbeiten ersehen, die den Astronomen bei einem solchen Ereigniß beschäftigen. Jedenfalls hat in der ganzen historischen Zeit noch keine Sonnenfinsterniß stattgefunden und wird sich auch in vielen Jahrhunderten keine ereignen, welche durch ein ähnliches Zusammentreffen glücklicher Umstände begünstigt wird. Die Sonnenfinsterniß vom 18. August dieses Jahres war also wirklich eine der seltensten Erscheinungen dieser Art.

Werfen wir nun einen Blick auf die Beobachtungen, um welche es sich bei einer solchen Finsterniß handelt. Der eine Theil dieser Beobachtungen ist streng astronomischer Natur. Es gilt nämlich, genau die Zeit festzustellen, in welcher die Finsterniß beginnt, den Punkt der Sonnenscheibe, welcher zuerst mit der Mondscheibe in Berührung kommt, die Zeit, wann eine bestimmte Erhöhung am Umfange des Mondrandes einen Theil der Sonne zu bedecken beginnt, die Zeit des vollständigen Verschwindens der Sonnenscheibe und des Wiedererscheinens des ersten hellen Lichtpunktes am entgegengesetzten Sonnenrande, endlich die Zeit des Endes der Finsterniß, die von der Zeit des Anfangs derselben höchstens um vier und eine halbe Stunde verschieden sein kann. Man wird fragen: wozu noch diese Zeiten beobachten, die der Astronom sich doch rühmt, so genau vorherberechnen zu können? Allerdings sind sie mit Hülfe der überaus genauen Kenntniß, welche die Astronomen von der Bewegung der Erde und der noch weit zusammengesetzteren des Mondes besitzen, für jeden Beobachtungsort im Voraus genau berechnet. Diese Berechnung selbst bedarf auch keineswegs der Controle, wohl aber bedürfen einer solchen die Zahlen, welche der Rechnung zu Grunde liegen, z. B. die Zahlen, welche sich auf die augenblickliche Entfernung der Erde vom Monde und von der Sonne, oder welche sich auf den jedesmaligen Ort des Mondes in seiner Bahn beziehen. Bestätigen die Beobachtungen die Rechnung, treten die Erscheinungen genau in den vorausbestimmten Zeiten ein, so waren auch die der Rechnung zu Grunde liegenden Zahlen richtig. Stimmen aber die Beobachtungen nicht vollständig mit der Rechnung überein, weichen jene Zeiten auch nur etwa um Zehntheile einer Secunde von den vorausberechneten ab, so führt dies rückwärts zur Berichtigung jener zu Grunde liegenden Zahlenannahmen, also zur Berichtigung der so wichtigen sogenannten Elemente der Erd- und Mondbahn. Man wird nun leicht begreifen, daß für diese Controle die Dauer der Finsterniß und die Zahl und der Abstand der Beobachtuugsorte von der allergrößten Bedeutung sind.

Eine zweite Art von Beobachtungen, welche eine totale Sonnenfinsterniß herausfordert, gehört mehr der physischen Astronomie an. Sie beziehen sich auf die Natur der Sonnenoberfläche und der Lichterscheinungen in ihrer Umgebung. Die eigenthümliche Dämmerung, welche eintritt, wenn die Sonnenscheibe völlig durch den Mond verdeckt ist, gestattet Manches zu sehen, was sich sonst in dem blendenden Glanze der Sonne verbirgt. Gäbe es einen Planeten, der sich in noch größerer Nähe als der Mercur um die Sonne bewegte, wie ja in der That der berühmte Leverrier das Dasein eines solchen aus gewissen Störungen des Mercurlaufes durch Rechnung nachgewiesen haben will, so wird er auch dem noch so scharf bewaffneten Auge des Astronomen niemals anders sichtbar werden, als bei Gelegenheit einer solchen Sonnenfinsterniß. Die ungewöhnliche Dauer der jetzigen und der dadurch bedingte ungewöhnliche Grad der Verdunkelung der Sonnenumgebung muß das Ausspähen nach diesem unbekannten und zweifelhaften Weltbürger ganz besonders begünstigen. Aber noch ungleich mehr wird jene wunderbare Lichtkrone die Aufmerksamkeit des Astronomen in Anspruch genommen haben, jener leuchtende Strahlenkranz, der sich um die gänzlich verfinsterte Sonne bis auf einen Abstand von etwa einem Dritttheil des scheinbaren Monddurchmessers erstreckt und der am inneren Rande so hell strahlt, daß man fast zweifeln könnte, ob wirklich die ganze Sonne verfinstert sei, während er sich nach außen unmerklich in den Himmelsraum verliert. Für diese merkwürdige Erscheinung hat man noch immer keine genügende Erklärung.

Bekanntlich hat man bisher angenommen, daß die Sonne selbst ein dunkler Körper sei, der von mindestens zwei Umhüllungen umgeben werde, einer inneren, in mattem Lichte leuchtenden, einer sogenannten Dunsthülle, und einer äußeren, der sogenannten Lichthülle, von welcher das uns zukommende Sonnenlicht ausstrahle. Durchbrechungen dieser Hüllen, trichterförmige Dehnungen in denselben sollten denn die bekannten Sonnenflecken und ihre grauen Ränder erklären. Für das Entstehen jener Lichtkrone mußte man freilich noch eine dritte Umhüllung, eine sogenannte Wolkenhülle annehmen, die für gewöhnlich nicht sichtbar sei, weil sie von der Lichthülle überstrahlt werde, sofort aber als Lichtkrone erglänze, wenn uns durch Dazwischentreten des Mondes das Licht der eigentlichen Lichthülle entzogen werde. Aber in der neueren Zeit hat namentlich die sorgfältige Beobachtung der Sonnenflecken auf Erscheinungen aufmerksam gemacht, wie die feinen Lichtadern und die als „Weidenblätler“ bezeichneten schlanken, zugespitzten Lichtkörper photographisch aufgenommener Sonnenflecke, die jene Erklärung durchaus unhaltbar machen. Dazu kommen die völlig räthselhaften sogenannten Protuberanzen, die sich bei totalen Sonnenfinsternissen in dem Augenblicke zeigen, wo der letzte Lichtfunke verschwunden ist. Es sind blaßröthliche Hervorragungen, die an dem Rande des dunkeln Mondes wurzeln und die einige Beobachter mit röthlichen zackigen Bergen, andere mit gerötheten Eismassen, wieder andere mit unbeweglichen gezahnten rothen Flammen verglichen haben. Ja sie hängen nicht einmal immer mit dem Rande des Mondes oder der Sonne zusammen, sondern bilden bisweilen völlig abgetrennte rothe Flecke. Was sie in Wirklichkeit sind, ist noch völlig unerklärt; nur daß sie weder Mondberge noch Sonnenberge sein können, ist gewiß, da sie im ersteren Falle eine Höhe von dreißig bis vierzig, im zweiten eine Höhe von sechszehntausend Meilen haben müßten.

Die Lösung dieser interessanten Räthsel kann, wenn irgend je, mit Aussicht auf Erfolg nur bei Gelegenheit der eben stattgefundenen Sonnenfinsterniß versucht werden, nicht nur weil die seltene Dauer derselben die Beobachtung begünstigt, sondern auch weil die heutige Wissenschaft im Besitz von Beobachtungsmitteln ist, von denen man früher keine Ahnung hatte. Abgesehen von der photographischen Kunst, deren glänzende Fortschritte das flüchtige Ereigniß in ungemein scharfen Bildern zu fixiren gestattet, steht dem Astronomen jetzt die Spectralanalyse, eine der großartigsten Entdeckungen, die je in einer Wissenschaft gemacht worden, zu Gebote. Diese Spectralanalyse gestattet bekanntlich aus dein Farbenbilde, welches ein Lichtstrahl bei seinem Durchgänge durch ein dreiseitiges Glasprisma erzeugt, auf die Natur der Lichtquelle selbst zurückzuschießen, namentlich zu entscheiden, ob diese Lichtquelle ein glühender fester oder flüssiger Körper oder ein glühendes Gas ist, und sogar welcher stofflichen Natur die glühenden Gashüllen sind, durch welche das Licht etwa hindurch gegangen ist. Schon jetzt hat die Spectralanalyse entschieden, daß unsere Sonne ein in Weißglühhitze befindlicher fester oder flüssiger Körper ist, umgeben von einer unserer Atmosphäre ähnlichen gasförmigen Hülle von geringerer Leuchtkraft und niedrigerer Temperatur, in welcher zahlreiche unserer irdischen Grundstoffe, wie Eisen, Chrom, Nickel, Zink etc. vorhanden sind. Die Spectralanalyse sollte bei der jetzigen Sonnenfinsterniß auch die Lichtkrone und die Protuberanzen zum Gegenstände ihrer Untersuchung machen. Sie sollte namentlich [572] aus dem Spectrum der uns als Lichtkrone erscheinenden Sonnenatmosphäre entwickeln, ob wirklich alle jene irdischen Stoffe in ihren Dämpfen vorhanden sind, auf welche aus den sogenannten Frauenhofer’schen Linien des gewöhnlichen Sonnenspectrums bisher geschlossen wurde.

Es sind unzweifelhaft große Räthsel, mit deren Lösung sich die Beobachter der jetzigen Sonnenfinsterniß befaßt halben. Wenn man aber fragt, welchen unmittelbaren Nutzen die Welt daraus ziehen wird, so könnte man wohl antworten, daß allein schon die Verbesserung der Bahnelemente der Erde und des Mondes durch die größere Sicherheit, die sie den astronomischen Berechnungen gewährt, auch denjenigen also, welche unsere Schiffe auf gefahrvollen Meeren leiten, ein nicht genug zu schätzender Gewinn sei. Aber wer will überhaupt von unmittelbarem Nutzen wissenschaftlicher Forschungen sprechen! Wer will ermessen, was eine wissenschaftliche Entdeckung in ihrem Schooße birgt! Jedes gelöste Räthsel ist eine Erweiterung unseres Wissens und damit unserer Macht und unseres Wohlstandes. Die astronomische Expedition, die der norddeutsche Bund in die fernen Länder Arabiens und Indiens ausgesandt, ist in Wahrheit ein Eroberungszug, und die Männer, welche unter glühender Tropensonne die Sonnenfinsterniß des 18. August beobachten, sind ebenso Helden, wie die, welche den Kampf mit dem Eis der Polarsee im Dienste der Wissenschaft aufnahmen.