Zum Inhalt springen

Seite:Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmuend.djvu/425

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag

Fastenzeit täglich Morgens um 10 Uhr und Abends um 4 Uhr Christenlehre, worin die Kinder zum würdigen Empfange des hl. Buß- und Altarssakrament vorbereitet wurden; indessen wurde in besagten Kirchen das ganze Jahr hindurch Christenlehre gehalten.

In der Fastenzeit wurde der Sct. Salvator sehr fleißig besucht, sonst nur an den Freitagen; am Mittwoch gieng man zu Sct. Joseph, am Donnerstag zum Ölberg auf den Gottesacker und am Samstag zu unseres Herrgotts Ruhe.


Palmsamstag und Palmsonntag.

Das waren Freudentage der Kinder. Jedes wollte ein neues Kleidungsstück haben, denn sonst „gumpe ihn der Palmesel.“ In der Frühe schon wurde das Weihholz und der Palmbesen geweiht. Armen Leuten war dieser Tag ein erwünschter, indem sie Weihholz und Palmbesen, das Stück zu 2kr., genugsam an vermöglichere Leute verkaufen konnten. Die Palmzweige wurden zum Kruzifix und an die Himmelbettlade gesteckt; das Weihholz wurde in eine Glut bei einem Donnerwetter gelegt.

Am Samstag Nachmittag um 3 Uhr gieng die Prozession an. Von der Pfarrkirche gieng man die Hofstatt herunter dem Spital zu in folgender Ordnung: Gleich nach dem Geistlichen kamen acht Metzger, welche den Palmesel an einem großen Strick führten, nebenher giengen der Oberachtmeister und der Achtmeister und hatten dafür Sorge zu tragen, daß der Palmesel nicht umfiel; der Zunftknecht trug den alten Mantel. Dann folgten die übrigen Metzger und jetzt erst der Magistrat und die übrigen Zünfte. Bis hierher war im Zug Ordnung, jetzt aber folgten die Weibsbilder mit großen und kleinen Kindern. Die Kinder der Metzger saßen unter dem Palmesel. Im Spital ließ man ihn nun sehen; es brannten bei ihm große und viele Lichter.

Empfohlene Zitierweise:
Michael Grimm: Sitten, Gebräuche, Aberglauben, Sagen (Gmünd). In: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd von Anbeginn bis auf den heutigen Tag. Selbstverlag des Verfassers, Gmünd 1867, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_der_ehemaligen_Reichsstadt_Gmuend.djvu/425&oldid=- (Version vom 1.8.2018)