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Im Schloß der Piccolomini

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Im Schloß der Piccolomini
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 319–320
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[319] Im Schloß der Piccolomini. Eine der blutigsten Schlachten, die je in den Pässen des nördlichen Böhmens geschlagen wurden, fand im Jahre 1866 bei Nachod statt. Hoch über der Stadt liegen die Tapfern begraben, welche diesem ersten entscheidungsvollen Kampfe des großen Kriegs zum Opfer fielen. Da schlummern sie auf stillumgrenztem Friedhof unter Fliederbüschen und Lindenbäumen, und die Herrin des altersgrauen Schlosses, das nicht weit vom Bergesrand mit seinen stolzen Thürmen hinabschaut in das blühende Thal, hütet ihre Ruhe und schmückt ihre Gräber mit Blüthen des Friedens.

In diesem Schlosse residirte einst Oktavio Piccolomini. Da ist er in zahlreichen Bildern noch heute zu schauen, in vielgestaltigen, bald imposanten, bald lächerlichen Situationen, bald hier auf wandumspannendem Oelbild als Präsident des Friedensbanketts zu Osnabrück, bald dort oben im Stuckplafond, wo Sankt Peter dem gefürchteten Mann höchstselbst submissest die Himmelsthür öffnet und allerlei Englein die Schleppe seines Purpurmantels und die sonstigen Insignien seines Ranges ihm voran- oder nachtragen. Im großen Empfangssaal des Schlosses sind viele andere Glieder des alten Hauses versammelt in lebensgroßen, von Meisterhand gemalten Bildern. Hier fesselt den Blick des Beschauers jene hohe [320] schlanke Jünglingsgestalt mit dunkeln, schwermuthsvoll umflorten Augen und melancholisch träumerischen Zügen, das dichte schwarze Haar lockig herabfallend um das blasse Oval des edlen Gesichts. Das ist Max, der vielbekrittelte und trotz allem vielgeliebte Held der Schiller’schen Dramen. Thekla Wallenstein bleibt eine apokryphe Figur, aber die Gestalt Max Piccolomini’s trat aus historischem Grabe in den Rahmen der Schiller’schen Poesie. Zwar war der historische Max nicht Oktavio’s Sohn, wohl aber sein Neffe und prädestinirter Erbe. Auch der Reitertod des kaiserlichen Obersten ist historisch: freilich nicht im Sinn der Schiller’schen Dichtung. Max Piccolomini fiel im Reitergefecht bei Jankau am 6. März 1645 gegen die Schweden. Er war mit dem Rosse gestürzt, gefangen und wieder befreit worden, als die Schweden ihn bei seiner erneuerten Attacke zum zweiten Male fingen und nun grausam ermordeten. Am 12. März wurde er in Nachod bestattet.

Der letzte Träger des stolzen Adelsgeschlechtes starb früh in Neapel. Seine Züge schauen weichlich, fade, lüstern, entnervt aus dem Bilde, welches die Reihe seiner Ahnen schließt.

Es war nach der Ermordung Terzky’s zu Eger, im Jahre 1634, als dessen Herrschaft Nachod an Oktavio fiel, ein Geschenk seines dankbaren Kaisers. In der Schlacht von Jankau zahlte der Schloßherr von Nachod für das Blut des Fürsten von Friedland (dessen Wiege, wie sie sagen, in demselben Schlosse gestanden hatte) die Buße mit dem Blute seines Erben – und heut blüht über den Gräbern der Piccolomini ein norddeutsches Fürstengeschlecht. Wie gewonnen, so zerronnen!