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Napoleons Flucht durch Leipzig 1813

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Textdaten
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Titel: Napoleons Flucht durch Leipzig 1813
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 632–633, 647
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[632–633]

Napoleons Flucht durch Leipzig 1813.
Nach dem Gemälde von Louis Braun.

[647] Napoleons Flucht durch Leipzig 1813. (Zu dem Bilde S. 632 u. 633.) Der entscheidende Sieg über die französische Macht, den Theodor Körner mit freudiger Hoffnung geahnt und in hellen Liedern besungen hatte, aber selbst nicht mehr schauen durfte – er war errungen, die Heere der Verbündeten hatten in der gewaltigen Völkerschlacht bei Leipzig den Korsen geworfen. Der einzige Weg zur Flucht für Napoleon und seine Armee ging durch Leipzig. Aber schon war ihnen auch hier der Feind auf den Fersen: die Russen unter Langeron und Sacken hatten die Hallesche Vorstadt, Bülow die Grimmaische erobert; hier drang zuerst das Königsberger Landwehrbataillan unter Friccius in die Stadt ein; das Petersthor im Süden wurde von Bennigsen besetzt. Nur der Ranstädter Steinweg und die Straße nach Frankfurt waren noch frei, und es galt für Napoleon, diese Straße und damit die Rückzugslinie zu gewinnen.

Das Bild von Professor Louis Braun zeigt uns, wie sich der verworrene Heeresknäuel in haltloser Flucht durch die Burgstraße wälzt: diese ist getreu dargestellt in ihrem damaligen Aussehen; der hohe Thurm der Thomaskirche erhebt sich im Hintergrunde und blickt auf dies wüste Bild der versprengten Truppenmassen herab. Soldaten aller Waffengattungen drängen sich durcheinander, in ihrer Mitte, mit fortgerissen von der stürmischen Fluth, der Kaiser selbst auf seinem Schimmel, nur von einem Adjutanten und dem bekannten Mameluken begleitet.

Das Schlachtenglück hat sich gegen ihn erklärt, sein Stern ist im Sinken. Die sonst marmornen Züge tragen den Ausdruck tiefster Niedergeschlagenheit – es spiegelt sich in ihnen die Ahnung, daß die Weltherrschaft verloren sei. Und wie machtlos ist der Wille des Gewaltigen selbst dem Nächsten gegenüber! Er kann die Flucht nicht hemmen, niemand würde auf seinen Ruf hören, nicht die dahinstürmenden Reiter, die sich den Weg mitten durchs Fußvolk bahnen trotz der abwehrenden Zeichen ihrer Kameraden, nicht die frechen Marodeurs, welche die Häuser plündern und alles, was sie in der Eile erraffen können, hinausschleppen auf die Bagagewagen. Vergeblich fleht ein knieendes Weib die Einbrecher um Schonung an. Und zu all dem rings auf den Straßen Verwundete und Sterbende, in steter Gefahr von dem vorüberbrausenden Troß der Reiter und Wagen zerstampft und überfahren zu werden; kaum daß da und dort einer von mitleidigen Kameraden fortgeschleppt wird. Gegen den Kaiser, den Urheber dieses Unglücks, erheben sich unter wilden Drohungen geballte Fäuste; ihm voraus schreiten zum Schutz noch einige Kernsoldaten, unter ihnen ein leichtverwundeter Fahnenträger, der das ihm anvertraute Gut mit tapferer Faust aus der Schlacht gerettet hat.

So ging es damals auf einem Umweg dem Ranstädter Steinweg zu, der auf die Frankfurter Landstraße führt. Aber ehe die fliehende Menge das freie Feld erreichte, mußte sie noch die Elsterbrücke vor dem Ranstädter Thor passieren, und als diese aus Versehen zu früh in die Luft gesprengt wurde, um den nachrückenden Verfolgern den Weg abzuschneiden, da fanden noch kurz vor der nahen Rettung Hunderte ihren Untergang.

Wie groß der Sieg der Verbündeten, wie groß die Niederlage der Franzosen war, das zeigt uns dies Bild einer Flucht, welche das eisern zusammengeschmiedete Heer des früheren Weltbesiegers in grenzenloser Auflösung aus dem Herzen Deutschlands hinwegführte. †