TBHB 1943-09-25

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Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1943-09-25
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Entstehungsdatum: 1943
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Originaltitel: Sonnabend, den 25. Sept. 1943.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 25. September 1943
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Einführung[Bearbeiten]

Der Artikel TBHB 1943-09-25 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 25. September 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.

Tagebuchauszüge[Bearbeiten]

[1]
Sonnabend, den 25. Sept. 1943.     

[1]      Von Pfr. Dobczynski die Nachricht, daß er voraussichtlich am 5. Oktober herkommen will, um eine hl. Messe zu zelebrieren. Er sandte wieder die Abschrift eines Bischofbriefes mit, der zwar mit ziemlich tapferer Deutlichkeit den Standpunkt der Kirche vertritt, leider aber wieder, wie Pfr. D. richtig bemerkt, sich höchstens zur Verlesung vor akademisch gebildeten Zuhörern eignet. Pfr. D. bedauert mit Recht, daß sich diese Briefe nicht einer „Luthersprache“ bedienen.

     Gestern feierten wir den Geburtstag von Jens Wegscheider, der acht Jahre wurde. Der Geburtstag selbst war eigentlich schon einen Tag vorher, doch wollten wir den am Donnerstag fälligen Religionsunterricht nicht ausfallen lassen. Deshalb machten wir am 23ten nur eine Bescherung u. Nachmittags Kuchen zum Kaffee, auch gab es ein besonderes Mittagessen. Gestern nun war die eigentliche Kindergesellschaft, zu der sich Jens acht Jungens eingeladen hatte. Zum Glück kam Martha auf den guten Gedanken, den Kaffeetisch in der Bunten Stube herzurichten, denn es ergab sich, daß sämtliche Kinder des Religionsunterrichtes es einfach als selbstverständlich angenommen hatten, daß sie eingeladen waren. Dazu kamen noch andere dazu, sodaß nicht weniger als 20 Kinder erschienen. Zuerst gab es Kaffee, Cakao u. Kuchen, der wie durch ein Wunder reichte, dann gab es ein Kasperletheater, ziemlich mäßig, aber es reichte für die Kritik der Kinder eben hin. Da Gesine Meisner mit ihrer Ziehharmonika da war, schlug ich vor, es sollten gemeinsam Volkslieder gesungen werden. Ich war der Meinung, daß der Nationalsozialismus, der sich ja die Erziehung der Kinder so angelegen sein läßt u. der den Mund so voll nimmt mit seiner angeblichen Pflege deutschen Kulturgutes, das deutsche Volkslied wenigstens pflege. Aber welch ein Irrtum! Es ergab sich, daß nicht nur unsere Dorfjugend, sondern auch die vielen städtischen Kinder aus Berlin u. anderen Städten kein einziges Volkslied auch nur dem Namen nach kannte. Zehn Jahre Nationalsozialismus haben, also genügt, dieses edelste deutsche Kulturgut restlos aus der Erinnerung zu beseitigen. Ich glaubte, daß dann wenigstens die modernen Soldaten- u. Kriegslieder von den Kindern gekannt wären, – aber auch das traf nicht zu. Es ist eine jämmerliche Pleite. Die Kinder lernen keine Religion, sie lernen keine Lieder u. was sie lernen, sehe ich an Jens, mit dem ich täglich Schularbeiten mache, es beschränkt sich auf einfachste Rechenaufgaben, Lesen u. auf das Schreiben kleiner Aufsätze, wobei auf saubere Schrift überhaupt kein Wert mehr gelegt wird. – Nachdem also unsere Bemühungen, die Kinder zu unterhalten, gescheitert waren, fingen die Jungens eine ziemlich rohe Balgerei an, bis Martha das Spiel: Die Reise nach Jerusalem, vorschlug. Ich verdrückte mich dann bald, denn inzwischen kam die Post, unter der sich ein Brief von Fritz befand, den ich erst einmal in Ruhe allein lesen wollte.

     Dieser Brief ist wenig erfreulich. Er hat also von seiner Frau tatsächlich einen Brief erhalten, in dem sie ihn bittet, sie freizugeben. Gleichzeitig hat er meine Briefe bekommen, in denen ich die Auflösung dieser Ehe schon als Selbstverständlichkeit behandelt habe. Aber aus seinem Brief geht hervor, daß er zunächst noch garnicht daran denkt, die Frau gehen zu lassen. Er glaubt, daß Margret unter dem Einfluß der Mutter steht, doch vergißt er, daß sie sich von ihm getrennt hat, schon ehe er überhaupt selbst auf Urlaub gekommen war. – Wenn Fritz sich von der Frau nicht trennen will, weiß ich nicht, was da werden soll. Es ist schlechthin undenkbar, daß wir hier zusammen mit Margret leben sollten, denn ein Interesse für das Geschäft hat sie nicht. Ihre frühere Idee, an Kinder wissenschaftl. Unterricht zu erteilen, kann sie jetzt nicht mehr ausführen, denn nun wird kein Mensch mehr sein Kind ihr zum Unterricht anvertrauen. Und wenn dann Fritz nach dem Kriege daß Geschäft wieder übernehmen will, wird er von ihr keine Hilfe haben, sondern nur Kosten, denn es hat sich ja gezeigt, daß sie anspruchsvoll ist u. daß Fritz vor der Hochzeit leider sehr aufgeschnitten [2] hat. Er hat Margret u. ihre Eltern in den Glauben versetzt, daß er ein reicher Mann wäre u. M. hat offenbar geglaubt, ein Leben voll Vergnügungen führen zu können, an Arbeit hat sie nicht gedacht. So viel ist jedenfalls klar, daß wir uns nach diesem Kriege keinesfalls zurückziehen können, denn diese Frau wird das Geld verschwenden u. Fritz wird Wachs in ihren Händen sein. Wenn Fritz auf dieser Frau besteht, wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als sich einen anderen Beruf zu suchen, der ihm genug abwirft, um den Ansprüchen dieser Frau zu genügen. – Wenn das geringste Vertrauen dazu bestände, daß Margret wenigstens in religiöser Beziehung einsichtig wäre, dann wollte ich es mit ihr trotz allem wohl wagen, – denn das war immer meine Hoffnung, daß Margret, die doch die Enkelin von zwei Theologen ist so viel religiöse Grundlage besäße, daß sie hierin bildungsfähig sei. Vor der Hochzeit hat sie ja auch in der Tat den Anschein erweckt, als ob diese Voraussetzung zuträfe, aber hiervon ist nichts übrig geblieben als eine heimliche, aber deutliche Opposition. Sie wird also Fritz nicht zur Religion hinbringen, sondern sie wird ihn davon entfernen, – u. das ist für mich ausschlaggebend, aus diesem Grunde wird das nie eine geordnete Ehe werden. –

     Die Russen machen rasche Fortschritte, sie haben jetzt fast an der ganzen Front den Dnjeper erreicht u. stehen vor Kiew u. Smolensk. Weniger rasch kommen die Engländer + Amerikaner vorwärts, die immer noch nicht viel über Salerno hinausgekommen sind. Dagegen scheint es so, als ob die serbischen Freiheitskämpfer sich jetzt gut behaupten u. die dalmatinische Küste ziemlich fest in der Hand haben. – In Minsk ist der frühere Gauleiter Kube von Polen ermordet worden u. es ist ein Staatsbegräbnis für ihn angeordnet worden. Dieser Kerl ist s. Zt. wegen Unterschlagungen u. Sittlichkeitsvergehen seines Amtes als Gauleiter enthoben worden, jetzt war er in Minsk in einer führenden Position.

     Von Rudolf Hess wird jetzt endlich Näheres bekannt. Es scheint fast so, als wäre er damals wirklich im Auftrage des Führers nach England geflogen u. zu versuchen, einen Frieden mit England zu erreichen.