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Frostschäden an Obstbäumen

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Textdaten
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Autor: Julius Kühn
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Titel: Frostschäden an Obstbäumen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 224
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[224] Frostschäden an Obstbäumen. Wohl von den meisten Obstzüchtern wird man nach dem nun vergangenen, ausnahmsweise harten Winter Klagen hören über so manches Unheil, was derselbe angerichtet hat. Dem Einen wird der vorjährige Trieb der Birnen, dem Andern Pfirsichen und Aprikosen, dem Dritten sein Wein etc. etc. erfroren sein. Und wie manchem Baumschulenbesitzer werden fast alle Triebe sämmtlicher im Vorjahre veredelten Stämmchen, die womöglich nicht einmal die gehörige Holzreife erlangten, absterben, wird somit fast die ganze Arbeit des Vorjahres nutzlos geworden sein!

Doch dagegen giebt es ein ganz einfaches Mittel. Streift man, nach dem ersten Herbstfroste, die Blätter der jungen Triebe, welche nicht selbst abfallen, behutsam von unten nach oben ab, so wird selten ein Trieb vom Froste leiden, weil durch das Abstreifen der Blätter der Trieb seine krautartige Beschaffenheit verliert, um holzig zu werden, mithin der Kälte mehr Widerstand leisten kann als vorher.

Aber auch mancher alte Stamm wird vom Froste gelitten haben und seiner Vernichtung entgegen gehen, wenn ihm nicht zeitig geholfen wird. Darauf aufmerksam zu machen ist der Zweck dieser Zeilen. Nimmt auch, nach Schluß des Wachsthums, also vor und mit dem Blattabfall, der Saftreichthum des Baumes ab, so bleibt doch noch ein gutes Theil wässeriger Bestandtheile in den Zellen und Gefäßen des Stammes zurück, das Holz bleibt grün. Gefrieren diese wässerigen Bestandtheile, so brauchen sie, weil bekanntlich Eis einen größeren Raum einnimmt als die gleiche Gewichtsmenge Wasser, weil weiter auch noch durch die Kälte die Gefäß- und Zellenwände des Stammes zusammengezogen, die Gefäße und Zellen also verengert werden, gefroren viel mehr Platz, als in wässeriger Beschaffenheit und sprengen (gerade wie Wasser, welches gefrierend ein Gefäß sprengt), wenn die Kälte streng wird, die Wände der Zellen und Gefäße, ja selbst die Rinde des Stammes, und es entsteht dadurch, wenn nicht etwas dagegen geschieht, beim Steinobste Harzfluß, beim Kernobste Brand.

Untersuche daher jeder Obstzüchter seine Stämme, und sollte er fasrige Rindensprünge entdecken, so schneide er die Wundränder glatt, entferne dabei die Rinde, soweit sie gelbbraun ist, verstreiche die Wunden, und sie werden ohne Nachtheil für den Stamm verwachsen.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß es jedenfalls gerathen sein dürfte, eine Pflanzung junger Stämmchen in diesem Jahre zu unterlassen, denn auch bei jungen Stämmchen dürfte eine, obschon wegen der größeren Dehnbarkeit der jungen Gefäße weniger sichtbare Zersprengung der Gefäße und Zellen vorgekommen sein, die zwar, wenn das Stämmchen an seinem Standorte verbleibt, wenig zu sagen haben würde, aber bei einer Verpflanzung seinem Fortkommen um so leichter gefährlich werden möchte, als es schon die durch die Verpflanzung bedingten Wunden zu vernarben hat.

Wipfra.
Kühn.