Zum Inhalt springen

Med. Topographie Gmuend:070

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Franz Joseph Werfer
Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd
« Zurück Vorwärts »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


[132]

mußten; was um so leichter geschehen konnte und mußte, da Kummer, Furcht, Nahrungssorgen, Verzärtlung des Geistes und Körpers, zumal unter Städtern, auf der einen Seite; und dann die Drangsalen des Krieges, die Verpestung der Luft an so manchen Orten durch die aashafte Ausdünstungen krepirter oft lange liegengebliebener und in Fäulniß übergegangener Pferde, der so häufige meistens ungünstige Witterungswechsel auf der andern Seite als disponirende Ursachen unter dem Volke gleichzeitig wirkten, wodurch denn die fernere und leichtere Ansteckung bey einmal sich ausgebildeter Krankheit gar sehr begünstiget werden mußte. Viele Aerzte wurden damals ein Opfer ihres Berufes während dieser herrschenden Krankheit. Hier starb der als Schriftsteller bekannte O. A. Physikus Dr. Stütz daran. Zu gleicher Zeit hatte ich dieses Fieber bey der Besorgung eines französischen Krankenspitals, worinn dasselbe als wahrer Spitaltyphus im höchsten Grad herrschte, durch Ansteckung bekommen, deren schnelle Wirkung ich sogleich nach meinem Austritt aus dem Krankenhaus an den dumpfen Kopfschmerzen, die mit jeder Stunde heftiger wurden, und an der plötzlich gefühlten allgemeinen Mattigkeit in der nämlichen Stunde gar deutlich empfand. Die Krankheit erreichte den höchsten Grad, und vier Wochen lang hatte meine sonst gesunde Natur hart damit zu kämpfen, und bestand mit genauer Noth den schweren Kampf um Leben und Tod. Ob diese Fiebergattung bey so manchen dieselbe begünstigenden Einflüssen unter dem Volke noch öfter zurükkehren, und unser stehendes Fieber auf längere oder kürzere Zeit seyn werde, laßt sich

[133]

zwar nicht bestimmt vorhersagen, aber zum Theil wohl vermuthen.

Das Scharlachfieber und der Keuchhusten herrschten im Herbst und Anfang des Winters 1807 unter den Kindern hier, und hielten noch im folgenden Jahr, jedoch unbedeutend an, in welchem nämlichen Jahr auch die wahren Kindsblattern hin und wieder zum Vorschein kamen. Im Sommer und Anfang des Herbsts 1808 war die Dysenterie ziemlich herrschend, verlor sich aber tief in Herbst hinein ganz wieder, und wenige nur starben daran. Im Frühjahr 1809 herrschten die Kindsblattern und das Scharlachfieber in mehrern umliegenden Dörfern, es starben jedoch nur wenige Kinder an denselben; im Sommer 1810 wurden auch in der Stadt mehrere Kinder von erstern befallen, und unter andern auch einige von solchen, denen bereits vor mehrern Jahren nach Aussage ihrer Aeltern die Kuhpocken eingeimpft worden sind, ob aber auch mit Erfolg und dem regelmäßigen Verlauf, konnte aus Abgang der nöthigen Aufzeichnung und Bemerkungen darüber nicht bestimmt und ausgemacht werden. So kamen mir zwey Fälle vor, ein Mädchen von 15, und ein anderes mit 8 Jahren, welche nach angeblich wirklich überstandener Vaccination die wahren Kindsblattern mit allen den sie charakterisirenden Kennzeichen im hohen Grade bekommen hatten; auch auf dem Land sollen einige solche Fälle vorgekommen seyn, die ich aber nicht selbst zu sehen bekam. Im Frühling vorher des nämlichen Jahrs herrschten die Masern stark unter den Kindern, und ließen langwierige, sehr hartnäckige und quälende Husten und andere Nachkrankheiten bey vielen nach