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Ein Museum der Steuerbehörde

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Textdaten
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Titel: Ein Museum der Steuerbehörde
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 739
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[739] Ein Museum der Steuerbehörde. Wie in London, so hat auch in Paris die Steuerbehörde ein großes Museum (musée de l’octroi) errichtet, in welchem sie der Erfindungsgabe und dem Genie derjenigen Rechnung trägt, welche den Kampf mit ihr in höchst scharfsinniger Weise aufzunehmen und durchzuführen versuchten. Setzt die Behörde doch damit auch zugleich ihrem eignen Scharfsinn ein Denkmal, welcher alle diese Listen zu durchschauen und zu enthüllen vermochte; freilich war sie oft längere Zeit hindurch das Opfer der beabsichtigten Täuschungen. Wandert man durch die Säle dieses Museums, so findet man eine große Menge von Gegenständen, welche sich dazu hergeben mußten, steuerpflichtige Waaren vor den Augen der Behörden zu verbergen: über einander geschichtete Porcellanteller, von denen nur das obere und untere halbe Dutzend als solche zu benutzen sind, während den übrigen der Boden fehlt und sie so sich zur Aufnahme verpönter Artikel eignen; Statuen in Lebensgröße und kleinere Puppen, anscheinend aus Wachs und Papiermaché gebildet, unbearbeitete Holzstämme oder Leinwandrollen, die sich bei näherer Prüfung als Blechgefäße ergaben, die mit Baumrinde oder Leinwand umkleidet sind; Früchte, wie sie die Landleute auf den Markt bringen, aber inwendig hohl. Auch in Deutschland sind ja Tournüren bekannt, mit deren Hilfe schon manche vornehme Dame eine Sünde gegen das Zoll- und Steuergesetz beging, eben so Westen mit weiten wasserdichten Innentaschen.

Doch einige dieser Merkwürdigkeiten des Zollmuseums sind mehr im großen Stile gehalten; da ist ein gewaltiger Block von karrarischem Marmor, der dem Anschein nach nur durch bedeutende Transport- und Hebekräfte in das Museum gebracht werden konnte: doch dieser Koloß ist federleicht; es ist ein kunstvoll aus dünnem Blech gefertigter Felsblock, einer von sechs gleichartigen Genossen, welche aus Italien kamen und in ihrem Innern Spitzen im Werthe von 150 000 Franken verbargen. Die Wachspuppe eines Lakaien erinnert an ein anderes pikantes Zollabenteuer. Dieser Lakai saß mit gekreuzten Armen auf einem leichten Wagen, den ein eleganter Herr täglich durch die Steuerbarrieren von Paris lenkte. Da begegnet ihm eines Tages das Unglück, daß der Wagen nicht weit vor der Accise an einen Markstein anprallte und umschlug. Der Wagenlenker wurde besinnungslos fortgetragen; der Lakai hatte sich eine Stirnwunde beim Sturze zugezogen, doch aus derselben strömte nicht Blut, sondern – Kognak, und in dem ganzen Wagen war in verborgenen Höhlungen Alkohol untergebracht.

Ein drittes merkwürdiges Stück des Museums ist ein Sarg, den ihm die Stadt Marseille zum Geschenk machte. Während der Cholerazeit im Jahre 1884 fuhr alltäglich ein schwarzbehangener Leichenwagen mit einem Sarg durch das Thor der Stadt, dem auch die Zollbeamten die üblichen Honneurs machten. Als aber auch nach dem Erlöschen der Cholera derselbe Leichenwagen täglich mit peinlicher Pünktlichkeit zum Thor hinausfuhr, erschien das den Zollbeamten verdächtig; sie untersuchten Wagen und Sarg und fanden, daß der letztere mit Cigarren angefüllt war.