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Seite:PalagyiRaumzeit.djvu/28

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Anschauens. Wir sind einseitige Realisten. Besinnen wir uns aber auf das Vergangene und Zukünftige, dann begnügen wir uns mit der vagen Idee von einem unsicher schwebenden Zeitstrom, wobei wir im höchsten Grade geneigt sind zu vergessen, daß der Begriff der Zeit durch das Zusammenfassen seiner Punkte in einen Raumpunkt entstanden ist. Wir werden eben zu einseitigen Idealisten. Der vom Raumbegriff losgelöste, unsicher schwebende Zeitbegriff muß aber in diesem entwurzelten Zustande notwendig verkümmern. Um ihn neu zu beleben, müssen wir ihn mit dem Raumbegriff in eine organische Verbindung setzen, und dies geschieht dadurch, daß wir einem jeden Raumpunkte eine durch ihn hindurchgehende Zeitlinie zuordnen. Wir erhalten somit zur Charakterisierung des fließenden Raumes folgende zwei Grundbeziehungen:

α) Jedem Zeitpunkt entspricht ein Weltraum.
β) Jedem Raumpunkt entspricht eine Zeitlinie.

Um nun einen deutlichen Nachweis zu liefern, daß unser gangbarer Zeitbegriff ein unentwickelter ist, werde ich im Folgenden zwei Fragen aufwerfen, deren verständliche Diskussion erst durch Einführung des Begriffes vom fließenden Raume ermöglicht wird.

IV. Die Unentwickeltheit unseres Zeitbegriffes.

§ 9. Weshalb der Zeitstrom durch eine Gerade dargestellt wird?

Die erste dieser beiden Fragen lautet: woher es komme, daß wir den Zeitstrom notwendigerweise durch das Bild einer geraden Linie veranschaulichen müssen? Soweit es mir bekannt ist, war diese Frage noch kein Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen; selbst Kant ließ es bei der



Empfohlene Zitierweise:
Menyhért Palágyi: Neue Theorie des Raumes und der Zeit. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1901, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PalagyiRaumzeit.djvu/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)