Seite:HansBrassTagebuch 1943-09-26 001.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

hat. Er hat Margret u. ihre Eltern in den Glauben versetzt, daß er ein reicher Mann wäre u. M. hat offenbar geglaubt, ein Leben voll Vergnügungen führen zu können, an Arbeit hat sie nicht gedacht. So viel ist jedenfalls klar, daß wir uns nach diesem Kriege keinesfalls zurückziehen können, denn diese Frau wird das Geld verschwenden u. Fritz wird Wachs in ihren Händen sein. Wenn Fritz auf dieser Frau besteht, wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als sich einen anderen Beruf zu suchen, der ihm genug abwirft, um den Ansprüchen dieser Frau zu genügen. – Wenn das geringste Vertrauen dazu bestände, daß Margret wenigstens in religiöser Beziehung einsichtig wäre, dann wollte ich es mit ihr trotz allem wohl wagen, – denn das war immer meine Hoffnung, daß Margret, die doch die Enkelin von zwei Theologen ist so viel religiöse Grundlage besäße, daß sie hierin bildungsfähig sei. Vor der Hochzeit hat sie ja auch in der Tat den Anschein erweckt, als ob diese Voraussetzung zuträfe, aber hiervon ist nichts übrig geblieben als eine heimliche, aber deutliche Opposition. Sie wird also Fritz nicht zur Religion hinbringen, sondern sie wird ihn davon entfernen, – u. das ist für mich ausschlaggebend, aus diesem Grunde wird das nie eine geordnete Ehe werden. –

     Die Russen machen rasche Fortschritte, sie haben jetzt fast an der ganzen Front den Dnjeper erreicht u. stehen vor Kiew u. Smolensk. Weniger rasch kommen die Engländer + Amerikaner vorwärts, die immer noch nicht viel über Salerno hinausgekommen sind. Dagegen scheint es so, als ob die serbischen Freiheitskämpfer sich jetzt gut behaupten u. die dalmatinische Küste ziemlich fest in der Hand haben. – In Minsk ist der frühere Gauleiter Kube von Polen ermordet worden u. es ist ein Staatsbegräbnis für ihn angeordnet worden. Dieser Kerl ist s. Zt. wegen Unterschlagungen u. Sittlichkeitsvergehen seines Amtes als Gauleiter enthoben worden, jetzt war er in Minsk in einer führenden Position.

     Von Rudolf Hess wird jetzt endlich Näheres bekannt. Es scheint fast so, als wäre er damals wirklich im Auftrage des Führers nach England geflogen u. zu versuchen, einen Frieden mit England zu erreichen.

Sonntag, 26. September 1943.     

     Unsere Andacht hatte trotz dem überaus schlechtem Wetter, Regen u. Sturm bei Nordwind, guten Zuspruch. Zwar fehlte Frau Monheim, die sich vorher telephonisch wegen dem Wetter entschuldigte u. auch Frau Dr. Krappmann war nicht da, aber es kam ganz unerwartet Frau Vogt, ferner Frau Bierwirt mit ihren Kindern Marianne u. Jup, Schwester Maria mit Viktoria, sowie unsere Trude. Als besonderer Gast war Frau Marianne Clemens, geb. Ziel, zugegen, eine Protestantin, deren kleiner Sohn am Religionsunterricht teilnimmt u. die mich gestern um Erlaubnis bat, zuhören zu dürfen. – Meine Ansprache scheint diesmal besonders wirkungsvoll gewesen zu sein, jedenfalls wurde Frau Vogt dadurch bewogen, nach der Andacht noch eine ganze Stunde dazubleiben, um sich mit Martha u. mir auszusprechen. Herr V. u. seine Frau sind Konvertiten u. er hat im Anfang ein ziemlich großes Wesen davon gemacht. Da er Rechtsanwalt + Notar in Havelberg ist u. dort auch Stadtrat ist, hatte er eine ziemlich einflußreiche Stellung u. er wurde auch von Geistlichen deshalb etwas stark hofiert. Seit 1933 war er Parteigenosse u. als solcher hat er den unmöglichen Versuch gemacht, eine Synthese des Nationalsozialismus + des Katholizismus zu finden, wobei aber lediglich sein Katholizismus in die Brüche ging. Seine drei Töchter sind nach u. nach ebenfalls aus der Kirche ausgetreten u. sind zum Nationalsozialismus übergegangen. Mir war diese traurige Entwicklung im Letzten unbegreiflich geblieben, bis dann eben heute Frau V. uns die nötigen Aufklärungen gab. – Vogt ist, da er früher aktiver Hauptmann gewesen war, bei Kriegsausbruch wieder Offizier geworden u. es ist ihm, der

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1943-09-25. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-09-26_001.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2024)