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Von Muttern

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: C. H.
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Titel: „Von Muttern.“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 673, 680
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[673]

„Von Muttern“.0 Nach dem Oelgemälde von Robert Warthmüller.
Photographie im Verlage von Fr. Hanfstängl in München.

[680] „Von Muttern.“ (Mit Illustration S. 673.) Eine Scene aus dem Kriegsleben des vorigen Jahrhunderts ist es, die uns der Maler hier im Bilde vorführt. Zwei Reitersleute aus des großen Friedrich’s Heer, eben ins Quartier gerückt, haben Federhut, Mantel und Pallasch abgelegt, zum Zeichen der Besitzergreifung auch schon das Bildniß ihres königlichen Feldherrn an die Wand genagelt und machen sich’s nun bequem.

Der Eine hat sich ein Pfeifchen angezündet und auf einen Stuhl niedergelassen; die Beine weit abgestreckt, die Ellbogen aufgestützt, beobachtet er neugierig das Thun des Kameraden, der auf dem Tische am Fenster seine Habseligkeiten auspackt. Er bringt ein ansehnliches Päckchen, sorgfältig in zahllose Papierumschläge gewickelt, zum Vorschein, und wie er die schützenden Hüllen eine nach der andern abschält, entpuppt sich ein fetter geräucherter Schinken, den er mit dem freudigen Ausrufe: „Von Muttern!“ dem Genossen hinhält. Man sieht es seinem lachenden Gesichte wohl an, daß ihn die mütterliche Vorsehung ebenso rührt, wie überrascht.

Der Andere aber hat bei dem Anblicke die Pfeife aus dem Munde genommen, sein Zopf richtet sich sichtlich in die Höhe, zärtlich schlau hängt sein Blick an dem saftigen Gegenstande und aus den unter dem schwarzen Schnurrbarte hervorblitzenden Zähnen redet ein gesunder Appetit. Der hat vielleicht keine Mutter mehr, oder mindestens keine, die in der Lage ist, ihn mit solchen Leckerbissen zu regaliren. Aber das thut nichts, unter Quartierkameraden wird redlich getheilt, und wenn wir den Gedanken des Malers weiter ausspinnen, so sehen wir bald den kleinen Tisch vom Fenster abgerückt und von dem Schinken nur noch das Skelett. Mit den Düften aber, die ihm entströmen, ziehen Erinnerungen aus der fernen Heimath durchs Gemach, und die beiden Krieger, die am Tische sitzen, erzählen sich alte Geschichten von Freund und Liebchen und, wie bei der Veranlassung nicht mehr als billig, hauptsächlich „von Muttern“.

„Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie ewig neu,“ und auch in unserem Jahrhundert hat sich dieselbe Scene schon oft abgespielt; wer den letzten großen Krieg mitgemacht: erinnert er sich nicht mit Rührung manches ähnlichen Päckchens, das ihm die Feldpost „von Muttern“ gebracht? Gerade jetzt aber, wo unsere Truppen im Manöver draußen Krieg im Frieden spielen, zeigt wohl manche niedrige Bauernstube, vom Kostüm abgesehen, dasselbe Bild. Wir wünschen von Herzen guten Appetit, an dem’s sicher nicht fehlt heute, wie damals. C. H.