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Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/435

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Agassiz und mehrere andere äußerst competente Gewährsmänner heben hervor, daß alte Thiere in gewissen Beziehungen den Embryonen neuerer Thierformen derselben Classen gleichen, und daß die geologische Aufeinanderfolge erloschener Formen nahezu der embryonalen Entwickelung jetzt lebender Formen parallel läuft. Diese Ansicht stimmt mit der Theorie der natürlichen Zuchtwahl wundervoll überein. In einem spätern Capitel werde ich zu zeigen versuchen, daß die Erwachsenen von ihren Embryonen in Folge von Abänderungen abweichen, welche nicht in der frühesten Jugend erfolgen und auch erst auf ein entsprechendes späteres Alter vererbt werden. Während dieser Proceß den Embryo fast unverändert läßt, häuft er im Laufe aufeinander folgender Generationen immer mehr Verschiedenheit in den Erwachsenen zusammen. So scheint der Embryo gleichsam wie ein von der Natur aufbewahrtes Portrait des früheren und noch nicht sehr modificirten Zustandes einer jeden Species. Diese Ansicht mag richtig sein, dürfte jedoch nie eines vollkommenen Beweises fähig sein. Denn fänden wir auch, daß z. B. die ältesten bekannten Formen der Säugethiere, der Reptilien und der Fische zwar genau diesen Classen angehörten, aber doch von einander etwas weniger verschieden wären als die jetzigen typischen Vertreter dieser Classen, so würden wir uns doch so lange vergebens nach Thieren umsehen, welche noch den gemeinsamen Embryonalcharacter der Vertebraten an sich trügen, als wir nicht fossilienreiche Schichten noch tief unter den untersten cambrischen entdeckten, wozu in der That sehr wenig Aussicht vorhanden ist.


Über die Aufeinanderfolge derselben Typen innerhalb gleicher Gebiete während der späteren Tertiärperioden.

Clift hat vor vielen Jahren gezeigt, daß die fossilen Säugethiere aus den Knochenhöhlen Neuhollands sehr nahe mit den noch jetzt dort lebenden Beutelthieren verwandt gewesen sind. In Süd-America hat sich eine ähnliche Beziehung selbst für das ungeübte Auge ergeben in den Armadill-ähnlichen Panzerstücken von riesiger Größe, welche in verschiedenen Theilen von La Plata gefunden worden sind; und Professor Owen hat aufs Schlagendste nachgewiesen, daß die meisten der dort so zahlreich fossil gefundenen Thiere südamericanischen Typen angehören. Diese Beziehung ist selbst noch deutlicher in den wundervollen Sammlungen fossiler Knochen zu erkennen, welche Lund und

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 425. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/435&oldid=- (Version vom 31.7.2018)