Zum Inhalt springen

Topographia Hassiae: Heiligenstatt

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
  ← Gerltzheim Heiligenstatt Hirschhorn →  
aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian
        Heiligenstadt in der Wikipedia      
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
[T78]

[XI] Heiligenstatt / auff dem Eichsfeld / nahend Duderstatt gelegen / allda die Chur Mayntzische dieses Ländleins Regierung ist; vnnd von welcher Statt wir in einer geschriebenen Chronick folgendes gefunden haben: König Dagobertus auß Franckreich ward gantz aussatzig / daß er Franckreich verlassen muste / kam in Teutschland / da jetzund Heilgenstatt ligt / vnd bawet da eine Vestung / noch genannt die alte Burgk / vnnd wohnete da mit seinem Weib. Nun waren vor Zeiten zween Brüder / Christen / Aureus, vnnd Justinus, die giengen Wallen / vnnd kamen in einen Hoff / Rustefeld genannt / vnd herbergten allda die Nacht; Morgens giengen sie durch den Wald / da wurden sie von den Vnglaubigen ermordet / vnd da begraben. Dagobertus ritte also aussätzig an die Jagt / vnnd einen Morgen / in dem Sommer / kam er in den Wald / stund auß Müdigkeit / von seinem Pferd ab / hefftet es an einen Ast / leget sich nider in den Taw / vnnd schlieff; vnd ward an dem Ort / da ihn der Taw berühret hat / der Aussätzigkeit erlediget. Sein Gemahlin zog wider mit ihme auff die stätt / Er thät seine Kleyder von sich / vnd wältzte sich / vnd ward gantz [XII] gesund / vnd sprach: Diß ist ein heilige stätte / vnd grub inn / vnnd fande die zween ermordete Heiligen frisch / vnd vnverwesen / vnd bawete da auff die stätte eine Kirchen / das nun ein Statt worden ist / genant Heiligenstatt; bawete hernach Dagobertsstatt / jetzt Erfurt / vnnd zog wider auff Pariß. Vnd dieses sagt angezogene Chronick / so der Leser mit dem Leben deß gedachten Königs Dagoberti, auch deß heiligen Bonifacii, conferieren / vnd so dann / ob solche Erzehlung wahrhafftig / oder nicht / seye / judiciren kan.

Bischoff Adolpff von Mayntz hat Anno 1465. Heiligenstatt / so es mit Bischoff Dieterichen / oder Diethero, hielte / mit List einbekommen. In diesem Teutschen Krieg hat dieser Ort offt herhalten müssen; ward auch An. 39. von den Schwedischen / der Mauren beraubt / vnd folgends im Decembri Anno 1640. von den Frantzosen bey der Weymarischen Armee / erobert / vnd gantz außgeplündert. Es hat allda ein Jesuiter Collegium. Anno 1632. ist Graff Georg Ludwig von Löwenstein / Schwedischer Obrister / vnd Commendant in Erfurt gewesen / vnd das Jahr hernach / im Anlauff vor Heiligenstatt auff dem Eyßfeld / in den lincken Schenckel / vnder halb Wadens / nach Aussag der Medicorum vnd Chirurgorum, zwar vntödlich / geschossen worden / vnd hat doch / wegen zugeschlagener Symptomatum, vnd Hauptflüsse / nach fast gar vnd wol zugeheiletem Schaden / an einer schweren Halßgeschwulst sterben / vnnd schier erworgen müssen / wie man berichtet hat.

Was nun obgedachtes Ländlein / so von Theils Eichsfeld / von Theils Eschfeld / von Theils Eißfeld / genant wird / vnd das zwischen Hessen / vnd Thüringen / an den Braunschweigischen Grubenhagischen Gräntzen / vnd nahend dem Hartzwald / ligt / anbelanget / so vermeynet Nicolaus Serarius, daß es entweder von den alten Eichwälden / Eichsfeldia, oder von der Kälte / Eisfeldia, genant werde. Vnd erzehlet er lib. 3. Rer. Mogum. notat. 20. pag. 472. seq. wie S. Bonifacius auff das Eichsfeld kommen seye / daselbst auff dem hohen Stuffenberg / das Götzenbild / Stuffo genannt / herunter geworffen / vnd daselbst ein Bethhäußlein / oder Kirchlein / zu höchst auff dem Berg / erbawet, darauß folgends Carolus Magnus, ein feine grosse Kirch zumachen befohlen / vnd in dieselbe das Creutz / welches er seinem Kriegsvolck / durch einen ansehenlichen Mann / der Heiso geheissen / vortragen zulassen gepflegt / gethan habe / als er einen stattlichen Sieg wider die Sachsen / vnd Thüringer / durch Göttlichen Beystand; nach dem er durch die drey Fuhrt der Werra / so der heutigen Statt Treifurt / den Namen gegeben / kommen / erlangt hatte. Dann dazumal Keyser Carolus, GOtt Danck zusagen / zu deß heiligen Bonifacii obgedachter Capell / hinauff gestiegen seye / vnnd offentlich / vnnd klar gesagt habe: Hie hatt vns GOtt geholffen: Vnd daher seye selbiger Berg forthin der Helffenberg / genant worden; Vnnd geschehen noch der Zeit so grosse Wallfahrten hieher / auch bißweilen von Ketzerischen Orten / wie er / der Jesuit / am 473. Blat redet / daß etlich tausend Menschen in der Procession / oder Vmbgang / gezehlet werden. Vnd sagt er im fünfften Buch / am 859. vnd folgenden Blat / daß dieses gar fruchtbare Traidland / so eygendlich Eichsfeld genant werde / der Ertzbischoff zu Mayntz von den Graffen von Gleichenstein erkaufft habe; wie die Rent- oder Rechenbücher in den Mayntzischen Registraturn / außweisen. Er schreibet auch am 934. 37. vnd 938. Blättern / daß der Ertzbischoff Daniel Brendel / so Anno 1582. gestorben / in diesem Land reformiert habe; da dann allhie damaln wenig Römisch Catholische gewesen; vnnd habe er viel Mönch / so abgefallen / auß den Pfarren / vnnd noch mehrere Praedicanten / vertrieben; Vnd das obgedachte Jesuiter Collegium, zu Heiligenstatt angerichtet; auch nicht einen geringen Theil vom Land / so versetzt gewesen / vnnd darunter die Aempter Horperg / vnnd Statt-Wirbsen / Anno 1574. wider gelößt. In der Braunschweigischen Chronick Henrici Buntings / der vorigen Edition, stehet: Es habe besagtes Eichsfeld / Hertzog Otto zu Braunschweig / so hernach König zu Neapels worden / dem Ertzbischoff von Mayntz vmbs Jahr Christi 1365. verkaufft: Aber in der newen Edition solcher Chronick / die Anno 1620. Henricus Meibomius, gewester Historiarum Professor zu Helmstatt / herfür geben / wird dessen nicht mehr gedacht; Darauß zu sehen / daß Bunting / vnd andere mehr / (darunter ein geschriebene Verzeichnuß / das 1366. Jahr hat / in welchem besagter Hertzog Otto / (der nie König zu Neapels worden / ohnangesehen / sich sein Gemahlin / die Königin Johanna daselbst / sehr darumb bey dem Papst bemühet hat / wie gedachter Meibomius schreibet / dem Ertzbischoff Gerlaco zu Mayntz Duderstatt verkaufft habe) sich hierinn geirret; vnnd daß solcher Kauff schon längst vorhero / wie oben gemeldet worden / geschehen ist. Vnd schreibet Werdenhagen de Rebuspubl. Hanseaticis part. 4. c. 7. fol. 39. daß Duderstatt / mit dem Schloß Gebeldehusen / durch Versatz / Anno 1337. an das Stifft Mäyntz kommen; darauff die Abalienierung deß gantzen Eichfelds erfolget seye. Er stimmet aber in deme mit besagtem Serario, nicht vberein; Weil er wil / daß Duderstatt vor Zeiten zum Hertzogthumb Braunschweig / Grubenhagischer Lini / gehöret; wie bey ihme an angezogenem Ort / weitläuffiger zu lesen; der auch sagt: Daß die Stätte auff dem Eichsfeld / vnd insonderheit Duderstatt / ihre Privilegia, auch nach dem sie Mayntzisch worden / behalten; vnd besagt Duderstatt / bey dem Hanseatischen Bund geblieben seye; vnd die Hertzogen von Braunschweig dem Ertzbischoff zu Mayntz / das gantze Eichsfeld bißhero strittig gemacht haben / etc. Obgedachte Braunschweigische Chronick sagt part. 2. fol. 307. als in dem Bawren-Krieg Anno 1525. Hertzog Heinrich von Braunschweig / in den heiligen Pfingsten / Duderstatt / mit [XIII] siebenhundert Pferden / vnd sieben Fähnlein Knechten eingenommen / da hab ihm ein jeder Burger müssen sechs Gülden zur Schatzung geben: Deßgleichen haben auch thun müssen / die vom Lande / deren / mit den Bürgern / bey neunhundert gewesen seyn: Hertzog Heinrich hab ihnen ihr Geschütz genommen / vnd gen Rüsteberg führen lassen: Dergleichen seye den Bürgern zu Heiligenstatt auch begegnet. Folgends aber seyn sie wider Mäyntzisch worden. Es begreifft / wie einer schreibet / das Eichsfeld / Duderstatt / Heiligenstatt / Wormes / Lindaw: Item / die Schlösser Bischoffstein / Geveldehausen / Gradernberg / Gleichenstein / Greiffenstein / Löwenstein / vnd Scharffenstein / (so Anno 1431. abgebronnen) sampt den Dörffern / etc. Darzu ein anderer das Schloß Rosenberg thut: Item / Rustenburg / oder Rüstenberg / (so sich Anno 39. an die Schwedischen ergeben) beym Hoberg / Helberstatt / Dengelstatt / Ober-Vnstrut / Gehülffenberg / vnnd Bylstett / nahend der Weser / gelegen / auff welchem Schloß Graff Heinrich von Waldeck / so Hertzog Friderichen von Braunschweig / erwöhlten Römischen Keyser / Anno 1400. den 5. Junij / zwischen Arnsbrun / vnd Fritzlar / vmbbringen helffen / Chur Mäyntzischer Statthalter gewesen ist. So stehet in einer geschriebenen Thüringischen Chronick / daß Bramberg / ein Schloß auff dem Eißfeld / deren von Stockhausen Anno 1458. vom Hertzog Wilhelm zu Sachsen / vnnd seinen Conföderierten / erobert worden; weiln man darauß geraubt hatte.

[T79]
  ← Gerltzheim Heiligenstatt Hirschhorn →