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RE:Babrios

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Griechischer Fabeldichter
Band II,2 (1896) S. 26552667
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Babrios (Βάβριος), griechischer Fabeldichter.

Litteratur. A. Text. Bahnbrechend (nach Andeutungen von Fabricius und Bentley) Tyrwhitt Diss. de Babrio, wieder abgedruckt in den Aesopea ed. Furia, Lips. 1810 S. CLXff. (Nachweis babrianischer Stücke in den Prosafabeln). Noch heute nützlich Babrii fabulae, coll. I. H. Knoche, Halle 1835 (orientiert vollständig über die älteren Arbeiten). Editio princeps der Fabeln des Athous: Babrii fabulae iambicae CXXIII rec. Boissonade, Paris 1844 (nur auf Grund einer Abschrift des Minas). Babrii fabulae rec. Boissonade, novis curis expolitae, Paris 1844. Hauptausgabe: Babrii fabulae C. Lachmannus et amici emendarunt, cet. poetarum choliambi ab A. Meinekio collecti, Berlin 1854 (in der Vorrede die grundlegende Darstellung der babrianischen Verskunst). Babrii fabulae ed. Schneidewin, Lips. 1853. Babrii fabulae, partem secundam ed. G. C. Lewis, London 1859: dieser zweite Teil ist in der Hauptsache eine mit Benützung der Lachmannschen Ausgabe angefertigte Fälschung des Neugriechen Minoides Minas, des Entdeckers des Athous C. Wachsmuth Rh. Mus. XXIII 315); nur Bergk hat ihn wieder abdrucken lassen in der Anthol. lyr.² XXXII. 290 (vgl. Bergk Philol. XLVII 385), wo er auch von dem ersten Teil einen durch Conjectur stark umgestalteten Text bietet (vgl. Bergk Ind. lect. aest. Marb. 1845). Mit stärkerer Berücksichtigung der Paraphrasen und reicherem, auf Grundlage der Dindorfschen Collation des Athous aufgebauten Apparat Babrii fabulae ex rec. A. Eberhard, Berl. 1875. Neue Textquellen: Fabularum Babr. paraphr. Bodleiana, ed. P. Knoell, Wien 1877. Neue Fabeln des B. von P. Knoell S.-Ber. Akad. Wien XCI 659ff. (auch separat), neu bearbeitet bei A. Eberhard Anal. Babriana (Schrift z. Trierer Philologenvers. 1879). Zusammenfassende, aber durchaus unkritische Ausgabe von M. Gitlbauer, Wien 1882 (zum grossen Teil von Gitlbauer barbarisch versificierte Aesopea, darunter Stücke aus Nikephoros Basil. 265, Plutarch [Aischylos] 264 u. s. w., Crusius Litt. Centralbl. 1882, 744; Festschrift für Overbeck 108, 2). Besser Babrius ed. with introductory dissertations, commentary and lexicon by W. G. Rutherford (brauchbar sind besonders manche sprachliche Beobachtungen, tadelnswert die vorschnelle Athetese vieler Fabeln und Verse, s. Crusius Philol. Anzeiger XIV 1884, 176f.). Epochemachender Fund: Waxen tablets with fables of Babrius, by D. G. Hesseling, Journal of Hellenic studies XIII (1892/3) 293ff. (vgl. Crusius Philologus LIII 228ff. H. Weil Journal des Savants 1894 März-April. v. Leeuwen und Polak Mnemos n. s. XXII 223ff. 345ff.). Verwertet in [2656] der Babriusausgabe von Crusius, Leipzig, Teubner 1896.

B. Zur Kritik und Erklärung. Hervorgehoben aus der grossen Anzahl von Beiträgen seien folgende Abhandlungen: Animadversiones crit. de B. Viro venerabili F. Jacobs gratulatur F. Duebner‚ Paris 1844. C. F. Hermann Jahrb. f. w. Kritik II 1844, 801 Fix und Piccolos Revue de philol. I 1845. Schneidewin Gött. gel. Anz. 1845, 136. 1361. H. L. Ahrens De crasi et aphaeresi cum coroll. em. Babrian. 1845. Noch immer unentbehrlich W. Dindorf Über die Originalhandschr. des Babrius, Philol. XVII 1861, 321ff., in einzelnen Punkten neuerdings überholt durch die von Crusius in der Textausgabe benutzte Vergleichung von Eberhard; Rutherford teilt seine Collation in der Adnotatio nur unvollständig mit, s. Phil. Anz. XIV 179. A. Eberhard Observationes Babrianae, Berl. 1865; Verbesserungsvorschläge zu B., Berl. 1866. F. Guil. Hoch De Babrii fabulis corruptis atque interpolatis‚ Halle 1870. Sauppe Gött. gel. Anz. 1879, 1570. Crusius Studien zu B. und den Aesopea, Jahrb. f. Philol. CXXVII (1883) 225ff.; Babriana‚ Rh. Mus. XLVI (1891) 318. – Unfruchtbar ist der anspruchsvolle Aufsatz von Naber Mnemos. IV 383ff. und manches andere.

C. Metrik und Sprache. Lachmann Praef. Babr. A. Eberhard Observ. Babr.; Praef. Babr. Crusius De Babr. aet. 166ff. Max Ficus im Anhang zu Rossbachs specieller Metrik³. – O. Keller Unters. z. Gesch. d. gr. Fabel 393ff. (im einzelnen wenig kritisch und voll vorschneller Schlüsse und Verallgemeinerungen). Th. Zachariae De dictione Babriana, Diss. Gotting. Lips. 1875. J. Werner Quaestiones Babrianae, s. unten D. L. Rademacher Philol. LV (1895) H. 3.

D. Zeitalter und litterarische Stellung. Übersicht über die älteren Ansichten bei Crusius De Babrii aetate, Leipziger Studien II 127ff. (danach Rutherford Introd.). K. J. Neumann Die Zeit des Babrios, Rh. Mus. XXXV 301. J. Werner Quaestiones Babrianae, Berlin 1891 (nicht hinreichend orientiert, s. Crusius Litt. Centralbl. 1892, 89ff.; Philol. LIII 250, 10). O. Crusius Philol. LIII 251f.

I. Name und Nationalität.

Die Byzantiner (vgl. die Testimonia in der Ausgabe von Crusius) kannten nur den Genitiv des Namens Βαβρίου aus dem Buchtitel und schlossen daraus zweifelnd auf eine Nominativform Βάβριος oder Βαβρίας; auch der sog. βίος des Suidas (Βαβρίας ἢ Βάβριος μύθους ἤτοι μυθιάμβους· εἰσὶ γὰρ διὰ χωλιάμβων κτλ.) bietet keine Überlieferung aus erster Hand, sondern nur eine byzantinische Paraphrase der Überschrift. Ausschlaggebend ist das Zeugnis des einzigen in Frage kommenden Zeugen aus vorbyzantinischer Zeit, des Avian, der den Dichter (in der Praef. seiner Fabeln) Babrius nennt. Ein Name Βάβριος ist bei den Griechen sonst nicht nachweisbar; dagegen ist Babrius u. ä. zunächst als altumbrischer Gentilname, später auch bei Libertinen auf lateinischen, besonders mittel- und oberitalischen Inschriften wiederholt nachweisbar; vgl. besonders CIL I 1412, wo als einer der sexviri Assisinates, die murum ab fornice ad circum et fornicem cisternamque … faciundum coiravere genannt wird NER· BABRIVS· T· F. [2657] Der Name, der im griechischen Namensystem keinen Platz hat, ist wahrscheinlich durch Metathesis von barba abzuleiten und mit Barbius identisch. Aus der Überschrift eines B.-Excerptes im Harleianus 3521 Βαβρίου Βαλερίου χωριαμβικοὶ στίχοι und der Verschreibung Βαλεβρίου μυθίαμβοι (= Βαλε[ρίου Βα]βρίου) im Athous kann man sogar mit einiger Wahrscheinlichkeit folgern, dass der volle Name des Dichters Valerius Babrius war (über solche Doppelnamen in der Kaiserzeit vgl. Mommsen Herm. II 158, 1. Friedländer Darst. I⁴ 194; auch Erkl. zu Catull 61. 68). Doch kann die Möglichkeit, dass beide Schreibungen auf einem einfachen Versehen beruhn, nicht geleugnet werden (s. Crusius De Babr. aet. 192; Litt. Centralbl. 1892, 90). Zu dem römischen Namen stimmen manche mehr oder weniger deutliche Spuren römischen Wesens in dem Fabelbuche selbst. Die auffälligsten Eigenschaften der babrianischen Verskunst – der Accent auf der Paenultima, die strenge Behandlung aufgelöster Füsse u. ä. – werden am besten verständlich unter der Voraussetzung, dass hier der Einfluss der lateinischen Sprache und römischer Verstechnik sich geltend mache (Crusius De Babr. aet. 114ff.). Wie weit gewisse sprachliche Abnormitäten (De Babr. aet. 177ff.) wirklich als dem Dichter eigentümliche Latinismen gelten dürfen, bleibt freilich vielfach zweifelhaft, da das spätere Griechisch überhaupt verwandte Erscheinungen zeigt. Dahin würde z. B. gehören 106, 10 συνεζήκει, wenn so zu lesen und convivium habet zu erklären ist (vgl. das folgende πίθηκος ἦν ὁ δαιτρεύων). Zu ἐλεύθερος = prosaisch (pr. I 16) und εἰς ἔθος βαίνει 106, 27 lässt sich keine genau entsprechende griechische Parallele nachweisen: das Latein bietet oratio libera (Apul. Flor. XV p. 19 Kr.) und in consuetudinem abire oder venire als Modell. Das schwierige χείρ 131, 4 ist vielleicht gleichfalls als Nachbildung der römischen t. t. manus (im Würfelspiel) aufzufassen; ἐπιζητεῖν παρά τινος 28, 3 hat schon C. F. Hermann für einen Latinismus = quaerere ex (ab) aliquo erklärt, und die saloppe Construction 91, 7 ist bei Griechen unerhört, bei Römern häufig (De Babr. aet. 180). Anderes bei Rutherford zu 20, 1. 28, 4. 36, 2. 94, 3. Spuren römischer Kultur darf man erkennen in der Berücksichtigung der Tierhetzen Bodl. 69 u. ö. (De Babr. aet. 188) und in der freilich nicht völlig gesicherten Anspielung auf einen römischen Rechtsbrauch, das Berühren des Ohrs beim Testieren, 95, 70; denn mit einem Hinweis auf Vergil. ecl. VI 6 (Ovid. am. I 4, 23. Senec. apocol. 9) ist hier wegen der Worte ὡς πατὴρ ἀποθνήσκων kaum auszukommen (De Babr. aet. 186). Damit ist nicht gesagt, dass B. in Italien gelebt habe. Westeuropa ist seinen Augen entrückt (vgl. den Index nominum der Ausgabe von Crusius); dagegen kennt er die Araber (57) aus persönlicher Erfahrung (De Babr. aet. 244, 2); die nur bei ihm nachweisbare Fabel vom tanzenden Kamel und seinem Herrn (80) verrät wohl gleichfalls, dass er solche Schauspiele zu beobachten Gelegenheit hatte. Dazu kommt, dass die Fabeln des B. zuerst im Osten des Reiches, in Syrien, populär geworden zu sein scheinen (vgl. die Testimonia a. O.). Nach alle dem darf B. mit ziemlicher Zuversicht [2658] als ein im Osten lebender hellenisierter Römer angesprochen werden (Philol. LIII 251f.).

II. Lebenszeit und Stellung.

Durch die vorstehenden Ausführungen sind alle Ansätze, die B. in hellenistischer Zeit unterbringen (Bergk, Keller, v. Gutschmid u. a.), unmöglich geworden, wie v. Gutschmid selbst anerkannt hat (Philol. LIII 252). Der Dichter gehört in nachchristliche Zeit. Für eine genauere Zeitbestimmung kommen vor allem die Zeugnisse in Betracht. Vor dem Anfang des 3. Jhdts. ist bei niemandem – auch nicht bei Schriftstellern, die sich genau mit der Fabellitteratur beschäftigt haben, wie Phaedrus, Lucian oder Plutarch, der ein Buch über Fabeldichtung verfasst hat (vol. V p. 48 Db. Iulian. or. VII p. 827 A) – die leiseste Spur einer Bekanntschaft mit B. nachzuweisen; mit dem Beginn des 3. Jhdts. n. Chr. setzen die Zeugnisse ein (Ps.-Dosith.‚ Tab. Assendelft., Iulian, Libanios, Themistios, Avian u. s. w., s. die Testimonia in der Textausgabe von Crusius). Nun bezeugt uns B. selbst, dass er litterarischen Erfolg gehabt hat, pr. II 9ff. ὑπ’ ἐμοῦ δὲ πρώτου τῆς θύρης ἀνοιχθείσης εἰσῆλθον ἄλλοι … μαθόντες οὐδὲν πλεῖον ἤ με γινώσκειν; von den Dichtungen dieser mit B. gleichaltrigen Nachahmer sind zahlreiche Fragmente erhalten, s. Lachmann Praef. p. VIII. Crusius De Babr. aet. 195 adn. Man wird daher B. kaum weit vor den Anfang des 3. Jhdts. hinaufrücken dürfen. Und in diese Zeit, in das Zeitalter der zweiten Sophistik, gehört er auch nach Sprache, Erzählungskunst und litterarischer Bildung (De Babr. aet. 200. 229, unten unter III). Festere Anhaltspunkte für die Zeitbestimmung bieten seine Dichtungen so gut wie gar nicht. Man kann eigentlich nur den Anfang des zweiten Prooemiums dahin rechnen: μῦθος μὲν, ὧ παῖ βασιλέως Ἀλεξάνδρου, Σύρων παλαιόν ἐστιν εὕρεμ’ ἀνθρώπων, οἳ πρίν ποτ’ ἦσαν ἐπὶ Νίνου τε καὶ Βήλου. Wer ist dieser βασιλεὺς Ἀλέξανδρος und sein Sohn? Um für weitere Combinationen eine Unterlage zu gewinnen, nimmt man gewöhnlich an, dass der παῖς βασιλέως Ἀλεξάνδρου dieselbe Person sei, wie der mit Βράγχε τέκνον oder Βράγχε angeredete Adressat des ersten Prooemiums (vgl. fab. 74, 15). Pr. II 10 ἐκ δευτέρου σοι τήνδε βίβλον ἀείδω kann dafür aber nicht angeführt werden, da die Buchzahl und die ganze Anlage der von B. veröffentlichten Sammlungen durchaus problematisch bleibt (s. unter III); und bedenklich muss die Thatsache stimmen, dass der Name Βράγχος im lebendigen Gebrauch überhaupt nicht vorkommt und ganz wie eine poetische Fiction aussieht (De Babr. aet. 240ff.). Überdies ist es sehr möglich, dass der Dichter die beiden verschiedenen Ausgaben seiner Fabeln – zugegeben, dass pr. II 16 so zu deuten sei – an verschiedene Adressen richtete (wie Cicero seine Academica), oder dass er das Ganze dem Königssohn, die einzelnen Bücher andern Leuten gewidmet hat (wie Phrynichos seine σοφιστικὴ παρασκευή). Jedenfalls aber hat B. schon lange Jahre vor der Abfassung des lehrhaften zweiten Prooemiums Fabelbücher mit durchschlagendem Erfolg veröffentlicht, sonst könnte er sich nicht über Nachahmer beklagen, die ihn auf dem von ihm zuerst eröffneten Gebiete auszustechen suchten (pr. II 10f., s. o.). Danach scheint [2659] die Möglichkeit, unter dem Alexander pr. II 1 Alexander Severus zu verstehen (De Babr. aet. 239), chronologisch nicht ganz ausgeschlossen, auch wenn man aus dem Zeugnis des Ps.-Dositheos (± 207 n. Chr.) und den Tafeln von Palmyra folgert‚ dass schon im Beginn des 3. Jhdts. babrianische Fabeln im Schulunterricht verwandt worden seien (Lachmann Praef. p. XI Hausrath Z. Überl. d. aesop. Fabeln 299, 2). Freilich ist ein Sohn des Alexander Severus nicht bekannt, und zu der Ausflucht‚ unter dem παῖς einen Lieblingsknaben des Σύρος Ἀλέξανδρος (Iulian. conv. 313 A) zu vermuten, wird man sich, trotz mancher Analogien bei Phaedrus und Martial, nicht gern herbeilassen. K. J. Neumann hat es daher im Anschluss an die Untersuchungen des Unterzeichneten a. O. wahrscheinlich zu machen gesucht, dass mit jenem Ἀλέξανδρος vielmehr Caracalla gemeint sei; die zweite Sammlung ist nach ihm ‚217 oder 218 n. Chr. dem Elagabal in Emesa überreicht worden.‘ Kein Geringerer, als A. v. Gutschmid hat Neumanns scharfsinnig durchgeführter Hypothese beigepflichtet; doch hat auch sie ihre schwache Seite: als officielle Bezeichnung ist der Name Ἀλέξανδρος bei Caracalla nicht nachzuweisen. Auch bleiben noch manche andre Möglichkeiten offen. Durchaus abzuweisen ist allerdings der verlockende Gedanke, unter dem βασιλεὺς Ἀλέξανδρος den im Orient lebenden Sohn des Antonius und der Kleopatra zu verstehn, der den Titel βασιλεὺς βασιλέων führte (Asbach Rh. Mus. XXXVII 296, o. Bd. I S. 1441 Nr. 28): so weit kann der Dichter nicht hinaufgerückt werden. Aber da wir annehmen dürfen, dass B. im Orient gelebt hat, lässt es sich nicht leugnen, dass auch die unter römischer Botmässigkeit lebenden orientalischen reguli in Frage kommen. Josephos ant. XVIII 140f. nennt einen Alexander, Adoptivenkel Alexanders, des Sohnes des Herodes, und Gemahl der Iotape, der Tochter des Antiochos von Commagene: γαμεῖ δὲ οὗτος Ἀντιόχου τοῦ Κομμαγηνῶν βασιλέως θυγατέρα Ἰωτάπην· νησῖδος τε τῆς ἐν Κιλικίᾳ Οὐεσπασιανὸς αὐτὸν ἵσταται βασιλέα. καὶ τὸ μὲν Ἀλεξάνδρου γένος … τὴν θεραπείαν ἐξέλιπεν τῶν Ἰουδαίοις ἐπιχωρίων μεταταξάμενοι πρὸς τὰ Ἕλλησι πάτρια. Ein Sohn dieses griechenfreundlichen Königs, auf den vor allem Lachmann Praef. p. XII das zweite Prooemium bezogen hat, könnte zu Beginn des 2. nachchristlichen Jahrhunderts im Jünglingsalter gestanden haben. Als Erzeugnisse aus dem Ende des 1. und Anfang des 2. Jhdts. sind die Fabeln des B. wohl verständlich, wenn auch das Schweigen des Lucian und seiner Zeitgenossen auffällig bleibt. Eine endgültige Lösung des Problems ist also bislang nicht gegeben und mit unsern Mitteln vorläufig kaum möglich. Der Ton des zweiten Prooemiums, in dem geradezu die Lehren paroemiographischer und rhetorischer Handbücher versificiert werden (De Babr. aet. 229), und manches Verwandte in der Haltung und Anlage der Fabeln macht es wahrscheinlich, dass B. zu dem Fürstensohne im Verhältnis eines Lehrers stand. Wenn er bei ihm gewisse Leute als Plagiatoren verdächtigt, die γρίφοις ὁμοίας ἐκφέρουσι ποιήσεις (pr. II 11), μαθόντες οὐδὲν πλεῖον ἤ με γινώσκειν (d. h. ohne mehr zu verstehen, als B. zu lesen und auszuschreiben), so fürchtet er in ihnen offenbar [2660] vor allem Concurrenten, die die Gunst des Hofes auf sich ablenken könnten; man fühlt sich an die Klagen des Libanios und ähnlicher Leute über unlautern Wettbewerb erinnert. Als sicheres Ergebnis dürfen wir also verzeichnen, dass B. in nachchristliche Zeit gehört und unter dem Einflusse der zweiten Sophistik geschrieben hat.

III. Die Fabelsammlungen.

Von der ursprünglichen Anordnung der babrianischen Fabelsammlungen können wir uns keine klare Vorstellung mehr machen. Suidas benützte‚ wie es scheint, noch die Originalausgabe in zehn Büchern (s. Βάβριος – εἰσὶ γὰρ διὰ χωλιάμβων ἐν βιβλίοις ί); angeschlossen waren wohl die hexametrischen μυθικά der B.-Nachahmer, von denen o. S. 2658 die Rede war; wenigstens erklärt es sich so am besten, dass bei Suidas einmal (s. ἑταιρείη) eine hexametrische Fabel unter dem Namen des B. und wiederholt Choliamben des B. anonym aus μυθικά citiert werden (Litt. Centralbl. 1892, 89; confus Werner 6f.). Die Citate bei Suidas sind, wie das in losgerissenen Fragmenten meist der Fall ist, im einzelnen vielfach verderbter und uncorrecter‚ als die Überlieferung des Athous; sie zeigen aber, dass Suidas die interpolierten Epimythien noch nicht kannte, und dass ihm statt mancher im Athous verkürzten und verstümmelten Partien (fab. 65, 1. 19, 6 und vor allem 82, 8. 93, 6, wo der Diaskeuast des Athous die Pointe der Stücke zerstört hat) noch der volle und echte babrianische Text vorlag. Der Athous, ein mutilus, bietet in alphabetischer Anordnung 123 Fabeln der Buchstaben a–o (von der letzten nur den ersten Vers); mindestens ein Drittel des ursprünglichen Umfangs des Corpus muss verloren gegangen sein. Vorangeschickt ist das mit γ beginnende Prooemium an Branchos: γενεὴ δικαίων ἦν τὸ πρῶτον ὠνθρώπων, ὦ Βράγχε τέκνον – μάθοις ἂν οὕτω ταῦτ’ ἔχοντα (d. h. den Verkehr zwischen Tieren und Menschen im goldenen Zeitalter) ἐκ τοῦ … Αἰσώπου μύθους φράσαντος τῆς ἐλευθέρης μούσης, d. h. Fabeln in Prosa, die der Dichter in Iamben zu fassen und dem Branchos als μελισταγὲς κηρίον (mit dem Nebensinn ‚Buch‘, s. Anth. Pal. IX 190, 1. Plin. n. h. praef. 24) zu widmen verspricht. Ein zweites Prooemium von wesentlich anderem Charakter ist beim Beginn des Buchstabens μ zwischen fab. 107 und 108 eingeschoben, offenbar wegen seines Anfangs mit μ: μῦθος μὲν ὦ παῖ βασιλέως Ἀλεξάνδρου Σύρων παλαιόν ἐστιν εὕρεμ’ ἀνθρώπων; nach dem oben S. 2659f. besprochenen Ausfall gegen seine Nachahmer schliesst der Dichter mit den Worten (V. 15): εὖ πυρώσας, εὖ δὲ κέντρα πρῃύνας ἐκ δευτέρου σοι τήνδε βίβλον ἀείδω. Es ist klar, dass diese Anordnung nicht vom Dichter herrühren kann, der nicht erst Fabeln bis μ, dann Fabeln bis ω in alphabetischer Abfolge verfasst haben wird; auch hätten die Paraphrasen schwerlich eine so grundverschiedene alphabetische Anordnung, wenn sie die des Athous vorgefunden hätten. Eher ist es denkbar, dass mit den duo volumina in der Praef. Avians die scheinbar durch die Prooemien markierten beiden Abteilungen der Recension des Athous gemeint sind. Unter der Hand der Schulmeister und Schulbücherfabrikanten, wie wir sie in den Tabulae Assendelftianae jetzt bei der Arbeit belauschen können (s. Philol. LIII 228ff.), hat die [2661] Fabelsammlung im Athous ein wesentlich anderes Aussehen erhalten. Nicht nur, dass zahlreiche prosaische Epimythien angefügt sind: auch im Text des Dichters sind viele Stellen gekürzt (65. 83. 43 Anf. 19, 6 u. s. w.) oder umgestaltet (82, 8. 114, 6), oft auch, meist um dem grammatischen Verständnis nachzuhelfen, in plumpster Weise erweitert (75, 4f. 64, 8f. 95, 61). Man hat hier seit Dübner zwar vielfach die Spuren zweier vom Dichter selbst herrührenden Recensionen erkennen wollen, da B. am Schluss des zweiten Prooemiums anzudeuten scheint, dass er sein Werk verbessert und bereichert zum zweitenmal herausgegeben habe; aber von den Parallelfassungen ist meist eine viel zu stümperhaft, als dass man sie dem Dichter zumuten könnte (vgl. Lachmann p. XVI. Crusius De Babr. aet. 155, 1. 198, 1. 226, 4. 240; Philol. LIII 238. 428). Der Verfasser der Mehrzahl dieser metrischen Interpolationen, von denen Suidas frei ist, wird auch die Mehrzahl der von Suidas nie citierten metrischen Epimythien eingeschmuggelt haben. Bis zu einem gewissen Grade ist auch in ihnen die Technik des B. befolgt, aber verräterisch sind doch viele unverkennbare Verstösse gegen die feinern metrischen Gesetze und die Prosodie (s. Lachmann p. XII. XIV. Dübner 16ff. Hoch 17. 22ff.), nicht selten auch das mangelhafte Verständnis für die eigentliche Absicht der Fabeln (s. 9, 10f. 10, 13f. 12, 25f. u. s. w.). Zu ergänzen ist der Bestand des Athous aus den Paraphrasen, den Wachstafeln von Palmyra, dem Büchlein Avians, der in der Hauptsache von B. abhängig ist (s. o. S. 2375), und einigen spätern Zeugen, ausser Suidas besonders Tzetzes und Georgides (der mit Vorliebe interpolierte Epimythien ausgeschrieben hat); vollständigste Übersicht jetzt in der Leipziger B.-Ausgabe 1896. Besonders Hoch und Rutherford haben angenommen, dass auch eine ganze Reihe von Fabeln nicht echt, sondern von einem der Diaskeuasten untergeschoben seien; was sie aber zu Gunsten ihrer Athetesen vorgebracht haben, beruht meistens auf argen Missverständnissen und Trugschlüssen (s. De Babr. aet. 216, 5. 187, 4; Philol. Anz. XIV 178); geradezu unbegreiflich ist es, wie man über dem hübschen Tierschwank 106 den Stab brechen konnte (De Babr. aet. 143f.; Philol. LIII 227). Das Verhältnis der beiden von B. veröffentlichten Sammlungen zu einander und zu den zehn Büchern, die Suidas las, lässt sich nicht völlig klarstellen, s. De Babr. aet. 229, 4. 240.

IV. Quellen und Vorbilder; Sprache, Metrik und Stil.

Einen unschätzbaren Anhalt für die Quellenuntersuchung gewähren die beiden Prooemien (De Babr. aet. 229 mit Anm. 4). Das erste Prooemium beruft sich, wie Phaedrus im ersten Buch, lediglich auf Aesop: wir dürfen annehmen, dass B. zunächst eine Sammlung von Aesopea (aber nicht, wie Phaedrus, im Zusammenhang mit einem Aesop-Bios) als Vorlage benutzt hat; durch einen Vergleich mit Phaedrus und ältern Gewährsleuten und besonders, was hier nicht weiter verfolgt werden kann, Plutarch (s. Rh. Mus. XXXIX 605), wird man annähernd den Bestand dieser ersten Sammlung umschreiben können: 3 = Ph. app. 22; 17. 19 = Ph. IV 2. 3; 22 = Ph. II 2; 24 = I 6; 27. 28 = I 22. 24 (Horat. sat. II 3, 314); 29 = app. 19; 31 = IV 6; 43 = I [2662] 12; 50 = app. 26; 66 = IV 10; 67 = I 5; 77 = I 13; 78 = app. II 1 (Rom. I 18); 79 = I 4; 89 = I 1; 94 = I 8; 100 = III 7; 102 = IV 14; 103 = app. II 26 (Rom. IV 12); 107 = app. II 4 (Rom. I 17) u. s. w. Man wird bemerken, dass sich bei diesem Vergleich als gemeinschaftliches Gut durchweg altertümliche Tierfabeln herausstellen, die z. T. in sehr frühen Quellen erwähnt oder dem Aesop in den Mund gelegt werden, z. B. 31 (vgl. Aristoph. Vesp. 1185). 50 (vgl. Ovid. met. II 690. Maxim. Tyr. I 3, 1: ‚Aesop‘). 66 (Catull. 22, 21. Horat. sat. II 3, 29 u. s. w.). 77 (korinthische Vasenscherbe im Berliner Museum. Plut. de Herod. malign. 40 p. 871 D: ‚Aesop‘). 94 (Keller Unters. 327). 98 (nach Diod. XIX 25 ein λόγος … τῶν παραδεδομένων καὶ … παλαιῶν). 102 (Aristot. pol. III 8 = Antisth. frg. inc. 13 p. 52. Theokr. 24, 84). 103 (Plato Alkib. I 123 A: ‚Aesop‘). Eine willkommene Bestätigung bieten die Fragmente aus den daktylischen Μυθικά bei Suidas, die auf Grund der ersten Sammlung (s. o. II a. E.) geschrieben zu sein scheinen (= Fab. 36. 66. 67. 95. 108. 115 u. s. w.). Diese, an anderer Stelle zu vervollständigenden Nachweise müssen hier genügen. Nach ganz anderer Richtung weist das Prooemium der zweiten Fabelsammlung. Es bringt schulmässige Nachrichten über die Herkunft der Fabeln aus dem Orient und Libyen, über Aesop, Kybisses u. s. w.; man meint die versificierte Einleitung zu den Progymnasmata eines Sophisten (Hermogen. prog. 1. Aphthon. prog. 1. Theon prog. 3 p. 73 Sp.) oder zu einer rhetorischen Zwecken dienenden Sprichwörter- und Fabelsammlung (Diog. περὶ παροιμιῶν, Paroemiogrr. I p. 178) zu lesen (s. Crusius De Babr. aet. 229; in diesen Dingen ist Rutherford abhängiger, als es den Anschein hat, s. Philol. Anz. XIV 176, 1). Und auf eine solche nachchristliche‚ sophistische Quelle (man könnte am ersten an Nikostratos Dekamythie denken, wenn der chronologische Ansatz saec. II/III gesichert wäre) wurden eine ganze Anzahl von Fabeln schon De Babr. aet. 226ff. zurückgeführt. Durchschlagend ist folgendes. Theon 2 p. 158 W = II p. 65 Sp. lehrt, man müsse den Schülern Musterbeispiele aus klassischen Schriftstellern zum Auswendiglernen und Nachahmen vorlegen: μύθου δὲ, ὁποῖος ἐστι 1) παρὰ Ἡροδότῳ (I 141) τοῦ αὐλητοῦ παὶ 2) παρὰ Φιλίστου (frg. 16, FHG I 187) τοῦ ἵππου καὶ † τῶν (καὶ ἀνθρώπου?), ἐν ἑκατέρῳ ἐν τῇ πρώτῃ καὶ ἐν τῇ δευτέρᾳ· καὶ 3) ἐν τῇ εἰκοστῇ Θεοπόμπου τῶν Φιλιππικῶν (frg. 139, FHG I 302) ὁ τοῦ πολέμου καὶ τῆς ὕβρεως, ὃν ὁ Φίλιππος διεξέρχεται πρὸς τοὺς αὐτοκράτορας τῶν Χαλκιδέων, καὶ 4) Ξενοφῶντος ἐν δευτέρᾳ τῶν ἀπομνημονευμάτων (II 7) ὁ τοῦ κυνὸς παὶ τῶν προβάτων. Alle diese Fabeln finden wir bei B. wieder, Herod. I 141 = Babr. 9; Philist. = Babr. Bodl. 117 (Cr. 165); Theopomp = Babr. 70 (Πόλεμος – Ὕβριν γήμας, s. Philol. LIV 745); Xenophon mem. II 7, 13 = Babr. 128 Cr. (z. T. wörtlich paraphrasiert). Unter demselben Gesichtspunkte ist wohl das Zusammentreffen des B. mit andern Historikern zu betrachten, wie man z. B. fab. 22 bei Diodor frg. Vat. XXXIII 7 p. 72 Dd. (anders XIX 25) von Viriathus vorgetragen oder fab. 47 bei Plut. de garrul. 17 p. 511 C (vgl. apophth. reg. s. v.) dem Skythenfürsten Skiluros zugeschrieben wird. B. hat offenbar [2663] eine in der Kaiserzeit kursierende, zu rhetorischen Zwecken angelegte Sammlung benutzt, in der solche παραδείγματα zusammengestellt waren. Auf eine sophistische Quelle scheinen auch die von Gitlbauer so abenteuerlich misshandelten διηγήσεις aus dem Tereus-Proknemythus (Babr. 12, Bodl. 45, vgl. auch Ps.-Platos χελιδών Diog. Laert. III 62) und einige geistesverwandte Stücke zu stammen, die De Babr. aet. 226. 228 besprochen sind. Vor allem aber ist folgendes bedeutsam. Bei Diogenian a. O. wird Sprichwort und Fabel in unmittelbaren Zusammenhang gebracht, indem der Begriff des Sprichwortes willkürlich eingeengt wird (ἔστι δὲ παροιμία τρόπος καὶ τῆς – ἀλληγορίας· παράκειται δὲ αὐτῇ λόγος ⟨καὶ⟩ αἶνος· ⟨λόγος⟩ Αἰσώπειος, Καρικὸς αἶνος κτλ.). Lukill von Tarrhai und mit ihm Erennius Philo (bei Eustath. 1855, 3, vgl. Warnkross De paroemiogr. 30) lehrten geradezu: καί ἐστιν ὁ αἶνος ἐξηπλωμένη παροιμία. In vielen Fällen liegt die Sache freilich gerade umgekehrt: das Sprichwort ist eine Reminiscenz an ein altes Märchen oder eine alte Fabel (s. Crusius Verhandl. Philol. Versamml. Görlitz 1889, 31ff.). Aber B., der sich über das πλάττειν neuer μῦθοι (Plutarch μυθικά bei Iulian or. VII p. 227 A, vgl. Rh. Mus. XXXIX 604, 4) aus solchen Quellen unterrichtet haben wird, schrieb allerdings eine ganze Reihe von Fabeln, die lediglich eine Ausführung oder Exemplification von Sprichwörtern sind; diese gehören wahrscheinlich alle in die zweite Sammlung, in der er sich wohl, wie Phaedrus in den späteren Büchern, von den Aesopea ziemlich emancipierte. Einige Nachweisungen bei Crusius De Babr. aet. 205. 213; Jahrb. f. Philol. CXXVII 1883, 230. 239. 247. CXXXV 1887, 247. 250. 657. 662; ad Plutarch. de prov. Alex. comment. (Lips. 1895) p. 37ff. 48. Rutherford p. XLIVff., wo freilich ebensoviel in Abzug kommt (z. B. 48. 62. 75. 100. 37), wie zu ergänzen bleibt. Manches der Art wird B. aber auch schon in den von ihm benutzten Quellen vorgefunden haben; so erklärt sich z. B. das schon De Babr. aet. 237, 3 nachgewiesene wörtliche Zusammentreffen von B. 20, 3 δέον βοηθεῖν – τῷ δ’ Ἡρακλεῖ προσηύχετο mit Zenobios volg. V 93 + Ath. I 36: δέον βοηθεῖν – τῷ Ἡρακλεῖ προσηύξατο (Plut. de prov. Al. comment. p. 48, 2): B. fand in seiner Quelle die von Zenobios erzählte Geschichte vom Eseltreiber und Herakles vor, die als Illustration eines berühmten Spruches gedacht ist. Als solche, sozusagen secundären Fabeln wird man, besonders auf Grund des von den Paroemiographen gebotenen Materials, erweisen können nr. 3. 20. 55 (aus dem im Rh. Mus. XLIV 460 erschlossenen fabelartigen Spruch οὐκ ἔστ’ ἐμὸν τὸ πρᾶγμα, πολλὰ χαιρέτω σοφῶς ὁ βοῦς ἔφασκεν). 60. 69. 76 (vgl. V. 18). 87. 109. 125. 127. 129. 131 Cr. Zahlreiche Stücke stammen aus spätgriechischen Novellen- und Anekdotensammlungen, wie sie auch Phaedrus benutzt hat (s. o. S. 170), z. B. 2. 15 (Stratonikos bei Cic. de nat. deor. III 50: Jahrb. f. Philol. CXXVII 1883, 240). 54 (Agath. A. P. XI 365). 75 (ähnlich Machon bei Athen. VIII 341 B. Anth. Pal. XI 381). 116 (vgl. Apul. metam. IX 26. Iuven. I 59 u. a.). 119; in anderen erkennt man Weiterbildungen paradoxographischer und naturhistorischer Notizen – s. 14 (Avian. 9. Ael. nat. an. V 49). 35 (Plin. n. h. [2664] VIII 216. Oppian. kyneg. II 605). 39 (Ael. nat. an. V 48). 115 (Plin. n. h. X 7. Ael. nat. an. VII 16, s. Philol. LIV 479) – oder sentenziöser und epigrammatischer Einfälle – 114 (vgl. Kallim. Ep. 56. Anth. Pal. VI 148. Plut. de def. orac. 3 p. 410 C). 117 (Eurip. frg. 852. Aesch. Septem 601. Ovid. trist. I 2, 57 u. a.). 118 (Antip. Anth. Pal. VII 210, verkehrt Keller 401, 107). 119 (Anth. app. Plan. IV 187). Bodl. 133. Fab. 148 Eb., 180 Cr. (Euen. Anth. Pal. IX 75; vgl. 99 u. a). Wie viel von diesen Stücken B. aus eigener Lectüre und Erinnerung herangezogen und wie viel er in den benützten beiden Hauptquellen schon vorgefunden hat, lässt sich vorläufig nicht ausmachen. Jedenfalls verfügte er über einen ziemlich umfänglichen litterarischen Apparat. So hat er seine bei Theon und Diogenian genannten poetischen Vorgänger – Hesiod, Archilochos, Kallimachos – zweifellos gekannt, schwerlich nur aus einer Anthologie, wie die Historiker; er konnte sich deshalb doch mit ebenso gutem und besserem Recht als Begründer einer neuen Dichtungsgattung ansehen, wie Horaz den Iambus für sich in Anspruch nahm. Auf Hesiod weist, abgesehn vom ersten Prooemium, wo die Hesiodreminiscenzen keineswegs interpoliert sind, 66, 1 (vgl. Theog. 425). 58 (vgl. Theog. 70ff., vgl. De Babr. aet. 210). 46, 8 (s. Hesiod. frg. 183, 1 Rz.) 57 (Hesiod. frg. 45, 1 Rz., vgl. aber De Babr. aet. 141) und mancherlei im Ausdruck, wie βουδόρος 97, 7 (op. 506). Unter dem Einfluss des Archilochos steht, wohl nicht nur dem Stoffe nach, 62. 81 (Bergk zu Archil. 89). 95 (De Babr. aet. 215, 1). 139 (Archil. 86ff.); auch im Wortschatz finden sich Anklänge an die Iambographen (ἰχανᾶν u. a.). Kallimachos frg. 191 scheint in fab. 48, 5 θεὸν παλαιστρίτην, Kallim. 93 in fab. 64 nachzuwirken, und an Theokrit V 128 erinnert Babr. 3, 4 (αἴγιλος und σχῖνος als Futter für die Ziegen) kaum zufällig, wie denn auch die Charakteristik des Ziegenhirten als eines unbedachten, petulanten Gesellen der Auffassung der Bukoliker entspricht (Jahrb. f. Philol. CXXVII 239). Von den sprachlichen Anklängen an die Hellenisten bei Keller 399ff. ist freilich nur ein ganz verschwindend kleiner Teil beweisend (hinzuzufügen ist συναβολέω). Ebenso sind die Spuren der Bekanntschaft mit den Dramatikern, die Keller 402ff. verzeichnet hat (hinzuzufügen u. a. ἀπαιολάω, παλαμναίη, τεκοῦσα, φῶς βλέψειν, s. auch Zachariä 5), vielfach trügerisch. Etwas besser steht es mit den Anklängen an Pindar bei Zachariä 4. 6. Jedem Ohr vernehmlich sind dagegen die Reminiscenzen aus Homer (Keller 397f. Zachariä 4f., hinzuzufügen αΐσσω ‚fliegen‘, γῆρας λιπαρόν u. a.); manche Stellen (bes. 31. 25, 9) klingen geradezu wie eine homerische Parodie, vgl. De Babr. aet. 150. Auch Sprichwörter und Anspielungen an ‚geflügelte Worte‘ verwendet B., der paroemiographische Arbeiten kannte (o. S. 2663), mit ganz ähnlicher Vorliebe wie die Prosaisten des 2. und 3. Jhdts. (s. z. B. 16, 6. 21, 9. 46, 8. 72, 16. 18. 20. 76, 18. 93, 5. 95, 35. 88. 108, 8. 11 u. s. w.). Mit diesen litterarischen Reminiscenzen, die durch leichte Ionismen des Dialektes wirksam unterstützt werden, putzt der Dichter seine ziemlich vulgäre κοινή (Philol. LIII 249) auf, und es kommt so eine buntscheckige‚ aber sehr schmiegsame [2665] Kunstsprache zu stande, die am ersten mit der Prosa gewisser dem B. verwandter Autoren, wie Aelian‚ verglichen werden kann (s. die einsichtigen Bemerkungen bei Rutherford LVIff. Auch aus W. Schmids ‚Atticismus‘ ist für die Sprache des B. manches zu lernen).

Wahrhaft virtuos handhabt B. seinen Vers; die feinen Beobachtungen Lachmanns haben sich vor den neuen Funden durchaus bestätigt (Philol. LIII 249; eine brauchbare Übersicht bei Ficus a. O.). Mit höchster Sorgfalt, vielleicht im Anschluss an römische Technik, wird die Auflösung behandelt; insbesondere kommen in Auflösungen die Schlusskürzen eines mehrsilbigen Wortes nicht unter den rhythmischen Ictus. Caesurlose Verse sind, wie bei den übrigen metrisch geschulten griechischen Iambendichtern der Kaiserzeit, völlig unerhört. Die Spondeen sind, sobald man einige handgreifliche Versehen der Hss. berichtigt, stets correct verteilt (grobe Schnitzer bei Rutherford 95, 84 und wiederholt bei Gitlbauer); in den vierten Fuss dringen sie nur in vielsilbigen Schlussworten (s. Lachmann p. XIII. Hoch 20. Eberhard Obs. 8). Geschickt angewendete dreisilbige Füsse verleihen dem strengen Verse, wie bei Herondas, den Anschein des Zwanglosen und dienen hie und da wohl auch der Charakteristik, wie 43, 10; doch wird der Anapaest gesetzmässig nur im ersten Fuss zugelassen, in den folgenden Füssen nur ausnahmsweise in Eigennamen (z. B. 57, 6, ähnlich 72, 20) und in gewissen leichten, wohl zu verschleifenden Silben (69, 2. 133, 1 Cr.); die Beispiele bei Werner 19 sind grösstenteils kritisch unsicher oder nachweislich verdorben, s. Litt. Centralbl. 1892, 90. Besonders sorgfältig wird bei B. der Schluss behandelt. Die Abneigung gegen schliessende Monosyllaba (De Babr. aet. 195, 1. 166; völlig confus Werner 19, 1) teilt B. allerdings mit den älteren Griechen, abgesehn von Herondas. Aber durchaus neu ist die von Ahrens entdeckte streng durchgeführte Regel, dass die vorletzte Silbe den Sprachaccent hat; da der rhythmische Ictus die letzte trifft (Philol. LIII 214), ist sie von griechischem Standpunkt aus nicht recht zu verstehen. Die Versuche, das Ahrenssche Gesetz durch Hinweis auf das sehr natürliche Überwiegen desselben Accentes bei älteren Dichtern zu erklären (Werner 12, s. Litt. Centralbl. a. O. und unten S. 2666), können nicht als gelungen angesehn werden. Über die Byzantiner s. u. S. 2666f. Eher begreiflich ist die Forderung, dass die letzte Silbe des Verses lang sein müsse (Eberhard Obs. 4; Praef. IV Hoch 20). Doch ist sie bei keinem älteren griechischen Dichter innerhalb gewisser Grenzen so consequent durchgeführt wie bei B.; ausser naturlangen Silben erscheinen der Technik des Dionysios (Kuhn Doctr. περὶ διχρ., Bresl. philol. Abhandl. VI 51) und älterer Dichter (z. B. Aesch. Pers. 18) entsprechend geschlossene Silben mit dem ‚dehnbaren‘ Consonanten ν, einsilbige immerhin schwerwiegende Enklitika, wie τις (95, 101. 102, 11), und Silben mit dem vollklingenden , das auch nach dem Rhetor Lachares (ca. 430 n. Chr.) ὡς φύσει διογκοῦν τὸ στόμα der Länge nahesteht (Kuhn a. O., s. Litt. Centralbl. 1893, 120). In prosodischen Dingen ist B., von gewissen aus der Vulgärsprache der Kaiserzeit zu erklärenden Schwankungen (θύμα [2666] 97, 12 neben θῡ u. ä.) abgesehn, ziemlich correct; das ζ scheint bei ihm, wie bei vielen Dichtern der Kaiserzeit (Stark Quaest. Anacr. 91. G. Hermann Orph. 761) nicht unbedingt zu längen (Eberhard Obs. 6. Dübner 21. Crusius Jahrb. f. Philol. CXXVII 231, 16). – Als Ganzes betrachtet sind diese kleinen Dichtungen sehr verschiedenwertig. Einzelne Stücke haben lebendige, fast dramatische Haltung (s. die hübsche Stichomythie 89, 4ff.), und auch in dem Tone des behaglich erzählenden Tiermärchens und Tierschwankes, auf den besonders die Löwen- und Fuchsfabeln (95. 103. 106) gestimmt sind, weiss sich der Dichter zu bewegen. Freilich stehn just hinter diesen Stücken grosse alte Vorbilder, das Aesopbuch und Archilochos. Wo B. die Kosten wesentlich aus eigenen Mitteln zu decken hat, wie bei manchen Stücken der zweiten Sammlung (o. S. 2661ff.) fällt er oft stark ab ins Gewöhnliche, ja Alberne. Die beiden Prooemien sind passable Durchschnittsarbeit, wie sie die meisten gleichzeitigen Dichter der Anthologie auch liefern konnten; der rein prosaische Anfang des zweiten Prooemiums bleibt sogar hinter diesem Massstab erheblich zurück. Von wirklichem poetischen Tact zeugt die Wahl des Metrums; für diese kleinen, hart an die Prosa streifenden Erzählungen war in der That nicht leicht eine passendere Form zu finden, als der Hinkiambus.

V. Wirkung und Nachleben der babrianischen Fabeln.

Der Erfolg dieser bescheidenen Arbeiten war ein ganz überraschender; zu verstehn ist er vor allem aus der Rolle, die die Fabel im Jugendunterricht der Kaiserzeit spielte. Verschiedene, mindestens zwei, Zeitgenossen versuchten B. zu überbieten, indem sie, geschmacklos genug, Themata Babriana mit vornehm epischer, stark glossematisch gefärbter Diction, in Hexametern und Distichen behandelten (pr. II 16, s. o. S. 2657); auch aus späterer Zeit giebt es ähnliche Versuche (zusammengestellt hinter der B.-Ausgabe von Crusius), denen sich auch die Sammlung des Avian (o. S. 2375f.) anreiht. Andere versuchten ihr Glück mit gewöhnlichen Trimetern (s. die Ausgabe). Dass die babrianischen Fabeln schon am Anfang des 3. Jhdts. einen Platz in den Schulanthologien gefunden hatten, zeigen die Tabulae Assendelftianae und Dositheos (o. S. 2658). Iulian und seine Zeitgenossen spielen wiederholt auf sie an und setzen sie beim Leser als bekannt voraus. So ist es keineswegs verwunderlich, wenn die Choliamben bei Ps.-Kallisthenes und auf orientalischen, besonders ägyptischen Inschriften, verwandte Technik zeigen (Crusius De Babr. aet. 244, 2; Litt. Centralbl. 1892, 90). In dem Athous haben wir eine byzantinische Schulausgabe zu erkennen. Die Elementarlehrer und Rhetoren übten bis tief ins Mittelalter hinein sich und ihre Schüler im Paraphrasieren, Verkürzen und Umbilden babrianischer Vorlagen (s. die paraphr. Bodl. u. a.), und die byzantinischen Versificatoren gossen die beliebten Dichtungen in knappere, dem Zeitgeschmack entsprechendere Formen (s. die Tetrasticha von Ignatius Magister u. a.); es ist sehr wohl möglich, dass der neue byzantinische, auf der vorletzten accentuierte Trimeter nichts ist, als eine Nachahmung des babrianischen. Und vielleicht steht auch die nonnische Technik in der [2667] Behandlung des Schlusses unter dem Einfluss des babrianischen Vorbilds, wie Unterzeichneter früher (De Babr. aet. 244, 1) vermutet hat; dass diese Ansicht aber inter omnes constat, wie Werner meint (18), wagt er nicht zu behaupten, s. Philol. LIII 222, 9. Übrigens hatte gerade jenes lebendige Weiterleben der babrianischen Fabeln zur Folge, dass das Originalwerk, gerade wie die paroemiographischen Originalarbeiten, im späten Mittelalter fast vergessen wurde.