Zum Inhalt springen

Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Polenz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: M. G.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Polenz
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 159–160
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons = SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[Ξ]
[159]
Polenz


liegt 3½ Stunden nordwestlich von Grimma, ½ Stunde südsüdöstlich von Brandis, 4 Stunden südöstlich von Leipzig an der Strasse von Grimma und Borna, nach Eilenburg, nördlich von der faulen Parde, grösstentheils auf einer Anhöhe, so dass auch der obere Theil des Dorfes besonders eine hohe, freie, gesunde Lage hat. Das Dorf und die Fluren sind rund herum mit schönen und anmuthigen Holzungen umgeben. Der Ort selbst aber hat kein fliessendes Wasser. In früheren Zeiten waren in Polenz zwei Rittergüter, unter dem Namen Ober- und Niederpolenz, weshalb auch heute noch beide Benennungen üblich sind, wiewohl das ganze Dorf nur eine Gemeinde, eine Kirchfahrt bildet und nur zu einem Rittergute gehört. Man versteht übrigens unter Ober-Polenz die herrschaftliche Schäferei, die Pfarre, die Schule, Kirche nebst dem daran stossenden höheren Theile des Orts; unter Nieder-Polenz, aber die Rittergutsgebäude, Stallungen, Scheunen und den Rest des Dorfes. Nieder-Polenz liegt am östlichen Abhange jener Anhöhe, worauf der grössere Theil des Orts gebaut ist.

Die Gebäude des Rittergutes stehen auf der Höhe, sind sehr ansehnlich und neu erbaut und umfassen ein hübsches Herrenhaus. Zu dem Gute selbst gehört eine bedeutende Oekonomie und auch etwas Waldung. Die Gegend hat überhaupt viel Holzung und im ganzen einen hügeligen, nicht unangenehmen Charakter. Der Boden der Ritterguts- und der Dorffluren ist etwas sandig, deshalb in nassen Jahren besonders ergiebig. Zu dem Rittergute gehört sehr schönes, wohl bestandenes Laubholz und eine treffliche Schäferei.

Das hiesige Rittergut ist schon seit mehreren Jahrhunderten im Besitze der altadelichen Familie von Lindenau gewesen, welche früher auch die nahen Rittergüter Machern und Ammelshain besassen.

Bereits im Jahre 1491 trifft man hier Hans von Lindenau, welcher das Gut 1472 erheirathete, sein dritter Sohn Wilhelm, erbte das väterliche Gut. Dieser war ein grosser Freund der Kirchenverbesserung und hatte deshalb vielen Verdruss mit dem Bischoffe von Merseburg, unter dessen geistlichen Gerichtssprengel Polenz gehörte. Im Jahre 1514 starb Bischoff Thilo von Trotta, welcher seinen Kammerdiener auf den blosen Verdacht einen Ring entwendet zu haben, hinrichten lies. Diesen Ring fand in späterer Zeit ein Schieferdecker in einem Rabenneste auf einem der Thürme der Domkirche. An dem neuen Schloss der Domkirche zu Merseburg bemerkt man auswendig überall Raben in Stein gehauen, welche zu dem Familien-Wappen des Bischoffs Thilo von Trotta gehören. Diesem Thilo vom Trotta folgte der 41. Bischoff Sigismund von Lindenau, ein Verwandter des Besitzers von Polenz, Wilhelm von Lindenau. Der Bischoff von Lindenau war der Reformation nicht ganz abgeneigt, doch verfolgte er in seinem Sprengel die Anstellung lutherischer Prediger. Der Besitzer von Polenz, Wilhelm von Lindenau hatte 1523 Johann Kresse als Prediger in Polenz angestellt. Weil nun derselbe sich ein Weib genommen hatte, wurde er vom Bischoffe Sigismund von Lindenau vorgeladen und am Ende förmlich excommunicirt. Der Pfarrer blieb aber dessenungeachtet im Amte, was er um so leichter konnte, da der Kurfürst ganz auf seiner Seite war.

Nach dem Tode des Bischoffs von Lindenau, welcher 1544 erfolgte, hatte der Besitzer von Polenz die Freude, die Reformation im ganzen Sprengel 1545 einführen zu sehen. Wilhelm von Lindenau lebte noch im Jahre 1555. Denn zu dieser Zeit wurden mehre mit dem Rathe und der Bürgerschaft von Grimma wegen verschiedner auf den Gütern Polenz ruhender Gerechtsamen entstandene Streitigkeiten beseitigt. Die Auseinandersetzungen [160] über diese Differenzen sind in den Statuten der Stadt Grimma heute noch zu finden. Unter andern geht daraus hervor, dass im Orte schon seit den ältesten Zeiten eine Erbschänke gewesen, deren Inhaber das Recht hatte, in dem herrschaftlichen Brauhause zu mälzen und zu brauen.

Im vorigen und in diesem Jahrhunderte besass der Königl. Sächs. Kammerherr und Oberforstmeister Gottlob Heinrich von Lindenau zu Schneeberg das Gut Polenz. Nach dessen Ableben kam es an Herrn Major Petricowsky-Lindenau. Seit dem Jahre 1841 ist dessen Tochter, welche mit Herrn Johannes Oskar von Trebra verheirathet ist, damit beliehen, und diese Familie ist jetzt noch im Besitze von Polenz. Herr von Trebra ist als Ehegatte der Besitzerin stimmberechtigt zu den Wahlen des Landtages.

Dem Rittergute Polenz steht die Collatur über die dasige Kirche und das Filial zu Ammelshain, so wie über die hiesige Schule zu.

Die Kirche ist hell und im Innern symmetrisch eingerichtet, mit einem hohen Thurme versehen und zeichnet sich in der ganzen Gegend aus. Die neuerbaute Pfarrwohnung gewährt eine schöne Aussicht in die leipziger Gegend.

Die hiesige Schule erfreut sich seit 50 Jahren schon einer sehr guten Einrichtung, wozu der Gerichtsherr, Herr Oberforstmeister von Lindenau und der Pfarrer des Orts, Gottlieb Leberecht Schulze sehr viel beigetragen haben. Von dem ersteren wurde eine schöne Lesemaschine, mehrere Landkarten, Bildungsschriften für den Lehrer angeschafft, und für die ärmeren Schulkinder das Schulgeld bezahlt.

Polenz wurde auch von einem Brand vor 50 Jahren heimgesucht. Es entstieg aber desto schöner aus seiner Asche.

Die Gegend von Polenz hat überhaupt viel Holzung und im Ganzen einen hügeligen, nicht unangenehmen Character. Unweit Polenz entspringt der Klein-Steinberger Bach, und im Südwest steigt, von dieser Seite nur sanft, der Brandiser Collmberg gewöhnlich Kohlenberg genannt an. Dieser sanft abgerundete, aus Süd- und Nordwest sich steil bis zu einer Höhe von 60 Ellen erhebende Berg ist ganz mit Laubholz bewachsen, welches zum Rittergute Brandis gehört, und gewährt durch einige Waldlücken treffliche Aussichten, besonders gegen Süden, wo die ganze Gegend von Otterwisch, Mölbis, Lausigk u. s. w. dem Blicke sich öffnet und die Kette des Ober-Erzgebirgs fast von einem Ende bis zum andern zu sehen ist. An seinem Abhange giebt es eine Sandgrube, und an seinen südöstlichen Fuss lehnt sich das, ziemlich versteckt gelegene Dörfchen Klein-Steinberg.

Die Einwohner von Polenz leben von der Landwirthschaft. Man erbaut besonders sehr schönen dünnscheligen und mehlreichen Roggen, der in der ganzen Gegend sich auszeichnet.

Die Wiesen liegen etwas sumpfig. Die Feldarbeit wird hier meistentheils mit Kühen verrichtet, wozu das Land leicht genug ist.

Polenz hat 73 bewohnte Gebäude mit 95 Familienhaushaltungen und 424 Einwohnern, und gehört jetzt zum Gerichtsamte Brandis, zum Bezirksgericht Leipzig, zur Amtshauptmanschaft Grimma, zum Regierungsbezirk Leipzig.

Eben so das Filial Ammelshain, welches zwar ein besonderes Rittergut bildet, aber bis zum Jahre 1733 der Familie von Lindenau mit gehörte. Wilhelm von Lindenau erkaufte solches im Jahre 1531 von Ambros Linbacher oder Lindbacher, einem leipziger Patrizier.

Merkwürdig ist von diesem Orte, dass nach alten Verträgen, einen Leinweber ausgenommen, kein Handwerker sich hier niederlassen dürfte.

Später hat sich dies geändert. Denn jetzt giebt es daselbst Hufschmiede, Schneider, Schuhmacher und Fleischer.

Der Saubach, der das Dorf durchfliesst, bildet bei demselben drei grosse Teiche.

Ammelshain excellirt in manchen Jahren durch die Schnepfenjagd.

Fischerei hat das Gut in den dazu gehörigen Teichen, von denen einer im Dorfe die dasige Mühle speist, aber nur in wasserreicher Jahreszeit.

Das Gut hat 360 Acker Feld, 70 Acker Wiese, 50 Acker Teiche, 700 Acker Wald. Im Ganzen ist der Boden lehmigt und die Unterlage Kies, vorherrschend Classe 4–7 u. 7. Auch befindet sich hier ein mächtiges noch nicht bebautes Kohlenlager.

(M. G.)